Anatomie, Gehirn und Nase: Eine komplexe Verbindung

Die Nase ist weit mehr als nur ein Organ zur Atmung. Sie ist ein Multifunktionsorgan, das eine entscheidende Rolle bei der Sauerstoffaufnahme, der Reinigung der Atemluft, der Geruchswahrnehmung und der Abwehr von Infektionserregern spielt. Besonders bemerkenswert ist die direkte Verbindung der Nase zum Gehirn, die über den Riechnerv (Nervus olfactorius) erfolgt und die Wahrnehmung von Gerüchen und Geschmäckern ermöglicht. Dieser Artikel beleuchtet die anatomischen Strukturen der Nase, ihre Verbindung zum Gehirn und die daraus resultierenden Funktionen und potenziellen Erkrankungen.

Die Anatomie der Nase: Ein Überblick

Die Nase lässt sich in die äußere und die innere Nase unterteilen. Die äußere Nase ist das sichtbare Organ im Gesicht, während die innere Nase die Nasenhöhle (Cavum nasi) umfasst. Die Nasenhöhle wird durch die Nasenscheidewand (Septum nasi) in zwei Hälften geteilt. An den Seitenwänden der Nasenhöhle befinden sich die Nasenmuscheln (Conchae nasales), die den Luftstrom verwirbeln und die Atemluft anwärmen und befeuchten.

Die Nasennebenhöhlen

Die Nasennebenhöhlen sind luftgefüllte Hohlräume in den Schädelknochen, die mit der Nasenhöhle in Verbindung stehen. Zu den Nasennebenhöhlen gehören die Kieferhöhlen, die Stirnhöhlen, die Siebbeinzellen und die Keilbeinhöhle. Die Nasennebenhöhlen tragen zur Gewichtsreduktion des Schädels bei und dienen als Resonanzraum für die Stimme.

Die Nasenschleimhaut

Die Nasenhöhle ist mit einer Schleimhaut (Mucosa nasi) ausgekleidet, die sich in zwei Bereiche unterteilt: die Regio respiratoria und die Regio olfactoria. Die Regio respiratoria, der größte Teil der Nasenschleimhaut, ist für die Reinigung, Befeuchtung und Anwärmung der Atemluft zuständig. Die Regio olfactoria, die Riechschleimhaut, befindet sich im Bereich der oberen Nasenmuschel und des Nasendachs und enthält die Riechzellen, die für die Geruchswahrnehmung verantwortlich sind.

Die Nasen-Hirn-Achse: Eine direkte Verbindung

Die Nasen-Hirn-Achse (NBA) beschreibt den Zusammenhang und den wechselseitigen Einfluss der Nase auf das Gehirn. Die Riechschleimhaut bildet die direkte Verbindung zwischen Nasenhöhle und Gehirn. Die Geruchsrezeptorzellen sind echte Neurone, deren Fortsätze (Axone) die Siebplatte (Lamina cribrosa) durchdringen und als Riechnerven (Nervi olfactorii) den Riechkolben (Bulbus olfactorius) erreichen.

Lesen Sie auch: Die Bedeutung des Nervensystems für den Körper

Der Riechkolben und der Riechkortex

Der Riechkolben ist die erste Verarbeitungsstation für Geruchsinformationen im Gehirn. Hier werden die Signale der Riechzellen auf Mitralzellen umgeschaltet, deren Axone den Riechkolben als Tractus olfactorius verlassen und zum Riechkortex ziehen. Der Riechkortex ist ein Teil des Großhirns, der für die Verarbeitung von Geruchsinformationen zuständig ist. Er umfasst die Area praepiriformis, die als primäre Riechrinde gilt, sowie andere Hirnstrukturen wie die Amygdala und den Hippocampus, die an der emotionalen Bewertung und Speicherung von Gerüchen beteiligt sind.

Die Funktion des Geruchssinns

Der Geruchssinn ist ein evolutionär relevantes physiologisches System, das es dem Menschen ermöglicht, mindestens 10.000 unterschiedliche Geruchsstoffe zu erkennen und zu unterscheiden. Mithilfe des Geruchssinns können Gefahren erkannt, Pheromone wahrgenommen und Lebensmittel identifiziert werden. Durch die Beteiligung der Amygdala können Gerüche auch mit Emotionen verbunden werden.

Der Geruchssinn bei Insekten

Auch Insekten sind auf ihren Geruchssinn angewiesen, um Nahrung, Paarungspartner oder geeignete Plätze zur Eiablage zu finden. Ihre Geruchsorgane, die Fühler oder Antennen, spüren Duftmoleküle in ihrer Umgebung auf. Verarbeitet werden die Düfte im Antennallobus, dem eigentlichen Geruchszentrum im Hirn von Insekten, der aus kugelförmigen Strukturen besteht, den olfaktorischen Glomeruli.

Erkrankungen und Störungen des Geruchssinns

Verschiedene Erkrankungen und Störungen können den Geruchssinn beeinträchtigen. Dazu gehören:

  • Anosmie: vorübergehender oder dauerhafter Verlust des Geruchssinns
  • Dysosmie: qualitative Veränderung oder Verzerrung der Geruchswahrnehmung, die in Parosmie (Wahrnehmung unangenehmer Gerüche) und Phantosmie (Wahrnehmung von Gerüchen ohne vorhandenen Geruchsstoff) unterteilt werden kann
  • Hyposmie: verminderte Geruchswahrnehmung
  • Sinusitis: Entzündung der Nasennebenhöhlen, die zu einer Beeinträchtigung des Geruchssinns führen kann

Ursachen für Geruchsstörungen

Geruchsstörungen können verschiedene Ursachen haben, darunter:

Lesen Sie auch: Das Nervensystem: Eine anatomische Reise

  • Erkältungen und Virusinfekte: Die häufigste Ursache für vorübergehende Geruchsstörungen ist eine Entzündung der Nasenschleimhaut im Rahmen einer Erkältung oder eines Virusinfekts.
  • Nasenpolypen: Gutartige Wucherungen der Nasenschleimhaut können die Riechspalte verlegen und den Geruchssinn beeinträchtigen.
  • Schädel-Hirn-Trauma: Verletzungen des Schädels können den Riechnerv schädigen und zu einem dauerhaften Verlust des Geruchssinns führen.
  • Neurologische Erkrankungen: Erkrankungen wie Morbus Parkinson, Morbus Alzheimer und Multiple Sklerose können den Geruchssinn beeinträchtigen.
  • Medikamente: Einige Medikamente können als Nebenwirkung den Geruchssinn beeinträchtigen.
  • Chemikalien: Der Kontakt mit bestimmten Chemikalien kann die Riechzellen schädigen und zu einem Verlust des Geruchssinns führen.

Behandlung von Geruchsstörungen

Die Behandlung von Geruchsstörungen richtet sich nach der Ursache. Bei einer Erkältung oder einem Virusinfekt verschwindet die Geruchsstörung in der Regel von selbst wieder. Bei Nasenpolypen kann eine Operation erforderlich sein, um die Riechspalte freizulegen. Bei neurologischen Erkrankungen kann eine spezifische Therapie die Geruchsstörung verbessern. In einigen Fällen kann auch ein Riechtraining helfen, den Geruchssinn wiederherzustellen.

Funktionelle endoskopische Nasennebenhöhlenoperation (FESS)

Die funktionelle endoskopische Nasennebenhöhlenoperation (FESS) ist ein minimalinvasives Operationsverfahren, das zur Behandlung chronischer Nasennebenhöhlenentzündungen eingesetzt wird. Bei diesem Eingriff werden Engstellen im Naseninneren therapiert und die natürlichen Öffnungen der Nasennebenhöhlen erweitert, um eine dauerhafte Verbesserung der Belüftung und des Sekretabtransportes zu erreichen.

Erkrankungen der Schädelbasis

Die Schädelbasis bildet die Grenze zwischen Gehirn und Nasennebenhöhlen bzw. zwischen Gehirn und Mittel- und Innenohr. Verletzungen oder Tumore der Schädelbasis können zu vielfältigen Beschwerden führen und erfordern eine interdisziplinäre Behandlung durch Spezialisten verschiedener Fachrichtungen.

Multiple Sklerose und die Nasen-Hirn-Achse

Multiple Sklerose (MS) ist eine Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems, bei der die Myelinscheiden der Nervenfasern zerstört werden. Die Blut-Hirn-Schranke erschwert die Behandlung von MS, da sie die Wirksamkeit von Medikamenten einschränken kann. Die Nasen-Hirn-Achse bietet jedoch die Möglichkeit, Medikamente direkt ins Gehirn zu transportieren, indem sie die Blut-Hirn-Schranke umgehen.

Das N2B-Patch-Projekt

Das N2B-Patch-Projekt ist ein von der Europäischen Union gefördertes Forschungsprojekt, das eine Technologie zur intranasalen Verabreichung von Medikamenten zur Behandlung von MS entwickelt. Das Projekt zielt darauf ab, ein Gel-Patch zu entwickeln, das in die Nase eingeführt wird und den Wirkstoff über die Riechschleimhaut direkt ins Gehirn transportiert.

Lesen Sie auch: Anatomie des ZNS im Detail

tags: #anatomie #nase #gehirn #zusammenhang