Das erstaunliche Gehirn der Ameise: Klein, aber oho!

Das Gehirn einer Ameise ist winzig, etwa so groß wie ein Mohnsamen. Trotz dieser geringen Größe sind Ameisen zu bemerkenswerten Leistungen fähig, die uns oft in Erstaunen versetzen. Sie beweisen Weitsicht, Kooperationsfähigkeit und komplexe Verhaltensweisen, die uns Menschen ähneln.

Die Größe des Ameisenhirns im Vergleich

Das menschliche Gehirn wiegt im Schnitt 1400 Gramm, was etwas mehr als zwei Prozent unseres Körpergewichts entspricht. Im Vergleich dazu wiegt das Gehirn einer Ameise nur etwa 0,1 Milligramm. Überraschenderweise macht das Ameisengehirn aber etwa sechs Prozent ihres Körpergewichts aus. Hochgerechnet auf eine Kolonie mit 400.000 Individuen entspricht das in etwa der Anzahl der Gehirnzellen eines Menschen.

Problemlösung und Weitsicht: Ameisen räumen Hindernisse aus dem Weg

Ameisen beweisen erstaunliche Weitsicht und Kooperation, wenn es darum geht, Hindernisse zu überwinden. Die Ameisenart Paratrechina longicornis, die weltweit verbreitet ist, räumt Hindernisse aus dem Weg, bevor diese tatsächlich zum Problem werden. Dies wurde durch Beobachtungen von Wissenschaftlern inspiriert, die feststellten, dass einzelne Ameisen winzige Kieselsteine von ihrem Pfad entfernten, bevor eine Gruppe anderer Ameisen ein Stück Nahrung dorthin transportierte.

Bei Experimenten, bei denen der Weg der Ameisen zu ihrem Nest mit Kunststoffkügelchen blockiert wurde, zeigte sich, dass beim Transport von größeren Futterstücken immer Ameisen vorhanden waren, die zunächst die Hindernisse wegräumten. Die Duftstoffe - in kurzen Abständen auf dem Boden abgesetzt - locken weitere Ameisen an und scheinen ihnen damit zu signalisieren: Zeit zum Aufräumen!

Laut Co-Autorin Danielle Mersch folgt jede Ameise einfachen Regeln und chemischen Signalen, ohne das große Ganze verstehen zu müssen.

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Das Kollektiv als Gehirn: Entscheidungsfindung im Ameisenstaat

Ameisen leben in Kolonien und funktionieren zusammen wie ein großes Gehirn. Sie können gemeinsam Entscheidungen treffen und komplexe Aufgaben bewältigen. Forscher vergleichen das Verhalten von Ameisen mit einem neuronalen Netzwerk, wobei die einzelnen Ameisen die Neuronen darstellen, die im Einklang arbeiten.

Eine Studie, bei der Ameisen in einem Nest mit einstellbarer Temperatur beobachtet wurden, zeigte, dass die Tiere eine "Kosten-Nutzen-Rechnung" anstellen, bevor sie das Nest verlassen, um nicht zu überhitzen. Bei kleineren Kolonien flüchteten die Tiere früher, bei größeren Kolonien später.

Schrumpfendes Gehirn: Die Superpower der Harpegnathos saltator

Eine besondere Fähigkeit besitzen Ameisen der Art Harpegnathos saltator: Sie können ihr Gehirn verkleinern und vergrößern. Stirbt die Königin, kämpfen die weiblichen Arbeiterinnen um die Nachfolge. Die "Gewinnerin" wird zur neuen Königin und verändert sich daraufhin. Ihr Körper stellt kein Gift mehr her und ihre Gehirngröße verringert sich um bis zu 25 %. Dies geschieht, um Energie für die Produktion von Nachwuchs zu sparen.

Straßenverkehr und Routenplanung: Ameisen als Vorbilder

Ameisen sind Meister der Routenplanung und des "Straßenverkehrs". Sie halten eine optimale Durchschnittsgeschwindigkeit, überholen nicht unpassend, bremsen nicht abrupt ab und wechseln nicht hektisch die Spur. Dadurch erreichen einige Arten einen Durchsatz von mehr als 100 Ameisen pro Minute auf ihren "Autobahnen".

Eine Studie aus Frankreich zeigte sogar, dass Ameisenautobahnen mit steigender Verkehrsdichte effizienter werden. Duftstoffe informieren Artgenossen über Gefahren oder andere Störquellen und funktionieren so als "Verkehrsfunk". Im Straßenverkehr können wir also von den Ameisen einiges lernen.

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Intelligenz und Fähigkeiten: Was Ameisen alles können

Obwohl ihr Gehirn sehr klein ist, sind Ameisen äußerst intelligent. Sie nutzen Werkzeuge, können rechnen und logische Aufgaben bewältigen.

  • Werkzeuggebrauch: Ameisen der Gattung Aphaenogaster nutzen Holzstückchen, Staub- oder Sandkörnchen als eine Art Schwamm, um Flüssigkeiten ins Nest zu transportieren.
  • Rechnen: Honigbienen können einfache Matheaufgaben lösen, wie Forschende der RMIT University in Melbourne herausfanden. Sie konnten Addition und Subtraktion unterscheiden und Aufgaben wie 2+1 oder 4-1 lösen.
  • Lernen durch Abgucken: Erdhummeln lernen durch Beobachtung, wie Forschende der Queen Mary University of London zeigten. Sie lernten, kleine gelbe Bälle in ein Loch zu rollen, um an Zuckerwasser zu gelangen.
  • Logisches Schlussfolgern: Feldwespen können logisch planen und Schlussfolgern, wie Forschende der Universität Michigan herausfanden. Sie lernten, zwischen Farben zu unterscheiden und auch bei unbekannten Farbkombinationen die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Die Rolle von Duftstoffen: Kommunikation und Navigation

Ameisen kommunizieren hauptsächlich über Duftstoffe. Wüstenameisen finden ihr Nest mit traumwandlerischer Sicherheit über Duftstoffe. Sie können sich einen Geruch merken, der mit Futter in Verbindung steht, und ihn nie wieder vergessen.

Gehirngröße und Intelligenz: Nicht alles ist, wie es scheint

Intelligenz hat nicht unbedingt etwas mit der Größe des Gehirns zu tun. Das Gehirn eines Wals ist beispielsweise viel größer als das eines Menschen, aber der Wal ist nicht intelligenter. Britische Forschende, die sich mit der Intelligenz von Insekten beschäftigen, erklären dieses Phänomen damit, dass Intelligenz nicht entscheidend von der Hirngröße, sondern von der Art der neuronalen Verschaltung abhängt.

Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Das Ameisenhirn lernt dazu

Das Gehirn von Ameisen ist sehr flexibel und kann sich auf neue Umweltbedingungen einstellen. Wüstenameisen, die ihre ersten 28 Tage im dunklen Nest verbringen, entwickeln nach ihrem ersten Kontakt mit Licht neue Verschaltungen im Gehirn, die für ihre Orientierungsleistung wichtig sind.

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