Wenn jemand nervt: Bedeutung und Umgang mit störenden Verhaltensweisen

Es gibt Menschen, die uns scheinbar mühelos auf die Palme bringen können. Oftmals können wir nicht genau benennen, was uns an ihnen so stört. Manchmal reicht schon ihre bloße Anwesenheit, um uns innerlich aufzubringen. Doch warum ist das so? Warum reagieren wir auf bestimmte Personen so viel intensiver und negativer als auf andere? Die Antwort liegt oft tiefer, als wir vermuten.

Die Projektion eigener Gefühle

Psychologen sind sich einig, dass die Ursache für unsere Irritation oft in uns selbst zu suchen ist. In vielen Fällen projizieren wir unbewusst eigene Gefühle, Eigenschaften und innere Konflikte auf andere Menschen. Anstatt uns mit unseren eigenen Problemen auseinanderzusetzen, spiegeln wir unsere Traumata und laden sie auf die Person ab, die uns vermeintlich so aufregt.

Die Therapeutin Jodie Cariss erklärt dieses Phänomen so: "Wenn wir eine sehr starke Reaktion auf eine Person haben, kann das oft eine Projektion sein." Das bedeutet, dass unsere Gefühle in solchen Situationen oft unverhältnismäßig groß sind, selbst wenn das Verhalten der anderen Person tatsächlich anstrengend oder nervig ist. Wir projizieren "Schattenelemente" unserer selbst auf die Situation, unbewusste Aspekte unserer Persönlichkeit, ungelöste Konflikte, innere Verletzungen oder Eigenschaften, die wir lieber verdrängen möchten.

Diese Verhaltensweise ist in der Regel kein böser Wille, sondern ein Schutzmechanismus, um uns vor der Auseinandersetzung mit unliebsamen Persönlichkeitsanteilen zu bewahren. Diese Auseinandersetzung könnte schließlich unangenehm oder schmerzhaft sein. Langfristig bringt uns das Verdrängen jedoch nicht weiter. Wenn wir also das nächste Mal von einer Kollegin oder einem Bekannten irrational genervt sind, sollten wir lieber in uns hineinhören. Denn oft liegt die Ursache in uns selbst.

Innere Unruhe und ihre Folgen

Wenn unsere Gedanken ständig von Ängsten und Sorgen bestimmt sind, befindet sich unser Organismus in einem dauerhaften Alarmzustand. Betroffene fühlen sich innerlich unruhig und nervös oder klagen über Herzklopfen, Spannungskopfschmerzen, Magenbeschwerden sowie Verspannungen, Schlafstörungen und Reizbarkeit. Wenn alles zu viel wird, Alltagssituationen zu unüberwindbaren Herausforderungen werden oder an Schlaf nicht mehr zu denken ist, sollten schnellstmöglich Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Andernfalls können sich im Laufe der Zeit auch schwerwiegendere Probleme wie Bluthochdruck oder Depressionen entwickeln.

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10 Tipps für starke Nerven

Um mit belastenden Situationen, Gedanken und Gefühlen besser umzugehen, können folgende Tipps helfen:

  1. Den Körper spüren: Bewegung bringt Segen, auch bei nervösen Unruhezuständen. Sport kann beispielsweise die Bildung eines Hormons (ANP) anregen, das Panik lindert. Ein flotter Spaziergang in der Mittagspause oder eine lockere Runde Laufen nach Feierabend helfen dabei, Ängste zu "verstoffwechseln". Zudem verschafft die körperliche Aktivität den Gedanken eine Verschnaufpause. Wichtig ist, dass die Bewegung Freude bereitet und ohne Zwang erfolgt. Besonders gut tut Bewegung an der frischen Luft.
  2. Die Nerven mit Nahrung versorgen: Lebensmittel sind Nahrung für Körper und Geist. Was wir essen, bestimmt, wie wir uns fühlen. Der Blutzuckerwert hat beispielsweise Einfluss auf Gefühle wie Anspannung und Ärger. Einige Nahrungsmittel enthalten stimmungsaufhellende Inhaltsstoffe. Bananen liefern beispielsweise einen hohen Anteil des B-Vitamins Pyridoxin (B6), das an vielen Prozessen im Nervensystem beteiligt ist. Auch Omega3-reiche Lebensmittel wie Fisch haben Einfluss auf eine gesunde Nervenfunktion. Für einen ruhigen Geist sollte die Ernährung also vollwertig und möglichst vielseitig sein.
  3. Zur Ruhe kommen: Ein ausgeglichener Geist und ein leistungsfähiger Körper brauchen ausreichend Ruhepausen. Dazu gehört ausreichend Schlaf (ca. 7,5 Stunden pro Nacht). Durch Schlafmangel erhöht sich die Reizbarkeit, die Belastungsfähigkeit und die Stressresistenz werden gemindert. Auch tagsüber sind ausreichend Ruhepausen notwendig. Die psychologische Forschung zeigt, dass sich viele kurze Entspannungsphasen günstiger auf die Erholung von körperlicher Arbeit auswirken als wenige lange Pausen.
  4. Auslöser kennen: Die Ursachen für kreisende Gedanken sind vielfältig. Um den Auslösern auf den Grund zu gehen, kann es helfen, Tagebuch zu führen. Kennt man die Gründe für seine Sorgen, kann man gezielt Gegenstrategien entwickeln.
  5. Achtsamkeit lernen: Wer sich der Verbindung von Körper und Geist bewusst ist, fühlt sich weniger ausgeliefert und lernt zielgerichteter mit Grübelei und Sorgen umzugehen. Regelmäßige Atemübungen und Meditation helfen dabei, achtsamer zu leben.
  6. Gedankenkontrolle üben: Menschen sind ihren Gedanken nicht hilflos ausgeliefert. Sie können lernen, diese bewusst auszuwählen und manipulative, ängstigende Gedanken loszulassen. Eine Übung ist der Gedankenstopp: Wenn Sie sich beim sorgenvollen Grübeln ertappen, stellen Sie sich ein rotes Stoppschild vor und sagen Sie sich laut oder in Gedanken "Stopp". Wenden Sie sich dann sofort etwas anderem zu.
  7. Gefühle annehmen lernen: Leidvolle Gefühle wie Angst oder Unsicherheit rauben Energie und trüben die Lebensfreude. Sie haben aber auch einen Nutzen. Wie im Umgang mit den Gedanken lohnt es sich, Gefühle bewusst wahrzunehmen und nicht wegzuschieben. Durch die aktive Auseinandersetzung können Empfindungen positiv beeinflusst werden.
  8. Die eigenen Ressourcen kennen: Quälende Ängste und Sorgen zehren auf Dauer an den Kräften. Um dennoch leistungsfähig zu bleiben, sollten die Batterien regelmäßig aufgeladen werden. Dafür sollte man die eigenen Kraftquellen kennen.
  9. Mit einem Arzt oder Therapeuten sprechen: Betroffene sollten mit einem Arzt sprechen, wenn sie sich dauerhaft unruhig und gereizt fühlen. Denn hinter diesen Symptomen verbergen sich manchmal auch behandlungsbedürftige, körperliche Ursachen oder psychische Erkrankungen.
  10. Begleitende Maßnahmen nutzen: Gewohnheiten zu ändern und Erkrankungen abzuklären sind wichtige Schritte auf dem Weg der Besserung. Auch ein Coaching (z.B. im Stressmanagement) kann den Umgang mit den Herausforderungen des Lebens verbessern. Daneben kann es sinnvoll sein, das aus der Balance geratene Nervensystem mit unterstützenden Mitteln zu unterstützen.

Die Bedeutung von Resonanz

In letzter Zeit rückt ein weiteres Konzept in den Fokus: die Resonanz. Der Begriff stammt aus den Naturwissenschaften und beschreibt das Phänomen, dass Objekte mit einer bestimmten Frequenz schwingen und in Kontakt mit anderen Objekten in Resonanz treten können. Der Soziologe Hartmut Rosa hat dieses Prinzip auf unser Leben übertragen. Um ein erfülltes und sinnvolles Leben führen zu können, müssen wir nach Rosa in Resonanz mit der Welt um uns herum leben. Das bedeutet eine positive und intensive Beziehung zwischen uns und unserer Umwelt durch gemeinsame Schwingungen, Muster und Rhythmen.

In unserer Alltagssprache finden diese Überlegungen ihren Widerhall in Wendungen wie „gute Vibes fühlen“ oder, das Gegenteil, der „dicken Luft im Raum“. Um in Resonanz mit uns selbst und unserer Umwelt zu treten, ist es wichtig, unsere Aufmerksamkeit auf die Dinge in uns selbst und um uns herum zu richten und bewusst wahrzunehmen. Der Schlüssel hierzu: Achtsamkeit.

Resonanz im Alltag erleben

Neben einer bewussteren Selbstwahrnehmung kann Resonanz auch dabei unterstützen, Schwingungen und Bedürfnisse anderer besser zu verstehen. Die Bedeutung der Resonanz wird auch in unserer Körpersprache deutlich, denn unser Körper schwingt sozusagen mit unserem Innenleben mit und kann z.B. durch Mimik und Gestik bewusst und unbewusst ausgedrückt werden.

Musik ist ein prägnantes Beispiel für das Erleben von Resonanz. Nicht nur auf physikalischer Ebene bringen die Klänge von Instrumenten Schwingungen hervor. Auch mit unserem Innenleben tritt Musik in Resonanz, indem sie Gefühle transportiert und in uns auslösen kann. Durch gemeinsames Singen und Tanzen können gemeinsame magische Momente entstehen.

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Neben Musik können folgende Aktivitäten dabei unterstützen, Resonanz im Alltag zu erleben:

  • Natur erleben: Draußen spazieren gehen und aufmerksam Geräusche, Gerüche und die Atmosphäre wahrnehmen.
  • Gemeinsame Zeit: Eine tiefgehende und bedeutungsvolle Konversation mit deinen Liebsten führen, bei der ihr euch verstanden und verbunden fühlt.
  • Soziales Engagement: Sich gemeinsam für eine wohltätige Sache begeistern und dabei ein Gefühl der Gemeinschaft und des Zusammenhalts erleben.

Wenn Gewohnheiten nerven

Rituale sind enorm wichtig in einer Partnerschaft, können aber auch zum Zwang werden und die Beziehung belasten. Normalerweise entstehen Rituale nicht bewusst. Es sind gemeinsame Gewohnheiten, die sich entwickeln. Allerdings können liebgewonnene Gewohnheiten irgendwann kippen und zur Belastung werden. Sie nerven mindestens einen der Partner, engen ihn ein oder bedeuten ihm nichts mehr.

Wenn aus einer guten Gewohnheit ein ungutes Zwangsritual geworden ist, sollte der Partner das auf jeden Fall ansprechen. Ein stiller Ritual-Boykott oder ein unwilliges Mitmachen ist nicht der richtige Weg. Die Kündigung eines Rituals kann verletzen, daher sollte das Thema vorsichtig angesprochen werden. In einem solchen Fall sollte das Paar gemeinsam überlegen, was sich zwischen ihnen geändert hat und wie es damit umgehen will.

Akute Belastungsreaktion und Nervenzusammenbruch

Es gibt verschiedene Situationen, in denen unsere Nerven einmal blank liegen können. Wenn sich die innere Anspannung über längere Zeit aufbaut und schließlich in einem körperlich-seelischen Zusammenbruch entlädt, spricht man umgangssprachlich von einem Nervenzusammenbruch. In der Medizin wird dieser Begriff zwar nicht offiziell verwendet, doch er beschreibt den Zustand einer akuten psychischen Krise, die meist Ausdruck von chronischem Stress oder einer seelischen Überforderung ist.

Der Zusammenbruch, den man darunter versteht, wird in der Fachsprache allerdings als akute Belastungsreaktion bezeichnet. Gemeint ist damit eine vorübergehende, aber extreme Reaktion auf ein ebenso extremes Ereignis. Diese Reaktion tritt meist wenige Minuten nach dem Auslöser ein.

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Allgemein unterscheidet man zwischen einer akuten und einer längerfristigen Reaktion. Je nach zeitlicher Dauer der Symptome wird der Nervenzusammenbruch unterschiedlich definiert:

  • Akute Belastungsreaktion: Symptome treten kurz nach dem traumatischen Ereignis bis 48 Stunden danach auf.
  • Akute Belastungsstörung: Symptome dauern ab 48 Stunden nach dem Erlebnis bis zu vier Wochen.
  • Akute posttraumatische Belastungsstörung: Symptome überschreiten die vier Wochen und treten bis zu drei Monate nach dem schockierenden Erlebnis weiterhin auf.
  • Chronische posttraumatische Belastungsstörung: Symptome treten drei Monate nach dem Ereignis weiterhin auf.

Es gibt auch einen stillen Zusammenbruch, der mit einer langsamen, schleichenden Verschlechterung des psychischen Zustands einhergeht. Im Gegensatz zum akuten Nervenzusammenbruch, entwickelt sich ein "stiller Nervenzusammenbruch" im Zuge eines kontinuierlichen Stresslevels oder anderer psychisch belastenden Situationen.

Ursachen und Symptome einer Belastungsreaktion

Die Ursachen, die eine Belastungsreaktion auslösen können, sind sehr vielfältig. Jedes Ereignis, das ein Trauma auslösen kann, kann auch einen Nervenzusammenbruch zur Folge haben. Ein schwerer Unfall oder Körperverletzung, Krieg oder kriegsähnliche Ereignisse wie ein Terroranschlag, Flucht, Vertreibung, Gewalt oder eine Naturkatastrophe - all diese Dinge können sich auf die Psyche eines Menschen auswirken.

Wie sich eine Belastungsreaktion äußert, ist genauso vielfältig, wie ihre möglichen Ursachen und von Mensch zu Mensch verschieden. Die typischen Anzeichen sind:

  • Sprachlosigkeit
  • Veränderte Wahrnehmung
  • Einengung des Bewusstseins
  • Nacherleben der Situation in Form von Alpträumen und Flashbacks
  • Lücken in der Erinnerung
  • Überreizung
  • Stimmungsschwankungen
  • Körperliche Reaktionen wie Schweißausbrüche, Herzrasen, Blässe und Übelkeit

Hilfe bei einer Belastungsreaktion

Traumatische Erlebnisse kommen unvorhergesehen und man kann ihnen nicht vorbeugen. Umso wichtiger ist schnelle, professionelle Unterstützung im Falle ihres Eintretens. Je nach Situation ist es eventuell auch vonnöten, entsprechend ausgebildete Rettungskräfte zu rufen. Das kann neben der Polizei und dem Rettungsdienst zum Beispiel der psychiatrische Notdienst sein, der etwa einer suizidgefährdeten Person helfen kann.

Wenn Sie sich aktuell selbst in einer psychischen Krise befinden oder eine Person kennen, bei der das der Fall ist, sollten Sie nicht zögern, professionelle Hilfe zu rufen. Anlaufstellen dafür sind zum Beispiel eine psychiatrische Praxis oder Klinik, der bundesweite Bereitschaftsdienst, die Telefonseelsorge oder die Nummer gegen Kummer für Jugendliche und Kinder.

Nervenzusammenbruch durch Stress

Ein akuter Zusammenbruch in einer Stresskrise, begleitet vom Gefühl „Ich kann nicht mehr“, kann das Resultat von langanhaltendem psychischem Stress sein. Er äußert sich durch ein Gefühl von Ungleichgewicht zwischen den eigenen Leistungsmöglichkeiten, Zielen, Bedürfnissen und den äußeren Ansprüchen.

Stress hat viele Gesichter, und ebenso viele Ursachen. Wie stark er sich auf unseren Körper und unsere Psyche auswirkt, ist individuell verschieden. Oft ist es die Kombination mehrerer solcher Faktoren, die schließlich in einer akuten Krise oder einem Zusammenbruch münden kann. Zu den häufigsten belastenden Stressauslösern zählen:

  • Beruflicher Druck
  • Konflikte im privaten oder beruflichen Umfeld
  • Mehrfachbelastungen durch Familie und Beruf bei gleichzeitig fehlender Erholung
  • Ständiger Termindruck und das Gefühl, immer erreichbar sein zu müssen
  • Kritische Lebensereignisse
  • Eigene Ansprüche, Sorgen und Ängste
  • Fehlen sozialer Unterstützung

Dauerhafter seelischer Stress kann sich auf vielfältige Weise äußern: körperlich, emotional und mental. Zu den häufigsten körperlichen Anzeichen zählen Zittern, starkes Weinen oder regelrechte Weinkrämpfe, begleitet von Schwitzen, Übelkeit, Herzklopfen und Kopfschmerzen.

Was tun gegen Stress?

Können Sie einige der genannten Symptome bei sich beobachten, sollten Sie nicht zögern, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Nur so lässt sich klären, ob tatsächlich psychischer Dauerstress hinter den Beschwerden steckt oder möglicherweise eine organische Ursache vorliegt.

Begleitend zu einer Therapie können Sie bei einer Belastungsreaktion auch mit eigenen Maßnahmen versuchen, Stress zu regulieren oder ihm vorzubeugen:

  • Kürzer treten
  • Warnzeichen Ernst nehmen
  • "Nein" sagen lernen
  • Selbstfürsorge betreiben

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