Der Beruf des Neurochirurgen ist anspruchsvoll und faszinierend zugleich. Er erfordert ein Höchstmaß an Präzision, Verantwortungsbewusstsein undEngagement. Dieser Artikel beleuchtet die vielfältigen Aufgaben und Erfahrungen, die ein Assistenzarzt in der Neurochirurgie erwarten, und gibt Einblicke in die Weiterbildung und Karrieremöglichkeiten. Die Neurochirurgie ist eine der ältesten medizinischen Fachrichtungen überhaupt. Anhand von Skelettfunden aus der Jungsteinzeit lässt sich nachweisen, dass schon vor mehreren Jahrtausenden Trepanationen (operative Schädelöffnungen) durchgeführt wurden - und dass die Patienten die Eingriffe überlebten. Die Grundlagen für die moderne Neurochirurgie wurden im 19. Jahrhundert gelegt. Seither hat sich viel getan: Durch den Fortschritt bei Operations- und Untersuchungstechniken können Ärzte beispielsweise Hirntumore, Wirbelsäulenerkrankungen, Aneurysmen, Metastasen, Fehlbildungen oder Verletzungen am zentralen oder peripheren Nervensystem inzwischen besser erkennen.
Was macht ein Neurochirurg?
Der Neurochirurg beschäftigt sich als Facharzt mit operativen Eingriffen des zentralen, peripheren und vegetativen Nervensystems. Der Facharzt für Neurochirurgie kümmert sich dabei nicht nur um Verletzungen, Erkrankungen und Fehlentwicklungen von Strukturen der großen Nervensysteme (ZNS, PNS), sondern auch um die sie versorgenden Blutgefäße und Hüllen. Hinzu kommen Voruntersuchungen sowie anschließende Maßnahmen zur Therapie und Rehabilitation. Die Operationen in der Neurochirurgie beziehen sich, im Gegensatz zu denjenigen der Allgemeinchirurgie, meist auf überaus kleine Bereiche und Strukturen und werden nicht selten im Rahmen mikro-chirurgischer Eingriffe vorgenommen. Hinzu kommt die enge Verflechtung von Verletzung bzw. Sowohl vor als auch nach dem operativen Eingriff wird der Facharzt für Neurochirurgie den Patienten begleiten.
Aufgaben eines Assistenzarztes in der Neurochirurgie
Ein Assistenzarzt in der Neurochirurgie durchläuft eine umfassende Ausbildung, die ihn auf die verantwortungsvolle Tätigkeit als Facharzt vorbereitet. Zu den Hauptaufgaben gehören:
- Patientenversorgung: Gewährleistung der ganzheitlichen Betreuung und Versorgung von Patienten im gesamten neurochirurgischen Spektrum. Dies umfasst die Aufnahme von Patienten, die Erhebung der Anamnese, die Durchführung körperlicher Untersuchungen und die Dokumentation relevanter Informationen.
- Chirurgische Assistenz: Aktive Beteiligung und Assistenz bei operativen Eingriffen zur kontinuierlichen Weiterentwicklung der chirurgischen Expertise. Ziel der operativen Ausbildung ist ein frühzeitiges, schrittweises Heranführen an die verschiedenen Operationstechniken unter fachärztlicher Anleitung. Voraussetzung für die richtige Anwendung einzelner Techniken ist die Erlernung der sicheren Indikationsstellung im Einzelfall.
- Diagnostik: Durchführung und Auswertung verschiedener diagnostischer Verfahren wie MRT (Kernspintomographie), EEG (Elektro-Enzephalogramm), EMG (Elektromyographie) und Lumbalpunktion. Beim MRT (Kernspintomographie) stellt der Facharzt für Neurochirurgie die inneren Organe und Gewebe bildlich dar, wie beispielsweise von Kopf oder Gehirn. Im Rahmen der EEG Untersuchung (Elektro-Enzephalogramm) misst der Neurochirurg die Gehirnströme über Spannungsveränderungen des Gehirns. Die Elektromyographie (EMG) ist ein neurologisches Diagnostikverfahren, mit dem der Facharzt für Neurochirurgie die elektrische Muskelaktivität misst. Bei der Lumbalpunktion kann der Neurochirurg die Zusammensetzung des Liquors untersuchen und erhält so Hinweise auf mögliche Erkrankungen.
- Interdisziplinäre Koordination: Enge Zusammenarbeit und Funktion als wichtige Schnittstelle zu allen beteiligten Fachdisziplinen und Berufsgruppen. Dies beinhaltet die Teilnahme an interdisziplinären Konferenzen und die gemeinsame Entwicklung von Behandlungsplänen.
- Teilnahme an Diensten: Übernahme von Aufgaben im Rahmen der Bereitschaftsdienste. In der Akutphase bei Traumen, Blutungen und Querschnittsyndromen sind wir ein Haus der kurzen Wege und schnellen Entscheidungen. Wir stehen Ihnen rund um die Uhr helfend zur Seite.
- Abteilungsarbeit: Mitarbeit im ärztlichen Team der Neurochirurgie.
- Qualitätsmanagement: Betreiben eines intensiven Qualitätsmanagements, um den Anforderungen von optimaler Patientenversorgung, Wirtschaftlichkeit sowie Forschung und Lehre gerecht werden zu können. Dieses garantiert eine ständige Weiterentwicklung in allen Arbeitsbereichen, um die bestmögliche Versorgung unserer Patienten und hervorragende Leistungen in Forschung und Lehre zu erreichen.
Häufige Krankheitsbilder und operative Eingriffe
Das Spektrum der neurochirurgischenBehandlungen ist breit gefächert und umfasst unter anderem:
- Bandscheibenvorfälle: Zwischen den Wirbelkörpern der Wirbelsäule liegen die Bandscheiben, wie eine Art Kissen, die Flexibilität und Dämpfung bieten. Kommt es zu einem Bandscheibenvorfall (Discusprolaps), beispielsweise durch Überlastung oder genetische Ursachen, reißt die umgebende Hülle der Bandscheibe, der gallertartige Kern tritt aus und drückt auf das Rückenmark. Betroffene klagen über teils heftige Schmerzen im Rückenbereich, die - ja nach Lage des Prolaps - bis in die Beine ausstrahlen (Beispiel: Druck auf den Ischiasnerv). Die Folgen können Taubheit und Lähmungen sein. Sind die konservativen Verfahren ausgeschöpft, stehen wir Ihnen mit allen gängigen Verfahren von mikrochirurgischen Dekompressionen bei Bandscheibenleiden oder engem Spinalkanal bis hin zur Prothetik von Bandscheiben und kleinen Wirbelgelenken (Facettgelenkersatz) sowie Verblockungsoperationen bei Instabilitäten in allen Wirbelsäulenabschnitten zur Verfügung.
- Karpaltunnelsyndrom: Auf der Innenseite der Handwurzel verläuft der Nervus medianus, begleitet von den Sehnen der Muskeln der Fingerbeuger, durch einen engen Kanal, der als Karpaltunnel bezeichnet wird. Kommt es zu einem chronischen Druck auf den Nerven oder wird er eingeklemmt, zum Beispiel durch andauernde Fehlhaltungen, entstehen Schmerzen. Diese werden durch Bewegungen verstärkt. Der Neurochirurg wird zunächst die Ursache eines Karpaltunnelsyndroms feststellen.
- Schädel-Hirn-Trauma: Eine lebensbedrohliche Verletzung, die als Folge von Unfällen auftritt und ein sofortiges Eingreifen des Neurochirurgen erfordern. Zugrunde liegen Blutungen innerhalb des Schädels nach Einwirkung von außen, die sich auf das Gehirn auswirken. Der Facharzt für Neurochirurgie unterscheidet zwischen dem epiduralen und subduralen Hämatom sowie einer intracerebralen Blutung. Es besteht die Gefahr einer längeren Bewusstlosigkeit des Patienten bis hin zum Koma. Zur Diagnostik macht der Neurochirurg ein CT- oder eine MRT-Aufnahme des Kopfes.
- Hirntumore: Hierbei handelt es sich um einen meist gutartigen Tumor der Hirnhaut. Lange Zeit bleibt er unerkannt; Patienten berichten schließlich über dauerhafte Kopfschmerzen, Übelkeit oder Probleme beim Riechen oder Schmecken. Je nach Lokalisation können auch Wesensveränderungen auftreten.
- Hydrocephalus: Der Neurochirurg unterscheidet zwischen dem primären bzw. idiopathischen und dem sekundären (Normaldruck-)Hydrocephalus. Der primäre Hydrocephalus wird auch als “Altershirndruck” bezeichnet, der sekundäre Hydrocephalus ist Folge einer zugrunde liegenden, vorherigen Verletzung bzw. Erkrankung, wie zum Beispiel eine Blutung in den Subarachnoidalraum oder eine Hirnhautentzündung.
- Gefäßfehlbildungen: Zu den komplexesten neurochirurgischen Eingriffen gehört die Versorgung von Gefäßfehlbildungen wie Aneurysmen und Angiomen. Ziel ist es, beispielsweise die Gefäßaussackung aus dem Blutkreislauf herauszunehmen. Therapeutisch werden abhängig von Art und Lokalisation der Erkrankung nach interdisziplinärer Diskussion jedes Einzelfalles, Verfahren wie das Clipping (durch die Neurochirurgen) oder Coiling (durch den Neuroradiologen), teils in Kombination eingesetzt.
Die Weiterbildung zum Facharzt für Neurochirurgie
Im Anschluss an das Medizinstudium erfolgt eine 72 Monate dauernde Weiterbildung, in welcher der angehende Neurochirurg die Facharztkompetenz erlangt. 48 Monate ist der Arzt in der stationären Patientenversorgung, sechs Monate in der Intensivmedizin, tätig. Bis zu zwölf Monate dürfen im Fachbereich Chirurgie und/oder in Neurologie, Neuropathologie bzw. anrechenbar ist in der Regel der Zeitraum bis zu einem Jahr in anderen Fächern wie Neurologie, Chirurgie oder Anästhesie. Für die Anmeldung zur Facharztprüfung ist der Operationskatalog der Ärztekammer Westfalen-Lippe gültig, der zum Zeitpunkt des Beginns der Weiterbildung aktuell war. Die Weiterbildung Neurochirurgie wird strukturiert (siehe PDF-Datei Ausbildungsplan). Es finden jährliche Ausbildungsgespräche mit den Weiterbildungsassistenten statt.
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Die Weiterbildungszeit in der Neurochirurgie beträgt 72 Monate bei einem Weiterbildungsbefugten an einer Weiterbildungsstätte gemäß § 5 Abs. Die volle Weiterbildungsbefugnis (24 Monate) für die Zusatzweiterbildung operative Intensivmedizin ist seit 1. Januar 2014 auf Dr. Weuste, chirurgischer Koordinator der interdisziplinären Intensiv- und Intermediate-Care-Einheit, übergegangen.
Inhalte der Weiterbildung
Die Weiterbildung umfasst unter anderem folgende Inhalte:
- Erkennung, Erstversorgung und Management spontaner und traumatischer neurochirurgischer Notfälle.
- Punktions- und Katheterisierungstechniken.
- Neuromonitoring.
- Operative Therapie neurochirurgischer Infektionen.
- Neurochirurgisch-invasive Schmerztherapie.
- Verfahren der neurochirurgischen Schmerztherapie.
- Diagnostische Eingriffe.
- Bewertung von verbliebenen Fähigkeiten und Monitoring der Erholung sowie des Rehabilitationspotentials.
- Shunt-Techniken.
- Mitwirkung bei vaskulären Operationen.
Journal Club und Mikroskopische Übungen
Der Journal-Club der neurochirurgischen Klinik findet jährlich mehrmals statt, offen auch für Interessenten aus den Nachbardisziplinen, zum Beispiel Neurologie, Neuroradiologie, Anästhesie/Intensivmedizin. An drei bis vier ausgewählten aktuellen Arbeiten werden deren Inhalte beleuchtet und diskutiert und gleichzeitig in Vorbereitung auf die Facharztprüfung die Kritikfähigkeit der Weiterbildungsassistent*innen gegenüber der Fachliteratur geschult. Der Direktor der Klinik (Professor Dr. Knappe) bietet im Zusammenhang mit der Lehre der Ruhr-Universität Bochum am Medizin Campus OWL mikrochirurgische Übungen mit Gefäßnähten am Coronararterien-Modell an. Darüber hinaus werden anatomische Übungen und OP-Planungen mittels Virtual-Reality-Device implementiert.
Anforderungen an einen Neurochirurgen
Um ein guter Neurochirurg zu werden, sind ruhige Hände und geschickte Finger eine wichtige Voraussetzung. Aber auch eine realistische Selbsteinschätzung und überlegtes Handeln sind für Ärzte diesem Gebiet notwenig. Denn: Fehler, die bei Operationen am Nervensystem passieren, können in der Regel nicht korrigiert werden, mahnt der Neurochirurg Prof. Dr. Walter Stummer.
Berufliche Perspektiven und Gehalt
Neurochirurgen können sich in einer eigenen Facharztpraxis niederlassen oder in einer Klinik arbeiten. Von diesen arbeiteten 2.615 als Facharzt für Neurochirurgie, über zwei Drittel in Kliniken und Krankenhäusern. Das Gehalt eines Neurochirurgen mit eigener Praxis liegt im Durchschnitt bei 209.000 Euro. In einer Klinik als angestellter Facharzt für Neurochirurgie verdient der Neurochirurg zwischen 72.000 und 95.000 Euro pro Jahr.
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Zunächst startest du als Assistenzarzt/-ärztin mit einer monatlichen Bezahlung von etwa 4.840 € brutto. In dieser Zeit absolvierst du deine Ausbildung zum/r Facharzt/-Fachärztin. Nach fünf bis sechs Jahren der Weiterbildung kannst du dann in die Entgeltgruppe des Facharzt/-ärztin wechseln. Als Facharzt/-Ärztin steigst du mit etwa 6.390 € brutto pro Monat ein. In einem Krankenhaus bieten sich Karrieremöglichkeiten, die sich bezahlt machen. Auf der Stelle eines Ober- oder Chefarztes oder einer Ober- oder Chefärztin kannst du im Monat zwischen 10.000 € und 16.600 € brutto verdienen.
Die Rolle des Physician Assistant (PA) in der Neurochirurgie
„Die Ärztinnen und Ärzte sind mit den vielen anfallenden Aufgaben oft überlastet“, erklärt die PA. „Vor allem in der Neurochirurgie sind sie viel im OP und haben entsprechend weniger Zeit für die Arbeit auf Station. Hier komme ich ins Spiel, um sie zu entlasten.“ Larisa Leonova übernimmt delegierbare Aufgaben der Ärzteschaft, etwa Dokumentationen, die stationäre Aufnahme von Patientinnen und Patienten einschließlich körperlicher Untersuchung, Anamnese sowie Blutabnahmen. Auch eingenommene Medikamente pflegt die PA ins Klinische Arbeitsplatzsystem ein. „Ich habe viel Patientenkontakt, das gefällt mir sehr“, sagt die junge Frau lächelnd.
Der Tag von Larisa Leonova beginnt stets um 7.00 Uhr morgens auf der neurochirurgischen Station 22. Dort begleitet sie die Ärztinnen und Ärzte bei der Visite, notiert anstehende Untersuchungen und geplante Entlassungen. Gegen 7.45 Uhr beginnt die Morgenbesprechung, bei der der Arzt bzw. die Ärztin aus dem Nachtdienst die Patientinnen und Patienten vorstellt, die zuletzt als Notfälle aufgenommen wurden. Anschließend nimmt die PA Blut ab und erledigt die stationären Aufnahmen. Von 12.30 bis ca. 13.15 Uhr findet die Mittagsbesprechung statt, bei der die Physician Assistant die Patientinnen und Patienten ihrer Station vorstellt, die am nächsten Tag operiert werden. Bis etwa 15.00 Uhr erledigt die PA dann noch Stationstätigkeiten wie die Organisation von Reha-Maßnahmen oder die Abfrage von Laborergebnissen, danach ist Feierabend.
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