Alzheimer rückgängig machen: Aktuelle Forschung und Therapieansätze

Die Alzheimer-Krankheit, die häufigste Form der Demenz, betrifft in Deutschland etwa 1,8 Millionen Menschen. Kennzeichnend für diese neurodegenerative Erkrankung ist der fortschreitende Verlust kognitiver Fähigkeiten, der durch den Abbau von Nervenzellen im Gehirn verursacht wird. Obwohl die genauen Ursachen noch nicht vollständig geklärt sind, konzentriert sich die Forschung auf verschiedene vielversprechende Ansätze, um den Krankheitsverlauf zu verlangsamen, Symptome zu lindern und möglicherweise sogar rückgängig zu machen.

Forschungsschwerpunkte und Therapieansätze

Epigenetische Therapieansätze

Forscher des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) verfolgen einen innovativen Ansatz, um die Symptome der Alzheimer-Krankheit rückgängig zu machen. Ihr Fokus liegt auf epigenetischen Veränderungen, die durch Umwelteinflüsse verursacht werden und die Genexpression in Nervenzellen beeinflussen. Bei Alzheimer-Patienten sind an bestimmten Stellen des Erbguts Lesezeichen verschoben, was zu Stoffwechselstörungen in den Zellen führt.

Die Wissenschaftler untersuchen, ob die krankmachenden epigenetischen Signaturen durch Medikamente wie Vorinostat, das bereits in der Krebstherapie eingesetzt wird, neu geordnet werden können. Vorinostat setzt genau an den Schaltstellen an, die auch bei Alzheimer-Patienten im Gehirn verändert sind, und könnte die epigenetischen Faktoren zurücksetzen. Erste Erfolge wurden bereits in Studien mit Alzheimer-kranken Mäusen erzielt. Eine Pilotstudie mit 80 Patienten ist angelaufen, um die Wirksamkeit dieser epigenetischen Strategie auch beim Menschen zu überprüfen.

Fokus auf das Tau-Protein

Ein weiterer vielversprechender Forschungsansatz konzentriert sich auf das Tau-Protein, das eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung des Zytoskeletts von Nervenzellen spielt. Bei Alzheimer-Patienten kommt es häufig zu einer Hyperphosphorylierung des Tau-Proteins, wodurch es sich von den Mikrotubuli löst und Verklumpungen bildet, die zum Tod der Nervenzelle führen.

Wissenschaftler des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) haben eine genetisch veränderte Maus gezüchtet, deren Mikrotubuli-Zytoskelett weniger negative Ladungen trägt. Dadurch können die Tau-Proteine nicht mehr an das Skelett der Nervenzelle binden und werden auch nicht hyperphosphoryliert. In Kreuzungsversuchen mit Alzheimer-Mäusen zeigte sich, dass diese weniger krankmachende Tau-Aggregate entwickelten.

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Die Forscher untersuchen nun, ob dieser Ansatz für die Entwicklung von Medikamenten geeignet ist, die die Bindungsfähigkeit der Mikrotubuli für das Tau-Protein verringern und so die Bildung schädlicher Tau-Aggregate verhindern.

Antikörper-Therapien gegen Amyloid-Plaques

Ein zentraler Ansatz in der Alzheimer-Forschung ist die Bekämpfung von Amyloid-Plaques, die sich im Gehirn von Alzheimer-Patienten zwischen den Nervenzellen ansammeln. Diese Plaques bestehen hauptsächlich aus Amyloid-Beta-Peptiden, die die Kommunikation zwischen den Zellen stören und zu deren Absterben führen.

Mit den Wirkstoffen Aducanumab, Lecanemab und Donanemab sind in Deutschland bereits drei Medikamente zugelassen, die den Krankheitsverlauf bremsen sollen, indem sie das Protein Beta-Amyloid abbauen. Diese Medikamente bestehen aus Antikörpern, die das Amyloid-Beta-Protein binden und entweder die Bildung neuer Plaques verhindern oder bestehende Ablagerungen entfernen sollen.

Allerdings ist die klinische Relevanz dieser Antikörper-Therapien umstritten, da die beobachteten Effekte auf der CDR-Skala (Clinical Dementia Rating) gering sind. Zudem sind die Medikamente mit erheblichen Nebenwirkungen wie Hirnschwellungen und -blutungen verbunden.

Mikroglia und Immunantwort

Jüngste Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die Immunzellen des Gehirns, die Mikroglia, eine wichtige Rolle bei der Entstehung und dem Verlauf der Alzheimer-Krankheit spielen. Mikroglia können sowohl schützende als auch schädliche Wirkungen haben.

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Forscher des DZNE haben herausgefunden, dass bei Menschen mit genetischer Veranlagung für Alzheimer die Mikroglia bis zu zwei Jahrzehnte vor dem Auftreten von Demenzsymptomen eine schützende Wirkung entfalten. Sie analysierten den Zusammenhang zwischen der Aktivität der Mikroglia und Biomarkern der Alzheimer-Erkrankung und stellten fest, dass ein Anstieg des TREM2-Wertes im Nervenwasser mit einem langsameren kognitiven Abbau einhergeht.

Diese Erkenntnisse deuten darauf hin, dass die Stärkung der schützenden Wirkung der Mikroglia ein vielversprechender Ansatz für die Entwicklung neuer Therapien gegen Alzheimer sein könnte.

Neue Methode zur Reduktion schädlicher Plaques

Ein Forschungsteam der Technischen Universität München (TUM) und des TUM Klinikums rechts der Isar hat eine neue Methode entwickelt, um schädliche Amyloid-Plaques im Gehirn von Alzheimer-Patienten zu reduzieren. Die Wissenschaftler setzten auf das Protein Anticalin, das Amyloid-Beta bindet und es so aus dem Verkehr zieht.

In Laborversuchen mit Mäusen konnte das Team nachweisen, dass die Gabe von Anticalin die erhöhte Aktivität der Nervenzellen normalisiert. Allerdings scheitert das Anticalin-Protein an der Blut-Hirn-Schranke und müsste direkt ins Gehirn gespritzt werden, was beim Menschen bisher nicht möglich ist. Zudem wirkt es bislang nur in der Anfangsphase der Alzheimer-Erkrankung.

Herausforderungen und zukünftige Forschung

Trotz der vielversprechenden Fortschritte in der Alzheimer-Forschung gibt es noch viele Herausforderungen zu bewältigen. Eine große Schwierigkeit ist die frühe Diagnose der Erkrankung, da die Schädigung des Gehirns oft schon Jahrzehnte vor den ersten Symptomen beginnt. Zudem sind die Ursachen der Alzheimer-Krankheit komplex und vielfältig, was die Entwicklung wirksamer Therapien erschwert.

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Zukünftige Forschung wird sich auf folgende Schwerpunkte konzentrieren:

  • Früherkennung: Entwicklung von Biomarkern und Diagnoseverfahren, die eine frühe Erkennung der Alzheimer-Krankheit ermöglichen.
  • Prävention: Identifizierung von Risikofaktoren und Entwicklung von präventiven Maßnahmen, die das Auftreten der Erkrankung verzögern oder verhindern.
  • Personalisierte Therapie: Entwicklung von Therapien, die auf die individuellen Bedürfnisse und genetischen Voraussetzungen der Patienten zugeschnitten sind.
  • Kombinationstherapien: Kombination verschiedener Therapieansätze, um die Wirksamkeit der Behandlung zu erhöhen.
  • Einbeziehung von Betroffenen: Aktive Einbeziehung von Menschen mit Demenz in Forschungsprojekte, um ihre Erfahrungen und Bedürfnisse zu berücksichtigen.

Unterstützung der Forschung durch die Deutsche Alzheimer Gesellschaft (DAlzG)

Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft (DAlzG) unterstützt die wissenschaftliche Forschung im Bereich Demenz auf vielfältige Weise. Sie schreibt alle zwei Jahre eine Forschungsförderung im Bereich der Versorgungsforschung aus, stellt ihr Expertenwissen in Projektbeiräten zur Verfügung und unterstützt Projektanträge beim Forschungsministerium oder anderen Stellen durch sogenannte Letter of Intend.

Darüber hinaus hat die DAlzG im Rahmen des Projektes PraWiDem eine Arbeitsgruppe Demenz und Forschung aufgebaut, in der Menschen mit Demenz ihre Gedanken, Erfahrungen und ihr Wissen in Forschungsprojekte einbringen können.

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