Wortfindungsstörung bei Demenz: Ursachen und Behandlung

Eine Wortfindungsstörung kann ein belastendes Symptom sein, insbesondere im Zusammenhang mit Demenzerkrankungen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen von Wortfindungsstörungen bei Demenz, insbesondere im Kontext der Aphasie und der vaskulären Demenz, sowie die verschiedenen Behandlungs- und Therapiemöglichkeiten.

Was ist eine Wortfindungsstörung?

Eine Wortfindungsstörung äußert sich dadurch, dass Betroffene Schwierigkeiten haben, passende Wörter zu finden und diese im Kontext richtig zu verwenden. Es fällt ihnen schwer, aussagekräftige Sätze zu bilden, und es kommt zu langen Pausen im Gespräch, während sie nach den passenden Worten suchen. Oft werden Wörter umschrieben.

Ursachen von Wortfindungsstörungen bei Demenz

Wortfindungsstörungen können verschiedene Ursachen haben, wobei Demenzerkrankungen eine bedeutende Rolle spielen. Im Folgenden werden die häufigsten Ursachen und Zusammenhänge erläutert.

Aphasie als Folge einer Hirnschädigung

Die Aphasie, auch als erworbene Sprachstörung bekannt, resultiert aus einer Schädigung des Sprachzentrums im Gehirn. In den meisten Fällen ist ein Schlaganfall die Ursache, meist durch eine Durchblutungsstörung, seltener durch eine Hirnblutung. Auch entzündliche Erkrankungen des Gehirns (z. B. Enzephalitis), ein Schädel-Hirn-Trauma oder Vergiftungen können die Ursache sein. Die Sprach- und Verständnisprobleme der Betroffenen erschweren die Kommunikation mit anderen Menschen, und häufig ist auch die Lese- und Schreibfähigkeit eingeschränkt oder nicht mehr vorhanden.

Die Schädigung eines Sprachzentrums im Gehirn betrifft sowohl das Sprachverständnis (rezeptive Fähigkeiten) als auch die Sprachproduktion (expressive Fähigkeiten) in individuell unterschiedlichem Ausmaß. Das Sprechen und Verstehen von Lautsprache sowie das Lesen und Verstehen von Schriftsprache können beeinträchtigt oder sogar unmöglich sein, da die Fähigkeit, Sprache zu bilden und zu entschlüsseln, erschwert ist. In der Regel sind die intellektuellen Fähigkeiten nicht betroffen.

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Für viele Formen der Sprachstörung ist es typisch, dass Objekte umschrieben werden, weil sie nicht mehr direkt benannt werden können (Anomie). Die Betroffenen verstehen Wörter nicht, und die Wahrnehmung und Verarbeitung von Sprachlauten (auditiv), Tastsinn (taktil) und Sehsinn (visuell) sind beeinträchtigt. Ursache ist eine Störung der sprachdominanten Hirnhälfte (Wernicke-Areal).

Vaskuläre Demenz

Die vaskuläre Demenz ist nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste Demenzerkrankung. Sie wird durch eine Schädigung der Blutgefäße im Gehirn verursacht, wodurch dieses nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt wird. Dies führt zu Einschränkungen wichtiger kognitiver Funktionen.

Typische Ursachen einer vaskulären Demenz sind:

  • Schlaganfälle, die eine Hirnarterie verschließen.
  • Stille Schlaganfälle, die ohne spürbare Symptome verlaufen.
  • Arterienverkalkung (Arteriosklerose) oder Bluthochdruck.

Die Symptome können plötzlich, schleichend oder schrittweise auftreten und sich entweder schleichend oder plötzlich verschlechtern. Dazwischen kann es auch längere stabile Phasen geben.

Alzheimer-Krankheit

Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste Form der Demenz. Hierbei bilden sich Eiweißablagerungen im Gehirn, wodurch Nervenzellen absterben. Typische erste Demenz-Symptome sind unter anderem Wortfindungsstörungen, Orientierungsstörungen oder ein schwindendes Kurzzeitgedächtnis. Betroffenen fällt es zunehmend schwer, Neues zu behalten oder sich in ungewohnter Umgebung zu orientieren, und ihr Urteilsvermögen lässt nach.

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Frontotemporale Demenz (FTD)

Die Frontotemporale Demenz (FTD) ist eine Krankheit, bei der Nervenzellen vor allem im Stirn- und Schläfenbereich des Gehirns absterben. Sie beginnt normalerweise früher als die Alzheimer-Krankheit, durchschnittlich zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr. Bei fast allen Erkrankten fallen zu Beginn Veränderungen der Persönlichkeit und des zwischenmenschlichen Verhaltens auf. Bei manchen Patienten zeigen sich ausgeprägte Sprachstörungen vor allem im Sinne von Wortfindungsstörungen und Benennstörungen.

Weitere Ursachen

Neben den genannten Demenzformen können Wortfindungsstörungen auch durch andere Faktoren bedingt sein:

  • Schlafstörungen: Ausreichender Schlaf ist wichtig für die kognitive Funktion.
  • Chronischer Stress: Stress kann die Gehirnfunktion beeinträchtigen.
  • Wechseljahre: Hormonelle Veränderungen können kognitive Symptome verursachen.
  • Einnahme bestimmter Medikamente: Schlaf- und Beruhigungsmittel können Wortfindungsstörungen verursachen.
  • Mangelzustände: Eine unzureichende Versorgung mit Vitamin B12, Eisen oder Omega-3-Fettsäuren kann zu Wortfindungsstörungen beitragen.
  • Hirntumor: Ein Tumor im Gehirn kann die Sprachzentren beeinträchtigen.
  • Hirnhautentzündung: Eine Entzündung des Gehirns kann zu Sprachstörungen führen.
  • Unfälle mit Schädel-Hirn-Trauma: Verletzungen des Gehirns können Sprachzentren schädigen.

Diagnose von Wortfindungsstörungen

Die Diagnose von Wortfindungsstörungen erfordert eine umfassende Untersuchung, um die Ursache zu ermitteln und andere Erkrankungen auszuschließen.

Anamnese und neurologische Untersuchung

Die Diagnose beginnt mit einem ausführlichen Gespräch über die Krankengeschichte des Patienten. Dabei werden frühere oder aktuelle Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Erkrankungen der Hirngefäße, Bluthochdruck und Diabetes berücksichtigt. Der Arzt erkundigt sich nach Beschwerden und Problemen im Alltag, nach Stimmungsschwankungen sowie nach den Lebensumständen. Anschließend erfolgt eine körperliche Untersuchung, um festzustellen, ob Durchblutungsstörungen vorliegen.

Ebenso wichtig ist der neurologische Status, der die Koordination, Motorik, den Tastsinn und den Gleichgewichtssinn umfasst. Wichtig ist die Abgrenzung zu anderen Sprachentwicklungs- und Sprachfunktionsstörungen, die als Folge von Schwerhörigkeit, Fehlsichtigkeit oder Artikulationsstörungen in Form eingeschränkter motorischer Fähigkeiten beim Schreiben (Dysarthrie) auftreten können.

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Bildgebende Verfahren

Eine bildgebende Untersuchung des Gehirns hilft, die Ursache für die Sprachstörung zu finden und das Ausmaß der Schädigung zu bestimmen. Eine Computertomografie (CT) und eine Magnetresonanztomografie (MRT) mit oder ohne Darstellung der Arterien mithilfe von Kontrastmitteln (Angiografie) geben Aufschluss über die Art der Schädigung. Es kann sich um einen Infarkt, innere Blutungen (Hämorrhagie), eine sich entwickelnde Demenz oder um Tumore (Raumforderungen) handeln, deren Ausdehnung sichtbar gemacht werden kann.

Sprachliche Tests

Mithilfe spezieller Tests (wie dem Aachener Aphasie-Test, AAT) kann die Sprache analysiert und die Sprachstörung beurteilt werden. Dabei werden folgende Aspekte untersucht:

  • Spontansprache: Flüssigkeit der gesprochenen Wörter, Anzahl, Ausdrucksmerkmale (Prosodie), Wortfindungspausen, spontane Fehler, Zögern.
  • Benennung: Fähigkeit, Objekte direkt und ohne Umschreibungen zu benennen.
  • Wiederholung: Fähigkeit, komplexe Sätze nachzusprechen.
  • Verstehen: Fähigkeit, einfachen oder mehrstufigen Anweisungen zu folgen, auf einfache und komplexe Ja- oder Nein-Fragen zu antworten und auf vom Arzt genannte Objekte zu zeigen.
  • Lesen und Schreiben: Leseverständnis, Rechtschreibung, Schreiben nach Diktat, spontanes Schreiben und Vorlesen.

Neuropsychologische Tests

Kognitive Funktionen wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Problemlösungskompetenz werden untersucht.

Behandlung von Wortfindungsstörungen bei Demenz

Die Behandlung von Wortfindungsstörungen bei Demenz zielt darauf ab, die Symptome zu lindern, die Lebensqualität zu verbessern und den Krankheitsverlauf zu verlangsamen. Da viele Demenzformen nicht heilbar sind, konzentriert sich die Therapie auf die bestmögliche Unterstützung der Betroffenen.

Medikamentöse Therapie

Je nach Ursache der Wortfindungsstörung können verschiedene Medikamente eingesetzt werden. Bei der vaskulären Demenz werden Durchblutungsstörungen im Gehirn mit blutverdünnenden Medikamenten behandelt, um weiteren Schlaganfällen vorzubeugen. Bluthochdruck, erhöhter Cholesterinspiegel und erhöhter Blutzucker können ebenfalls medikamentös behandelt werden.

Bei der Alzheimer-Krankheit stehen Acetylcholinesterasehemmer (Donepezil, Galantamin und Rivastigmin) zur Verfügung, die den Verlauf der Demenz hinauszögern können. Für Menschen mit einer Frühform der Alzheimer-Krankheit gibt es eine Amyloid-Antikörper-Therapie mit Lecanemab.

Nicht-medikamentöse Therapien

Neben der medikamentösen Behandlung spielen nicht-medikamentöse Therapien eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Wortfindungsstörungen bei Demenz.

  • Sprachtherapie (Logopädie): Stärkt kommunikative Fähigkeiten und Wortfindung, verbessert Aussprache sowie Sprachverständnis. Insbesondere Betroffene mit einer primären Sprachstörung sollten Logopädie erhalten.
  • Kognitives Training: Trainiert die geistigen Fähigkeiten.
  • Ergotherapie: Körperliche Aktivierung hilft, Alltagstätigkeiten möglichst lange durchführen zu können.
  • Musiktherapie: Unterstützt Betroffene dabei, positive Erinnerungen und Gefühle zu wecken.
  • Realitätsorientierungstraining: Übt die zeitliche und räumliche Orientierung.
  • Erinnerungstherapie: Mithilfe von Fotos, Geschichten und Alltagsgegenständen werden Erinnerungen geweckt und die geistigen Fähigkeiten angeregt.
  • Physiotherapie: Kann helfen, die kognitiven Fähigkeiten und somit die Lebensqualität der Patientin oder des Patienten zu verbessern.
  • Kognitive Stimulation: Gespräche zur Anregung der geistigen Aktivität.
  • Autobiographische Arbeit: Erinnerungsarbeit zur Förderung des Gedächtnisses.
  • Kunsttherapie: Kann eine geeignete Behandlungsmethode darstellen.

NeuroNation

NeuroNation ist eine wissenschaftliche Plattform, die sich auf das Training verschiedener kognitiver Funktionen fokussiert hat. Zusammen mit Professor:innen der Neuropsychologie entwickelt NeuroNation Gehirnübungen in den Kategorien Aufmerksamkeit, Rechnen, Logik und Gedächtnis. Folgende Übungen könnten für Personen mit Wortfindungsstörungen besonders interessant sein:

  • Wortwunder: Trainiert die Fähigkeit, schneller Wörter zu finden und Sätze zu formulieren.
  • Wortakrobat: Trainiert die Fähigkeit, unterschiedliche Informationen gleichzeitig im Kopf zu behalten und schnell zu verarbeiten.
  • Sprachreise: Trainiert die Konzentrationsfähigkeit und die Fähigkeit, aus mehreren Optionen das richtige Wort zu erkennen und auswählen.

Weitere Maßnahmen

  • Vorbeugung von Schlaganfällen: Regelmäßige Bewegung und eine gesunde Lebensweise können (weiteren) Schlaganfällen vorbeugen.
  • Unterstützung im Alltag: Kleine Veränderungen im Alltag, Routinen, liebevolle Unterstützung und Geduld helfen dabei, Orientierung zu geben.
  • Gespräche mit Angehörigen: Der Austausch mit vertrauten Menschen, mit Angehörigen oder in Selbsthilfegruppen kann entlasten.
  • Frühzeitige Planung: Rechtliche Fragen wie Betreuungsverfügung, Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sollten frühzeitig geregelt werden.
  • Wohnraumanpassung: Die Wohnung sollte demenzgerecht eingerichtet werden.
  • Pflegeberatung: Die AOK-Pflegeberatung und andere Beratungsstellen bieten Unterstützung bei der Organisation der Pflege.
  • Pflegekurse: Die AOK bietet Pflegekurse an, in denen Basiswissen vermittelt wird und intensiv auf die Pflege zu Hause eingegangen wird.

Umgang mit Verhaltensänderungen bei Demenz

Demenzkranke verlieren nach und nach ihre Erinnerungen, was zu Verwirrung und Angst führen kann. Auch der Verlust der Selbstständigkeit ist schwer zu verkraften. Typische Verhaltensänderungen sind:

  • Unruhe, zum Beispiel Umherwandern oder Hinterherlaufen
  • Rückzug und depressive Symptome, aber auch Reizbarkeit
  • Stimmungsschwankungen
  • Ständiges Fragen
  • Wiederkehrende Handlungen wie Klatschen, Klopfen oder Schreien
  • Vorwürfe und Verdächtigungen
  • Aggressivität

Es ist wichtig, Ruhe zu bewahren und dem Erkrankten das Gefühl zu geben, dass man ihn versteht und ernst nimmt. Stress sollte vermieden und Diskussionen sollten nicht persönlich genommen werden. Es ist hilfreich, in schwierigen Situationen mit verständnisvollen Worten zu beruhigen und die Bewegung des Erkrankten zu fördern. Eine ausreichende und gesunde Ernährung ist ebenfalls wichtig, da eine zu geringe Flüssigkeitsaufnahme die Verwirrung noch verschlimmern kann.

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