Alte Menschen leiden häufig unter Multimorbidität und Polymedikation, was nicht-medikamentöse Therapien bei Demenzerkrankten immer wichtiger macht. Die Aromatherapie bietet hier eine sanfte und einfühlsame Alternative, die das Wohlbefinden und die Lebensqualität von Menschen mit Demenz unterstützen kann.
Einführung in die Aromatherapie bei Demenz
Die Aromatherapie nutzt ätherische Öle, die aus verschiedenen Pflanzenteilen gewonnen werden, um die körperliche und seelische Gesundheit zu fördern. Duftstoffe haben die Fähigkeit, direkt auf das limbische System im Gehirn einzuwirken, welches für Emotionen und Erinnerungen zuständig ist. Durch die Weckung positiver Erinnerungen und das Vermitteln von Komfort und Sicherheit können spezifische Aromen in der Betreuung von Menschen mit Demenz eine wertvolle Unterstützung bieten.
Grundlagen der Aromatherapie
Ätherische Öle sind hochkonzentrierte Pflanzenextrakte, die durch Destillation, Kaltpressung oder Extraktion gewonnen werden. Jedes Öl besitzt ein einzigartiges Aroma und eine spezifische chemische Zusammensetzung, die ihm therapeutische Eigenschaften verleiht. Die Aromatherapie nutzt diese Eigenschaften, um die körperliche und seelische Gesundheit zu fördern.
Die Bedeutung des Geruchssinns
Der Geruchssinn spielt eine wichtige Rolle bei der Erinnerung und den Emotionen. Unsere Nase besitzt etwa 20 Millionen Riechzellen, die über dünne Nervenfortsätze direkt mit dem limbischen System verbunden sind. Gerüche, die mit starken Emotionen verknüpft sind, können über Jahrzehnte hinweg abgerufen werden und Kindheitserinnerungen wecken. Ein Verlust des Geruchssinns kann hingegen das Risiko für Demenz erhöhen.
Wie Aromaöle das Gehirn beeinflussen
Aromaöle beeinflussen das Gehirn hauptsächlich durch die olfaktorische Wahrnehmung. Beim Einatmen binden Duftmoleküle an Rezeptoren in der Nase, die Signale an das limbische System senden. Dieses System ist für Emotionen, Erinnerungen und bestimmte körperliche Reaktionen verantwortlich. Aromaöle können die Ausschüttung von Neurotransmittern wie Serotonin und Dopamin beeinflussen, was zu Gefühlen des Wohlbefindens und der Entspannung führen kann. Einige Öle besitzen auch antioxidative Eigenschaften, die vor oxidativem Stress im Gehirn schützen können.
Lesen Sie auch: Aromatherapie in der Demenzpflege
Studien zur Aromatherapie bei Demenz
Zahlreiche Studien haben die positiven Effekte der Aromatherapie bei Demenz untersucht.
Studie der University of California, Irvine (2023)
Eine Studie der University of California, Irvine, untersuchte die Auswirkungen einer nächtlichen Aromatherapie auf die kognitiven Fähigkeiten älterer Erwachsener. Die Teilnehmer erhielten über sechs Monate eine Aromatherapie mit sieben verschiedenen Düften, die über einen Geruchsstoffdiffusor in der Luft verteilt wurden. Die Kontrollgruppe erhielt keine Aromatherapie. Die Ergebnisse zeigten, dass die Aromatherapiegruppe ihr verbales Gedächtnis im Vergleich zur Kontrollgruppe um 226 Prozent verbessern konnte. Zudem wurde eine verbesserte Funktion des linken Faszikulus uncinatus festgestellt, einer Hirnregion, die für die auditive Sprachverarbeitung wichtig ist.
Weitere Studien
- Eine Studie in Taiwan untersuchte die Auswirkungen von Aromatherapie auf die Agitiertheit von Demenzpatienten. Die Ergebnisse zeigten, dass die Patienten nach der Inhalation oder Anwendung ätherischer Öle deutlich entspannter waren, besser schliefen und eine höhere Lebensqualität hatten.
- Eine Studie von Rehabilitationswissenschaftlern der Hong Kong Polytechnischen Universität zeigte, dass Aromatherapie-Massage in Kombination mit Bewegungsübungen oder kognitivem Training Stress reduzieren und psychologische und Verhaltenssymptome bei Menschen mit Demenz lindern kann.
Auswahl ätherischer Öle
Bei der Auswahl ätherischer Öle für die Aromatherapie bei Demenz sollten bestimmte Aspekte berücksichtigt werden:
- Lavendel: Bekannt für seine entspannenden und beruhigenden Eigenschaften. Lavendel-Waschungen, Einreibungen und warme Handwickel haben in Pflegeheimen positive Erfolge gezeigt und konnten teilweise sogar die Schlafmedikation reduzieren.
- Zitrusöle (Zitrone, Orange): Können erfrischen, die Konzentration steigern und die Stimmung aufhellen. Orangenöl kann beispielsweise dazu beitragen, dass Menschen mit Demenz auch an dunklen Tagen aufstehen.
- Rosmarin: Wird oft mit der Verbesserung der Gedächtnisleistung in Verbindung gebracht.
- Römische Kamille: Wirkt angstlösend und kann in Kombination mit Zitrusölen und Winterdüften Trost spenden.
- Yuzu-Öl: Ein Zitrusöl aus Japan, das in Studien positive Ergebnisse bei Demenz gezeigt hat.
- Combava-Öl (Kaffirlimette): Duftet ähnlich wie Zitroneneukalyptus und Melisse und hat eine nachgewiesene Wirkung bei Demenz.
Anwendungsmethoden
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ätherische Öle in der Aromatherapie bei Demenz anzuwenden:
- Raumbeduftung: Duftlampen, Vernebler oder Duftsteine können verwendet werden, um ätherische Öle im Raum zu verteilen. Es ist wichtig, auf eine sichere Anwendung zu achten, insbesondere bei offenen Flammen.
- Inhalation: Ätherische Öle können direkt inhaliert werden, beispielsweise über einen Riechstift oder durch Auftragen auf ein Tuch.
- Topische Anwendung: Ätherische Öle können in verdünnter Form auf die Haut aufgetragen werden, beispielsweise in Form von Massagen, Waschungen oder Einreibungen.
- Aromabäder: Ätherische Öle können in das Badewasser gegeben werden, wobei ein Emulgator wie Rahm verwendet werden sollte, um eine gute Verteilung zu gewährleisten.
Sicherheitshinweise
Bei der Anwendung von Aromatherapie bei Demenz sollten folgende Sicherheitshinweise beachtet werden:
Lesen Sie auch: Aromatherapie und Kognition
- Ausschließlich naturbelassene ätherische Öle verwenden.
- Ätherische Öle niemals unverdünnt auf die Haut auftragen.
- Auf individuelle Verträglichkeit achten.
- Ätherische Öle vor Kindern, Hitze und Licht geschützt lagern.
- Bei Unsicherheiten Fachliteratur oder Kurse nutzen.
Aromatherapie in der Pflege
In vielen Pflegeeinrichtungen hat sich die Aromatherapie aufgrund der guten Erfahrungen längst als wichtiger Baustein zur Behandlung von Angst und Unruhe bei Demenzpatienten etabliert. Durch die individuelle und feinfühlige Gestaltung des täglichen Umgangs mit Düften können positive Erinnerungen geweckt und ein Gefühl von Geborgenheit vermittelt werden.
Biographiearbeit
Im Rahmen der Aromapflege bei Demenzerkrankten ist eine gute Biographiearbeit sinnvoll. Hierbei kann herausgefunden werden, welche Gerüche der Betroffene besonders gerne gerochen, bzw. welche er abgelehnt hat. Diese Kenntnisse können im Rahmen der Pflegeplanung mit einbezogen werden.
Duftanker
Düfte können als Duftanker in Verbindung mit positiven Erlebnissen eingesetzt werden. Beispielsweise kann ein bestimmter Duft während einer angenehmen Aktivität verwendet werden, um eine positive Assoziation zu schaffen.
Ernährung und Demenzprävention
Neben der Aromatherapie spielt auch die Ernährung eine wichtige Rolle bei der Demenzprävention. Eine Supplementierung mit Omega-3-Fettsäuren kann beispielsweise dazu beitragen, Läsionen in der weißen Substanz im Gehirn vorzubeugen. Es ist wichtig, ein ausgewogenes Verhältnis von Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren in der Ernährung zu achten.
Lesen Sie auch: Fortgeschrittene Demenz: Ein umfassender Überblick
tags: #Aromatherapie #bei #Demenz #Studien