Schlaganfall-Prävention und Erkennung per App: Ein Überblick

Jährlich erleiden in Deutschland etwa 270.000 Menschen einen Schlaganfall, was ihn zur zweithäufigsten Todesursache macht. Erschreckenderweise wären 70 Prozent dieser Fälle durch rechtzeitige Behandlung oder Verhaltensänderungen vermeidbar. Unentdeckte Herzrhythmusstörungen, insbesondere Vorhofflimmern, stellen dabei ein erhebliches Risiko dar. Glücklicherweise gibt es innovative Lösungen, die helfen, Risiken zu erkennen und im Notfall schnell zu handeln: Schlaganfall-Apps.

Schlaganfall-Risiken erkennen und minimieren

Ein gutes Monitoring der Herzgesundheit ist entscheidend für die Einschätzung von Schlaganfall-Risiken. Apps, die Herz- und Kreislauf-Probleme erkennen, können hier wertvolle Unterstützung leisten. Viele Krankenkassen übernehmen die Kosten für solche Anwendungen, wodurch sie einer breiten Bevölkerung zugänglich gemacht werden.

Die Deutsche Schlaganfall-Hilfe bietet zudem einen Online-Risikotest an. Dieser Test ermöglicht es, das eigene Risikoprofil zu ermitteln, indem Fragen zu Alter, Größe, Gewicht, Geschlecht, Lebensgewohnheiten und Vorerkrankungen beantwortet werden. Die Angabe von Blutzucker- und Cholesterin-Werten erhöht die Treffsicherheit des Tests, ist aber nicht zwingend erforderlich.

Apps zur Erkennung von Herzrhythmusstörungen

Da Schlaganfälle häufig durch Herzkrankheiten verursacht werden, ist die Überwachung der Herzfunktionen ein wichtiger Aspekt der Schlaganfallprävention. Vorhofflimmern erhöht das Schlaganfallrisiko erheblich, daher sind Apps zum Herz-Monitoring besonders wertvoll.

Ein Beispiel hierfür ist die App Preventicus Heartbeats. Diese medizinische App misst den Puls und analysiert den Herzrhythmus, um Anzeichen von Vorhofflimmern zu erkennen. Die Messung erfolgt einfach, indem der Finger auf die Smartphone-Kamera gelegt wird. Bei Auffälligkeiten wird die Messung von Experten der Herzklinik Ulm überprüft, und bei Verdacht auf Vorhofflimmern erfolgt die Betreuung durch einen (Tele-)Kardiologen.

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Preventicus Heartbeats hat sich in klinischen Studien bewährt und zeichnet sich durch eine hohe Genauigkeit aus. Sie ist in ein Vorsorge-Programm eingebettet, das von Krankenkassen angeboten wird. Versicherte, deren Krankenkasse das Programm unterstützt, können die App kostenfrei nutzen.

Die regelmäßige Anwendung der App ist wichtig, da Vorhofflimmern oft unregelmäßig auftritt und unbemerkt bleiben kann. Kardiologische Fachgesellschaften empfehlen daher ein regelmäßiges Screening durch Selbstmessungen des Herzrhythmus.

Das Vorsorgeprogramm „RhythmusLeben“ der BKK VerbundPlus ist ein weiteres Beispiel für ein umfassendes Angebot zur Schlaganfallprävention. Es richtet sich an Versicherte ab 65 Jahren oder ab 55 Jahren mit Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes oder früheren Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das Programm beinhaltet die Nutzung der App Preventicus Heartbeats, die frühzeitig Unregelmäßigkeiten erkennt und bei Bedarf direkt zum Kardiologen leitet. Dieser erstellt dann ein 14-Tage-Langzeit-EKG zur sicheren Diagnose.

Die hohe Genauigkeit der App bei der Erkennung von Vorhofflimmern (ca. 96 %) und der positive Vorhersagewert von ca. 99 % wurden in klinischen Studien bestätigt. Mit Preventicus Heartbeats wurden bisher über 5 Millionen Rhythmusauswertungen durchgeführt.

FAST: Schnelle Schlaganfallerkennung im Notfall

Die kostenlose App „FAST Schlaganfallerkennung“ hilft, im Notfall einen Schlaganfall zu erkennen und die richtigen Entscheidungen zu treffen. FAST steht für Face (Gesicht), Arms (Arme), Speech (Sprache) und Time (Zeit). Im Ernstfall zählt jede Sekunde, daher ist eine schnelle Reaktion entscheidend. Die App ist im Google Play Store und im Apple Store verfügbar.

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Apps zur Schlaganfall-Nachsorge

Auch nach einem Schlaganfall können Apps eine wertvolle Unterstützung bieten. Die RecoverBrain App hilft Menschen nach einem Schlaganfall, bei einer Aphasie oder bei Demenz und Alzheimer. Sie bietet sieben Schulungsmodule in unterschiedlichen kognitiven Bereichen, darunter Sprachverständnis, Verstehen komplexer Sätze, Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Exekutivfunktion. Der Schwierigkeitsgrad des kognitiven Trainings passt sich an die Bedürfnisse des Nutzers an.

Die neolexon Aphasie-App ermöglicht Menschen mit Sprachverlust nach einem Schlaganfall, selbstständig und unbegrenzt zu Hause zu trainieren. Die behandelnde Logopädin stellt die App individuell für die Patient:innen ein, die von über 400.000 Übungsmöglichkeiten profitieren. Die App ist benutzerfreundlich und eignet sich auch für Betroffene mit motorischen, visuellen und kognitiven Beeinträchtigungen. Die Wirksamkeit der App wurde in einer großen Therapiestudie bestätigt.

Die myReha Tablet-App ist eine weitere Option für Schlaganfallpatienten. Sie ermöglicht das Training von Sprache, Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Alltagsfähigkeiten mit einem persönlichen Therapieplan, der sich aus über 35.000 evidenzbasierten Aufgaben zusammensetzt. Der Therapieplan passt sich laufend an die persönlichen Fortschritte an. Die App ist ein CE-zertifiziertes Medizinprodukt.

Digitale Unterstützung für chronische Erkrankungen

Es gibt auch Apps, die ein umfassendes Patienten-Selbstmanagement für digitale Unterstützung bei chronischen Erkrankungen und nach Akutereignissen wie Schlaganfällen bieten. Diese Apps konzentrieren sich auf Prävention und Therapiebegleitung und ermöglichen beispielsweise die automatische Tagebucherstellung für Vitalparameter.

Krankenkassen und Schlaganfall-Apps

Einige Krankenkassen bieten Apps zur Schlaganfall-Vorbeugung und Erkennung im Rahmen ihrer Satzungsleistungen an. Es ist ratsam, sich bei der eigenen Krankenkasse über die verfügbaren Angebote zu informieren. Die Satzungsleistungen können sich ändern, daher ist eine vorherige Rücksprache empfehlenswert.

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Die BERGISCHE bietet ihren Versicherten (ab 65 oder 55 bei bestimmten Risikofaktoren) die Möglichkeit, die Vollversion der App Preventicus Heartbeats 12 Monate kostenlos zu nutzen. Der Freischaltcode wird automatisch postalisch zugeschickt.

Fazit

Schlaganfall-Apps sind ein wertvolles Werkzeug zur Prävention, Erkennung und Nachsorge von Schlaganfällen. Sie ermöglichen es, Risiken frühzeitig zu erkennen, im Notfall schnell zu handeln und die Therapie optimal zu unterstützen. Dank der zunehmenden Unterstützung durch Krankenkassen werden diese innovativen Lösungen einer breiten Bevölkerung zugänglich gemacht. Es ist wichtig, sich über die verschiedenen Apps und Programme zu informieren und die Angebote zu nutzen, um die eigene Gesundheit bestmöglich zu schützen.

Überblick über Schlaganfall-Apps und -Programme

App/ProgrammBeschreibungZielgruppeKosten
FAST SchlaganfallerkennungHilft im Notfall, einen Schlaganfall zu erkennen und die richtigen Entscheidungen zu treffen. FAST steht für Face (Gesicht), Arms (Arme), Speech (Sprache) und Time (Zeit).AllgemeinKostenlos
Preventicus HeartbeatsMisst den Puls und analysiert den Herzrhythmus, um Anzeichen von Vorhofflimmern zu erkennen. Die Messung erfolgt über die Smartphone-Kamera. Bei Auffälligkeiten erfolgt die Überprüfung durch Experten und ggf. die Betreuung durch einen (Tele-)Kardiologen.Personen mit erhöhtem Risiko für Vorhofflimmern, z.B. ältere Menschen oder Personen mit VorerkrankungenKostenlos für Versicherte, deren Krankenkasse das Vorsorge-Programm unterstützt. Ansonsten kostenpflichtig.
RhythmusLebenEin umfassendes Vorsorgeprogramm der BKK VerbundPlus zur Schlaganfallprävention. Beinhaltet die Nutzung der App Preventicus Heartbeats, die frühzeitig Unregelmäßigkeiten erkennt und bei Bedarf direkt zum Kardiologen leitet. Dieser erstellt dann ein 14-Tage-Langzeit-EKG zur sicheren Diagnose.Versicherte der BKK VerbundPlus ab 65 Jahren oder ab 55 Jahren mit Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes oder früheren Herz-Kreislauf-ErkrankungenKostenlos für die genannten Zielgruppen
RecoverBrainHilft Menschen nach einem Schlaganfall, bei einer Aphasie oder bei Demenz und Alzheimer. Bietet sieben Schulungsmodule in unterschiedlichen kognitiven Bereichen.Menschen nach einem Schlaganfall, mit Aphasie, Demenz oder AlzheimerKosten variieren je nach Umfang der Nutzung
neolexon Aphasie-AppErmöglicht Menschen mit Sprachverlust nach einem Schlaganfall, selbstständig und unbegrenzt zu Hause zu trainieren. Die App wird individuell von der Logopädin eingestellt.Menschen mit Sprachverlust nach einem SchlaganfallKosten werden ggf. von der Krankenkasse übernommen, wenn ein Rezept vom Arzt vorliegt
myRehaErmöglicht das Training von Sprache, Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Alltagsfähigkeiten mit einem persönlichen Therapieplan.SchlaganfallpatientenTestversion kostenlos, Premium-Version kostenpflichtig. Kosten werden ggf. von ausgewählten Krankenkassen übernommen.

Wichtige Hinweise

  • Die hier aufgeführten Informationen dienen lediglich der allgemeinen Information und ersetzen keine ärztliche Beratung.
  • Die Satzungsleistungen der Krankenkassen können sich ändern. Es ist ratsam, sich vor Inanspruchnahme von Leistungen bei der eigenen Krankenkasse zu informieren.
  • Bei Verdacht auf einen Schlaganfall sollte umgehend der Notruf 112 gewählt werden.
  • Die regelmäßige Überprüfung des Herzrhythmus und die Einhaltung eines gesunden Lebensstils sind wichtige Maßnahmen zur Schlaganfallprävention.

Zukünftige Entwicklungen

Die Entwicklung von Schlaganfall-Apps und -Programmen schreitet stetig voran. Zukünftig sind weitere Innovationen zu erwarten, die die Prävention, Erkennung und Nachsorge von Schlaganfällen noch effektiver gestalten werden. Dazu gehören beispielsweise:

  • Künstliche Intelligenz (KI): KI-basierte Apps können personalisierte Risikobewertungen erstellen und individuelle Therapieempfehlungen geben.
  • Wearable Technology: Wearables wie Smartwatches und Fitness-Tracker können kontinuierlich Vitalparameter überwachen und frühzeitig Warnsignale erkennen.
  • Telemedizin: Telemedizinische Angebote ermöglichen eine ortsunabhängige Betreuung von Schlaganfallpatienten und eine bessere Vernetzung von Ärzten und Therapeuten.

Durch die Kombination dieser Technologien können Schlaganfall-Apps und -Programme in Zukunft einen noch größeren Beitrag zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung leisten.

Nutzererfahrungen

Thomas B., ein Schlaganfallpatient, berichtet von seinen positiven Erfahrungen mit einer Spastik-App: "Nach meinem Schlaganfall hatte ich eine schwere Zeit durchgemacht. Mein Hausarzt hatte mir zur Nachsorge die Spastik-App empfohlen, um Spastiken rechtzeitig zu erkennen. Die App war einfach zu installieren und zu bedienen, und ich konnte meine Bewegungen mit meinem Smartphone überwachen. Nach drei Wochen der regelmäßigen Nutzung empfahl mir die App, wieder meinen Hausarzt aufzusuchen. Mein Hausarzt stellte schließlich die Diagnose Spastik in meinem linken Arm. Ich war erleichtert, dass die App mir geholfen hatte, die Spastik frühzeitig zu erkennen."

Diese Erfahrung zeigt, wie Schlaganfall-Apps einen wertvollen Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität von Betroffenen leisten können.

Die Rolle der Forschung

Die kontinuierliche Forschung im Bereich der Schlaganfallprävention und -behandlung ist von entscheidender Bedeutung. Studien wie die "RedStroke" Studie (Reducing Strokes in Europe), die von der Europäischen Union unterstützt wird, tragen dazu bei, innovative Versorgungsprogramme zu entwickeln und europaweit zu etablieren.

Die Ergebnisse dieser Forschung fließen in die Entwicklung neuer und verbesserter Schlaganfall-Apps und -Programme ein, die den Patienten zugutekommen.

App als Teil eines Gesamtkonzepts

Es ist wichtig zu betonen, dass Schlaganfall-Apps und -Programme nur ein Teil eines umfassenden Konzepts zur Schlaganfallprävention und -behandlung sind. Ein gesunder Lebensstil, die regelmäßige Überprüfung des Herzrhythmus und die Einhaltung ärztlicher Empfehlungen sind ebenfalls von großer Bedeutung.

Die enge Zusammenarbeit zwischen Patienten, Ärzten, Therapeuten und Krankenkassen ist entscheidend für eine erfolgreiche Schlaganfallprävention und -behandlung.

Glossar

  • Aphasie: Sprachstörung, die nach einem Schlaganfall auftreten kann.
  • Vorhofflimmern: Herzrhythmusstörung, bei der das Herz unregelmäßig und zu schnell schlägt.
  • Spastik: Erhöhte Muskelspannung, die nach einem Schlaganfall auftreten kann.
  • Telemedizin: Medizinische Versorgung, die über Telekommunikationstechnologien erfolgt.
  • EKG: Elektrokardiogramm, eine Untersuchung zur Aufzeichnung der elektrischen Aktivität des Herzens.

Weiterführende Informationen

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