Elvanse Wirkung im Gehirn: Eine umfassende Betrachtung

Elvanse, dessen Wirkstoff Lisdexamfetamin ist, wird zur Behandlung von Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störungen (ADHS) eingesetzt und gehört zur Gruppe der Psychostimulanzien. Dieser Artikel beleuchtet die Wirkungsweise von Elvanse im Gehirn, geht auf Faktoren ein, die die Wirkung beeinflussen können, und betrachtet Aspekte wie Dosierung, Nebenwirkungen und Anwendungsgebiete.

Einführung in Lisdexamfetamin (Elvanse)

Lisdexamfetamin ist ein Prodrug, also eine pharmakologisch inaktive Vorstufe, die erst im Körper in ihre aktive Form, Dexamfetamin, umgewandelt wird. Nach oraler Einnahme wird Lisdexamfetamin im Magen-Darm-Trakt resorbiert und dann im Blut in die Aminosäure L-Lysin und Dexamfetamin gespalten.

Elvanse wirkt sowohl auf das dopaminerge als auch auf das noradrenerge System. Laut europäischen Konsens soll bei Erwachsenen die Behandlung mit Lisdexamfetamin gegenüber Methylphenidat überlegen sein.

Wirkmechanismus von Elvanse im Gehirn

Der genaue Wirkmechanismus von Elvanse im ADHS-Gehirn ist noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass es die Wiederaufnahme von Dopamin und Noradrenalin hemmt und deren Freisetzung steigert. Dexamfetamin, die aktive Form von Lisdexamfetamin, gehört zur Wirkstoffgruppe der Alpha-Sympathomimetika und dort zur Untergruppe der Amphetamine. Es regt das Gehirn zu gesteigerter Aktivität an. Vermutlich beruht die therapeutische Wirkung von Lisdexamfetamin auf einer vermehrten Freisetzung von Noradrenalin und Dopamin in den synaptischen Spalt. Diese Ausschüttung wird vor allem durch eine Umkehr der Arbeitsrichtung der Dopamintransporter (DAT) bewirkt.

Faktoren, die die Wirkung von Elvanse beeinflussen können

Die Wirkung von Elvanse kann von verschiedenen Faktoren beeinflusst werden, die im Folgenden näher betrachtet werden.

Lesen Sie auch: Neuronale Kommunikation durch Synapsen

Individuelle Unterschiede im Stoffwechsel

Die tatsächliche Wirkdauer von Elvanse ist individuell verschieden und hängt stark vom Stoffwechsel des jeweiligen Betroffenen ab. Etwa 5 % der Betroffenen sind Superschnellverstoffwechsler, bei denen die Wirkung von Medikamenten verkürzt sein kann. Die Verteilung in Richtung einer sehr viel kürzeren Wirkdauer als nach den Herstellerangaben von 10 bis 12 Stunden ist sehr deutlich. Bei über einem Drittel wirkt eine Einzeldosis nur bis zu 5 Stunden, bei insgesamt knapp zwei Dritteln 7 Stunden oder weniger. Nur 21,3 % der Betroffenen erreichen die vom Hersteller angegebene Wirkdauer von 10 bis 12 Stunden oder länger. Dies deckt sich zugleich mit den zahlreichen Berichten von Elvanse-Nutzern im Forum, die mehr als eine Einzeldosis am Tag benötigen. Interessanterweise fanden sich auch mehrere Betroffene, bei denen nicht nur Elvanse/Vyvanse, sondern auch Methylphenidat sehr viel kürzer wirkt.

Magen-Darm-Trakt und Magenfunktion

Neben der Dünndarm-Passage-Geschwindigkeit spielt die Magenfunktion eine Rolle. Magenmotilität und Entleerungsrate beeinflussen, wie schnell eine Substanz den Dünndarm erreicht. Eine verzögerte oder auch beschleunigte Magenentleerung kann somit die Kinetik oral aufgenommener Medikamente grundlegend beeinflussen. Im Alter nehmen die Dünndarmoberfläche und die Geschwindigkeit der Magenentleerung ab. Zugleich steigt der Magen-pH-Wert an. Eine Magenverkleinerung bzw. ein Magenbypass erhöhte den Dexamphetaminspiegel bei Lisdexamfetamineinnahme. Tmax war tendenziell verringert. Individuell kann sich diese Zeit unterscheiden, wie sich die Geschwindigkeit der Darmpassage unterscheidet. Dies dürfte der Grund sein, warum es vereinzelt Superschnellverstoffwechsler sind, die von einer Wirkdauer von Medikinet von 1 bis 2 Stunden und von Elvanse von 3 Stunden berichten.

Urin-pH-Wert

Der pH-Wert des Urins kann die Wirkungsdauer von Amphetaminen beeinflussen. Ein verkürzte Wirkungsdauer kann durch hohen Urin-Säuregehalt (niedriger pH-Wert) entstehen, während eine verlängerte Wirkungsdauer durch niedrigen (alkalisierten) Urin-Säuregehalt (hoher pH-Wert) entstehen kann. Während bei pH = 5,0 (saurem Urin) 54,5 % des oral aufgenommenen Amphetamins unverändert ausgeschieden wurden, lag dieser Wert bei pH = 8 (alkalischem Urin) bei 2,9 %. Nahrungsmittel können den pH-Wert des Urins deutlich beeinflussen. Dabei ist weniger ein saurer Geschmack entscheidend, sondern vielmehr der PRAL-Wert. Die Aufnahme von Lebensmitteln mit negativem PRAL-Wert korreliert mit einem alkalischen pH-Urin-Wert, eine säurebildende Ernährung korreliert mit alkalischen pH-Urin-Werten unter 6,0. Lebensmittel mit einem stark negativen PRAL-Wert bewirken einen basischen Urin (weniger sauer, erhöhen den pH-Wert) und fördern damit eine verlängerte Wirkung von Amphetaminmedikamenten. Lebensmittel mit einem hohen PRAL-Wert bewirken einen sauren Urin (verringern den pH-Wert) und fördern damit eine verkürzte Wirkung von Amphetaminmedikamenten. Der Urin-pH-Wert kann mit einfachen pH-Wert-Teststreifen aus der Drogerie oder dem Internet selbst gemessen werden.

Einfluss von Nahrungsmitteln

Lisdexamfetamin (Elvanse) hat bei fettreichen Mahlzeiten einen um eine Stunde verzögerten maximalen Blutspiegel (4,7 Stunden anstatt 3,8 Stunden nach Einnahme).

Hormonelle Einflüsse

Der weibliche Zyklus beeinflusst den Dopaminspiegel. Bei der Eindosierung von Stimulanzien sollten Frauen unbedingt einen entsprechenden Beobachtungsbogen führen, um Zyklusschwankungen und Medikamentenwirkung zu erfassen. Nur so wird erkennbar, ob in bestimmten Zyklusphasen die Medikamentendosis verändert werden muss.

Lesen Sie auch: Serotonin: Ein Schlüsselregulator im Gehirn

Leber- und Nierenfunktion

Erkrankungen der Leber können die Leberfunktionalität (stark) einschränken. Die glomeruläre Filtrationsrate verringert sich ab dem 40. Lebensjahr im Schnitt um 8 ml/min/1,73 m²/Dekade (0,1 ml/s/m²/Dekade). Die Serumkreatininspiegel bleiben im Alter trotz Abnahme der glomerulären Filtrationsrate oft im Normbereich, aufgrund verringerter Muskelmasse und verringerter körperlicher Aktivität, sodass der Serumkreatininspiegel im Alter nicht mehr die normale Nierenfunktion widerspiegelt.

Blut-Hirn-Schranke und Darmmikrobiom

Durch die Blut-Hirn-Schranke werden Blutgefäße im Gehirn sehr dicht gegen unkontrollierten Austausch von Stoffen in das Gehirn abgeschlossen. MDR1-Genvarianten beeinflussen dessen Wirksamkeit. Ungleichgewichte im Darmmikrobiom können die Blut-Hirn-Schranke beeinflussen und dadurch den Schutz des Gehirns vor Giftstoffen, Erregern oder die Versorgung mit Nährstoffen beeinträchtigen.

Genetische Faktoren und Enzymaktivität

Der Abbau von Wirkstoffen oder Neurotransmittern wird davon beeinflusst, wie aktiv die Genvariante ist, die das Protein exprimiert, das ihre Metabolisierungsenzyme synthetisiert. Bei Trägern des COMT-Val-158-Met-Gen-Polymorphismus erhöht Amphetamin die Effizienz des PFC bei Probanden mit vermutlich geringem Dopaminspiegel im PFC. Bei Trägern des COMT Met-158-Met-Polymorphismus hatte Amphetamin dagegen keinen Effekt auf die kortikale Effizienz bei niedriger bis moderater Arbeitsgedächtnislast und verursachte eine Verschlechterung bei hoher Arbeitsgedächtnislast.

Interaktionen mit anderen Substanzen

Die nachfolgend beschriebenen Mechanismen von Konkurrenz, Inhibition, Induktion oder Beeinflussung der Genexprimierung müssen bei der Medikationsplanung beachtet werden. Ihre Missachtung stellt ein Risiko oder gar einen Behandlungsfehler dar. Eine bewusste Kombination von zueinander konkurrierenden, inhibierenden oder genetisch regulierenden Medikamenten kann dagegen hilfreich sein, die Wirksamkeit einzelner Medikamente zu verbessern. So können Medikamente, die gleichzeitig eindosiert werden, bei Beachtung der Interaktionen entsprechend vorsichtig oder nachdrücklich dosiert werden. Beispiel: Ein Betroffener, der eine Dosis Elvanse in 5-6 Stunden verstoffwechselte, berichtete uns, dass eine Kombination mit 150 mg Bupropion die Wirkungsdauer des Elvanse sehr hilfreich verlängerte. Wenn mehrere Wirkstoffe an dasselbe Enzym binden (Substrate) und von diesem abgebaut werden, konkurrieren sie bei gleichzeitiger Gabe um die vorhandene Menge an Abbauenzymen.

Dosierung und Anwendung von Elvanse

Lediglich theoretisch ist die Arzneimittelkonzentration proportional zur verabreichten Arzneimitteldosis. Für die Findung der individuell passenden Dosis eines Medikaments sind Daten aus Zulassungsstudien wenig hilfreich. In diesen wird nur der Dosis-Effekt-Zusammenhang untersucht, nicht aber die Medikamentenkonzentration. In Fachinformationen, Beipackzetteln und Lehrbüchern angegebene Dosierungen für ein Medikament beziehen sich auf den Durchschnitt der gesamten Population der Betroffenen. In Bezug auf ADHS-Medikamente und ihre Anwendung und Wirkung gibt es nur wenige allgemeingültige Daten. Einige Ärzte empfehlen eine schrittweise Eindosierung mit kleineren Schritten, zum Beispiel 10mg wöchentlich erhöhen. In der Selbsthilfe habe ich erfahren, dass dieses Vorgehen oft angewendet wird. Es berichten jedoch auch Patienten, dass gerade mit sehr kleinen Dosierungen (im subtherapeutischen Bereich) unangenehme Wirkungen auftraten, welche mit höheren Dosierungen nicht mehr aufgetreten sind. Einige Patienten teilen Elvanse, um es mehrmals täglich einzunehmen, obwohl Elvanse dafür nicht zugelassen ist.

Lesen Sie auch: Puzzeln: Ein mentaler Booster

Nebenwirkungen von Elvanse

Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Befindlichkeitsstörungen wie Magen-Darm-Beschwerden, Schwindel, Kopfschmerzen oder Unruhezustände mit Schlafstörungen. Amfetamine können einen signifikanten Anstieg der Plasma-Kortikosteroidspiegel bewirken. Dieser Anstieg ist abends am größten. Amfetamine werden in die Muttermilch abgegeben.

Sehr häufige Nebenwirkungen sind verminderter Appetit, Schlafstörungen, Oberbauchschmerzen und Gewichtsabnahme. Häufige Nebenwirkungen sind Essensverweigerung, Tics, Gemütsschwankungen, seelisch-körperliche Überaktivität, Aggression, Schwindel, Schläfrigkeit, Pupillenweitstellung, Mundtrockenheit, Durchfall, Übelkeit und Erbrechen, Hautausschlag, Reizbarkeit, Müdigkeit und Fieber.

Gegenanzeigen von Elvanse

Lisdexamfetamin darf nicht angewendet werden bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder andere, chemisch verwandte Alpha-Sympathomimetika, gleichzeitiger Anwendung von Antidepressiva aus der Wirkstoffgruppe der MAO-Hemmer oder Anwendung innerhalb von 14 Tagen nach Behandlung mit MAO-Hemmern wegen der Gefahr einer Bluthochdruck-Krise, Schilddrüsenüberfunktion oder Vergiftung mit Schildrüsenhormonen, Erregungszuständen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die Beschwerden verursachen, fortgeschrittener Arterienverkalkung (Arteriosklerose), mittelschwerem bis schwerem Bluthochdruck, Grünem Star und Herzmissbildungen oder anderen schwerwiegenden Herzerkrankungen, weil die Gefahr eines plötzlichen Herztodes besteht.

Anwendungsgebiete von Elvanse

Lisdexamfetamin dient, eingebunden in eine therapeutische Gesamtstrategie, zur Behandlung von Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störungen (ADHS) bei Kindern ab einem Alter von sechs Jahren. Behandelt werden eine kurze Aufmerksamkeitsspanne, Ablenkbarkeit, Gemütsschwankungen, Impulsivität, mäßiger bis starker übermäßiger Bewegungsdrang, geringfügige Anzeichen von Nervenstörungen und auffällige Gehirnfunktion (durch EEG festgestellt) sowie unter Umständen beeinträchtigte Lernfähigkeit. Voraussetzung ist, dass eine zuvor erhaltene Behandlung mit Methylphenidat einen nur unzureichenden Behandlungserfolg zeigte. Die Behandlung muss unter der Aufsicht eines Spezialisten für Verhaltensstörungen durchgeführt werden. Die Diagnose sollte anhand der DSM-IV-Kriterien oder der Leitlinien in ICD-10 gestellt werden und auf einer vollständigen Anamnese und Untersuchung des Patienten basieren.

Elvanse im Vergleich zu anderen ADHS-Medikamenten

Elvanse ist ein Medikament, das seit 2019 zur Behandlung von ADHS im Erwachsenenalter zugelassen ist und seit sowohl auf das dopaminerge, als auch das noradrenerge System wirkt. Gemeinhin wird Elvanse von den meisten Betroffenen besser vertragen als Methylphenidatpräparate. Der Vorteil gegenüber vielen Methylphenidatpräparaten ist, dass es in der Regel keinen Reboundeffekt hervorruft. Der Nachteil ist, dass es in höheren Dosierungen öfter zu Schlafstörungen kommt.

Missbrauchspotential von Elvanse

Die Missbrauchsmöglichkeiten von Elvanse sind gering, da der enthaltene Ausgangsstoff nicht pharmakologisch aktiv ist - erst im Magen-Darm-Trakt kommt es zu einer Spaltung in den psychoaktiven Metaboliten Dexamfetamin. Missbräuchliche Applikationen (etwa Injizieren) sind daher nicht (direkt) mit psychotropen Effekten verbunden. Bei intranasaler Applikation (Sniffen) kann eine indirekte Wirkung zum Tragen kommen, welche jedoch nicht durch die Aufnahme über die Nasenschleimhaut, sondern durch das indirekte Erreichen des Magen-Darm-Traktes über die Speiseröhre geschieht.

tags: #Elvanse #wirkung #im #gehirn