Demenz-Schnelltests: Ein Überblick über Diagnosemethoden und Früherkennung

Die Diagnostik von Demenzerkrankungen, insbesondere der Alzheimer-Krankheit, hat in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. Verschiedene Forschungsteams arbeiten intensiv an der Entwicklung von zuverlässigen und einfach durchführbaren Tests, die eine frühzeitige Diagnose ermöglichen. Diese Fortschritte sind von großer Bedeutung, da eine frühzeitige Erkennung und Behandlung den Verlauf der Krankheit positiv beeinflussen und die Lebensqualität der Betroffenen verbessern können.

Bluttests zur Alzheimer-Diagnostik

Ein vielversprechender Ansatz in der Demenzdiagnostik ist die Entwicklung von Bluttests. Mehrere Forschungsteams haben Bluttests entwickelt, mit denen Alzheimer zuverlässig erkannt werden kann. Diese Tests bieten den Vorteil einer einfachen und kostengünstigen Durchführung im Vergleich zu anderen, aufwendigeren Diagnosemethoden.

Zugelassene Bluttests in der EU

Zwei spezifische Bluttests, der „Precivity AD-Bloodtest“ und der „Elecsys pTau181-Test“, haben bereits eine EU-Zulassung erhalten und werden nun für den praktischen Einsatz vorbereitet.

Precivity AD-Bloodtest

Der US-amerikanische Precivity AD-Bloodtest misst das Verhältnis zweier unterschiedlicher Beta-Amyloid-Peptide (Beta-Amyloid-40 und Beta-Amyloid-42) im Blut. Da das Peptid Beta-Amyloid-42 häufiger in den Plaques und Zusammenlagerungen vorkommt, verändert sich das Verhältnis der beiden Peptide bei Menschen mit Alzheimer-Demenz. Laut Hersteller richtet sich dieser Test an Personen über 55 Jahren mit Anzeichen einer leichten kognitiven Einschränkung.

Elecsys pTau181-Test

Der Elecsys pTau181-Test, entwickelt von der Firma Roche in Zusammenarbeit mit Eli Lilly, misst ein chemisch verändertes Tau-Protein, das sogenannte pTau181. Dieses Protein gilt als Indikator für die Alzheimer-Erkrankung. Laut Hersteller kann mit diesem Test früh und einfach der Grund für kognitive Defizite bestimmt werden. Ein positiver Test erhärtet den Verdacht auf Alzheimer und führt zu weitergehenden Untersuchungen durch Spezialisten. Ein negativer Test deutet darauf hin, dass andere Ursachen als Alzheimer für die kognitiven Einbußen verantwortlich sein könnten. Es wird erwartet, dass dieser Test in Zukunft flächendeckend eingesetzt werden könnte.

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Weiterentwicklungen und Forschung

Neben den bereits zugelassenen Tests gibt es auch vielversprechende Entwicklungen in der Forschung. Ein Team der Ruhr-Universität Bochum, unter der Leitung von Prof. Dr. Gerwert, hat gemeinsam mit Prof. Dr. Scheltens von der Universität Amsterdam einen Bluttest entwickelt, der mit Hilfe eines Immuno-Infrarot-Sensors die für Alzheimer charakteristische Fehlfaltung des Peptids Beta-Amyloid misst. Diese Fehlfaltung geht der Bildung von Plaques voraus und ist bereits vor dem Auftreten von Symptomen messbar. In bestimmten Fällen ist ein Nachweis somit weit vor dem Auftreten der ersten Symptome möglich.

Ergänzende Bedeutung von Bluttests

Es ist wichtig zu betonen, dass Bluttests zur Alzheimer-Diagnostik ergänzend zu etablierten Verfahren wie der Liquoruntersuchung oder bildgebenden Verfahren eingesetzt werden. Sie dürfen nur von ausgewiesenen Expertinnen und Experten der Biomarker-Diagnostik durchgeführt werden. Aktuell gibt es in Deutschland keinen allgemein verfügbaren Bluttest zur Alzheimer-Diagnose. Die beschriebenen Verfahren befinden sich noch in der Forschung oder werden nur in spezialisierten Zentren eingesetzt.

Prognostische Bluttests

Zusätzlich zu den diagnostischen Bluttests befinden sich auch Tests in der Entwicklung, die den Erkrankungsbeginn bei symptomfreien Menschen mit Alzheimer über mehr als zehn Jahre vorhersagen können. Solche Bluttests mit prognostischer Qualität könnten eine wichtige Rolle bei der Erforschung neuer Wirkstoffe in klinischen Studien spielen, da sie die Identifizierung von Probanden im symptomfreien Stadium erleichtern.

MicroRNAs im Blut als neue Diagnosemöglichkeit

Ein deutsch-amerikanisches Forschungsteam hat eine neue Diagnosemöglichkeit für Alzheimer entdeckt: die Messung sogenannter MicroRNAs im Blut. Forschende des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Göttingen, gemeinsam mit US-amerikanischen Fachleuten der Boston University und der Indiana University School of Medicine, haben herausgefunden, dass eine Alzheimer-Demenz und ihre Vorstufe durch die Messung von MicroRNAs im Blut erkannt werden können.

Die Rolle von MicroRNAs

MicroRNAs sind Moleküle mit regulierender Wirkung, die die Herstellung von Proteinen und damit zentrale Abläufe des Stoffwechsels beeinflussen. Die Forschenden haben festgestellt, dass bestimmte MicroRNAs, etwa 20 an der Zahl, für die Diagnose entscheidend sind. Aus dem Gesamtmuster ihrer Konzentrationen wurde mit Hilfe von Machine Learning eine Art molekularer Fingerabdruck erstellt, anhand dessen Menschen mit Alzheimer-Demenz und solche mit hohem Demenzrisiko identifiziert werden konnten.

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Internationale Zusammenarbeit und Studienergebnisse

Die aktuellen Ergebnisse basieren auf Daten von Erwachsenen aus den USA und Kanada, die an der Alzheimer’s Disease Neuroimaging Initiative (ADNI) teilnehmen. Die Forschenden haben bereits vorliegende Diagnosen aus ADNI mit den ermittelten Signaturen von MicroRNAs abgeglichen und festgestellt, dass die MicroRNAs für die Diagnose von Demenz und Früherkennung geeignet sind.

Korrelation mit etablierten Biomarkern

Die MicroRNAs spiegeln auch Anomalien in etablierten Biomarkern für Alzheimer wider, wie den Verlust von Gehirnvolumen sowie die Konzentration sogenannter Amyloid- und Tau-Proteine. Dies deutet darauf hin, dass ein vergleichsweise einfacher Bluttest auf MicroRNAs ähnliche Aussagekraft hat wie herkömmliche Biomarker, die aufwändig über Hirnscans und Analysen der Rückenmarksflüssigkeit bestimmt werden müssen.

Ausblick

Die Forschenden arbeiten bereits an einem vereinfachten Testverfahren, um die Messung von MicroRNAs auch in der klinischen Praxis anwenden zu können. Ein solcher Bluttest wäre eine sinnvolle Ergänzung zu bestehenden Diagnosemethoden.

Psychometrische Tests

Neben den Bluttests gibt es auch psychometrische Tests, die Hinweise auf eine Demenz geben können. Diese Tests erfassen Verhaltensweisen in standardisierten Situationen und werden von Fachexperten erhoben und analysiert. Sie können zwar keine ärztlichen Untersuchungen ersetzen, aber dennoch sehr zuverlässige Hinweise auf eine Demenz geben.

Mini-Mental-Status-Test (MMST)

Der Mini-Mental-Status-Test (MMST) ist ein Schnelltest zur Erfassung kognitiver Störungen bei älteren Menschen. Er hat eine hohe Aussagekraft über die Diagnose Demenz und wird häufig als Erst-Test bei Verdacht auf Demenz angewandt. Der MMST besteht aus Fragen und Aufgaben, die verschiedene kognitive Bereiche wie Gedächtnis, Orientierung, Aufmerksamkeit und Sprache prüfen. Die Testperson erhält für jede richtig gelöste Aufgabe oder Frage einen Punkt, wobei maximal 30 Punkte erreicht werden können.

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Uhrentest

Beim Uhrentest zeichnet die Testperson in einen vorgegebenen Kreis die zwölf Ziffern einer Uhr und die Stellung der Zeiger einer vorgegebenen Uhrzeit ein. Fachärzte beurteilen anschließend die Zeichnung der Uhr selbst (Stimmen die Ziffern und ihre Position? Sind die Zeiger eingezeichnet? Stimmt die Uhrzeit?) sowie das Verhalten während des Tests (Hat die Testperson gezögert? Waren Korrekturen notwendig? Wie lange dauerte der Test?).

Weitere psychometrische Tests

Neben dem MMST und dem Uhrentest gibt es noch weitere psychometrische Tests, die zur Demenzdiagnostik eingesetzt werden, wie den DemTect-Test, den Montreal-Cognitive-Assessment-Test (MoCa-Test) und den Test zur Früherkennung von Demenzen mit Depressionsabgrenzung (TFDD).

Bedeutung der Früherkennung

Die Früherkennung von Demenz hat in den letzten Jahren an Bedeutung hinzugewonnen. Eine neue Studie hat gezeigt, dass bei Betroffenen mit milder kognitiver Beeinträchtigung (MCI) oder leichter Demenz der Amyloid-Antikörper Lecanemab den Abbau der kognitiven Fähigkeiten um 27 % verlangsamen kann.

Symptome und Verhaltensweisen, die auf Demenz hindeuten können

Verschiedene Anzeichen im Verhalten einer Person können auf eine Demenz hindeuten. Dazu gehören:

  • Vergesslichkeit (z.B. Verlegen von Gegenständen, Verpassen von Terminen, Vergessen von Namen und Worten)
  • Orientierungslosigkeit in fremder Umgebung
  • Wiederholtes Erzählen der gleichen Geschichte am Tag, ohne es selbst wahrzunehmen
  • Wortfindungsstörungen
  • Schwierigkeiten, sich an neue Abläufe zu gewöhnen
  • Probleme, den Inhalt eines Fernsehfilms zu verstehen
  • Vergessen wichtiger Sachen, die gestern getan wurden oder sich gestern ereigneten
  • Verwechslung von Dingen, die erzählt wurden
  • Schwierigkeiten, alte Geschichten und lustige Begebenheiten zu berichten
  • Veränderungen in der Persönlichkeit und im Verhalten (z.B. Aggressivität, Streitlust, Ablehnung, starke Anhänglichkeit, Angstreaktionen)

Differenzialdiagnose

Es ist wichtig zu beachten, dass Vergesslichkeit und andere kognitive Beeinträchtigungen nicht immer auf eine Demenz hindeuten müssen. In der zweiten Lebenshälfte kann Vergesslichkeit normal sein. Auch andere Erkrankungen wie Depressionen (depressive Pseudodemenz) oder ein Delir können ähnliche Symptome wie Demenz verursachen. Daher ist eine umfassende medizinische Untersuchung durch einen Arzt unerlässlich, um die genaue Ursache der Beschwerden zu ermitteln.

Anlaufstellen und Unterstützung

Wenn Sie selbst oder mit Ihrem Angehörigen zusammen einen Demenz-Selbsttest gemacht haben und den Verdacht auf eine Demenz-Erkrankung haben, sollten Sie sich an einen Arzt wenden. Die erste Anlaufstelle ist in der Regel der Hausarzt. Er kann eine erste Einschätzung vornehmen und gegebenenfalls an einen Facharzt (Neurologen, Psychiater oder Geriater) überweisen.

Es gibt auch zahlreiche Beratungsstellen, Gedächtnissprechstunden und Memory-Kliniken, die Unterstützung und Informationen für Betroffene und Angehörige anbieten. Eine gute Auflistung von Beratungsstellen finden Sie bei der Selbsthilfe Übersicht der Deutschen Alzheimer Gesellschaft.

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