Was der Notarzt bei einem Schlaganfall tut: Lebensrettende Sofortmaßnahmen

Ein Schlaganfall ist ein medizinischer Notfall, bei dem jede Sekunde zählt. Er entsteht durch eine plötzliche Unterbrechung der Blutversorgung im Gehirn, entweder durch ein verstopftes Gefäß (ischämischer Schlaganfall) oder eine Blutung (hämorrhagischer Schlaganfall). Jährlich erleiden rund 270.000 Menschen in Deutschland einen Schlaganfall, von denen viele dauerhafte Behinderungen oder sogar den Tod davontragen. Umso wichtiger ist es, die Symptome frühzeitig zu erkennen und sofort zu handeln.

Schlaganfall erkennen: Der BE-FAST-Test

Um einen Schlaganfall schnell zu erkennen, hat sich der BE-FAST-Test bewährt. Dieser Test umfasst folgende Punkte:

  • B (Balance): Plötzliche Gleichgewichtsstörungen
  • E (Eyes): Plötzliche Sehstörungen
  • F (Face): Hängt eine Gesichtshälfte herunter? Bitten Sie die Person zu lächeln.
  • A (Arms): Kann die Person beide Arme gleichzeitig heben? Schwächelt ein Arm?
  • S (Speech): Ist die Sprache verwaschen oder undeutlich? Lassen Sie die Person einen einfachen Satz nachsprechen.
  • T (Time): Wenn eine dieser Fragen zutrifft, zögern Sie nicht und wählen Sie sofort den Notruf 112.

Was passiert nach dem Notruf? Die Rolle des Notarztes

Nachdem der Notruf abgesetzt wurde, trifft der Notarzt am Einsatzort ein und übernimmt die Erstversorgung des Patienten. Dabei geht er nach dem ABCDE-Schema vor:

  • A (Airway): Atemwege freimachen und sichern
  • B (Breathing): Atmung überprüfen und bei Bedarf unterstützen
  • C (Circulation): Kreislauf stabilisieren
  • D (Disability): Neurologischen Status erheben (z.B. mit dem BE-FAST-Test)
  • E (Exposure): Den Patienten entkleiden, um weitere Verletzungen oder Auffälligkeiten zu erkennen.

Wichtige Maßnahmen des Notarztes:

  1. Diagnose und Differentialdiagnose: Der Notarzt muss schnell entscheiden, ob es sich tatsächlich um einen Schlaganfall handelt und andere Ursachen (z.B. Unterzuckerung) ausschließen.
  2. Vitalparameter überwachen: Blutdruck, Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung und Blutzucker werden regelmäßig kontrolliert.
  3. Sauerstoffgabe: Bei einer Sauerstoffsättigung unter 95 % wird Sauerstoff verabreicht.
  4. Blutzuckerkontrolle: Eine Hypoglykämie (Unterzuckerung) kann ähnliche Symptome wie ein Schlaganfall verursachen und muss behandelt werden.
  5. Blutdruckmanagement: Sowohl ein zu niedriger (unter 120 mmHg systolisch) als auch ein zu hoher Blutdruck (über 220 mmHg systolisch oder 120 mmHg diastolisch) können die Situation verschlimmern. Der Notarzt wird den Blutdruck entsprechend anpassen. Bei einem Blutdruck von < 120mmHg sys mit Hinweis auf Exsikkose erfolgt eine intravenöse Volumengabe. Ein Blutdruck > 220mmHg sys oder > 120 mmHg dia. → Senkung des RR mittels Urapidil.
  6. Temperaturmanagement: Bei Fieber (Körperkerntemperatur > 37,5°C) kann Paracetamol zur Senkung der Körpertemperatur eingesetzt werden.
  7. Transport in eine Stroke Unit: Für die weitere Behandlung ist ein schnellstmöglicher Transport in eine spezialisierte Stroke Unit entscheidend. Der Notarzt koordiniert den Transport und informiert die Klinik vorab. Im Idealfall wird der Patient direkt in eine Stroke Unit gebracht. Das sind Abteilungen in Krankenhäusern, die auf die Diagnose und Behandlung von Schlaganfallpatienten spezialisiert sind.

"Time is Brain": Warum jede Minute zählt

Der Slogan "Time is Brain" verdeutlicht die Dringlichkeit der Schlaganfallbehandlung. Pro Minute sterben im Gehirn etwa zwei Millionen Nervenzellen ab, wenn die Blutversorgung unterbrochen ist. Je schneller die Behandlung beginnt, desto größer sind die Chancen, bleibende Schäden zu verhindern. In den ersten Stunden nach dem Schlaganfall sterben durchschnittlich 30.000 Nervenzellen pro Sekunde ab.

Behandlung in der Stroke Unit

In der Stroke Unit wird der Patient von einem interdisziplinären Team aus Neurologen, Kardiologen, Neurochirurgen, Radiologen, Pflegekräften und Therapeuten betreut. Dort wird im ersten Schritt abgeklärt, ob tatsächlich ein Schlaganfall vorliegt. Ist dies der Fall, wird sofort mit der Behandlung begonnen. Entscheidend für deren Erfolg ist nach wie vor die schnelle und vor allen Dingen gezielte Hilfe - von der ganzheitlichen Therapie bis zur frühen Rehabilitation.

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Akuttherapie:

  • Thrombolyse: Bei einem ischämischen Schlaganfall kann eine Thrombolyse (Lyse-Therapie) durchgeführt werden, um das Blutgerinnsel aufzulösen und die Durchblutung wiederherzustellen. Diese Behandlung ist jedoch nur innerhalb eines bestimmten Zeitfensters (in der Regel 4,5 Stunden nach Symptombeginn) möglich.
  • Thrombektomie: Wenn die Thrombolyse nicht ausreicht oder ein großes Blutgefäß betroffen ist, kann eine Thrombektomie durchgeführt werden. Dabei wird das Blutgerinnsel mit einem Katheter механически entfernt. Dieses vielversprechende Verfahren wird “mechanische Thrombektomie” genannt und ist bei Gelingen die erfolgreichste Methode der modernen Schlaganfall-Behandlung.

Weitere Maßnahmen:

  • Überwachung der Vitalfunktionen
  • Blutdruckeinstellung
  • Behandlung von Begleiterkrankungen
  • Frührehabilitation

Risikofaktoren und Prävention

Etwa 75 Prozent der Schlaganfallpatienten sind über 65 Jahre alt. Das Alter spielt also eine große Rolle. Daneben ist ein hoher Blutdruck - mit großem Abstand - der größte Risikofaktor. Erhöhte Blutzuckerwerte bei Diabetes mellitus, erhöhte Blutfette sowie Rauchen stellen additive Risikofaktoren dar. Eine optimale Blutdruck- und Blutzuckereinstellung, regelmäßige Bewegung, Nichtrauchen sowie eine gesunde, ausgewogene Ernährung ist daher essenziell.

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