Zuckungen im Gesicht: Ursachen, Diagnose und Behandlung

Das Gesicht ist unser Tor zur sozialen Umwelt. Unregelmäßigkeiten im Gesicht sind oft sofort sichtbar und können für Betroffene sehr belastend sein. Muskelzuckungen, medizinisch als Myoklonien oder Faszikulationen bezeichnet, können im Gesicht aus verschiedenen Gründen auftreten. Das Spektrum der Ursachen reicht von emotionalen Zuständen über die Wirkung verschiedener Substanzen bis hin zu ernsthaften Erkrankungen.

Ursachen von Muskelzuckungen im Gesicht

Bevor man sich über schwerwiegende Erkrankungen Sorgen macht, sollte man sich bewusst sein, dass Zuckungen im Gesicht oft durch Kleinigkeiten ausgelöst werden können. Emotional aufgeladene Zustände begünstigen das Auftreten solcher Erscheinungen. Während Muskelzuckungen unter Anspannung oder während der Einschlafphase ganz natürlich auftreten können, gibt es auch neurologische Erkrankungen, die mit unwillkürlichen Zuckungen einhergehen.

Häufige Ursachen

  • Emotionaler Stress und Nervosität: Stress, Aufregung, Freude und Leid können sich körperlich äußern und zu Zuckungen im Gesicht führen. Insbesondere kleinste Muskelzuckungen oder Faszikulationen am Augenlid treten häufig auf und verschwinden meist nach bewusster Entspannung. Nervosität als Reaktion des Nervensystems auf Stresssituationen kann ebenfalls Zuckungen im Gesicht verursachen, besonders bei Menschen mit ängstlicher Persönlichkeitsstörung oder sozialer Phobie.
  • Mangelerscheinungen: Ein Mangel an bestimmten Nährstoffen wie Magnesium, Kalium oder Natrium kann Muskelzuckungen begünstigen.
  • Substanzkonsum:
    • Drogen: Aktivierende Substanzen wie Amphetamine (Speed), MDMA (Ecstasy), Kokain oder Methamphetamin (Crystal Meth) können zu einem gesteigerten Bewegungsbedürfnis führen, das sich in unwillkürlichen Zuckungen im Gesicht und anderen Muskeln äußern kann. Auch nach dem Konsum können Zuckungen auftreten, bedingt durch die Aktivierung des Körpers und ein gestörtes Elektrolytsystem.
    • Alkohol: Akute Alkoholvergiftung kann neben Übelkeit, Erbrechen und Bewusstseinsstörungen auch Muskelzuckungen verursachen. Langjähriger Alkoholmissbrauch kann Nervenzellen schädigen und zu Spontanaktivierungen der Muskelzellen führen.
  • Medikamente: Antipsychotika (Neuroleptika), die bei Schizophrenie, Manie und psychotischen Zuständen eingesetzt werden, können Zuckungen im Gesicht verursachen. Auch andere Medikamente können als Nebenwirkung Muskelzuckungen auslösen.

Neurologische Erkrankungen

  • Spasmus hemifacialis: Hierbei handelt es sich um eine Reizung des Gesichtsnervs (Nervus facialis), der für die mimische Muskulatur zuständig ist. Die Erkrankung äußert sich durch unwillkürliche Zuckungen einer Gesichtshälfte.
  • Tic-Störungen: Muskelzuckungen sind häufig mit einer Tic-Störung verbunden, einer neurologisch-psychiatrischen Erkrankung. Patienten wiederholen zwanghaft bestimmte Bewegungen oder Äußerungen, die durch Trigger ausgelöst werden.
  • Multiple Sklerose (MS): Bei MS schädigt das Immunsystem die isolierende Ummantelung der Nervenstränge. Viele Patienten berichten während eines Schubs von Zuckungen im Gesicht, insbesondere am Augenlid oder Mundwinkel.
  • Epilepsie: Zuckungen im Gesicht können auf eine Epilepsie hindeuten, besonders wenn sie wiederkehrend auftreten und von Zuckungen anderer Körperpartien begleitet werden.
  • Amyotrophe Lateralsklerose (ALS): Eine beginnende ALS kann sich durch Zuckungen der Zunge bemerkbar machen.
  • Parkinson-Krankheit: Bei Parkinson-Patienten kann ein Muskelzittern im Ruhezustand beobachtet werden.

Weitere Ursachen

  • Schlaganfall: Bei Patienten in der Erholungs- und Rehabilitationsphase nach einem Schlaganfall treten häufiger Zuckungen im Gesicht auf, besonders wenn das Gesicht von den Folgen des Schlaganfalls betroffen ist.
  • Gehirnentzündungen und andere seltene Erkrankungen: In seltenen Fällen können Gehirnentzündungen oder die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit Zuckungen auslösen. Auch Stoffwechselstörungen, Leber- und Nierenversagen können ursächlich sein.

Symptome von Muskelzuckungen im Gesicht

Die Symptome von Muskelzuckungen im Gesicht können vielfältig sein:

  • Art der Zuckungen:
    • Faszikulationen: Kleine, feine Muskelzuckungen, die als Zittern oder Flattern unter der Haut wahrgenommen werden.
    • Myoklonien: Plötzliche, unwillkürliche Muskelzuckungen, die zu ausladenden Bewegungen führen können.
    • Spasmen: Länger anhaltende Muskelkontraktionen, die als Krämpfe empfunden werden können.
  • Lokalisation: Die Zuckungen können an verschiedenen Stellen im Gesicht auftreten, besonders häufig am Augenlid, Mundwinkel oder an der Zunge.
  • Begleitende Symptome: Je nach Ursache können weitere Symptome auftreten, wie Kopfschmerzen, Schmerzen, Empfindungsstörungen, Krämpfe, Sehstörungen, Sprachstörungen, Bewusstseinsverlust oder Benommenheit.

Diagnose von Muskelzuckungen im Gesicht

Bei Zuckungen im Gesicht handelt es sich um eine Blickdiagnose, d. h. der Arzt erkennt das Symptom meist auf den ersten Blick. Das Ausmaß der Muskelzuckungen gibt Hinweise darauf, ob es sich um Faszikulationen einzelner Muskelfaserbündel oder um Bewegungsstörungen handelt.

Anamnese und körperliche Untersuchung

Der Arzt wird zunächst ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten führen, um die Krankengeschichte zu erheben. Dabei werden Fragen gestellt zu:

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  • Zeitpunkt, Häufigkeit, Ort und Umstände des Auftretens der Zuckungen
  • Begleitenden Symptomen
  • Möglichen Auslösern wie Verletzungen oder Nervenuntersuchungen
  • Einnahme von Medikamenten
  • Bestehenden Vorerkrankungen

Anschließend erfolgt eine körperliche und neurologische Untersuchung, bei der der Arzt die Nerven- und Muskelfunktion sowie die Reflexe prüft.

Apparative Diagnostik

  • Elektromyographie (EMG): Hierbei werden kleine Nadelelektroden in den zu untersuchenden Muskel gestochen, um seine elektrischen Spannungsunterschiede abzuleiten. So kann die Aktivität des Muskels beurteilt werden.
  • Elektroneurographie (ENG): Hierbei wird über Elektroden die Nervenleitungsgeschwindigkeit gemessen.
  • Elektroenzephalographie (EEG): Dabei wird die elektrische Aktivität des Gehirns untersucht, ebenfalls über Elektroden.
  • Magnetresonanztomographie (MRT): Eine MRT-Untersuchung kann durchgeführt werden, um den sicheren Nachweis eines Gefäß-Nerven-Kontaktes zu erbringen oder andere Ursachen wie Tumoren, Gefäßmissbildungen oder Multiple Sklerose-typische Läsionen auszuschließen.
  • Weitere Untersuchungen: Je nach Verdacht können weitere Untersuchungen wie Blut- und Urinuntersuchungen, orthopädische Untersuchungen, bildgebende Verfahren wie Röntgen oder Computertomografie (CT), Muskelbiopsie oder Liquorpunktion erforderlich sein.

Behandlung von Muskelzuckungen im Gesicht

Die Behandlung von Muskelzuckungen im Gesicht richtet sich nach der Ursache.

  • Behandlung von Mangelerscheinungen: Bei einem Mangel an Nährstoffen sollte auf eine bewusste und ausgewogene Ernährung geachtet werden. Bei Magnesiummangel können Sonnenblumen- oder Kürbiskerne helfen, bei Kaliummangel Kartoffelgerichte oder Avocado. Natrium kann durch ausreichendes Salzen der Nahrungsmittel zugeführt werden. Bei Bedarf können auch Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt werden.
  • Stressbewältigung und Entspannung: Sind die Zuckungen psychischen Ursprungs, können Entspannungstechniken wie Yoga, autogenes Training oder progressive Muskelentspannung helfen. Auch ausreichend Schlaf und regelmäßige Pausen bei der Bildschirmarbeit können Verspannungen lösen.
  • Medikamentöse Therapie: Bei neurologischen Erkrankungen kann ein Arzt entsprechende Medikamente verordnen. Bei Epilepsie werden Antikonvulsiva (Antikrampfmittel) wie Lamotrigin® oder Valproat® eingesetzt, die die Erregbarkeit des Nervensystems dämpfen. Bei MS kommen Kortison und Immunmodulatoren zum Einsatz.
  • Botulinumtoxin-Injektion: Wenn andere Behandlungsmaßnahmen nicht ausreichend wirken, kann Botulinumtoxin (Botox) in die Gesichtsmuskeln injiziert werden, um die Spasmen zu vermindern. Diese Behandlung muss jedoch alle 3-4 Monate wiederholt werden und kann Nebenwirkungen wie vorübergehende Gesichtslähmungen, herabhängende Augenlider oder Doppelbilder haben.
  • Operation: In seltenen Fällen, z. B. bei einem Spasmus hemifacialis, kann eine Operation erforderlich sein, um den Kontakt zwischen Nerv und Blutgefäß zu lösen.

Tipps zur Vorbeugung von Muskelzuckungen im Gesicht

  • Stress reduzieren: Sorgen Sie für einen Ausgleich zum stressigen Alltag, z. B. mit Entspannungsübungen, Sport oder Hobbys.
  • Ausgewogene Ernährung: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung mit viel frischem Obst und Gemüse.
  • Genügend Schlaf: Sorgen Sie für ausreichend und erholsamen Schlaf.
  • Koffein- und Alkoholkonsum einschränken: Reduzieren Sie den Konsum von Koffein und Alkohol.
  • Regelmäßige Pausen bei Bildschirmarbeit: Legen Sie regelmäßig Pausen bei der Bildschirmarbeit ein und machen Sie Übungen zur Augenentspannung.
  • Körperhaltung überprüfen: Achten Sie auf eine korrekte Körperhaltung, besonders beim Sitzen vor dem Computer.
  • Medikamente prüfen: Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über mögliche Alternativen, wenn Medikamente als Auslöser für die Zuckungen infrage kommen.

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