Übertraining ist ein Zustand körperlicher und geistiger Erschöpfung, der durch übermäßiges Training ohne ausreichende Erholung entsteht und zu einem anhaltenden Leistungsabfall führt. Viele Sportler ignorieren die Symptome oder deuten sie falsch, was zu einer Verschlimmerung des Zustands führt. Dieser Artikel beleuchtet die Symptome eines überlasteten zentralen Nervensystems (ZNS) infolge von Übertraining, die zugrunde liegenden Ursachen und die verschiedenen Behandlungsansätze, um die Leistungsfähigkeit wiederherzustellen und langfristige Schäden zu vermeiden.
Einführung in das Übertraining
Im Streben nach sportlicher Höchstleistung ist es wichtig, die Balance zwischen Belastung und Erholung zu finden. Eine dauerhaft zu hohe Belastung kann schnell zu Überbelastung führen, die oft nicht bemerkt oder deren Symptome ignoriert werden. Der Körper sendet zwar keine klaren Alarmsignale, doch mit Selbstreflexion und Disziplin lässt sich erkennen, wann er Ruhe benötigt.
Symptome eines überlasteten Nervensystems durch Übertraining
Ein überlastetes Nervensystem äußert sich durch vielfältige Symptome, die sowohl körperliche als auch psychische Aspekte betreffen. Es ist wichtig, diese Anzeichen frühzeitig zu deuten, um rechtzeitig reagieren zu können.
- Lustlosigkeit: Ein plötzlicher oder schleichender Verlust der Motivation zu trainieren kann ein Warnsignal sein. Wenn aus einem einzelnen Tag mehrere Tage oder sogar Wochen werden, sollte man auf den Körper hören und eine Pause einlegen.
- Ungewöhnlich starker Muskelkater: Wenn nach einem intensiven Training ungewöhnlich starker Muskelkater auftritt, obwohl man sich gut ernährt, kann dies ein Anzeichen für Übertraining sein. Die Schmerzen sind intensiver als gewöhnlich und halten länger an.
- Störung des Hormonhaushalts: Zu viel Training kann den Hormonhaushalt durcheinanderbringen, was zu einer geringeren Testosteronproduktion und einem erhöhten Cortisolspiegel führt. Dies kann dazu führen, dass Kalorien nicht in den Muskeln, sondern in den Fettdepots landen.
- Fehlende Konzentration: Übertraining kann das sympathische Nervensystem überfordern, was zu Übernervosität, Reizbarkeit und Rastlosigkeit führt. Es fällt schwer, sich zu konzentrieren, was die Regeneration zusätzlich verlangsamt.
- Starke Müdigkeit: Andauernde Müdigkeit, ähnlich einer Erkältung ohne laufende Nase, kann ebenfalls ein Zeichen für ein überreiztes sympathisches Nervensystem sein.
- Gelenk- und Gliederschmerzen: Wenn das Training noch Tage später in den Gelenken und Gliedern schmerzt, könnte es sein, dass man es übertrieben hat.
- Hohe Infektionsanfälligkeit: Häufige Erkrankungen trotz guter Ernährung, ausreichend Schlaf und wenig Stress können auf eine Überbelastung hindeuten.
Jack Daniels, ein international bekannter Lauf-Coach, beschreibt es so: "Meine Kilometerzeiten brechen ein wie eine morsche Brücke. Nun fehlt auch im Alltag die Energie."
Das zentrale Nervensystem (ZNS) und seine Rolle
Das zentrale Nervensystem (ZNS), bestehend aus Gehirn und Rückenmark, spielt eine entscheidende Rolle bei der Steuerung von Muskeln und der Verarbeitung von Informationen. Das ZNS sendet Nervenimpulse über das Rückenmark an die Muskeln, um Bewegungen zu koordinieren. Bei Überlastung können diese Nervenimpulse schwächer werden, was zu einer verminderten Leistungsfähigkeit führt.
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Das ZNS wird in Diskussionen zum Thema Trainingswissenschaften hauptsächlich in Bezug auf Erschöpfungserscheinungen und Ermüdung erwähnt. Im Kontext von Krafttraining wird zentrale Ermüdung als eine Unfähigkeit der Muskeln definiert, ihre volle Leistungsfähigkeit entfalten zu können.
Ursachen von Übertraining
Übertraining resultiert aus einer Vielzahl von Faktoren, die neben den physischen auch eine psychische und soziale Komponente beinhalten können. Häufigste Ursachen für einen Überlastungszustand sind trainingsmethodische und ernährungsphysiologische Fehler.
- Trainingsfehler: Wiederholt hohe Trainingsintensitäten ohne ausreichende Erholungsphasen. Oftmals sind auch die zwischen den einzelnen Belastungsreizen liegenden Trainingseinheiten, die eigentlich als Regeneration geplant waren, zu intensiv oder zu lang.
- Ernährungsfehler: Hoher Glykogenverbrauch, hoher Verlust an Mineralien und Vitaminen verbunden mit einer verzögerten Wiederauffüllung.
- Psychischer Stress: Ständige Erreichbarkeit, Überstunden, Großstadtlärm, Mental Load und tausend To-dos. Ständige Ärger mit dem Arbeitskollegen, der einem schlaflose Nächte bereitet.
- Gesundheitliche Störungen: Gesundheitliche Störungen, die im Trainingsprozess zu spät erkannt werden.
Arten von Übertraining
Es werden zwei Arten von Übertraining unterschieden:
- Erregungsübertraining (sympathikotone Form): Der Sportler ist übersteuert und überaktiv, die Leistungsentwicklung stagniert. Der biologische Aufwand für die Bewältigung von Belastungen ist höher als gewohnt.
- Hemmungsübertraining (parasympathikotone Form): Dieses entwickelt sich schleichend und ist nicht gleich zu erkennen. Die Ähnlichkeit mit kurzzeitigen Erschöpfungszuständen ist groß.
Diagnose von Übertraining
Trotz umfangreicher Untersuchungen kann zurzeit noch nicht mit ausreichender Sicherheit der Übertrainingszustand anhand biochemischer und kardialer Kontrollgrößen diagnostiziert werden. Das Übertraining wird zuerst in der nachlassenden, sportlichen Leistungsfähigkeit trotz Trainings und in subjektiven Störungen des Wohlbefindens bemerkt. Allmählich entwickelt sich eine deutlich verminderte Trainingsbereitschaft, besonders für intensive sportartspezifische Belastungen.
Behandlungsansätze bei Übertraining
Die Behandlung von Übertraining erfordert eine umfassende Herangehensweise, die sowohl die körperlichen als auch die psychischen Aspekte berücksichtigt.
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- Wettkampfpause: In der Akutphase des Übertrainings ist es sinnvoll, die Therapie entsprechend des Krankheitstyps zu gestalten. Für beide Typen gilt zunächst eine Wettkampfpause, die mindestens zwei, oftmals sogar zwölf Wochen oder mehr betragen kann (beim Hemmungsübertraining länger als beim Erregungsübertraining).
- Reduktion der Trainingsbelastung: Die Trainingsbelastung (natürlich auch die Wettkämpfe) sollte dreimal so lange reduziert werden wie die Entstehung des Übertrainingssyndroms gedauert hat. Wer die Warnzeichen ignoriert und sich überlastet hat (z. B. in einer speziellen Wettkampfvorbereitung), wird ca. zwölf Wochen brauchen, um wieder belastbar zu werden.
- Regenerative Aktivitätseinheiten: Regenerative Aktivitätseinheiten in anderen Sportarten sind nun besonders sinnvoll (Schwimmen, Spielsportarten, Aquajogging…).
- Physikalische Maßnahmen: Physikalische Maßnahmen sollten je nach Krankheitstyp anregenden (Hemmungsübertraining) oder dämpfenden (Erregungsübertraining) Charakter haben.
- Ernährung: Auf eine ausgewogene Ernährung mit ausreichender Zufuhr von Vitaminen und Mineralien sollte Wert gelegt werden, sofern dies über die Ernährung nicht möglich scheint.
- Schaffung eines günstigen Umfeldes: Von großer Wichtigkeit ist die Schaffung eines günstigen Umfeldes, sowohl im sportlichen als auch im privaten und beruflichen Bereich.
- Psychologische Unterstützung: Fachleute für psychische Gesundheit können dir helfen, dich vom Übertraining zu erholen, indem sie dir einen Raum bieten, in dem du über deine Gefühle sprechen kannst.
Tipps zur Vermeidung von Übertraining
- Monitoring des Trainings: Dokumentation des Trainings. Für den ambitionierten Hobbysportler kann das zum Beispiel sein, das Training genau zu dokumentieren: Wie viele Kilometer bin ich gelaufen/gefahren? Welche Geschwindigkeit/Leistung? Wie war die Herzfrequenz und das subjektive Beanspruchungsempfinden (Borg-Wert)?
- Periodisierung des Trainings: Wenn Sie beispielsweise für einen Wettkampf wie einen Radmarathon trainieren, sollten Sie nach dem Prinzip der Periodisierung vorgehen und Ihr Training in die folgenden Abschnitte einteilen: Vorbereitungsperiode, Wettkampfperiode und Übergangsperiode.
- Regenerationsmaßnahmen: Nach dem Training wird häufig zu Regenerationsmaßnahmen wie beispielsweise Cooling-down, Dehnungsübungen, Kalt-Warm-Duschen oder ein Saunabesuch geraten.
- Ausreichend Schlaf: Sorge deswegen dafür, dass du genug Ruhezeit in der Nacht hast und nutze die 10 Regeln der Schlafhygiene, um deinen Schlaf zu verbessern.
- Stressmanagement: Jeder Mensch geht anders mit Stress um. Wenn du mehr Stress hast, als du bewältigen kannst, wird dein Körper zusammenbrechen.
- Achtsamkeit: Die wichtigste Waffe gegen Übertraining ist die Achtsamkeit gegenüber den Signalen, die Dein Körper Dir gibt.
Die Rolle des Vagusnervs bei der Regeneration
Ein Teil des parasympathischen Nervensystems ist der Vagusnerv („Nervus vagus”) - der längste Hirnnerv deines Körpers. Er ist wie eine „Bremse” für dein vegetatives Nervensystem. Wenn er aktiviert wird, sendet er Signale an Herz, Lunge und andere Organe, um deinen Körper zu beruhigen. Der Vagusnerv kann durch gezielte Übungen wie Atemtechniken, Kältereize oder Summen bewusst aktiviert werden.
Hyperarousal und Übererregung des Nervensystems
Hyperarousal, auch als Übererregung des Nervensystems bekannt, beschreibt einen Zustand anhaltender innerer Anspannung und Alarmbereitschaft. Betroffene fühlen sich, als wäre ihr Körper in ständiger Alarmbereitschaft- selbst in völlig sicheren Situationen. Hyperarousal tritt häufig im Zusammenhang mit psychischen Belastungen wie Stress, Traumafolgestörungen oder der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) auf.
Trainingsmethodische Empfehlungen
- Kurzzeitübertraining: Beim Kurzzeitübertraining, hervorgerufen durch Energiemangel (Muskelglycogen), helfen bereits 2 bis 3 Tage Pause sowie eine deutlich verminderte Trainingsbelastung für die folgende Woche und eine gezielte Kohlenhydrataufnahme, um diesen Zustand zu überwinden.
- Strukturregeneration: Ergibt sich aus der Art der Trainingsbelastung der Verdacht, dass die Strukturregeneration (Kraft) in der Muskulatur gestört ist, dann ist die Trainingspause auf 3 bis 4 Tage zu verlängern und ein Nachholtraining zu unterlassen.
- Aerobes Training: Der sicherste Weg, die ursprüngliche Leistungsfähigkeit wiederzuerlangen, ist das aerobe Regenerations- und Kompensationstraining.
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