Ein Schlaganfall kann erhebliche Auswirkungen auf die Fahrtauglichkeit haben. Dieser Artikel beleuchtet, welche Faktoren eine Rolle spielen, wie die Fahrtauglichkeit überprüft wird und welche Möglichkeiten es gibt, nach einem Schlaganfall wieder mobil zu werden.
Schlaganfall und Fahrtauglichkeit
Autofahren ist eine komplexe Fähigkeit, die verschiedene körperliche und geistige Funktionen erfordert. Nach einem Schlaganfall können neurologische Störungen auftreten, die das sichere Autofahren beeinträchtigen. Dazu gehören:
- Halbseitenlähmungen
- Gefühlsstörungen und Spastiken in Armen und Beinen
- Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen
- Sehprobleme
- Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen
Diese Einschränkungen können alltägliche Fahrmanöver wie den Schulterblick oder schnelles Bremsen erschweren oder unmöglich machen.
Meldepflicht und Eigenverantwortung
In Deutschland besteht keine generelle Meldepflicht für Erkrankungen, die die Fahrtauglichkeit beeinträchtigen können, einschließlich Schlaganfall. Ärzte weisen jedoch im Entlassungsbrief aus dem Krankenhaus oder der Reha-Klinik oft darauf hin, dass die Fahrtauglichkeit eingeschränkt ist.
Auch wenn der Führerschein nach einem Schlaganfall nicht automatisch entzogen wird, sind Betroffene gesetzlich dazu verpflichtet, eigenverantwortlich sicherzustellen, dass sie sicher am Straßenverkehr teilnehmen können und andere nicht gefährden. Wer trotz Einschränkungen Auto fährt, riskiert den Verlust des Führerscheins, des Versicherungsschutzes und gegebenenfalls strafrechtliche Konsequenzen.
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Nachweis der Fahrtauglichkeit
Es gibt zwei Möglichkeiten, die Fahrtauglichkeit nachzuweisen:
- Amtlicher Nachweis: Dieser Weg ist besonders für Berufsfahrer ratsam. Er beinhaltet die Meldung bei der Fahrerlaubnisbehörde (Führerscheinstelle) und die Vorlage verschiedener Gutachten.
- Nicht-amtlicher Nachweis: Hier sammeln Betroffene selbstständig Nachweise über ihre Fahrtauglichkeit, um im Falle eines Unfalls ihre Vorsorgepflicht zu dokumentieren.
Amtliches Verfahren
- Meldung bei der Fahrerlaubnisbehörde: Dort erhalten Sie Informationen über die benötigten Dokumente und Fristen.
- Verkehrsmedizinisches Gutachten: Dieses wird in der Regel von einem Neurologen mit verkehrsmedizinischer Qualifikation erstellt. Es umfasst Untersuchungen zu Fähigkeiten, Einschränkungen, Medikamenteneinnahme und einer Einschätzung der Fahrtauglichkeit.
- Neuropsychologisches Gutachten: Anhand von Computertests werden Reaktionsfähigkeit, Belastbarkeit, visuelle Orientierung und Konzentrationsfähigkeit überprüft.
- Fahrprobe: Diese erfolgt bei Fahrschulen, idealerweise solchen, die auf Personen mit Beeinträchtigungen spezialisiert sind. Ein Fahrlehrer und ein Prüfer beurteilen das Fahrverhalten und die Notwendigkeit von Fahrzeugumbauten.
- Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU): In manchen Fällen fordert die Behörde zusätzlich eine MPU an, die eine medizinische Untersuchung, Leistungstests und ein Gespräch mit einem Psychologen beinhaltet.
Nach erfolgreichem Abschluss aller Nachweise erhalten Sie eine amtliche Bestätigung Ihrer Fahrtauglichkeit. Gegebenenfalls werden im Führerschein Schlüsselzahlen für notwendige Anpassungen am Fahrzeug vermerkt.
Nicht-amtliches Verfahren
Dieser Weg eignet sich vor allem für Personen ohne langfristige, sichtbare Einschränkungen. Notwendige Dokumente sind:
- Gutachten vom behandelnden Arzt oder einem Verkehrsmediziner über einen stabilen Zustand und geringes Rückfallrisiko
- Neuropsychologische Untersuchungen
- Augenärztliches Gutachten zum Ausschluss von Sehstörungen oder Gesichtsfeldeinschränkungen
Zusätzlich können weitere Untersuchungsnachweise vorgelegt werden, die auch von der Behörde gefordert werden. Im Gegensatz zum amtlichen Weg bietet dieser jedoch keine vollständige Rechtssicherheit.
Kosten
Die Kosten für Gutachten und eventuelle Fahrzeugumbauten können schnell einen vierstelligen Bereich erreichen. In vielen Fällen müssen diese Kosten privat getragen werden. Zuschüsse oder Kostenübernahmen sind möglich, wenn die Nachweise für die Ausübung des Berufs benötigt werden. Ansprechpartner sind Berufsgenossenschaften, Versicherungen (z. B. Deutsche Rentenversicherung) oder die Bundesagentur für Arbeit. Einige Automobilhersteller bieten auch Nachlässe für Menschen mit Behinderungen an.
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Fahreignung überprüfen lassen
Eine Überprüfung der Fahreignung umfasst verschiedene Bereiche, darunter den neuropsychologischen und auch einen augenärztlichen Bereich, wenn beispielsweise Augenbewegungsstörungen oder Gesichtsfeldausfälle (Anopsien) vorliegen. Im Gutachten wird auch eingeschätzt, wie hoch das Risiko eines erneuten Schlaganfalls ist, der für die Betroffenen und andere während der Autofahrt gefährlich werden könnte. Da bei Menschen, die bereits einen Schlaganfall erlitten haben, die Wahrscheinlichkeit für einen zweiten Schlaganfall erhöht ist, sollten Patientinnen und Patienten alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um das erneute Schlaganfallrisiko zu senken. Dazu zählt beispielsweise, alle verordneten Medikamente einzunehmen. Wichtig ist aber auch, die angebotenen Kontrolluntersuchungen und weitere Therapiemaßnahmen zu nutzen.
Ein verkehrsmedizinisches Gutachten für Personen, die ihre Fahreignung nach einem Schlaganfall nachweisen möchten, kann nicht von der Hausarztpraxis erstellt werden, sondern lediglich durch:
- ärztliches Fachpersonal mit verkehrs- oder rechtsmedizinischer Qualifikation
- Ärztinnen und Ärzte des Gesundheitsamts
- Betriebsmediziner oder -medizinerinnen
- Fachärzte/-ärztinnen für Rechtsmedizin
- die Begutachtungsstelle für Fahreignung (BfF)
Bei einem behördlichen Verfahren zur Überprüfung der Fahreignung gibt die Fahrerlaubnisbehörde die Arztgruppe vor. Nur innerhalb dieser besteht eine Auswahl. Erstellt eine anerkannte Begutachtungsstelle zum Beispiel ein medizinisch-psychologisches Gutachten, wird es meist kurz MPU (für medizinisch-psychologische Untersuchung) genannt.
Wird die Fahrerlaubnis neu erteilt, kann diese Auflagen und/oder Beschränkungen beinhalten, die über Schlüsselziffern im Führerschein dokumentiert werden. Schlüsselzahlen können zum Beispiel für Hilfsmittel wie Brillen stehen oder notwendige Umbauten am Fahrzeug, wie eine angepasste Kupplung oder Lenkhilfen, verdeutlichen.
Was ist eine Beobachtungsfahrt?
Nach den notwendigen medizinischen Tests kann es notwendig sein, das Fahrverhalten unter realen Bedingungen zu überprüfen. So lassen sich nicht nur Einschränkungen feststellen, sondern auch, wie gut diese zum Beispiel durch langjährige Fahrerfahrung ausgeglichen werden können.
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Bei einer solchen Beobachtungsfahrt wird das Fahrverhalten (in Anwesenheit einer Verkehrspsychologin oder eines Verkehrspsychologen) unter Realbedingungen überprüft. Bei der Testfahrt geht es beispielsweise darum, ob die Fahrerin oder der Fahrer die volle Konzentration auf den Straßenverkehr lenkt und alle motorischen Fähigkeiten einsetzt, um ein Auto sicher fahren zu können. Sollte es motorische Probleme geben, können diese unter Umständen durch eine Umrüstung des Fahrzeugs, etwa mit Lenkhilfen, ausgeglichen werden.
Fahrzeugumbau
Es gibt Zuschüsse für den Erwerb der Fahrerlaubnis, den Fahrzeugumbau oder die Anschaffung eines Neufahrzeugs, welche die Rehabilitationsträger unter bestimmten Voraussetzungen auszahlen. Bei Umrüstungen müssen diese abschließend durch eine anerkannte Prüforganisation abgenommen werden. Den Umbau sollten Sie jedoch erst dann in Auftrag geben, wenn feststeht, dass Sie als fahrtüchtig gelten und wieder ein Fahrzeug führen dürfen. Zusätzlich ist ein Fahrtraining notwendig, um sich mit den Umbauten vertraut zu machen, es kann aber auch ohne Umbauten eine zusätzliche Möglichkeit sein, um sich wieder daran zu gewöhnen, Zeit am Steuer zu verbringen.
Für Menschen, die nach einem Schlaganfall Sprachstörungen aufweisen, empfiehlt es sich, einen Aphasie-Ausweis mit sich zu führen, der bei einer Polizeikontrolle oder einem unverschuldeten Unfall vorgezeigt werden kann. Darin ist dokumentiert, dass man bei klarem Verstand ist, aber aufgrund einer Sprachstörung mehr Zeit zum Sprechen oder Verstehen benötigt.
Typische Umbauten für Schlaganfall-Patienten
- Integration eines Multifunktionslenkknaufs
- Pedalverlegungen (z.B. Linksgas)
- Umsetz- und Einstiegshilfen
- Anbringung von mechanischen Fahrhilfen (z.B. Handbediengeräte, Gasringe)
- Rollstuhlverladehilfen
Verantwortungsbewusster Umgang mit der Situation
Auch wenn die Fahrtauglichkeit bestätigt wurde, ist es ratsam, Fahrstunden oder ein spezielles Fahrtraining zu absolvieren, um die Fahrsicherheit wiederzuerlangen. Nach einer längeren Fahrpause kann auch das Üben auf einem Verkehrsübungsplatz hilfreich sein.
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