Die Pflege von Menschen mit Demenz stellt eine besondere Herausforderung dar, die spezifische Kompetenzen erfordert. Dieser Artikel, basierend auf dem Buch "100 Fragen zum Umgang mit Menschen mit Demenz" von Prof. Dr. Ingrid Hametner, dient als Wegweiser für Pflege(fach)kräfte und Angehörige. Er ermutigt Pflegende, dem CARE-Gedanken zu folgen, einem zentralen Element einer am humanistischen Menschenbild orientierten Gesellschaft.
Was ist Demenz? Diagnostik und Symptome
Der erste Abschnitt des Buches widmet sich der Frage: "Was ist eine Demenz?". Hier werden medizinische Informationen bereitgestellt, um ein grundlegendes Verständnis der Erkrankung zu schaffen. Es ist wichtig zu wissen, dass Demenz nicht einfach nur "Vergesslichkeit" bedeutet, sondern eine komplexe Erkrankung ist, die viele Bereiche des Lebens beeinträchtigen kann.
Die Diagnose Demenz und ihre Bedeutung
Die Diagnose Demenz verändert das Leben der Betroffenen und ihrer Familien. Der Alltag wird herausfordernder, Gespräche schwieriger und vertraute Abläufe funktionieren nicht mehr wie gewohnt. Es ist wichtig, sich frühzeitig mit der Erkrankung auseinanderzusetzen, um den Alltag zu erleichtern und ein stabiles Miteinander zu schaffen.
Wie viel Vergessen ist normal?
Eine häufige Frage ist, wann Vergesslichkeit ein Anzeichen für Demenz sein könnte. Es ist normal, gelegentlich Dinge zu vergessen, aber wenn die Vergesslichkeit häufiger auftritt und den Alltag beeinträchtigt, sollte man einen Arzt aufsuchen.
Herausforderungen und Bedürfnisse von Menschen mit Demenz
Der zweite Abschnitt des Buches beleuchtet, was die Erkrankung für Betroffene, Angehörige und Pflegefachkräfte bedeutet. Menschen mit Demenz haben besondere Bedürfnisse, die es zu erkennen und zu erfüllen gilt.
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Herausforderndes Verhalten als Kommunikationsversuch
Ein zentraler Punkt ist, dass herausforderndes Verhalten immer ein Zeichen dafür ist, dass es dem Betroffenen nicht gelungen ist, sich verständlich zu machen. Pflegefachkräfte sollten den Sinn hinter dem Verhalten erkennen und die Motive der Menschen mit Demenz verstehen.
Bedürfnisse nach Sicherheit und Geborgenheit
Die Umgebung sollte Sicherheit und Geborgenheit vermitteln. Menschen mit Demenz brauchen Routinen und eine vertraute Umgebung, um sich wohlzufühlen.
Kommunikation mit Menschen mit Demenz
Die Kommunikation mit Menschen mit Demenz erfordert Geduld und Einfühlungsvermögen.
Einfache Sprache und deutliche Kommunikation
Menschen mit Demenz, insbesondere mit der Alzheimer-Krankheit, haben zunehmend Schwierigkeiten, sich an Dinge zu erinnern und Gesprächen zu folgen. Sprechen Sie deshalb langsam und deutlich, verwenden Sie einfache Sätze und vermeiden Sie komplizierte Begriffe.
Vertraute Abläufe und Routinen
Auch wenn Alltagsgespräche irgendwann unmöglich werden, bleibt der Austausch wichtig. Am einfachsten ist es, sich an bereits vertraute Abläufe zu halten, wie zum Beispiel Aufstehen, Frühstücken, Anziehen oder Duschen. Diese Routinen geben der erkrankten Person Sicherheit und Vertrautheit.
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Biografiearbeit und Personenzentrierter Ansatz
Ein besonderer Schwerpunkt des Buches liegt auf der Biografiearbeit, die auf dem psychobiografischen Modell nach Böhm basiert.
Biografie als Schlüssel zum Verständnis
Die Biografiearbeit ermöglicht es, den Menschen mit Demenz besser zu verstehen und seine Bedürfnisse zu erkennen. Ein Beispiel aus dem Buch ist die Geschichte einer Frau, die nachts den Kleiderschrank aufräumte und dann erschöpft vor dem Schrank einschlief. Durch die Biografiearbeit konnte herausgefunden werden, dass sie früher als Kind in einem Waisenhaus lebte und dort immer für Ordnung sorgen musste.
Personenzentrierter Ansatz nach Kitwood und Validation nach Feil
Der personenzentrierte Ansatz nach Kitwood und die Validation nach Feil werden ebenfalls vertieft. Diese Ansätze betonen die Bedeutung der individuellen Bedürfnisse und Gefühle des Menschen mit Demenz.
Krisen und Interventionen
Der sechste Abschnitt des Buches widmet sich Krisen und Interventionen. Hier werden Strategien für den Umgang mit schwierigen Situationen aufgezeigt.
Umgang mit Angst und Panik
Aktivitäten, die Angst auslösen könnten, sollten behutsam und in kleinen Schritten vorbereitet werden. So behält die erkrankte Person die Übersicht über die Situation, und Angst und Panik entstehen weniger schnell.
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Orientierungshilfen bei Zeitverlust
Bei einer Demenz geht nach und nach das Zeitgefühl verloren: Wochentage geraten durcheinander, Tag und Nacht lassen sich schwer unterscheiden. Auch die Schlafqualität leidet - viele Erkrankte schlafen kürzer, wachen öfter auf und sind tagsüber erschöpft. Eine klare Tagesstruktur kann helfen, Orientierung zu geben: Tageslicht, frische Luft und feste Abläufe am Tag, Ruhe und gedimmtes Licht am Abend.
Schmerzmanagement bei Demenz
Im achten Abschnitt steht die Frage im Vordergrund, dass Menschen mit Demenz unter Umständen Schmerzen nicht genau genug äußern können, sodass ein gezieltes Assessment von Nöten ist.
Besonderheiten der Schmerzerkennung
Es ist wichtig, auf nonverbale Signale zu achten, um Schmerzen zu erkennen und angemessen zu behandeln.
Ernährung und Demenz
Eine Demenzerkrankung kann das Ess- und Trinkverhalten deutlich verändern. Manche Menschen vergessen zu essen und nehmen deshalb nicht ausreichend Nahrung zu sich. Andere wiederum essen scheinbar ohne Hemmungen - oft bevorzugt Süßes.
Risiken und Hilfestellungen
Auch das Gefühl für Hunger und Durst nimmt ab, wodurch das Risiko für Mangelernährung und Flüssigkeitsmangel steigt. Im späteren Verlauf treten häufig Koordinationsprobleme sowie Kau- oder Schluckbeschwerden auf. Was hilft? Eine ruhige Umgebung, feste Essenszeiten und vertrautes Geschirr geben Orientierung.
Selbstpflege für Pflegende
Der letzte Abschnitt widmet sich der Selbstsorge und Gesundheit der Pflegekräfte. Hierbei geht es darum, Zeichen von Burnout zu erkennen und Coping Strategien zu entwickeln.
Bedeutung der Selbstfürsorge
Die Pflege von Menschen mit Demenz ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die viel Kraft kostet. Es ist wichtig, auf die eigene Gesundheit zu achten und sich regelmäßig Auszeiten zu nehmen.
Strategien zur Stressbewältigung
Es gibt verschiedene Strategien, um Stress abzubauen und Burnout vorzubeugen. Dazu gehören Entspannungsübungen, Sport, Zeit mit Freunden und Familie und professionelle Unterstützung.
Alltagstipps für die Pflege von Menschen mit Demenz
Neben den Informationen aus dem Buch gibt es noch weitere Tipps, die den Alltag mit Menschen mit Demenz erleichtern können.
Baden und Duschen
Sinnesüberlastung: Laute Wassergeräusche, helles Licht oder intensive Düfte von Pflegeprodukten können ebenfalls Stress auslösen. Diese Ängste zu verstehen und mögliche Auslöser zu vermeiden, kann für Angehörige ein erster Schritt sein, das Baden und Duschen angenehmer zu gestalten.
Anziehen
Menschen mit Alzheimer oder anderen Demenzerkrankungen brauchen häufig mehr Zeit zum Anziehen. Sie tun sich schwer, sich Kleidung herauszusuchen oder wählen die falsche Kleidung für Wetter und Jahreszeit. Ermutigen Sie die oder den Erkrankten dennoch immer, sich selbst morgens anzuziehen. Halten Sie das Angebot klein, also lieber weniger Kleidung, dafür welche, leicht kombinierbar ist.
Fazit
Die Pflege von Menschen mit Demenz ist eine komplexe Aufgabe, die viel Wissen und Einfühlungsvermögen erfordert. Das Buch "100 Fragen zum Umgang mit Menschen mit Demenz" von Prof. Dr. Ingrid Hametner bietet eine wertvolle Grundlage für eine kreative, fachgerechte Pflege und Betreuung. Es ermutigt Pflegende und Angehörige, den Menschen mit Demenz in den Mittelpunkt zu stellen und seine individuellen Bedürfnisse zu berücksichtigen. Die Auseinandersetzung mit der Erkrankung, die Anwendung von Kommunikationstechniken, Biografiearbeit und die Beachtung der Selbstpflege sind wesentliche Bestandteile einer gelungenen Betreuung.