Schlaganfallprävention: Eine umfassende Anleitung zur Vorbeugung und Früherkennung

Ein Schlaganfall ist ein einschneidendes Ereignis für Betroffene und ihre Angehörigen. Im schlimmsten Fall kann er tödlich verlaufen, und in vielen Fällen leiden Patienten anschließend unter geistigen und körperlichen Einschränkungen durch Lähmungen, Sprachstörungen, Schluckstörungen oder anderen neurologischen Ausfallerscheinungen. Glücklicherweise lässt sich ein Schlaganfall oft verhindern - Vorsorge kann Leben retten. Als zertifiziertes Schlaganfallzentrum (Stroke Unit) bieten wir Ihnen schnelle Diagnostik und individuelle Behandlung.

Was ist ein Schlaganfall?

Bei einem Schlaganfall handelt es sich um eine plötzlich auftretende Durchblutungsstörung oder eine Einblutung im Gehirn, die sich stetig ausbreiten kann. Dadurch können Hirnschäden entstehen, die nicht vollständig rückgängig gemacht werden können. Je nach betroffener Hirnregion treten z. B. Lähmungen, Sprachstörungen und Schluckstörungen auf. In Deutschland erleiden etwa 270.000 Menschen pro Jahr einen Schlaganfall. Mehr als 80 Prozent der Betroffenen sind über 60 Jahre alt. Doch auch Jüngere, wie Neugeborene und Kinder, kann es treffen. Schlaganfälle werden wohl in den nächsten Jahrzehnten dramatisch zunehmen und das gesamte sozioökonomische System enorm herausfordern.

Ein Schlaganfall entsteht durch eine akut aufgetretene Durchblutungsstörung des Gehirns, eine solche entsteht durch den Verschluss eines Blutgefäßes. Es gibt klare Risikofaktoren, die einen solchen Blutgefäßverschluss begünstigen. Die gute Nachricht: Jeder Mensch kann diese aktiv vermeiden bzw. beeinflussen!

Risikofaktoren und Prävention

Alter oder genetische Anlagen sind Risikofaktoren, die wir leider nicht beeinflussen können. Diabetes, Bluthochdruck, erhöhte Cholesterinwerte oder Rauchen begünstigen eine Arteriosklerose, d.h. eine Arterienverkalkung, die zu einer verminderten Durchblutung und somit zu einem Schlaganfall führen kann. Auch Herzkrankheiten, insbesondere bestimmte Herzrhythmusstörungen wie das sogenannte Vorhofflimmern, können zu Blutgerinnseln führen, die letztendlich ein gehirnversorgendes Blutgefäß verschließen können.

Wir haben unsere Gesundheit also teilweise selbst in der Hand! Durch eine gesundheitsfördernde Lebensweise mit regelmäßiger Bewegung, gesunder Ernährung, Abbau von Übergewicht und Verzicht auf Zigaretten und der Behandlung von Diabetes, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen, können wir die Risikofaktoren für einen Schlaganfall enorm senken. Diese Risikofaktoren begünstigen übrigens auch das Auftreten eines Herzinfarkts, so dass man sich auch hinsichtlich der Prävention dieser Erkrankung etwas Gutes tun kann.

Lesen Sie auch: Schnelle Schlaganfallerkennung mit dem FAST-Test

Auch ohne traditionelle kardiovaskuläre Risikofaktoren sollten erhöhte Entzündungswerte Anlass geben, frühzeitig gegebenenfalls auch medikamentös gegenzusteuern.

Schlaganfall erkennen: Der FAST-Test

Sollten trotzdem Symptome, die auf einen Schlaganfall bei Ihnen oder einer anderen Person hindeuten könnten, auftreten, gilt es sofort den Rettungsdienst unter der Nummer 112 zu alarmieren! Jeder Schlaganfall ist ein Notfall! Es gilt: „Zeit ist Hirn“: Je schneller Sie reagieren, umso eher kann Ihnen oder anderen Menschen geholfen und der Schaden am Gehirn minimiert werden. Mit dem sogenannten FAST-Test können Sie einen Schlaganfall möglicherweise schnell erkennen:

Die Eselsbrücke lautet: FAST (dt. Gesicht, Arme, Sprache, Zeit). Der FAST-Test ist Eselsbrücke und Testmethode zugleich, mit der sich die häufigsten Schlaganfall-Anzeichen leicht bemerken und überprüfen lassen.

  • F-FACE (Gesicht): Bitte lächeln! Ist das Lächeln symmetrisch oder verzieht sich das Gesicht einseitig? Zeigt sich das auf beiden Gesichtshälften gleichmäßig? Letzteres weist auf eine Halbseitenlähmung hin. Zunächst wird geprüft, ob schiefe, herabhängende Mundwinkel zu erkennen sind.
  • A-ARMS (Arme): Arme hoch! Heben Sie die Arme nach vorne bis auf Schulterhöhe und drehen Sie die Handflächen nach oben. Bitten Sie die Person, ihre Arme nach vorne zu strecken und dabei die Handinnenflächen nach oben zu drehen. Gelingt es, die Position für zehn Sekunden zu halten? Gelingt dies nicht, spricht das für eine Lähmung in diesem Bereich. Es wird geprüft, ob die Person beide Arme hochhalten kann, ohne dass einer absackt. Die ersten beiden Prüfungen beziehen sich entsprechend auf mögliche Lähmungen.
  • S-SPEECH (Sprache): Sprechen Sie! Die:Der Betroffene soll einen einfachen Satz nachsprechen. Kann die Person einen einfachen Satz nachsprechen? Gelingt dies nicht oder klingt die Sprache eigenartig, deutet das auf eine Sprachstörung hin. Das Nachsprechenlassen eines Satzes offenbart, ob die Sprache verwaschen oder unverständlich ist.
  • T-TIME (Zeit): Wann haben die Symptome eingesetzt? Wenn eine der ersten drei Aufgaben nicht gelingt, wählen Sie sofort den Notruf! So wird daran erinnert, dass bei diesen Anzeichen schnellstmöglich gehandelt werden muss!

Die Deutsche Schlaganfall-Hilfe bietet diesen Test in mehreren Sprachen auch als Smartphone-App an, um bei Unsicherheit oder Aufregung trotzdem die wichtige Erste Hilfe und eine Behandlung einleiten zu können.

Weitere Symptome eines Schlaganfalls

Das Erkennen der Symptome eines Schlaganfalls kann das Risiko schwerwiegender Folgen mindern und das Überleben erhöhen. Zu den Symptomen gehören:

Lesen Sie auch: Diagnosemethoden bei Demenz: Schnelltests

  • Plötzliche Taubheit oder Schwäche.
  • Verwirrung oder Schwierigkeiten beim Sprechen oder Verstehen.
  • Probleme mit dem Sehen.
  • Schwierigkeiten beim Gehen und Schwindel.
  • Starke, unerklärliche Kopfschmerzen.

Es ist wichtig zu betonen, dass bei Anzeichen eines Schlaganfalls sofortige medizinische Hilfe notwendig ist. Die Symptome eines Schlaganfalls treten in der Regel plötzlich auf und entwickeln sich innerhalb von Minuten bis Stunden. In einigen Fällen können sie jedoch schrittweise über mehrere Stunden oder sogar Tage auftreten.

Mini-Schlaganfall (TIA)

Je nachdem wie lange und in welcher Größe die Verstopfung der Hirnarterien besteht, muss es nicht immer zu klassischen Symptomen eines akuten Schlaganfalls kommen. Einige Hinweise, die im Alltag schnell unter „Ach, das war doch nichts Schlimmes.“ abgetan werden, können auf einen Mini-Schlaganfall, eine sogenannte transitorische ischämische Attacke (TIA) hinweisen. Bei dieser Erkrankung handelt es sich um eine kurzzeitige Durchblutungsstörung im Gehirn, die sich zunächst wieder von selbst löst.

Kurze Schwindelphasen, Händezittern oder leichtes Lallen können neben Lähmungen und den genannten neurologischen Ausfällen als Symptome eine TIA anzeigen. Patienten sollten sie ernst nehmen, da sie bereits als leichter Schlaganfall bezeichnet werden und Vorbote eines regulären Anfalls sein können, so die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft. Eine Behandlung ist bei einer TIA daher enorm wichtig!

Merkmale einer TIA bilden sich in der Regel innerhalb von ein bis maximal zwei Stunden zurück. Eine Hirnblutung, der zweite Schlaganfalltyp, kann entsprechend ausgeschlossen werden. Aufgrund des kurzen Zeitraums verstärkt sich aber die Gefahr, dass die TIA als Erkrankung nicht ernst genommen wird und keine Behandlung stattfindet.

Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie weist jedoch darauf hin, dass auch eine ischämische Attacke in einer Stroke Unit mit einem MRT abgeklärt werden muss. Die Sichtbarkeit hängt von komplexen Faktoren ab, sodass sie von „gar nicht bis hin zu mehreren Tagen oder sogar über mehrere Wochen hinweg“ schwanken kann. Bei einem schweren Schlaganfall ist die Verstopfung oder eine Hirnblutung jedoch nahezu immer zu erkennen. Das MRT ist damit neben der Anamnese eins der wichtigsten Diagnoseinstrumente einer Stroke Unit.

Lesen Sie auch: Wie Fast Food das Gehirn verändert: Eine Analyse

Behandlung und Rehabilitation

Man unterscheidet bei der Therapie zwischen der Behandlung im akuten Zustand und der anschließenden Rehabilitation. Bei der Akutbehandlung werden Medikamente eingesetzt, die Verstopfungen im Gehirn lösen. Dies kann nur in den ersten vier Stunden nach einem akuten Schlaganfall durchgeführt werden. Manchmal ist auch ein operativer Eingriff notwendig, um das Gehirn wieder ins Gleichgewicht zu bekommen. Die Rehabilitation hat zum Ziel, verlorene Fähigkeiten wieder zu erlangen und weitere Schlaganfälle zu vermeiden. Uns ist es wichtig, dass Sie die Rehabilitation wohnortnah durchführen können.

Nach einem Schlaganfall hat die Mehrzahl der Patient:innen erhebliche körperliche Einschränkungen. Sei es, dass Grundsätzliches wie Schlucken und Sprechen neu erlernt werden muss oder auch ausgeprägte Lähmungen und Gangstörungen vorliegen. Wir arbeiten vor allem mit dem Phänomen der Neuroplastizität, d.h. der Fähigkeit des Gehirns, ausgefallene Funktionen durch Lernprozesse wieder zu erlangen. Dies gelingt erheblich gut, hinsichtlich der Prognose spielt die Größe des Schlaganfalls, das Alter der Patient:innen sowie die Vorschädigung des Gehirns eine wichtige Rolle. Die neurologische Abteilung der m&i-Fachklinik Enzensberg begleitet seit deren Bestehen Schlaganfallpatient:innen auf dem Weg der Rehabilitation. Diese setzt meist wenige Tage nach dem Akutereignis ein und untergliedert sich je nach Schwere der neurologischen Defizite in die Phasen B bis D. In der Fachklinik Enzensberg können Patient:innen alle Rehabilitationsphasen mit dem gleichenBehandlungsteam durchlaufen, was sich positiv auf die Genesung auswirken kann.

Schlaganfall vs. Herzinfarkt

Obwohl Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie ein Herzinfarkt einerseits und ein Schlaganfall andererseits meist dieselbe Ursache, eine Verstopfung von Arterien, haben, zeichnen sie sich durch völlig andere Merkmale aus. Während beim Herzinfarkt praktisch immer Schmerzen an einer zentralen Stelle des Körpers spürbar sind, sind die Ausfallsymptome eines Schlaganfalls typischerweise schmerzlos. Durch gute Aufklärungsarbeit ist die Erkennungsrate in der deutschen Gesellschaft enorm angestiegen.

Auch ist die Forschung mittlerweile so weit fortgeschritten, dass die Patienten in vielen Fällen ohne bleibende Schäden weiterleben können. Mit Rehabilitationsmaßnahmen leben circa 70 Prozent der Betroffenen nach einem Hirninfarkt mit wenigen bis keinen Symptomen. Der erste Schlaganfall ist dazu häufig ein „Weckruf“ und hat so einen positiven Einfluss auf den weiteren Lebensstil, da Patienten einen weiteren Schlaganfall natürlich vermeiden wollen.

Erste Hilfe bei Schlaganfall

Lerne Erste Hilfe einfach und verständlich - mit praxisnahen Tipps und interaktiven Tests. Auf unserer Plattform findest du alles, was du im Notfall wissen musst, um schnell und richtig zu handeln.

Lebensrettende Grundlagen

Mit ein wenig Wissen um Erste Hilfe kann jeder zum Lebensretter werden. Wann war dein letzter Erste Hilfe Kurs? Wüsstest du noch was du im Ernstfall tun musst? Teste deine Kenntnisse und frische dein Wissen auf über Reanimation, stabile Seitenlage und mehr.

Einfach helfen in 3 Schritten

Erste Hilfe rettet Leben - und das geht ganz einfach! In den meisten Fällen ist es für dich als Ersthelfer gar nicht entscheidend, dass du die exakte Diagnose stellen kannst. In nur 3 Schritten kannst du bei nahezu jedem Notfall helfen. Führe die Grundmaßnahmen durch, lagere den Verletzten und helfe anschließend situationsbedingt. Wir zeigen dir wie’s geht!

Erfahre u.a. mehr über die Erste Hilfe bei Schlaganfall, Herzinfarkt, Asthma Anfall, Krampfanfall und Vergiftung.

Erste Hilfe am Kind

Wenn Kinder in Not geraten, zählt jede Minute. Schon einfache Maßnahmen können entscheidend sein und helfen. Wir zeigen dir, wie du typische Notfälle im Kindesalter erkennst und richtig reagierst: von Stürzen und Verbrennungen über Atemnot und Fieberkrämpfe bis hin zu Vergiftungen.

Schritt für Schritt und leicht verständlich - damit du in kritischen Momenten Ruhe bewahrst und deinem Kind Sicherheit gibst.

Die Bedeutung von Erster Hilfe

Die meisten Unfälle passieren im privaten Umfeld! Ein Großteil der unfallbedingten Notfälle ereignen sich in häuslicher Umgebung. Das betrifft vor allem Stürze, Schnitt- und Quetschverletzungen, Verbrennungen sowie Herz-Kreislauf-Notfälle. Häufig leisten Angehörige oder anwesende Ersthelfer die erste Versorgung, bevor Rettungsdienste eintreffen. Die Bereitschaft und Ausbildung der Bevölkerung in Erster Hilfe spielen hier eine entscheidende Rolle.

  • Der letzte Erste Hilfe Kurs liegt oft > 10 Jahre zurück
  • 40-60% der unfallbedingten Notfälle passieren zuhause
  • In nur rund 40% der Fälle wird von Laien reanimiert

Kommunikation mit Demenzkranken nach Schlaganfall

Nach einem Schlaganfall können kognitive Beeinträchtigungen auftreten, die die Kommunikation erschweren. Hier sind einige Kommunikationsstrategien, die helfen können:

Allgemeine Kommunikationsregeln

Es ist ganz wichtig, dass wir uns immer wieder daran erinnern, wie wir am besten mit den Betroffenen kommunizieren können. Dabei spielen Kommunikationsregeln eine große Rolle. Wenn wir diese Regeln beachten, können wir Missverständnisse vermeiden und auf die Bedürfnisse der Erkrankten eingehen. Je nachdem, wie weit die Demenz schon fortgeschritten ist, muss die Kommunikation ganz unterschiedlich aussehen.

Leichte Demenz

Zu Beginn einer dementiellen Erkrankung - in einem leichten oder frühen Stadium der Demenz - ist die Wahrnehmung des Betroffenen zunächst nur wenig verändert. Die Person vergisst eventuell Namen, verlegt Gegenstände, kann sich nicht mehr an Dinge aus der Vergangenheit erinnern oder hat Schwierigkeiten, komplexe Aufgaben wie Terminabsprachen zu bewältigen. Bei der Kommunikation mit Menschen mit leichter Demenz ist es wichtig, den Betroffenen mehr Zeit zum „Re-Agieren“ oder antworten zu lassen. Seien Sie stets zugewandt und sprechen Sie in einfachen, kurzen Sätzen. Hilfreich ist es, wenn Sie langsam und deutlich sprechen und Ihr Gesagtes mit Gesten unterstützen.

Mittelschwere Demenz

Im Stadium einer mittelschweren Demenz haben Betroffene oft auffällige Denk- und Gedächtnislücken. Sie benötigen verstärkt Hilfe bei alltäglichen Aktivitäten. Die Demenzerkrankten bemerken den Abbau ihrer Fähigkeiten auch selber und versuchen die Auswirkungen zu bewältigen. Häufig tritt dann ein „Fassadenverhalten“ auf, indem z.B. Missgeschicke überspielt, Fehler abgestritten und schwere Vorwürfe an die Umgebung gemacht werden. Ab diesem Krankheitsstadium ist es sehr wichtig, auf die jeweils aktuelle Gefühlslage Ihres Angehörigen einzugehen. Also mit Empathie zu reagieren und zu vermitteln, dass das Gefühl gerechtfertigt ist. Regt sich Ihr Angehöriger beispielsweise über ein plötzlich auftretendes lautes Geräusch auf, können Sie bestätigen „Oh, das war aber laut!“. Es wird Situationen geben, in denen Ihnen das nicht gelingt. Versuchen Sie dann, eine Pause in der Kommunikation einzulegen. Manchmal hilft es einfach am besten, nicht weiter mit den Erkrankten zu diskutieren und zu argumentieren, sondern sich selbst zu beruhigen. Um dann mit „besseren Nerven“ und aufgefrischter Geduld noch einmal die Situation anzugehen. Versuchen Sie mit Biographiearbeit das Identitätsempfinden Ihres Angehörigen möglichst lange zu erhalten: Zeigen Sie Ihrem Angehörigen beispielsweise Fotos aus einem Abschnitt seines Lebens, wie der Schulzeit, dem Studium und frühen Arbeitsleben oder der Hochzeit, den kleinen Kindern. Wichtig: In diesem Stadium spiegeln Erkrankte oft die Körpersprache Ihres Gegenübers. Wut, Frust und Unruhe aber ebenso gute Laune wirken ansteckend.

Schwere Demenz

Im letzten Stadium einer dementiellen Erkrankung geht vielen Betroffenen die Fähigkeit verloren, verbal zu kommunizieren. Eine nonverbale und emotionale Kommunikation zur Verständigung wird dann immer wichtiger. Für die Kommunikation mit Menschen mit schwerer Demenz eignet sich die Methode der basalen Stimulation besonders gut. Handeln Sie bitte gerade in diesem Krankheitsstadium nach dem Motto „Weniger ist mehr“. Viele der Betroffenen genießen auch ein schweigendes Beisammensitzen. Hand in Hand. Das muss auch nicht lange Zeit in Anspruch nehmen. Wichtig ist das Erleben „Ich bin nicht allein“, zum Beispiel für drei bis fünf Minuten. Berührungen werden in diesem Stadium besonders wichtig für viele Betroffene. Versuchen Sie Ihrem Angehörigen Zuneigung und Wertschätzung zu vermitteln.

Methoden und Konzepte für die Kommunikation

Je nach Phase der Demenzerkrankung kann eine verbale oder eine nonverbale Kommunikation zentral sein. Validation, basale Stimulation und die personzentrierte Pflege sind Methoden und Konzepte für die Kommunikation mit Demenzerkrankten, die auf den Prinzipien der Akzeptanz und Wertschätzung basieren. Gerade in den ersten Phasen einer dementiellen Erkrankung - bei leichter und mittelschwerer Demenz - ist es meist noch gut möglich, mit den Betroffenen verbal zu kommunizieren. Oft lösen rhythmisches Sprechen, Reime und Musik Erinnerungen aus. Ab diesem Zeitpunkt können Sie aber dennoch über Körpersprache und nonverbale Zeichen mit Ihrem Angehörigen in den Kontakt treten.

Validation

Die Gefühle von Demenzerkrankten anerkennen und akzeptieren steht im Fokus des Konzepts der Validation bei Demenzerkrankten. Die grundlegende Annahme der Methode der Validation: Dementiell erkrankte Menschen sind überaus feinfühlig und äußern ihre Gefühle sehr authentisch. Bei der Validation geht man auf diese aktuelle Gefühlslage des Betroffenen ein anstatt die Person zu korrigieren und ins „Hier und Jetzt“ zurückholen zu wollen. Versucht werden soll, die Perspektive des Demenzerkrankten einzunehmen und Verständnis für dessen aktuelle emotionale Lage aufzubringen. Ziel dabei ist es, Stress zu reduzieren, Unruhe und Aggressionen bei Demenz entgegenzuwirken, den Einsatz von Beruhigungsmitteln zu vermeiden und die Kommunikations- und Wahrnehmungsfähigkeiten des dementiell Erkrankten zu erhalten. Das Selbstwertgefühl der Betroffenen soll durch Validation gesteigert werden - indem man vermittelt, dass Ihnen zugehört und auf Ihre Gefühle eingegangen wird. Ein schwieriges Gefühl anzuerkennen, kann die Last nehmen, die das negative Gefühl auslöst. Im besten Fall können Belastungen auf ein Minimum reduziert werden. Gut umgesetzt können die positiven Effekte der Validation in der Pflege von Demenzerkrankten erstaunlich sein: Stress wird abgebaut und es kehrt Freude zurück in die Kommunikation.

Beispiele für Validation:

  • Ihr dementiell erkrankter Angehöriger räumt persönliche Gegenstände ständig hin und her und will nicht damit aufhören. Als verbale Validation sagen Sie in dieser Situation zum Beispiel: „Ordnung ist das halbe Leben“ oder „Du bist immer sehr ordentlich“.
  • Ihr Angehöriger möchte die längst verstorbene Mutter am Bahnhof abholen und wird aus Angst, den Termin zu verpassen, unruhig. Sie valideren „Du bist gerne pünktlich. Auf dich ist Verlass“ oder auch „Pünktlichkeit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr“.

Anstatt zu korrigieren und auf die Fehler hinzuweisen, erkennen Sie mit der Methode der Validation bei Demenzerkrankten die Gefühle der Situation an und bestätigen, dass diese gerechtfertigt sind und Sie zugehört haben. Dadurch vermitteln Sie Ihrem Gegenüber Wertschätzung und das Gefühl, verstanden worden zu sein. Sie tauchen in seine Welt ein und begeben sich auf die gleiche Ebene.

Personzentrierte Pflege

Die personzentrierte Pflege nach Tom Kitwood ist ein Kommunikationskonzept, welches ursprünglich für die professionelle Pflege und Kommunikation mit Demenzerkrankten konzipiert worden ist. Das zentrale Element der personzentrierten Pflege nach Kitwood: Sie stellt den Mensch in den Mittelpunkt und nicht die Krankheit. Erhalt und Förderung des Personseins ist der Kern bei dieser Art der Kommunikation. Wie bei der basalen Stimulation kann durch Körpersprache Sicherheit und Geborgenheit vermittelt werden. Das kann eine Umarmung, das Streicheln der Hand oder des Armes oder einfach ein verständnisvolles Nicken sein. Die Bedürfnisse, die jeder Menschen braucht, um sich wahrgenommen, wertgeschätzt und als Person zu fühlen, können nach Tom Kitwood in einer Blumenform illustriert werden. Kern der Blüte ist das Bedürfnis nach Liebe, an welches sich die „Blütenblätter“ Trost, Bindung, Einbeziehung, Beschäftigung und Identität anknüpfen.

  • Liebe: Liebe ist für alle Menschen, aber besonders für Demenzerkrankte, ein elementares Bedürfnis. Demenzerkrankte sind meist sehr feinfühlig und brauchen viel Zuneigung. Zeigen Sie Ihren Angehörigen also Ihre Liebe und lassen Sie Nähe zu.
  • Einbeziehung: Beziehen Sie Ihren Angehörigen in alltägliche Aktivitäten mit ein. So kann sich dieser wahrgenommen und als Teil des Ganzen fühlen.
  • Beschäftigung: In vielen Fällen fühlen sich Demenzerkrankte bedeutungslos. Langeweile kann im schlechten Fall auch in Apathie münden. Dies können Angehörige verhindern, indem sie ihn mit einer Aktivität beschäftigen. Ein Puzzle ist beispielsweise eine schöne Beschäftigung, die gleichzeitig die Gehirnaktivität fördert - es muss aber individuell geschaut werden, ob dies auch für Ihren Angehörigen passt.
  • Identität: Identität meint, dass man weiß, wer man ist, was man erlebt hat und wo man herkommt. Dieses Wissen geht Demenzerkrankten im Laufe ihrer Erkrankung oft verloren. Fördern und erhalten Sie das Identitätsempfinden Ihres Angehörigen, indem Sie Erinnerungen pflegen und Biographiearbeit betreiben.
  • Trost: Oft haben Demenzerkrankte das Gefühl nicht verstanden zu werden. Sie fühlen sich verloren und brauchen jemanden, der Stärke und Geborgenheit vermittelt. Hören Sie Ihrem Angehörigen aktiv zu, lassen Sie seine Gefühle zu und zeigen Sie Mitgefühl.
  • Bindung: Wenn ein Demenzerkrankter im Laufe seiner Erkrankung mehrere Bindungen zu Menschen verloren hat - dadurch, dass er sie nicht mehr erkennt oder sie nicht besuchen kann - wird die Bindung zu den verbleibenden Menschen immer wichtiger. Von sich aus sind Demenzerkrankte - trotz starkem Bedürfnis - oft nicht mehr in der Lage eine Beziehung aufzubauen.

Basale Stimulation

Eine basale Stimulation bei Demenz - oder auch multisensorische Stimulation - hat das Ziel, die Fähigkeiten von dementiell erkrankten Menschen in den Bereichen Kommunikation, Wahrnehmung und Bewegung zu fördern und sie zu aktivieren. Im Gegensatz zur Validation und der personzentrierten Pflege setzt sie hauptsächlich auf die nonverbale Kommunikation. Über die Stimulation von visuellen (Sehen), akustischen (Hören), gustatorischen (Riechen und Schmecken) und taktilen (Fühlen) Reizen kann die Aufmerksamkeit angeregt und eine Verbindung aufgebaut werden. Sinnvoll ist die basale Stimulation besonders für Menschen mit mittelschwerer und schwerer Demenz, die nicht mehr oder nur schwer in der Lage sind, verbal zu kommunizieren und sich zu verständigen. Ziele der basalen Stimulation sind, Demenzerkrankte durch unterschiedliche Aktivierungen zu erreichen und in Kommunikation zu treten, auch wenn ein verbaler Austausch nicht mehr so gut möglich ist. Eine basale Stimulation in der Pflege von Demenzerkrankten soll dabei helfen, das Vertrauen und die Selbstwahrnehmung zu stärken und gleichzeitig Anspannungen und Ängste abzubauen. Eine basale Stimulation bei Demenzerkrankten lässt sich sehr gut in den Alltag integrieren - zum Beispiel bei der täglichen Körperpflege.

Praktische Tipps für die Umsetzung

Validation, personzentrierte Pflege, basale Stimulation - das sind große Konzepte, die nicht leicht umzusetzen sind. Überlegen Sie, welche konkrete Idee aus den Kommunikationsformen Sie am meisten anspricht. Und versuchen Sie, eine Variante in den nächsten sechs Wochen in Ihrem Alltag umzusetzen.

Patientenverfügung

Eine Patientenverfügung stellt sicher, dass Ihre medizinischen Wünsche auch in unerwarteten Situationen respektiert werden und bewahrt so Ihre Selbstbestimmung. Sie greift in Situationen, in denen Sie aufgrund von Krankheit oder Verletzung nicht in der Lage sind, sie selbst auszudrücken. Dieses Dokument entlastet zudem Ihre Angehörigen von schwierigen Entscheidungen, vermeidet Missverständnisse und schützt vor unerwünschter Über- oder Unterbehandlung.

Umgang mit schwierigen Momenten

Bei all Ihren Bemühungen um Geduld, Empathie und Liebe wird Ihnen das nicht immer gelingen. Solche schwierigen Momente teilen Sie mit Millionen anderen Angehöriger demenzerkrankter Menschen. In konkreten Situationen hilft es am wenigsten, sich dann über sich selbst zu ärgern.

tags: #eselsbrücke #schlaganfall #prävention