Zweiter Schlaganfall: Prognose, Risikofaktoren und Prävention

Der Schlaganfall ist weltweit die zweithäufigste Todesursache und eine der Hauptursachen für bleibende Behinderungen im Erwachsenenalter. In Deutschland erleiden jährlich etwa 270.000 Menschen einen Schlaganfall, wobei schätzungsweise 70.000 davon Rezidive sind. Statistisch gesehen ist jeder zehnte Schlaganfall-Patient innerhalb des folgenden Jahres von einem zweiten Schlaganfall (Rezidiv) betroffen. Etwa 15 Millionen Betroffene überleben das Ereignis - oftmals als Pflegefall und mit hohem Risiko auf einen weiteren Apoplex. Laut Statistik erleidet einer von fünf Patienten innerhalb von fünf Jahren ein Rezidiv, dessen Prognose besonders ungünstig wird, wenn der Insult auf einer Hirnblutung beruht. Etwa die Hälfte dieser Patienten stirbt innerhalb des ersten Halbjahres, und bei den Überlebenden ist das Risiko der Invalidität dann besonders hoch. Die Prognose nach einem zweiten Schlaganfall ist oft schlechter als nach dem ersten, daher ist die Prävention von Rezidiven von entscheidender Bedeutung. Schätzungen zufolge lassen sich 80 Prozent der Rezidive verhindern.

Individuelles Risiko und beeinflussbare Faktoren

Das Risiko eines erneuten Schlaganfalls hängt von einer Reihe unterschiedlicher Faktoren ab. Dadurch unterscheidet sich das individuelle Risiko unter den Schlaganfall-Betroffenen erheblich. Faktoren wie Alter, Geschlecht, Erbanlagen, Risikofaktoren, Vorerkrankungen, Bildung und sozioökonomischer Hintergrund sind in ihrer Kombination derart unterschiedlich vermischt, dass es derzeit noch nicht möglich ist, für den Einzelfall eine zuverlässige Prognose abzugeben.

Identifizierung von Risikofaktoren

Wissenschaftler haben sich intensiv mit der Identifizierung der wichtigsten Faktoren beschäftigt, die für das Auftreten eines wiederholten Schlaganfalls verantwortlich sind, mit dem Ziel, diese zu beeinflussen und somit Schlaganfälle zu verhindern. Es konnte gezeigt werden, dass zehn beeinflussbare Risikofaktoren das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, um 90 Prozent reduzieren können. Das Wissen um die persönlichen Risikofaktoren kann Patienten motivieren, die Empfehlungen zur Behandlung oder zur Änderung des Lebensstils umzusetzen.

Rechenmodelle zur Risikovorhersage

Inzwischen gibt es Rechenmodelle, die das individuelle Schlaganfall-Risiko vorhersagen können. In diese Modelle werden sowohl nicht-beeinflussbare Risikofaktoren wie Alter und Geschlecht als auch beeinflussbare Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Rauchen, Gewicht, der Cholesterin- und Blutzuckerspiegel einbezogen. Wissenschaftler sammelten Daten von über 40.000 Schlaganfall-Patienten in einem Zeitraum von sechs Jahren und waren danach in der Lage, das Schlaganfall-Risiko für einzelne Patienten für die nächsten drei oder zwölf Monate vorherzusagen.

Ursachen und Risikofaktoren für einen zweiten Schlaganfall

Das Risiko, einen zweiten Schlaganfall zu erleiden, hängt in erster Linie von der Ursache und den individuellen Risikofaktoren ab. Zu den wichtigsten Risikofaktoren gehören:

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  • Bluthochdruck (arterielle Hypertonie): Einer der Hauptrisikofaktoren für einen Schlaganfall.
  • Vorhofflimmern: Eine Herzrhythmusstörung, die das Risiko von Blutgerinnseln und somit Schlaganfällen erhöht.
  • Diabetes mellitus: Erhöht das Risiko für Gefäßerkrankungen und Schlaganfälle.
  • Erhöhte Blutfette (Hypercholesterinämie): Insbesondere erhöhte LDL-Cholesterinwerte fördern die Entstehung von Arteriosklerose.
  • Rauchen: Schädigt die Gefäße und erhöht das Risiko für Blutgerinnsel.
  • Übergewicht: Kann zu Bluthochdruck, Diabetes und erhöhten Blutfettwerten führen.
  • Bewegungsmangel: Fördert Übergewicht, Bluthochdruck und Diabetes.
  • Alter: Das Schlaganfall-Risiko steigt mit zunehmendem Alter.
  • Genetische Veranlagung: Familiäre Vorbelastung kann das Risiko erhöhen.

In einer Analyse von Patientendaten hatten 69 Prozent der Patienten mit Schlaganfall einen Bluthochdruck, 33 Prozent einen Diabetes mellitus, 31 Prozent wiesen erhöhte Blutfette auf und bei 13 Prozent wurde Vorhofflimmern festgestellt.

Maßnahmen zur Prävention eines zweiten Schlaganfalls

Die Vorbeugung (Sekundärprävention) gegen einen erneuten Schlaganfall ist das wichtigste Therapieziel. Um es zu erreichen, sind Patienten angehalten, gesund zu leben und die verordneten Medikamente einzunehmen. Die entscheidenden Faktoren sind eine gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung, kein Diabetes, kein Bluthochdruck usw. Schätzungen zufolge ließen sich 80 Prozent der Rezidive verhindern.

Lebensstiländerungen

  • Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene, mediterrane Ernährung mit viel Gemüse, wenig Fleisch und wenig Alkohol kann helfen, Risikofaktoren wie Übergewicht, Bluthochdruck und Diabetes zu vermeiden.
  • Regelmäßige Bewegung: 20 bis 30 Minuten Bewegung pro Tag, bei der man leicht schwitzt, ist ideal.
  • Rauchverzicht: Rauchen schädigt die Gefäße und erhöht das Schlaganfallrisiko erheblich.
  • Normalisierung des Körpergewichts: Übergewicht kann zu einer Reihe von Risikofaktoren führen.
  • Vermeidung von Alkohol: Alkohol sollte nur in sehr geringen Mengen konsumiert werden.

Medikamentöse Therapie

  • Blutdrucksenkende Medikamente (Antihypertensiva): Eine strenge Behandlung der Hypertonie ist entscheidend. In der PROGRESS-Studie (Perindopril protection against Recurrent Stroke Study) wurde gezeigt, dass der ACE-Hemmer Perindopril das Risiko eines Schlaganfallrezidivs signifikant senken kann.
  • Antikoagulation: Bei Patienten mit Vorhofflimmern oder anderen kardialen Emboliequellen ist eine Antikoagulation notwendig, um die Bildung von Blutgerinnseln zu verhindern.
  • Thrombozytenaggregationshemmer: Diese Medikamente verhindern oder erschweren die Bildung von Blutgerinnseln.
  • Statine: Bei Vorliegen erhöhter Blutfettwerte werden Statine verschrieben, um die Blutfettwerte (Lipide) zu senken und die Entstehung von Arteriosklerose zu verhindern.
  • Diabetes-Einstellung: Eine optimale Diabetes-Einstellung ist wichtig, um das Risiko von Gefäßschäden zu reduzieren.

Weitere Maßnahmen

  • Gefäßdesobliteration oder Angioplastie: Bei Patienten mit TIA oder „minor stroke“ und über 70 %igen A. carotis interna-Stenosen kann eine Gefäßdesobliteration oder Angioplastie in Erwägung gezogen werden.
  • Regelmäßige ärztliche Kontrollen: Engmaschige Kontrollen der Risikofaktoren sind wichtig, um die Therapie anzupassen und Komplikationen frühzeitig zu erkennen.

Therapietreue und Mitarbeit des Patienten

Der entscheidende Faktor zur Verhinderung eines erneuten Schlaganfalls ist die Therapietreue, auch Adhärenz oder Compliance genannt. Sie gilt als Schlüssel zum Erfolg zur Vermeidung eines erneuten Schlaganfalls. Adhärenz bedeutet die Einhaltung von Vereinbarungen, die in der Behandlungsphase nach der Akutbehandlung zwischen Arzt und Patient getroffen werden.

Allerdings leiden knapp 50 Prozent der Betroffenen nach einem Schlaganfall unter Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen. Im Praxisalltag zeigt sich, dass viele Schlaganfallbetroffene mit den teilweise komplexen Vereinbarungen und Empfehlungen überfordert sind. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich nur etwa jeder zweite Patient therapietreu verhält. Oftmals werden Patienten von ihren Angehörigen dabei unterstützt, die vereinbarten Therapieziele einzuhalten.

Rehabilitation und Langzeitversorgung

Nach einem Schlaganfall ist eine umfassende Rehabilitation wichtig, um die Folgen des Schlaganfalls zu minimieren und die Lebensqualität zu verbessern. Die Rehabilitation umfasst in der Regel Krankengymnastik, Sprach- und Ergotherapie. Eine wichtige Aufgabe der Rehabilitation ist auch, dass die Betroffenen lernen, mit bleibenden Beeinträchtigungen zu leben und sich damit im Alltag zurechtzufinden. Der Motivation des Patienten kommt dabei eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. Je aktiver er bei den Übungen mitwirkt und sich anstrengt, umso größer sind die Chancen, dass sich Fortschritte einstellen. Dazu gehört auch die Behandlung einer nach Schlaganfällen häufigen Depression.

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Patienten, die älter als 70 Jahre sind und in der ersten Zeit nach einem Schlaganfall (Akutstadium) schwere Beeinträchtigungen des Bewegungsapparates (z. B. Lähmungen) und Störungen des Auffassungsvermögens aufweisen, haben eine schlechte Prognose. Je jünger die Patienten sind und je geringer die durch den Schlaganfall verursachten Beeinträchtigungen sind, umso größer sind die Chancen, dass sich die eingetretenen Behinderungen zumindest teilweise wieder zurückbilden. Wenn sich bei den Patienten im Verlauf der Rehabilitation die abhanden gekommenen Fähigkeiten nicht verbessern, Verwirrungszustände oder Apathie andauern sowie Stuhlgang und Wasserlassen nicht mehr kontrolliert werden können, verschlechtert das die Prognose.

Forschung und zukünftige Entwicklungen

Die Forschung im Bereich Schlaganfall konzentriert sich auf verschiedene Aspekte, darunter die Verbesserung der Akuttherapie, die Früherkennung von Risikofaktoren und die Entwicklung neuer Rehabilitationsmethoden. Ein Bereich der Forschung dreht sich aktuell um die Verbesserung der Akuttherapie. Da haben wir ja mit der Thrombektomie eine sensationell wirksame neue Therapiemethode hinzugewonnen. Auf dem Gebiet der Schlaganfall-Früherkennung wird natürlich auch viel an der Genetik des Schlaganfalls geforscht. Warum treten Schlaganfälle zum Beispiel in manchen Familien häufiger auf als in anderen? Woran kann man eine Art Veranlagung erkennen? An diese und ähnlichen Fragen wird stark geforscht. Zuletzt gibt es auch viele Forschungsprojekte zur Verbesserung der Regeneration und Rehabilitation nach Schlaganfall. Die medizinische Versorgungsforschung beschäftigt sich weltweit und zunehmend mit dieser Frage, da ein Großteil aller erstmalig und wiederholt auftretenden Schlaganfälle durch die Erkennung (Diagnostik) und Behandlung (Therapie) von wenigen Risikofaktoren verhindert werden könnte.

Künstliche Intelligenz (KI)

Es besteht die Hoffnung, dass “Künstliche Intelligenz” (KI) in Zukunft genauere Prognosen zulassen wird.

Genetik des Schlaganfalls

Auf dem Gebiet der Schlaganfall-Früherkennung wird viel an der Genetik des Schlaganfalls geforscht, um eine Art Veranlagung zu erkennen.

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