Der Nervus axillaris, oft auch als Axillarisnerv bezeichnet, ist ein bedeutender Nerv des Plexus brachialis. Er spielt eine zentrale Rolle bei der motorischen und sensiblen Versorgung der Schulterregion. Seine Ursprünge liegen in den Spinalnerven C5 und C6. Der Nervus axillaris innerviert den Musculus deltoideus und den Musculus teres minor. Seine Bedeutung manifestiert sich in der Bewegung und Stabilität des Schultergelenks. Läsionen oder Verletzungen dieses Nervs führen oft zu erheblichen Funktionseinschränkungen.
Anatomie und Verlauf des Nervus Axillaris
Der Nervus axillaris ist ein sensomotorischer Nerv, der Fasern aus den Segmenten C5 bis C6 führt. Er gehört zu den kleineren Nerven des Plexus brachialis und entspringt dessen Fasciculus posterior.
Der Nerv verläuft gemeinsam mit der Arteria und Vena circumflexa humeri posterior und zieht durch die laterale Achsellücke nach dorsal, um sich dann um das Collum chirurgicum des Oberarmknochens (Humerus) zu winden. Die laterale Achsellücke, eine Struktur der Achselhöhle, wird kranial durch den Musculus teres minor, kaudal durch den Musculus teres major und medial durch das Caput longum des Musculus triceps brachii begrenzt.
Im weiteren Verlauf teilt sich der Nervus axillaris in drei Äste auf und innerviert den Musculus deltoideus. Dieser Muskel bewirkt mit seinen drei Anteilen Anteversion, Innenrotation, Adduktion, Abduktion, Außenrotation und Retroversion.
Funktion des Nervus Axillaris
Der Nervus axillaris ermöglicht die Abduktion und Außenrotation des Arms. Zudem ist er für die sensible Versorgung eines Hautbereichs an der Außenseite des Oberarms verantwortlich.
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Ursachen einer Schädigung des Nervus Axillaris
Eine Schädigung des Nervus axillaris kann verschiedene Ursachen haben:
- Schulterluxationen (Auskugelung des Schultergelenks): Hierbei wird der Nerv durch die Lage des Humeruskopfes eingeengt. Die anteriore Schulterluxation ist die häufigste Luxation an der Schulter, bei der der Humeruskopf in eine Position vor dem Gelenk verlagert wird.
- Verletzungen oder Stürze auf die Schulter
- Druckausübung auf den Nerv: Dies kann beispielsweise durch das falsche Tragen von schweren Gegenständen oder beim Sport geschehen. Die sogenannte Samstagnacht-Lähmung ist eine Kompressionsneuropathie des Nervus axillaris.
- Seltenere operative Eingriffe
- Oberarmbruch im schulternahen Bereich: Eine proximale Humerusfraktur kann ebenfalls zu einer Läsion des Nervus axillaris führen.
- Knochenbrüche: Ein Überblick über Knochenbrüche an dieser Stelle kann den Nervus axillaris und/oder die Arteria circumflexa humeri posterior verletzen. Eine Fraktur des Collum chirurgicum kann ebenfalls den Nervus axillaris und/oder die Arteria circumflexa humeri posterior verletzen.
- Frakturen des Mittelschafts des Humerus: Können zu einer Verletzung des Nervus radialis innerhalb der Radiusfurche (Sulcus nervi radialis) führen.
- Verschiebung des proximalen Fragments nach anterolateral: Kann den Nervus radialis schädigen.
Symptome einer Schädigung des Nervus Axillaris
Eine Schädigung des Nervus axillaris führt zu folgenden Symptomen:
- Schwäche und Lähmung des Deltamuskels: Dies erschwert das Heben des Arms zur Seite. Bei einer Axillarisparese kommt es zur starken Einschränkung der Abduktion des Armes.
- Sensibilitätsstörungen im Innervationsbereich: Betroffene berichten von Taubheit oder Kribbeln an der Außenseite des Oberarmes. Durch Druckausübung auf den Nervus axillaris treten dumpfe und kribbelnde Schmerzen im Bereich der Schulter vorne auf.
- Atrophie des Musculus deltoideus: Bei einer längeren Schädigung kann es zu einem Muskelschwund kommen.
- Verminderte Kraft der Schultermuskulatur
Diagnose einer Schädigung des Nervus Axillaris
Zur Diagnose einer Schädigung des Nervus axillaris werden verschiedene Methoden eingesetzt:
- Klinische Untersuchung: Hierbei wird die Beweglichkeit und Sensibilität der Schulter und des Oberarms untersucht. Der Schulterspezialist untersucht die Schulter auf Druckschmerzhaftigkeit und Bewegungseinschränkungen.
- Elektromyographie (EMG): Diese Untersuchung dient zur Beurteilung der Nerven- und Muskelaktivität.
- Palpation: Palpation der Musculi rhomboidei.
Behandlung einer Schädigung des Nervus Axillaris
Die Behandlung einer Schädigung des Nervus axillaris richtet sich nach der Schwere der Schädigung und der zugrunde liegenden Ursache. Folgende Therapieansätze können zum Einsatz kommen:
- Physiotherapie: Zur Stärkung der Muskulatur und Verbesserung der Beweglichkeit.
- Ruhigstellung des Nervs: Um die Heilung zu fördern.
- Operationen: Bei schweren oder vollständigen Nervenschädigungen können Nervennähte oder -transplantationen erforderlich sein, um die Funktion teilweise wiederherzustellen.
- Ursächliche Therapie der Schädigung: Zum Beispiel bei einem Trauma.
- Symptomatische Therapie:
- Bei Schmerzen im Bereich der Musculi rhomboidei.
- Dehnen des Musculus pectoralis (Antagonist) zur Entlastung der Musculi rhomboidei.
- Massage des Rhomboideus.
Heilungschancen
Die Heilungschancen hängen von der Schwere der Schädigung ab. In vielen Fällen können Physiotherapie und Ruhigstellung des Nervs bereits helfen.
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Die Schultermuskulatur im Überblick
Die Schultermuskulatur stellt ein komplexes Zusammenspiel aus verschiedenen Muskelgruppen dar, die zusammen für die außergewöhnliche Beweglichkeit und Stabilität des Schultergelenks sorgen. Diese Muskulatur ist nicht nur essenziell für alltägliche Bewegungen wie das Heben, Drehen oder Strecken der Arme, sondern spielt auch eine wichtige Rolle in sportlichen Aktivitäten und funktionellen Bewegungsmustern.
Die Schultermuskulatur umfasst alle Muskeln, die das Schultergelenk umgeben und die Bewegung sowie Stabilität des Schultergürtels unterstützen. Diese Muskeln wirken auf das Schultergelenk (Articulatio humeri), das Schlüsselbein (Clavicula), das Schulterblatt (Scapula) und den Oberarmknochen (Humerus).
Die Schultermuskulatur lässt sich in drei Hauptgruppen unterteilen:
- Die oberflächlichen Schultermuskeln
- Die tieferliegenden Muskeln der Rotatorenmanschette
- Die Muskeln des Schultergürtels
Oberflächliche Schultermuskeln
Die oberflächlichen Muskeln der Schulter sind für die kraftvollen Bewegungen des Arms und für die Form der Schulter verantwortlich.
- Musculus deltoideus (Deltamuskel): Der Muskel entspringt am Schlüsselbein (Clavicula), am Schulterdach (Acromion) und an der Spina scapulae (Schulterblattgräte). Von dort zieht er zur Tuberositas deltoidea des Humerus. Der Deltamuskel ist ein Hauptakteur bei der Abduktion des Arms.
- Musculus trapezius (Kapuzenmuskel): Erstreckt sich vom Nacken bis zum unteren Rücken und ist somit maßgeblich an der Bewegung des Schulterblatts beteiligt. Der Muskel entspringt am Hinterhauptbein (Os occipitale) und den Dornfortsätzen der Hals- und Brustwirbelsäule. Er setzt weiterhin an der Clavicula, am Acromion und an der Spina scapulae an. Der Trapezius hebt, senkt und rotiert das Schulterblatt und stabilisiert es zudem bei Bewegungen des Arms. Die nervale Innervation erfolgt durch den Nervus accessorius (XI. Hirnnerv).
Muskeln der Rotatorenmanschette
Die Rotatorenmanschette besteht aus vier Muskeln, die das Schultergelenk umgeben und stabilisieren:
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- Musculus supraspinatus: Dieser Muskel entspringt in der Fossa supraspinata der Scapula und zieht von dort zu seinem Ansatz am Tuberculum majus des Humerus.
- Musculus infraspinatus: Der Muskel entspringt in der Fossa infraspinata der Scapula. Sein Ansatz befindet sich ebenfalls am Tuberculum majus des Humerus. Die Funktion besteht in der Außenrotation des Arms.
- Musculus teres minor: Der Ursprung liegt am lateralen Rand der Scapula. Auch dieser Muskel setzt am Tuberculum majus des Humerus an. Der Teres minor unterstützt die Außenrotation und Adduktion des Arms.
- Musculus subscapularis: Der Ursprung liegt in der Fossa subscapularis der Scapula. Er setzt am Tuberculum minus des Humerus an. Der Subscapularis ist für die Innenrotation des Arms verantwortlich.
Muskeln des Schultergürtels
- Musculus serratus anterior: Er entspringt an den oberen neun Rippen. Der Ansatz befindet sich an der medialen Kante der Scapula. Der Serratus anterior fixiert das Schulterblatt und ermöglicht dessen Rotation und Protraktion.
- Musculi rhomboidei (major und minor): Beide Muskeln entspringen an den Dornfortsätzen der unteren Hals- und oberen Brustwirbel. Der Ansatz liegt an der medialen Kante der Scapula. Die Rhomboideen ziehen das Schulterblatt nach medial und stabilisieren es.
- Musculus levator scapulae: Der Muskel entspringt an den Querfortsätzen der oberen Halswirbel. Er zieht zum am oberen Winkel der Scapula. Der Levator scapulae ermöglicht die Hebung des Schulterblatts. Ursprung und Verlauf: Entspringt Nervenwurzeln (C4), C5,(C6). Tritt durch Musculus scalenus medius, zwischen Musculus levator scapulae und Musculus scalenus posterior zum Musculus rhomboideus minor und major. Versorgung: Innervation des Musculus levator scapulae (erhält zusätzlich Fasern aus Plexus cervikalis) und Musculi rhomboidei. Klinische Tests: Patient stemmt Arm in die Hüfte und drückt Arm gegen Widerstand des Untersuchers nach hinten. Anheben des Armes in Bauchlage nach hinten. Elektromyographie: Musculi rhomboidei.
Häufige Schultererkrankungen und Verletzungen
Die Schultermuskulatur ist aufgrund der hohen Beweglichkeit und Beanspruchung des Schultergelenks besonders anfällig für Verletzungen und Überlastungen.
- Rotatorenmanschettenruptur: Ein Riss in einer oder mehreren Sehnen der Rotatorenmanschette. Sie entsteht häufig durch wiederholte Überbeanspruchung, altersbedingte Degeneration oder ein akutes Trauma, beispielsweise bei einem Sturz. Typische Symptome sind Schmerzen, vor allem bei Überkopfarbeiten, Kraftverlust und eine eingeschränkte Beweglichkeit des Arms. Die Diagnose erfolgt sowohl durch klinische Tests als auch durch Ultraschall oder MRT.
- Impingement-Syndrom: Hierbei kommt es zu einer schmerzhaften Einklemmung von Sehnen, Muskeln oder Schleimbeuteln im Subacromialraum. Häufige Ursachen sind eine schlechte Haltung, muskuläre Dysbalancen oder knöcherne Veränderungen. Die Symptome umfassen Schmerzen bei bestimmten Bewegungen, insbesondere beim Heben des Arms über Schulterhöhe, sowie nächtliche Beschwerden.
- Bursitis: Eine Entzündung des Schleimbeutels im Schultergelenk. Dies kann durch Überbeanspruchung oder direkte Traumata ausgelöst werden. Die typischen Symptome sind Schwellung, Rötung und Schmerzen, die sich bei Bewegung verschlimmern.
- Tendinitis: Eine Entzündung der Sehnen, insbesondere derjenigen der Rotatorenmanschette. Sie entsteht oft durch chronische Überlastung. Symptome sind Schmerzen bei Bewegungen, Steifheit und in manchen Fällen zudem Schwellungen.
- Frozen Shoulder: Eine Erkrankung, bei der das Schultergelenk durch entzündliche Prozesse stark versteift.
- Schulterluxation: Tritt auf, wenn der Oberarmkopf aus der Gelenkpfanne springt. Dies geschieht meist durch traumatische Ereignisse wie Stürze oder Unfälle. Symptome sind eine sichtbare Fehlstellung, starke Schmerzen und zudem die Unfähigkeit, den Arm zu bewegen.
Prävention von Schultererkrankungen und Verletzungen
Um Verletzungen und Erkrankungen der Schultermuskulatur vorzubeugen, ist eine Kombination aus gezieltem Krafttraining, das die Stabilität und Beweglichkeit der Schulter verbessert, und regelmäßigem Stretching zur Erhaltung der Flexibilität entscheidend. Außerdem ist die Stärkung der Rotatorenmanschette besonders wichtig, da sie eine essentielle Rolle bei der Stabilität des Schultergelenks spielt. Ergonomische Anpassungen am Arbeitsplatz, das Vermeiden von Überkopfarbeiten und eine gute Haltung tragen ebenfalls zur Prävention bei. Sollte es dennoch zu Beschwerden kommen, ist eine frühzeitige Behandlung essenziell, um chronische Probleme zu vermeiden.