Epilepsie, auch Fallsucht genannt, präsentiert sich in vielfältigen Formen, von kaum merklichen Vorboten bis zu bedrohlichen Grand-Mal-Anfällen.
Was ist Epilepsie?
Von Epilepsie spricht man, wenn mindestens zwei epileptische Anfälle ohne erkennbare Auslöser aufgetreten sind oder ein Anfall vorliegt, der auf eine Neigung zu weiteren Anfällen hinweist. Bei Epilepsie sind Nervenzellen im Gehirn dauerhaft oder unter bestimmten Reizen in einem Zustand, der plötzliche Funktionsstörungen, sogenannte epileptische Anfälle, auslösen kann. Diese Anfälle entstehen durch plötzliche, synchrone Entladungen von Nervenzellen, ähnlich Blitzen bei einem Gewitter, entweder in einem begrenzten Bereich der Hirnrinde oder in beiden Hirnhälften. Dies führt entweder zu sich wiederholenden Verhaltensänderungen oder zu Beeinträchtigungen des Befindens und des Bewusstseins. Ein einzelner Anfall bedeutet noch keine Epilepsie; er kann bei starker Reizung des Gehirns, etwa durch Schlafentzug, Sauerstoffmangel, Fieber oder Alkoholentzug, auftreten. In diesem Fall spricht man von einem Gelegenheitsanfall, wobei Fieberkrämpfe die häufigsten Gelegenheitsanfälle im Kleinkindalter sind.
Ursachen von Epilepsie
Die Ursachen für Epilepsie sind vielfältig und reichen von angeborenen, erblich bedingten Hirnschädigungen oder Syndromen über Störungen des Gehirnstoffwechsels bis hin zu Hirnmissbildungen, Hirntumoren, Entzündungen des Gehirns, Schädigungen der hirnversorgenden Gefäße (Gefäßfehlbildungen, Engstellungen der Gefäße), Schlaganfällen und Kopfverletzungen.
Beschwerden bei Epilepsie
Die häufigsten Beschwerden bei Epilepsie sind epileptische Anfälle, die manchmal mit Bewusstseinsverlust einhergehen. Weitere Beschwerden sind Störungen des Befindens, der Merkfähigkeit und der Konzentration. Das Spektrum der Anfallserscheinungen reicht von einer Aura bis hin zu einem Grand-Mal-Anfall mit Zuckungen des gesamten Körpers und komplettem Bewusstseinsverlust. Epileptische Anfälle dauern in der Regel 1,5 bis 2 Minuten, können aber auch wenige Sekunden bis mehrere Minuten andauern. Nach dem Anfall besteht oft ein Schlafbedürfnis und Verwirrtheit, die wenige Minuten bis 24 Stunden andauern kann. Dieser postiktale Zustand kann auch depressive oder aggressive Stimmungen, Sprachstörungen oder Lähmungserscheinungen umfassen.
Die Aura als Vorbote
Viele Patienten berichten über eine Aura, ein Anfallsvorgefühl, das bereits Teil des epileptischen Anfalls ist. Diese Aura kann sich als aufsteigendes Unwohlsein, Sprachstörung, Schwindel oder Gedächtnisstörung äußern. Manchmal ist die Aura das einzige spürbare Zeichen eines epileptischen Anfalls. Einige Betroffene empfinden die Aura als ein „wunderschönes Gefühl“, das jedoch unterbrochen werden muss, um den Anfall zu verhindern.
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Persönliche Erfahrungen mit Auren
Einige Betroffene beschreiben, wie sie während der Aura das Gefühl haben, in Zeitlupe zu erleben, wie sich Kopf und Augen zur Seite drehen und sie ins Licht starren. Andere berichten von einem Kribbeln im Kopf und Unwohlsein. Trotz der oft unangenehmen Empfindungen kann die Aura auch als Vorteil gesehen werden, da sie die Möglichkeit bietet, sich in Sicherheit zu bringen.
Fokale Anfälle
Fokale Anfälle sind äußerlich oft kaum erkennbar. Betroffene zeigen beispielsweise eine seltsame Armhaltung, verbunden mit starrem Blick, Verharren, Nicht-Ansprechbarkeit und Kauen oder Schmatzen. Diese Anfälle beruhen auf einer Funktionsstörung eines begrenzten Gewebebereichs des Gehirns, dem "Epilepsieherd".
Generalisierte Anfälle und Grand-Mal-Anfälle
Der generalisierte Anfall, insbesondere der Grand-Mal-Anfall, wirkt auf Außenstehende oft lebensbedrohlich. Der Atem kann stocken, die Augen blicken starr, der Körper kann rhythmisch zucken oder ganz verkrampft sein. Es kann zu Urinabgang oder Zungenbiss kommen. Trotz des Kontrollverlusts schämen sich viele Patienten.
Status epilepticus
Ein Status epilepticus ist ein lang andauernder Anfallszustand, bei dem mehrere Anfälle aufeinander folgen, ohne dass sich der Patient dazwischen erholen kann, oder ein einzelner Anfall länger als 20 Minuten dauert. Diese Form des Anfallsverlaufs birgt die Gefahr einer irreparablen Schädigung des Gehirns.
Myoklonien und Myoklonische Anfälle
Kurze, einzelne, unwillkürliche Zuckungen einzelner Muskelgruppen oder einer Vielzahl von Muskeln sind oft Phänomene bei genetisch bedingten Epilepsien oder Epilepsiesyndromen und entstehen durch epileptische Reizung der Großhirnrinde.
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Absencen
Sekunden bis Minuten dauernde Zustände mit Bewusstseinstrübung und meist starrem Blick werden als Absencen bezeichnet und treten im Zusammenhang mit generalisierten Epilepsien auf.
Strategien zur Unterdrückung von Anfällen
Einige Betroffene berichten, dass sie in der Lage sind, Anfälle zu unterdrücken, wenn sie die Aura rechtzeitig erkennen. Dies erfordert ein hohes Maß an Selbstwahrnehmung und die Fähigkeit, das „wunderschöne Gefühl“ der Aura zu zerstören.
Verhaltensänderungen
Eine Strategie besteht darin, das Verhalten bewusst zu ändern. Wenn beispielsweise der Kühlschrank nicht mehr gefunden wird, sollte die Suche abgebrochen und etwas völlig anderes unternommen werden. Auch das Verlassen einer Gesprächssituation, wenn die Antwort auf eine Frage nicht präsent ist, kann helfen.
Körperliche Techniken
Einige Betroffene berichten von der Anwendung körperlicher Techniken, um den Anfall zu unterbrechen. Dazu gehört das Ballen der Hand zur Faust, das Anspannen der Armmuskulatur oder das Fixieren eines außer Kontrolle geratenen Arms. Diese Techniken zielen darauf ab, die Ausbreitung der Anfallsaktivität im Gehirn zu verhindern.
Ablenkung
Eine weitere Strategie ist die Ablenkung. Das Erzählen einer Geschichte oder ein Gespräch über ein harmloses Thema kann helfen, die Anfallsaktivität zu unterdrücken.
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Die Bedeutung der Selbsthilfe
Der Austausch mit anderen Betroffenen in Selbsthilfegruppen kann wertvolle Unterstützung und neue Strategien zur Anfallsunterdrückung bieten.
Medikamentöse Behandlung
Antiepileptika wirken als Anfallsblocker, indem sie die Krampfschwelle des Gehirns erhöhen. Es ist wichtig, Medikamente nur in Absprache mit dem behandelnden Neurologen um- oder abzusetzen.
Notfallmedikamente
In bestimmten Situationen können Notfallmedikamente wie Benzodiazepine eingesetzt werden, um einen länger dauernden Anfall oder eine Anfallsserie zu unterbrechen.
Weitere Behandlungsmöglichkeiten
Neben der medikamentösen Behandlung gibt es weitere Therapieansätze wie die Neurostimulation (Vagusnervstimulation, tiefe Hirnstimulation, transkutane Vagusnervstimulation) und die Epilepsiechirurgie.
Auswirkungen auf den Alltag
Die Diagnose Epilepsie kann weitreichende Folgen für das alltägliche Leben haben. Berufswahl, Mobilität und Kinderwunsch können eingeschränkt sein. Begleiterkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Gedächtnisstörungen sind häufig.
Untersuchungen bei Epilepsie
Die Diagnose von Epilepsie umfasst die Befragung des Patienten und der Augenzeugen des Anfallsereignisses, neurologische Untersuchungen und technische Untersuchungen wie hochauflösende Magnetresonanztomografie des Gehirns und EEG-Diagnostik.
Was tun, wenn ein Anfall beobachtet wird?
Als Außenstehender ist es wichtig, Ruhe zu bewahren und den Patienten zu sichern. Spitze Gegenstände sollten außer Reichweite gebracht und der Notarzt gerufen werden, wenn der Anfall länger dauert.
Leben mit Epilepsie
Trotz der Herausforderungen, die Epilepsie mit sich bringt, ist ein selbstbestimmtes, weitgehend „normales“ Leben möglich. Wichtig sind eine gute Aufklärung, die Einhaltung eines regelmäßigen Tagesablaufs und die Vermeidung von Anfallsauslösern.
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