Alzheimer ist nicht nur eine Erkrankung des Alters. Auch Kinder und Jugendliche können von fortschreitenden neurodegenerativen Erkrankungen des Gehirns betroffen sein, die unter dem Begriff „Kinderdemenz“ zusammengefasst werden. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten von Alzheimer und anderen Demenzformen, die im Kindesalter auftreten können.
Was ist Alzheimer und Demenz?
Alzheimer ist die häufigste Form der Demenz, aber nicht die einzige. Demenz ist ein Oberbegriff für Erkrankungen des Gehirns, die mit zunehmenden kognitiven Störungen einhergehen, wie z. B. Vergesslichkeit. Die Alzheimer-Demenz ist eine degenerative Erkrankung des Gehirns, bei der Nervenzellen des Gehirns unumkehrbar zerstört werden.
Weitere Demenzformen:
- Vaskuläre Demenz: Durchblutungsstörungen im Gehirn führen zum Absterben von Nervengewebe. Eine besondere Form ist die Multiinfarktdemenz, bei der wiederholte kleine Durchblutungsstörungen Hirnzellen absterben lassen.
- Lewy-Körperchen-Demenz: Gekennzeichnet durch Halluzinationen und starke Schwankungen der geistigen Leistungsfähigkeit.
- Frontotemporale Demenz: Führt häufig zu auffälligen Persönlichkeits- und Verhaltensänderungen.
- Demenz bei Parkinson: Gedächtnis- oder Denkstörungen im fortgeschrittenen Parkinson-Stadium.
- Sekundäre Demenzen: Können durch Intoxikationen, Vitaminmangel oder Schilddrüsenfehlfunktion ausgelöst werden und sind zum Teil heilbar.
Ursachen von Alzheimer und Demenz
Alzheimer
Die genauen Ursachen der Alzheimer-Krankheit sind noch nicht vollständig erforscht. Im Gehirn von Menschen mit Alzheimer lagern sich schädliche Proteine wie Amyloid-beta ab. Ursache von Alzheimer und den meisten anderen Demenzerkrankungen ist das Absterben von Nervenzellen im Gehirn. Die Schädigung des Gehirns ist nicht rückgängig zu machen, daher sind diese Demenzen nicht heilbar.
Kinderdemenz (NCL)
Kinderdemenz ist der umgangssprachliche Begriff für Neuronale Ceroid-Lipofuszinose (NCL). NCL ist eine seltene genetisch bedingte Stoffwechselkrankheit, die dazu führt, dass ein bestimmter Stoff im Gehirn nicht abgebaut werden kann. Dieser Stoff lässt dann Nervenzellen absterben. Es gibt mehr als zehn verschiedene Formen von NCL, die sich in den auftretenden Beschwerden und im Erkrankungsalter unterscheiden. Die verschiedenen Formen von Kinderdemenz haben neben dem oft ähnlichen Beschwerdebild eine weitere Gemeinsamkeit: die erblichen Gendefekte als Ursache.
Weitere Ursachen für Demenz im Kindesalter
- X-chromosomale Adrenoleukodystrophie (X-ALD): Eine erbliche Stoffwechselkrankheit, bei der ausgewählte Fettsäuren nicht abgebaut werden, was zu Schädigungen am Gehirn, Rückenmark und den Nebennieren führt.
- Alpers Syndrom: Eine seltene Erkrankung, bei der es zu einer neuronalen Schädigung kommt, was sich in Entwicklungsrückständen zeigen kann. Ursächlich ist eine Mutation im POLG-Gen.
- Metachromatische Leukodystrophie (MLD): Eine Erkrankung, bei der der Körper bestimmte Lipide nicht abbauen kann, was zu neurologischen Störungen, Lähmungen und Demenz im Kindesalter führen kann.
- Cerebrale Folatdefizienz (CFD): Defekte Transportsysteme verhindern, dass Folat aus dem Blut ins Gehirn transportiert wird, was zu einer beeinträchtigten Nervenzellfunktion führt.
Symptome von Alzheimer und Demenz
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- Anfangsstadium: Leichte Gedächtnislücken, Stimmungsschwankungen, Abnahme der Lern- und Reaktionsfähigkeit, erste Sprachschwierigkeiten, örtliche und zeitliche Orientierungsstörungen.
- Mittleres Stadium: Die Symptome werden unübersehbar, Beruf und Autofahren müssen aufgegeben werden, Unterstützung bei alltäglichen Tätigkeiten wie Körperpflege, Toilettengang oder Essen und Trinken ist notwendig.
- Spätstadium: Vollkommene Abhängigkeit von Pflege und Betreuung, Familienmitglieder werden nicht mehr erkannt, verbale Kommunikation ist unmöglich, körperliche Symptome wie Gehschwäche und Schluckstörungen treten auf, Kontrollverlust über Blase und Darm, erhöhte Infektionsgefahr durch Bettlägerigkeit, epileptische Anfälle können auftreten.
Kinderdemenz (NCL)
- Allgemein: Rückschritte in der Entwicklung, spürbarer Rückgang der Sehkraft, Zunahme von Aggressionen oder Depressionen, Verhaltensänderungen.
- Kongenitale NCL: Auffallend kleiner Kopf (Mikrozephalie), Krampfanfälle von Geburt an.
- Infantile NCL: Stopp der psychomotorischen Entwicklung, Verlust motorischer Fähigkeiten, Probleme bei der Bewegungskoordination, Verschlechterung der Sprach-, Seh- und Schluckfähigkeit, epileptische Anfälle, Mikrozephalie.
- Spätinfantile NCL: Stopp der psychomotorischen Entwicklung, epileptische Anfälle, Muskelkrämpfe (Spastiken), Muskelzuckungen (Myoklonien).
- Juvenile NCL: Verlust des Sehvermögens, Demenz, epileptische Anfälle, Bewegungsstörungen, Angst- und Panikzustände, Halluzinationen, Stimmungsschwankungen.
- Adulte NCL: Fortschreitende Epilepsie, Demenz, gestörte Bewegungskoordination (Ataxie), Verhaltensauffälligkeiten, motorische Störungen (Erblindung tritt meist nicht auf).
Diagnose von Alzheimer und Demenz
Alzheimer
Die Diagnose von Alzheimer erfolgt in der Regel durch eine Kombination aus Anamnese, körperlicher Untersuchung, neurologischer Untersuchung und neuropsychologischen Tests. Bildgebende Verfahren wie MRT oder CT können eingesetzt werden, um andere Ursachen für die Symptome auszuschließen.
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Kinderdemenz (NCL)
Die Diagnose für Kinderdemenz ist eigentlich sehr einfach, denn eine Blutprobe reicht dafür aus. Die Blutprobe muss dann im Labor auf die entsprechenden Erbanlagen untersucht werden. Das Problem für die Diagnostik liegt nicht in der Schwierigkeit des Tests, sondern in der Seltenheit der Krankheit. Wenn allerdings keine anderen Ursachen gefunden werden, sollte ein Kinderdemenz-Test durchgeführt werden.
Weitere Diagnosemethoden
- Gentest: Zum Nachweis von Genmutationen, die eine NCL verursachen können.
- Enzymtest: Zum Nachweis einer fehlenden Aktivität bestimmter Enzyme, z.B. des Enzyms TPP1 bei der Kinderdemenz vom Typ CLN2.
- Elektronenmikroskopie: Zur Untersuchung von Blut- oder Hautproben auf das Vorhandensein von Ceroid-Lipofuszin.
- Elektroretinografie: Zur Funktionsprüfung der Netzhaut.
- Kernspintomografie (MRT): Zur Darstellung des Gehirns.
Behandlung von Alzheimer und Demenz
Alzheimer
Noch gibt es keine Heilung für Alzheimer. Die Behandlung zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und den Krankheitsverlauf zu verlangsamen. Medikamente können eingesetzt werden, um die kognitiven Fähigkeiten zu verbessern und die Verhaltenssymptome zu reduzieren. Ergotherapie, Physiotherapie und Logopädie können ebenfalls hilfreich sein.
Kinderdemenz (NCL)
Von den mehr als zehn Formen von NCL gelten bislang alle als unheilbar. Es ist bislang nicht möglich, die fehlerhaften Erbanlagen zu korrigieren oder die Folgen vollständig auszugleichen. Im Laufe der Behandlung werden unterschiedliche Fachgebiete und deshalb auch unterschiedliche Spezialisten benötigt.
Behandlungsmethoden
- Symptomatische Behandlung: Medikamente gegen epileptische Anfälle, Muskelkrämpfe, Angststörungen und andere Stimmungsstörungen, Physiotherapie und Ergotherapie bei Bewegungsstörungen, künstliche Ernährung bei schweren Schluckstörungen.
- Enzymersatztherapie: Für die Kinderdemenz vom Typ CLN2 steht eine Enzymersatztherapie mit Ceroliponase alfa zur Verfügung, die das Fortschreiten der Krankheit signifikant verzögern oder die Krankheit stabilisieren kann.
- Gentherapien: Deren Ziel ist es, defekte Gene durch eingeschleuste funktionelle Gene zu ersetzen.
- Transplantation von blutbildenden Stammzellen (hämatopoetischen Stammzellen): Kann bei einigen Erkrankungen wie beispielsweise der X-ALD hilfreich sein.
- Cerebrale Folatdefizienz (CFD): Betroffene Kinder bekommen Folat in das Blut und direkt in die Gehirnflüssigkeit verabreicht, wodurch sich bei rechtzeitiger Behandlung ein Ausbruch der Erkrankung bzw.
Lebenserwartung bei Alzheimer und Demenz
Alzheimer
Die Lebenserwartung bei Alzheimer variiert individuell. Studien zeigen eine durchschnittliche Lebenserwartung nach Diagnosestellung von 4,8 Jahren für Menschen mit Demenz insgesamt. Dieser Durchschnittswert kann jedoch individuell stark abweichen. Von den ersten Symptomen bis zum Tod dauert es in den meisten Fällen zwischen drei und zehn Jahre.
Kinderdemenz (NCL)
Die Lebenserwartung eines betroffenen Kindes wird durch NCL deutlich verkürzt. Die meisten Betroffenen erkranken in den frühen Kindesjahren und werden höchstens 20-30 Jahre alt.(2) Neben der Form der NCL-Krankheit ist dabei ausschlaggebend, wann die Krankheit ausbricht. Beispielsweise überleben Kinder, bei denen sich eine NCL bereits ab der Geburt bemerkbar macht (kongenitaler Beginn), meist nur kurz. Bei einer infantil einsetzenden Kinderdemenz sterben die Betroffenen oft noch in der Kindheit. Bei einer NCL mit spätinfantilem Beginn beträgt die Lebenserwartung ungefähr zehn bis 15 Jahre, bei einer juvenilen Kinderdemenz oft mehr als 30 Jahre.
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Vorbeugung von Alzheimer und Demenz
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Studien zeigen: Ein gesunder Lebensstil mit Bewegung, geistiger Aktivität, sozialem Austausch und gesunder Ernährung kann das Risiko senken. Das Risiko sinkt beispielsweise durch körperliche Aktivität und ausgewogene Ernährung, geistige Aktivität und soziale Teilhabe. Neuere Untersuchungen weisen zudem auf ein erhöhtes Risiko durch Übergewicht, Bluthochdruck, Rauchen, übermäßigen Alkoholkonsum, Diabetes, schwere Kopfverletzungen, Infektionen, Depression, chronischen Stress sowie das Vorliegen einer Hörminderung hin.
Kinderdemenz (NCL)
Da NCL eine Erbkrankheit ist, gibt es keine Möglichkeit, sie zu verhindern. Wenn Sie Fragen zur Vererbung haben oder Blut von Ihnen oder von Geschwisterkindern auf entsprechende Erbanlagen testen möchten, können Sie sich in einer humangenetischen Beratungsstelle informieren.
Unterstützung für Betroffene und Angehörige
Die Diagnose Demenz ist für jeden Betroffenen ein Schock. Für Jüngere, die mitten im Leben stehen, ist die Diagnose jedoch oft noch belastender als für ältere Erkrankte. Es gibt verschiedene Organisationen und Selbsthilfegruppen, die Unterstützung und Informationen für Betroffene und Angehörige anbieten. Eine erste Anlaufstelle dafür ist zum Beispiel der Verein NCL-Gruppe Deutschland. Der Aufklärungsarbeit, aber auch der gezielten Förderung von Forschung rund um NCL und Kinderdemenz hat sich die NCL-Stiftung verschrieben.(5) Die Stiftung sammelt Spenden, unterstützt Forschungsprojekte und bildet internationale Netzwerke von Forschenden.
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