Genickbruch: Ursachen, Lähmungen und Behandlungsmöglichkeiten

Ein Genickbruch, medizinisch als Halswirbelsäulenfraktur (HWS-Fraktur) bezeichnet, ist ein Bruch eines oder mehrerer der sieben Halswirbel. Obwohl der Begriff "Genickbruch" oft mit tödlichen Folgen assoziiert wird, überleben die meisten Menschen diese Verletzung, oft ohne langfristige gesundheitliche Probleme. Allerdings können Quetschungen und Verletzungen des Rückenmarks oder des Stammhirns, die mit einem Genickbruch einhergehen, bleibende Lähmungen verursachen oder sogar zum sofortigen Tod führen.

Anatomie der Halswirbelsäule

Die Halswirbelsäule besteht aus sieben Wirbeln, die von C1 bis C7 nummeriert sind. Der erste Halswirbel (C1) wird als Atlas bezeichnet, der zweite (C2) als Axis. Zwischen den Wirbelkörpern liegen Bandscheiben, die für die Beweglichkeit und Stoßdämpfung der Wirbelsäule sorgen. Die Halswirbelsäule ermöglicht es uns, den Kopf zu drehen, zu beugen und zu strecken.

Arten von Genickbrüchen

Je nach Lage der Verletzung wird der Genickbruch in zwei Gruppen unterteilt:

  • Genickbruch der oberen Halswirbelsäule: Betrifft Atlas (C1) und/oder Axis (C2). Hierzu gehören:
    • Okzipitalkondylenfraktur: Bruch der Gelenkflächen an der Schädelbasis, die den ersten Halswirbel aufnehmen.
    • Atlanto-okzipitale Dislokation: Trennung der Schädelbasis von der Halswirbelsäule, oft tödlich.
    • Atlasfraktur (Jefferson-Fraktur): Bruch des Atlasbogens, meist instabil.
    • Axis-Fraktur: Bruch des Axis, meist als Densfraktur (Bruch des Dens axis, eines Fortsatzes des Axis) oder als Bogenwurzelfraktur (Hangman-Fraktur).
  • Genickbruch der unteren Halswirbelsäule: Betrifft die Wirbel C3 bis C7. Hierzu gehören:
    • Rein knöcherne Verletzungen
    • Verletzungen der Bandscheiben und Bandstrukturen (disko-ligamentäre Verletzungen)
    • Kombinationsformen aus knöchernen, Band- und Bandscheiben-Verletzungen
    • Kompressionsfrakturen (von geringen Deformitäten bis zu Berstungsfrakturen)
    • Luxationsfrakturen (Verrenkung eines Facettengelenks mit Bruchverletzung)
    • Quer- und Dornfortsatzfrakturen (oft als Kombinationsverletzung)

Ursachen und Risikofaktoren

Genickbrüche werden durch Krafteinwirkung auf die Halswirbelsäule verursacht. Häufige Ursachen sind:

  • Straßenverkehrsunfälle: Insbesondere bei hohen Geschwindigkeiten, Überschlägen oder Herausschleudern aus dem Fahrzeug.
  • Arbeitsunfälle:
  • Sportunfälle: Stürze aus großer Höhe oder Sprünge in seichtes Wasser.
  • Stürze: Insbesondere bei älteren Menschen mit Osteoporose.

Risikofaktoren für Genickbrüche sind:

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  • Vorerkrankungen: Verschleißbedingte Veränderungen von Bandscheiben und Wirbeln (Osteochondrose), Osteoporose, Tumorerkrankungen (Metastasen) und versteifte Gelenke im Bereich der Halswirbelsäule (z. B. Morbus Bechterew).

Symptome

Nicht jeder Genickbruch verursacht eindeutige Symptome. Mögliche Symptome sind:

  • Akuter Nackenschmerz mit Kopfschmerzen
  • Schmerzen beim Bewegen des Halses, bis hin zur Bewegungsunfähigkeit
  • Schwierigkeiten, den Kopf zu halten
  • Schluckstörungen

Bei Auftreten neurologischer Ausfallerscheinungen (Lähmungen, Taubheitsgefühl, Kribbeln) in Verbindung mit einem Sturz oder Unfall kann dies auf eine Rückenmarksverletzung hindeuten.

Diagnose

Bei Verdacht auf einen Genickbruch erfolgt zunächst eine körperliche Untersuchung, bei der die Bewusstseinslage des Patienten eingeschätzt und die Halswirbelsäule begutachtet wird. Der Arzt achtet auf Fehlstellungen, Druckschmerzpunkte und neurologische Ausfälle.

Apparative Diagnostik:

  • Röntgenaufnahmen: Standarddiagnostik, insbesondere zur Darstellung von Atlas und Axis ("Dens-Zielaufnahme").
  • Computertomografie (CT): Bei unklaren Befunden oder zum genaueren Klassifizieren des Genickbruchs.
  • Magnetresonanztomografie (MRT): Bei neurologischen Ausfällen oder Verdacht auf Weichteilverletzungen (Bänder, Bandscheiben).

Behandlung

Die Behandlung eines Genickbruchs hängt von der Art der Verletzung, der Stabilität und dem Vorliegen neurologischer Symptome ab.

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Erstversorgung am Unfallort

  • Ruhigstellung: Der Hals wird sofort mit einer steifen Halsstütze (Stiff-Neck) ruhiggestellt.
  • Lagerung: Der Patient wird vorsichtig auf einer Vakuummatratze gelagert und stabilisiert.
  • Transport: Der Transport erfolgt idealerweise mit einem Helikopter in ein Wirbelsäulenzentrum.

Konservative Behandlung

  • Halskrawatte: Ein weicher Kragen (Schanz-Krawatte) verhindert extreme Beugung des Kopfes. Ein steifer Kragen (Philadelphia-Krawatte oder Stiffneck) schränkt die Beweglichkeit stärker ein.
  • Halo-Weste: Ermöglicht zusätzliche Streckung des Kopfes.
  • Minerva-Gips: Kopf-Brust-Gipsverband, vor allem bei Kindern angewendet.

Die Halswirbelsäule muss in der Regel zwischen 6 und 12 Wochen ruhiggestellt werden.

Operative Behandlung

Eine Operation ist erforderlich bei:

  • Instabilen Brüchen
  • Brüchen mit neurologischen Ausfällen
  • Brüchen, die konservativ nicht ausreichend stabilisiert werden können

Verschiedene operative Verfahren kommen zum Einsatz, darunter:

  • Offene Reposition und Stabilisierung: Ausrichten des Bruchs und Fixierung mit Schrauben, Platten oder Knochenzement.
  • Spondylodese: Verblockung von Wirbeln zur Stabilisierung der Halswirbelsäule.
  • Dekompression des Rückenmarks: Entfernung von Knochenfragmenten oder Bandscheibengewebe, die auf das Rückenmark drücken.

Spezielle Behandlungen

  • Atlanto-okzipitale Dislokation: Rasche Ausrichtung und Stabilisierung, gefolgt von operativer Fusion von Schädel und Halswirbelsäule.
  • Bruch der Okzipitalkondylen: Konservative Behandlung mit weicher Halskrawatte, operative Behandlung je nach Begleitverletzungen.
  • Atlas-Bruch (Jefferson-Fraktur): Meist konservative Behandlung mit Reposition und Halo-Fixateur oder Minerva-Gips. In seltenen Fällen operative Versteifung (atlantoaxiale Spondylodese).
  • Axis-Bruch (Hangman-Fracture): Konservative Behandlung im Halo-Fixateur oder Minerva-Gips bei nicht-verschobenen Brüchen, operative Stabilisierung bei verschobenen Brüchen.

Rehabilitation

Nach der Akutbehandlung ist eine Rehabilitation erforderlich, um die Funktion der Halswirbelsäule wiederherzustellen. Die Rehabilitation umfasst:

  • Physiotherapie: Zur Stärkung der Halsmuskulatur und Verbesserung der Beweglichkeit.
  • Ergotherapie: Zur Anpassung an den Alltag und Erlernen kompensatorischer Strategien.
  • Schmerztherapie: Zur Behandlung von chronischen Schmerzen.

Prognose

Die Prognose nach einem Genickbruch hängt von der Schwere der Verletzung und dem Vorliegen von Rückenmarksverletzungen ab.

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  • Genickbruch ohne Rückenmarksverletzung: Bei gutem Allgemeinzustand und umfassender Rehabilitation ist die Prognose in der Regel gut. Die meisten Betroffenen können ihr Leben weitgehend wie vor dem Unfall fortsetzen.
  • Genickbruch mit Rückenmarksverletzung: Die Prognose ist abhängig vom Ausmaß der Rückenmarksverletzung. Inkomplette Rückenmarksverletzungen haben eine bessere Prognose als komplette. Eine Querschnittslähmung kann zu bleibenden Behinderungen führen.

Komplikationen

Mögliche Komplikationen nach einem Genickbruch sind:

  • Chronische Schmerzen: Kopfschmerzen, Nackenschmerzen
  • Nackensteife
  • Heiserkeit
  • Schluckstörungen
  • Bewegungseinschränkungen
  • Querschnittslähmung
  • Druckgeschwüre (Dekubitus)
  • Spastik
  • Blasen- und Darmfunktionsstörungen
  • Osteoporose
  • Nervenschmerzen

Prävention

Einige Maßnahmen können helfen, das Risiko eines Genickbruchs zu verringern:

  • Sicherheitsvorkehrungen im Straßenverkehr: Anschnallen, Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzungen.
  • Sicherheitsvorkehrungen bei der Arbeit: Tragen von Schutzkleidung, Beachtung der Sicherheitsvorschriften.
  • Sicherheitsvorkehrungen beim Sport: Geeignete Schutzausrüstung, Vermeidung von riskanten Manövern.
  • Sturzprophylaxe: Insbesondere bei älteren Menschen.

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