Der grüne Star, auch Glaukom genannt, ist eine Augenerkrankung, deren Häufigkeit im höheren Alter auf über 5% ansteigt. In der westlichen Welt stellt das Glaukom die häufigste Ursache für Erblindung dar. Unbehandelt führt diese Krankheit zur vollständigen Erblindung.
Was ist ein Glaukom?
Das Glaukom ist eine Augenkrankheit, bei der der Sehnerv nach und nach abstirbt. Oft bemerkt man das über längere Zeit nicht. Irgendwann nimmt man Lücken im Sehbereich wahr. Diese Lücken werden im Lauf der Zeit immer größer. Am Ende kann man blind werden.
Die bekannteste Form ist das Weitwinkelglaukom, bei dem der Winkel zwischen Iris und Hornhaut, durch den das Kammerwasser abfließt, offen bleibt. Trotzdem fließt das Kammerwasser nicht ausreichend durch den Schlemmkanal ab, dessen Ursachen bis heute unbekannt sind. Durch den Flüssigkeitsstau im Auge entsteht ein Druck (intraokulärer Druck), der normalerweise zwischen 12 und 21 mmHg liegt. Bei einem Stau des Kammerwassers liegen die Werte darüber. Betroffene entwickeln zuerst einen Tunnelblick, bis das gesamte Sehvermögen verloren geht. Tückisch ist, dass bei manchen Erscheinungsformen des grünen Stars der Augeninnendruck zeitweilig normal bleibt.
Diagnosemethoden
Zur Früherkennung und Diagnose des Glaukoms stehen verschiedene moderne Untersuchungsmethoden zur Verfügung. Die Wahl der Methode hängt von der individuellen Situation des Patienten und dem Verdachtsmoment ab.
Augeninnendruckmessung (Tonometrie)
Der Augeninnendruck bezeichnet den Druck im Augapfel, der die runde Form des Auges stabilisiert. Diese Form ist wichtig für die optimale Abbildung von Lichtstrahlen auf der Netzhaut. Ein erhöhter Augeninnendruck kann den Sehnerv schädigen, da das Blut gegen den Druck in das Auge fließen muss. Die Messung des Augeninnendrucks dient der Früherkennung und Verlaufskontrolle bei Glaukom.
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Es gibt verschiedene Methoden zur Bestimmung des Augeninnendrucks. Häufig wird das Applanationstonometer verwendet, bei dem nach schmerzfreier Berührung der Augenoberfläche der gemessene Druck abgelesen wird. Normale Werte liegen zwischen 10 und 18 mmHg. Die Dicke der Hornhaut spielt bei der Bestimmung des Augeninnendrucks eine wichtige Rolle, da eine dickere Hornhaut den Druck zu hoch und eine dünnere Hornhaut zu niedrig messen kann.
Hornhautdickebestimmung (Pachymetrie)
Die Messung der Hornhautdicke beeinflusst die Genauigkeit der Augeninnendruckmessung. Bei einer dickeren Hornhaut wird der Augeninnendruck zu hoch, bei einer dünneren zu niedrig gemessen. Die Kenntnis der Hornhautdicke ist daher wichtig, um den gemessenen Augeninnendruck individuell zu beurteilen. Diese Untersuchung wird im Rahmen der Glaukom-Vorsorge oder bei Diagnose eines Glaukoms durchgeführt.
Gesichtsfeldbestimmung (Perimetrie)
Die Perimetrie vermisst systematisch das Gesichtsfeld, das sich normalerweise horizontal auf 170° und vertikal auf ca. 110° ausdehnt. Durch die Präsentation von optischen Reizen an verschiedenen Orten im Raum ergibt sich das individuelle Gesichtsfeld. Dabei können durch Glaukom oder andere Erkrankungen verursachte Gesichtsfeldausfälle (Skotome) festgestellt werden. Eine einfachere Methode ist die Frequenz-Verdopplungs-Perimetrie, bei der mit präziser Lichttechnik die für Glaukom-Schäden empfindlichen Nervenzellen direkt gemessen werden.
Untersuchung des Sehnervenkopfes und der Makula mit Schichtdarstellung (OCT)
Bei der optischen Kohärenztomografie (OCT) wird die Netzhaut und/oder der Sehnervenkopf mit einem schwachen Laserstrahl beleuchtet. Die Reflektionen aus der Netzhaut ermöglichen eine detaillierte Beurteilung der hochaufgelösten Netzhautstruktur. Da hierbei infrarotes Licht verwendet wird, blendet es nicht. Mit dieser Technik kann sowohl die Struktur des Sehnervenkopfes als auch die Makula detailliert untersucht werden. Beim Glaukom wird besonders auf die Dicke der Nervenfaserschicht um den Sehnervenkopf und in der gesamten Makula geachtet. Diese Technik erlaubt präzise, zeitliche Abstandsmessungen und den Nachweis von Veränderungen an den gleichen Netzhautstellen, da das Programm auch geringe Änderungen darstellen kann.
3D-Sehnervenvermessung (HRT)
Der Heidelberg Retina Tomograph (HRT) erstellt eine 3D-Sehnervenvermessung, mit der die Erkrankung am Grünen Star oft vor einer bleibenden Sehschädigung festgestellt wird. Eine frühzeitige Therapie kann in diesen Fällen vor schlimmeren Auswirkungen auf die Sehkraft bewahren. Durch den Abgleich mit gesunden Augen zeigt der mikrometergenaue Laserscan vom Sehnervenkopf krankhafte Abweichungen des individuellen Untersuchungsergebnisses mit großer Sicherheit auf. Die gespeicherten persönlichen Ergebnisse ermöglichen die genaue Verlaufskontrolle bei der Behandlung des Grünen Stars. Die HRT-Vermessung kann vor irreversiblen Schäden durch Grünen Star schützen und ist besonders für Menschen mit bekanntem Grünen Star oder daran erkrankten Familienmitgliedern zu empfehlen.
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Nerve Fiber Analyzer (GDx)
Der Nerve Fiber Analyzer (Synonyme: GDx, GDX Analyse, GDX Nerve Fiber Analyzer, GDX Optic Nerve Fiber Analysis, Retinal nerve fiber analysis, GDx®) stellt ein Verfahren der bildgebenden Diagnostik in der Augenheilkunde dar und dient der Untersuchung der Nervenfaserdicke an der Retina (Netzhaut).
Das GDx liefert objektive Messungen der RNFL mit hoher Reproduzierbarkeit, so dass strukturelle Veränderungen bereits im Frühstadium erkannt werden können. Anschließend vergleicht es diese Messungen mit einer nach Altersgruppen organisierten, multiethnischen, normativen Datenbank und erzeugt so eine aussagekräftige visuelle Darstellung. Mit Hilfe neuronaler Netzverfahren berechnet das System einen speziellen Nervenfaserindex (NFI), um die Wahrscheinlichkeit eines Glaukoms zu bestimmen.
Wie wird GDx interpretiert?
Die beiden oberen Bilder (rechtes/linkes Auge) zeigen im Mittelpunkt den Sehnervenkopf (die Fundusabbildung), dieser sollte genau zentriert sein. Die Messungen werden im Berechnungskreis (doppelte Linie) vorgenommen.
Mittig beider Augen: Grüne Buchstaben auf weißem Hintergrund zeigen Ergebnisse im Normalbereich an. Außerhalb des Normalbereichs liegende Werte werden dunkelblau, hellblau, gelb und rot angezeigt.
Darunter befindet sich der NFI (Nervenfaserindikator). Steigende Werte weisen auf eine erhöhte Glaukomwahrscheinlichkeit hin:
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- 0 - 30 niedrige Wahrscheinlichkeit
- 31 - 50 Verdacht
- 51 - 100 hohe Wahrscheinlichkeit
Darunter befindet sich, jeweils wieder für rechts und links, die farbige Karte der Messungen der Nervenfaserschichtdicke. Warme Farbtöne - gelb, rot - Ergebnisse mit höheren Werten, kalte Farben - grün bis dunkelblau - niedrige Werte. Eine sanduhrförmige Rotfärbung um den Sehnerv ist typisch für ein normales Auge. Bei fortgeschrittenen Veränderungen ist die Karte fast ausschließlich in kalten Blautönen gehalten, was im Allgemeinen einer Gesichtsfeldeinschränkung in ähnlicher Großenordnung entspricht.
Die dritten Bilder stellen abweichende Werte dar. Die Farbkodierung zeigt die Größe der Abweichung an, verdeutlicht bei der Verlaufskontrolle z. B. die Schwere der Nervenfaserschädigung. Rote Kästchen kein für uns positiver Befund.
TSNIT-Diagramm unten: Diese Werte stammen aus dem Berechnungskreis in der oberen Abbildung. Im mittleren Teil sind die Werte beider Augen überlagert.
Glaukom-Früherkennung: Sinnvoll oder nicht?
Augenärzte bieten vor allem eine Kombination aus zwei Untersuchungen zur Früherkennung an: die Augenspiegelung und die Messung des Augeninnendrucks.
Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft und der Berufsverband der Augenärzte empfehlen in der Broschüre für Patientinnen und Patienten „Informationen für Sie - Glaukom“ (Mai 2011) zur Früherkennung die Augeninnendruckmessung und die Augenspiegelung („Sehnervcheck“). Zum Abklären eines Glaukom-Verdachts können zusätzlich die Gesichtsfelduntersuchung eingesetzt werden sowie weitere Verfahren zur Verlaufskontrolle bei bestehendem Glaukom.
Nutzen der Früherkennung
Die IGeL „Augenspiegelung mit Messung des Augeninnendrucks zur Glaukom-Früherkennung“ wäre nützlich, wenn Menschen dank der Untersuchungen und der frühzeitig eingeleiteten Behandlung am Ende besser sehen würden als Menschen, die nicht untersucht und die entsprechend erst nach dem Auftreten erster Sehprobleme behandelt werden.
Schaden der Früherkennung
Die IGeL „Augenspiegelung mit Messung des Augeninnendrucks zur Glaukom-Früherkennung“ wäre schädlich, wenn die Untersuchung direkt oder indirekt zu Gesundheitsschäden führen oder die Lebensqualität der Menschen beeinträchtigen würde.
Die Messung des Augeninnendrucks bei direktem Kontakt mit dem Auge kann unangenehm sein, zu Reizungen und Hornhautabschürfungen führen. Muss für die Augenspiegelung die Pupille erweitert werden, ist das Sehen für eine Weile beeinträchtigt.
Auch indirekte Schäden können bei der Früherkennung entstehen, wie man aus Studien zu anderen Früherkennungsmaßnahmen weiß. Es ist plausibel anzunehmen, dass sich diese Ergebnisse auf die Glaukom-Früherkennung übertragen lassen.
Bewertung der Früherkennung
Insgesamt sehen wir deshalb Hinweise auf einen Schaden der Kombinationsuntersuchung zur Früherkennung eines Glaukoms.
Wir bewerten die „Augenspiegelung mit Messung des Augeninnendrucks zur Glaukom-Früherkennung“ mit „tendenziell negativ“. Es wurden keine Studien zu Nutzen und Schaden der IGeL gefunden. Auch Studien zur Therapievorverlagerung überzeugen nicht. Wir sehen deshalb keine Hinweise auf einen Nutzen.
Wer sollte sich untersuchen lassen?
Grundsätzlich kann jeder am grünen Star erkranken. Zu den besonderen Risikofaktoren zählen:
- zunehmendes Alter (ab 40 Jahre)
- Vererbung
- Kurzsichtigkeit oder Vorerkrankungen wie Diabetes
Behandlungsmöglichkeiten
Das Glaukom ist bis heute leider nicht heilbar. Es gibt aber einige Maßnahmen, die zu einer deutlichen Verbesserung führen bzw.
Medikamentöse Therapie
Zu Beginn der Behandlung werden heute meistens gut verträgliche und wirksame Medikamente gegeben. Hierzu gehören Betablocker oder Prostaglandinderivate.
Operative Eingriffe
Die Operation steht meist am Ende der Behandlungskaskade bei Glaukompatienten. Sie kommt erst dann zum Einsatz, wenn die Tropfentherapie versagt oder nicht vertragen wird. Es gibt verschiedene Verfahren der Operation. Der erste Schritt ist die Anwendung von Laserstrahlen, wodurch die Produktion des Kammerwassers vermindert wird. (Sog. Zyklophotokoagulation). Darüber hinaus kann der Augendruck gesenkt werden durch filtrierende Eingriffe, bei denen das im Auge befindliche Kammerwasser unter die Bindehaut des Auges geleitet wird. Im Einzelfall muß eine sehr genaue Analyse der Situation gemacht werden, wobei die Risiken von Behandlung und Nichtbehandlung abzuwägen sind. Für besondere Glaukomformen gibt es verschiedene andere Behandlungsoptionen.
Kostenübernahme
Die hier vorgestellten Untersuchungsmöglichkeiten gehören zu den aussagekräftigsten der modernen Augenheilkunde. Sie ermöglichen eine frühzeitige und optimal auf Patienten und Patientinnen abgestimmte Therapie. Für Menschen mit bekannten Risiken oder ab einem bestimmten Alter sind sie sehr zu empfehlen, auch wenn die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten häufig nicht übernehmen.
Alle Untersuchungen zur Früherkennung eines Glaukoms müssen als IGeL selbst bezahlt werden. Wenn es jedoch darum geht, einen Verdacht auf ein Glaukom abzuklären, können Augenspiegelung und Augeninnendruckmessung neben der Gesichtsfeldmessung auch von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden. Die Kombinationsuntersuchung kostet mit Beratung in der Regel zwischen 20 und 40 Euro.
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