Das menschliche Gehirn ist ein komplexes Organ, dessen reibungslose Funktion für unser tägliches Leben unerlässlich ist. Wenn das Gehirn plötzlich "streikt", äußert sich dies oft in Form von Gedächtnisstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten oder anderen kognitiven Beeinträchtigungen. Diese können sowohl beängstigend als auch verwirrend sein. Dieser Artikel beleuchtet verschiedene Ursachen, die zu solchen plötzlichen Ausfällen führen können, und bietet einen umfassenden Überblick über das Thema.
Transiente globale Amnesie (TGA): Ein plötzlicher Gedächtnisverlust
Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für ein plötzliches "Streiken" des Gehirns ist die transiente globale Amnesie (TGA), auch bekannt als amnestische Episode. Neurologen verwenden diesen Begriff, um eine Gedächtnisstörung zu beschreiben, bei der die Fähigkeit, sich zu erinnern, plötzlich verloren geht und sich erst nach einigen Stunden wieder schließt.
Symptome und Verlauf der TGA
Das Leitsymptom der TGA ist eine plötzlich einsetzende Störung des Kurzzeitgedächtnisses. Betroffene können Zeit und Situation nicht mehr richtig einschätzen, während die Orientierung zur eigenen Person ("Wer bin ich?", "Wie heiße ich?") und die Fähigkeit zu komplexen Handlungsabläufen erhalten bleiben. Ein typisches Merkmal ist das wiederholte Stellen derselben Fragen, ohne sich an die Antworten erinnern zu können. Auch das Langzeitgedächtnis kann betroffen sein, insbesondere Ereignisse aus der jüngeren Vergangenheit.
Die Störung bildet sich in der Regel zurück, wobei jedoch eine dauerhafte Gedächtnislücke für den Zeitraum bestehen bleibt, in dem die Symptome voll ausgeprägt waren, manchmal auch für einen kurzen Abschnitt davor. Betroffene können beispielsweise ihr Auto sicher durch den Verkehr steuern und einparken, wissen aber anschließend nicht mehr, wo sie es abgestellt haben. Im Gegensatz zu anderen neurologischen Ausfällen treten bei der TGA keine Lähmungen oder Sprachstörungen auf.
Ursachen und Auslöser der TGA
Die genauen Ursachen der TGA sind noch nicht vollständig geklärt. Allerdings gibt es Hinweise auf mögliche Zusammenhänge mit bestimmten Faktoren:
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- Alter: Die TGA betrifft überwiegend Menschen zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr.
- Stressoren: Psychische und/oder physische Stressoren scheinen eine Rolle zu spielen. Beispiele hierfür sind Schwimmen in kaltem Wasser, Wut, Freude, Trauer oder körperliche Anstrengung.
- Psychische Auslöser: Eine Studie zeigte, dass bei vielen TGA-Patienten psychische Auslöser (z. B. Tod eines Angehörigen) und beidseitige Signalveränderungen im Hippokampus gemeinsam auftraten.
- Energiestoffwechsel: Es wird vermutet, dass seelischer und körperlicher Stress eine Kaskade auslösen, die über die Freisetzung von Botenstoffen zu einer Hemmung der Energieversorgung des Hippokampus führt, der darauf besonders empfindlich reagiert.
Diagnose und Behandlung der TGA
Die Diagnose der TGA erfolgt in der Regel durch eine neurologische Untersuchung und bildgebende Verfahren wie die Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT). Obwohl in den Hirnen von TGA-Patienten zunächst keine Auffälligkeiten feststellbar waren, konnten spätere Studien punktförmige Signalaufhellungen im Hippokampus nachweisen, die 24 bis 48 Stunden nach Einsetzen der ersten Symptome sichtbar wurden.
Die Behandlung der TGA konzentriert sich in erster Linie auf die Behandlung der zugrunde liegenden Ursachen und die Linderung der Symptome. Da die TGA in der Regel ein einmaliges Ereignis ist, ist oft keine spezifische Therapie erforderlich.
Weitere Ursachen für plötzliche Gedächtnisstörungen
Neben der TGA gibt es eine Reihe weiterer Ursachen, die zu plötzlichen Gedächtnisstörungen führen können:
- Schlafentzug, erhöhter Stress, Zeitdruck, psychische Belastungen: Diese Faktoren können die geistige Leistungsfähigkeit kurzzeitig negativ beeinflussen.
- Flüssigkeitsmangel: Insbesondere bei älteren Menschen kann Flüssigkeitsmangel die Denkleistung beeinträchtigen.
- Alkoholmissbrauch und Drogen: Diese Substanzen können das Denkvermögen nachhaltig schädigen.
- Medikamente: Bestimmte Medikamente, wie Schlafmittel, Antidepressiva oder Antihistaminika, können zeitlich begrenzte Gedächtnisstörungen verursachen.
- Psychische Erkrankungen: Depressionen, Angsterkrankungen oder Psychosen können Denkvorgänge und Gedächtnis beeinflussen.
- Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS): Nach einschneidenden Erlebnissen können Gedächtnislücken auftreten.
- Gehirnerschütterung oder Epilepsie: Diese Erkrankungen können ebenfalls zu kurzzeitigen Gedächtnisverlusten führen.
- Hirntumore, Hirninfarkte, Entzündungen der Hirngefäße sowie Schädel-Hirn-Verletzungen: Diese schwerwiegenden Ursachen können ebenfalls Gedächtnisstörungen verursachen.
- Sauerstoffmangel: Erhält das Gehirn kurzfristig zu wenig Sauerstoff, etwa bei einem Herzstillstand, bei Schockzuständen, durch Erstickungsanfälle oder Badeunfälle, sind je nach Dauer und Ausmaß des Sauerstoffentzugs chronische Schäden mit Gedächtnisproblemen möglich.
- Multiple Sklerose: Diese entzündliche Erkrankung des Zentralnervensystems kann im Verlauf zu Gedächtnisstörungen führen.
- Wernicke-Korsakow-Syndrom: Im Zuge einer schweren Alkoholerkrankung und ausgeprägter Mangelzustände, etwa eines Vitamin-B1-Mangels, kann sich dieses Syndrom entwickeln, das mit Gedächtnisstörungen, Orientierungsproblemen und Nervenstörungen einhergeht.
- Vaskuläre Demenz: Durchblutungsstörungen im Gehirn können zu einer vaskulären Demenz führen, die sich unter anderem durch Probleme mit Aufmerksamkeit, verlangsamtem Denken und Gedächtnisstörungen äußert.
Gedächtnisstörungen als Symptom von Demenzerkrankungen
Alarmierend wird es, wenn sich deutliche Hirnleistungsstörungen abzeichnen, die Gedächtnisprobleme über Monate anhalten und weitere geistige Ausfälle dazukommen. Zu den am meisten gefürchteten Ursachen zählen dann Demenzerkrankungen aufgrund von Hirnabbauprozessen, wie die Alzheimer Krankheit, oder die sogenannten vaskulären Demenzen, bei denen Durchblutungsstörungen das Gehirn dauerhaft schädigen.
Warnzeichen für eine beginnende Demenz
- Besonders das Kurzzeitgedächtnis lässt auffallend nach.
- Wortfindungs- und Orientierungsprobleme kommen dazu.
- Neues zu lernen fällt zunehmend schwer oder gelingt gar nicht mehr.
- Geistige und praktische Fähigkeiten, die bisher noch problemlos abrufbar waren, bereiten plötzlich Schwierigkeiten.
- Auch die Persönlichkeit verändert sich: Die Betroffenen sind entweder depressiv verstimmt, antriebslos, erschöpft oder unruhiger und aggressiver als früher.
- Der Alltag wird durch die Gedächtnisschwächen mehr und mehr beeinträchtigt.
Was tun bei Gedächtnisstörungen?
Wenn Sie unter Gedächtnisstörungen leiden, ist es wichtig, die Ursache abklären zu lassen. Der erste Ansprechpartner sollte Ihr Hausarzt sein, der Sie bei Bedarf an einen Facharzt (Neurologen oder Psychiater) überweisen kann.
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Diagnoseverfahren
- Anamnese: Der Arzt wird Informationen zu Ihrer Krankengeschichte einholen.
- Körperliche Untersuchung: Eine körperliche Untersuchung, einschließlich Blutdruckmessung, wird durchgeführt.
- Neurologische Untersuchung: Der Arzt wird die Muskel- und Pupillenreflexe testen, um mehr über Zustand und Leistungsfähigkeit des Nervensystems zu erfahren.
- Demenztests: Neuropsychologische Demenztests können weiterhelfen, wenn der Arzt vermutet, dass Sie möglicherweise eine Demenz entwickeln.
- Bildgebende Untersuchungen: Computertomografie (CT) oder Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie, MRT) können eine Schrumpfung des Gehirns feststellen.
- Weitere Untersuchungen: Je nach vermuteter Ursache können weitere Untersuchungen durchgeführt werden, wie z. B. eine Messung der Herzströme (EKG), eine Messung der Hirnströme (EEG) oder eine Untersuchung des Nervenwassers (Liquordiagnostik).
Behandlungsmöglichkeiten
Die Behandlung von Gedächtnisstörungen hängt von der zugrunde liegenden Ursache ab:
- Behandlung der Grunderkrankung: Wenn die Gedächtniseinbußen Folge einer inneren Erkrankung sind, normalisiert sich die geistige Leistungsfähigkeit in der Regel mit einer konsequenten Behandlung.
- Medikamentöse Behandlung: Je nach Ursache der Gedächtnisstörungen kann die Ärztin oder der Arzt Medikamente zur Behandlung verschreiben.
- Psychotherapie: Depressionen oder Angstzustände können mit Psychotherapien behandelt werden.
- Gedächtnistraining: Bei einer leichten Vergesslichkeit und zum Training der grauen Zellen können kognitive Übungen eingesetzt werden.
- Antidementiva: Sind die Gedächtnisstörungen tatsächlich durch eine Demenz-Erkrankung begründet, können Antidementiva zum Einsatz kommen.
- Pflanzliche Mittel: Ginkgo biloba kann sich im Rahmen des demenziellen Syndroms positiv auf die geistige Leistungsfähigkeit auswirken. Auch Grüner Tee, Ginseng, Rosenwurz und Tigergras werden eine positive Wirkung auf das Gedächtnis nachgesagt.
Präventive Maßnahmen
Es gibt einige Risikofaktoren, welche die Wahrscheinlichkeit für Gedächtnisstörungen erhöhen. Dazu zählen Hörverlust, Bluthochdruck, übermäßiger Alkoholkonsum, Übergewicht, Depression, soziale Isolation, Bewegungsmangel, Luftverschmutzung und Diabetes. Einige dieser Risikofaktoren lassen sich gut vermeiden. Auch durch eine bestmögliche Behandlung von Erkrankungen wie Diabetes kann einer Gedächtnisstörung entgegengewirkt werden.
Auch im Alltag gibt es zahlreiche Möglichkeiten, etwas für das Gehirn und den Erhalt der geistigen Leistungsfähigkeit zu tun. Dazu gehören z. B. gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und Gedächtnistraining.
Brain Fog: Ein Nebel im Gehirn
Ein weiteres Phänomen, das mit plötzlichen kognitiven Beeinträchtigungen einhergehen kann, ist der sogenannte "Brain Fog" (Nebel im Gehirn). Dieser Begriff beschreibt eine Reihe von Symptomen, die durch unterschiedliche Ursachen ausgelöst werden können und es den Betroffenen schwer machen, strukturiert zu denken und zu arbeiten.
Symptome von Brain Fog
- Verwirrtheit
- Vergesslichkeit
- Konzentrationsschwierigkeiten
- Müdigkeit
- Antriebslosigkeit
- Wortfindungsstörungen
- Langsames Denken
- Orientierungsprobleme
- Stimmungsschwankungen
- Kopfschmerzen
Ursachen von Brain Fog
Die Ursachen von Brain Fog können vielfältig sein:
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- Flüssigkeitsmangel
- Schlafmangel
- Bewegungsmangel
- Schlechte Ernährung
- Stress
- Hormonelle Veränderungen (Schwangerschaft, Wechseljahre)
- Krankheiten (Diabetes, ADHS, Long Covid, Posturales Tachykardiesyndrom)
- Psychische Erkrankungen (Depressionen, Angststörungen)
- Migräne
- Gehirnerschütterungen
- Nebenwirkungen von Medikamenten (Chemotherapien)
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