Ein Krampfanfall kann für Betroffene und Angehörige beängstigend sein. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über Krampfanfälle, ihre Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten.
Was ist ein Krampfanfall?
Bei einem Krampfanfall verlieren Betroffene kurzzeitig die Kontrolle über ihren Körper. In vielen Fällen sinken sie plötzlich zu Boden und fangen an zu zucken und zu krampfen. Ein Krampfanfall ist ein plötzlich eintretendes Erlebnis, bei dem der Betroffene Verkrampfungen, Zuckungen und Bewusstseinsausfälle erleidet. Häufig ist ein Krampfanfall ein Synonym für einen epileptischen Anfall, auch wenn es nicht zwingend zu einer Verkrampfung kommt. Es kann nämlich auch nur zu Bewusstseins- und Wahrnehmungsstörungen kommen. Ein Krampfanfall wird durch die Funktionsstörung von Neuronen, beziehungsweise Nervenzellen, in der Hirnrinde ausgelöst. Nervenzellen erzeugen jede Sekunde millionenfach Signale im Gehirn und leiten diese geordnet weiter. Diese Ordnung geht bei einem Krampfanfall verloren und eine bestimmte Gruppe von Nervenzellen entladen sich gleichzeitig, indem sie ihre Signale unkoordiniert weitergeben.
Fokale vs. Generalisierte Krampfanfälle
Ein fokaler Krampfanfall betrifft nur einen bestimmten Teil des Gehirns, daher sind die Symptome aufgrund der verschiedenen betroffenen Areale oft sehr unterschiedlich. So kann es beispielsweise zu Bewegungsstörungen im linken Bein kommen, wenn der Krampfanfall durch genau diese Hirnregion ausgelöst wird. Neben Bewegungsstörungen, Krämpfen und Zucken kann der Betroffene auch Empfindungs- und Bewusstseinsstörungen erleben. Im Gegensatz zu dem fokalen Krampfanfall, ist bei einem generalisierten Krampfanfall das gesamte Gehirn betroffen. Einen generalisierten Krampfanfall teilt man in fünf Untergruppen ein. Zu diesen gehören Absence, klonischer Krampfanfall, tonischer Krampfanfall, atonischer Krampfanfall und der tonisch-klonische Krampfanfall. Ein Krampfanfall kann auch fokal beginnen und steigert sich dann zu einem generalisierten Anfall. Bei generalisierten Anfällen gibt es eine Bandbreite an Symptomen.
Phasen eines Krampfanfalls
Der Ablauf eines Grand-Mal Anfalls verläuft in mehreren Phasen ab. In manchen Fällen bemerken Patienten schon vor dem Anfall, dass etwas nicht stimmt. Den Zeitraum bevor ein epileptischer Anfall beginnt, bezeichnet man als präiktale Phase oder Prodromalphase. Diese Phase dauert wenige Minuten bis mehrere Tage und Betroffene verhalten sich eventuell anders oder fühlen sich merkwürdig. Das sogenannte Warnsignal des Körpers bezeichnet man als Prodrom und es wird auch oft mit der Aura in Verbindung gebracht. Der Zeitraum während eines Anfalls nennt sich iktale Phase. Hier herrscht ein Gewitter im Kopf und es kommt zu physikalischen Veränderungen. Diese können mit medizinischen Geräten, wie EEG und EKG gemessen werden. Eine postiktale Phase bezeichnet das Ende vom Anfall und den Übergang in den körperlichen Normalzustand. Sie wird gekennzeichnet durch die Erholungsphase des Gehirns und kann wenige Sekunden bis Stunden andauern. Die interiktale Phase beschreibt die Zeit zwischen zwei Krampfanfällen. Vor allem in diesem Zeitraum haben Betroffene mit psychischen Störungen zu kämpfen, die sich in Ängstlichkeit und Depressionen ausdrücken. Diese Beschwerden dauern wenige Stunden bis mehrere Tage an und verschwinden dann meist spontan.
Ursachen von Krampfanfällen
Die häufigste Ursache für Krampfanfälle ist eine Epilepsie. Hier sind die Neuronen der Betroffenen anfälliger für eine solche Kettenreaktion im Gehirn. Tritt ein Krampfanfall nur einmalig auf, muss es sich nicht um eine Epilepsie handeln.
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Epileptische Krampfanfälle
Bei den Betroffenen sind die Nervenzellen (Neuronen) im Gehirn anfälliger für spontane und unkoordinierte Entladungen. Solche Entladungen - und damit die epileptischen Krampfanfälle - treten oft ohne jeden erkennbaren Grund auf. Dann spricht man von idiopathischer Epilepsie. Davon zu unterscheiden ist die symptomatische Epilepsie, bei der die epileptischen Anfälle bekannte Auslöser haben. Zu diesen zählen:
- Hirnverletzungen: Infolge solcher Verletzungen bildet sich in solchen Fällen Narbengewebe im Gehirn, von dem wiederum vermehrt Krampfanfälle ausgehen.
- Durchblutungsstörungen: Eine gestörte Hirndurchblutung (wie etwa bei einem Schlaganfall) zieht gelegentlich epileptische Anfälle nach sich.
- Tumoren oder Entzündungen: Manchmal sind epileptische Krampfanfälle das Symptom eines Hirntumors oder einer Gehirn- oder Hirnhaut-Entzündung (Enzephalitis, Meningitis).
- Erhöhter Hirndruck: Ein gesteigerter Druck im Gehirn (z. B. infolge einer Verletzung) begünstigt unter Umständen Krampfanfälle.
- Stoffwechselstörungen: Manchmal lässt sich eine Unterzuckerung (Hypoglykämie) als Krampfauslöser identifizieren.
- Sauerstoffmangel: Bei einem länger andauernden Sauerstoffmangel (Hypoxie) ist der Körper ab einem bestimmten Punkt unterversorgt, was im Gehirn manchmal einen Krampfanfall auslöst.
- Optische Reize: Bei einigen Menschen löst zum Beispiel Stroboskop-Licht in Diskotheken oder flackerndes Licht in Videospielen einen Krampfanfall aus.
- Vergiftungen: Manchmal provozieren Medikamente wie trizyklische Antidepressiva einen Krampfanfall.
- Drogen und Alkohol: Wenn etwa ein Alkoholiker einen Entzug macht, kommt es gelegentlich zu Krampfanfällen.
Nicht-epileptische Krampfanfälle
Manche Menschen erleiden einen Krampfanfall, aber es liegt keine Epilepsie vor. Solche nicht-epileptischen Anfälle beruhen also nicht auf einer erhöhten Krampfanfälligkeit der Neuronen - vielmehr entstehen sie durch eine umkehrbare Störung im Gehirn oder einen anderen Zustand, der das Gehirn reizt, wie zum Beispiel:
- Kopfverletzung
- Schlaganfall
- Infektion
- Medikamente
- Drogen
- Fieber (Fieberkrampf) bei Kindern
Bestimmte psychische Erkrankungen können Symptome verursachen, die einem Krampfanfall ähneln, sogenannte psychogene nicht epileptische Krampfanfälle oder Pseudoepilepsie.
Auslöser von Krampfanfällen
Personen mit einer Anfallkrankheit erleiden häufiger einen Krampfanfall, wenn Folgendes eintritt:
- Sie stehen unter übermäßigem körperlichem oder emotionalem Stress.
- Sie sind betrunken oder haben Schlafmangel.
- Sie haben plötzlich damit aufgehört, zu trinken oder Beruhigungsmittel einzusetzen.
- Fehlende Medikamente: Der häufigste Grund für einen Anfall ist das Vergessen der Einnahme der Antiepileptika oder das absichtliche Unterlassen der Einnahme. Selbst wenn Sie es nur einmal vergessen, kann dies einen Anfall auslösen.
- Dehydrierung: Achten Sie darauf, dass Sie immer ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen. Dies ist besonders wichtig, wenn Sie Sport treiben.
- Unregelmäßige Mahlzeiten: Regelmäßige Mahlzeiten können dazu beitragen, dass Ihre Anfälle unter Kontrolle bleiben.
Selten werden Krampfanfälle durch wiederholte Geräusche, blitzende Lichter, Videospiele und sogar Berührungen an bestimmten Körperstellen ausgelöst. In diesen Fällen wird die Störung Reflex-Epilepsie genannt. Nur etwa 3 % der Menschen mit Epilepsie sind lichtempfindlich. Führen Sie einige Wochen lang neben Ihrem Anfalls-Tagebuch auch ein Ernährungstagebuch.
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Symptome von Krampfanfällen
Die Symptome der Krampfanfälle hängen davon ab, welcher Teil des Gehirns von der ungewöhnlichen elektrischen Entladung betroffen ist.
Aura
Bei vielen Personen gehen einem Krampfanfall ungewöhnliche Empfindungen voraus. Eine Aura (ungewöhnliche Empfindungen) beschreibt, wie sich eine Person fühlt, bevor ein Krampfanfall einsetzt. Normalerweise ist sie Teil eines beginnenden fokalen Anfalls ohne Bewusstseinsstörung. Eine Aura kann Folgendes umfassen:
- Ungewöhnliche Geruchs- oder Geschmacksempfindungen
- Bauchkribbeln
- Ein Gefühl, als ob ein neues Erlebnis schon einmal stattgefunden hätte (sogenanntes Déjà-vu) oder das Gegenteil - etwas Bekanntes wirkt seltsam unvertraut (Jamais-vu-Erlebnis)
- Ein eindringliches Gefühl, dass ein Anfall kurz bevorsteht
Weitere Symptome
Fast alle Anfälle sind relativ kurz und dauern einige Sekunden bis einige Minuten. Die meisten Anfälle dauern ein bis zwei Minuten. Gelegentlich treten Krampfanfälle wiederholt immer wieder auf, wie bei Status epilepticus. Die meisten Personen mit Krampfanfällen wirken zwischen den Anfällen normal und verhalten sich normal.
Weitere mögliche Symptome umfassen Taubheit oder Kribbeln in einem bestimmten Teil des Körpers, kurze Episoden von Teilnahmslosigkeit, Verlust des Bewusstseins und Verwirrtheit. Die Betroffenen können erbrechen, wenn sie das Bewusstsein verlieren. Sie können die Kontrolle über Muskeln, Blase oder den Darm verlieren. Manche Betroffenen beißen sich auf die Zunge.
Symptome nach Anfallsart
Die Symptome unterscheiden sich auch abhängig von folgenden Eigenschaften der Krampfanfälle:
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- Anfälle mit fokalem Beginn (der Krampfanfall beginnt auf einer Seite des Gehirns)
- Anfälle mit generalisiertem Beginn (der Krampfanfall beginnt auf beiden Seiten des Gehirns)
Es gibt verschiedene Arten von fokalen und generalisierten Krampfanfällen. Die meisten Betroffenen haben nur eine Form dieser Anfälle. Andere wiederum haben zwei oder mehr Formen.
Fokale Anfälle
Bei Anfällen mit fokalem Beginn ist zunächst nur eine Seite des Gehirns betroffen.
Anfälle mit fokalem Beginn umfassen Folgendes:
- Automatismen (koordinierte, ziellose, repetitive motorische Aktivität)
- Atonische Anfälle (mit Verlust des Muskeltonus)
- Klonische Anfälle (mit rhythmischen Muskelzuckungen)
- Epileptische Spasmen (mit Beugen und Strecken der Arme und Vorbeugen des Oberkörpers) bei Kindern
- Hyperkinetische Anfälle (mit Bewegungen wie beim Fahrradfahren oder zappelnden Beinen)
- Myoklonische Anfälle (mit plötzlichen, blitzartigen Muskelzuckungen)
- Tonisch (mit Versteifung der Muskeln einer Gliedmaße oder einer Körperseite)
Anfälle mit fokalem Beginn werden danach klassifiziert, ob der Betroffene während des Anfalls bei Bewusstsein ist:
- Das Bewusstsein wird aufrechterhalten (sogenannte fokale Anfälle ohne Bewusstseinsstörung).
- Das Bewusstsein ist beeinträchtigt (sogenannte fokale Anfälle mit Bewusstseinsstörung).
Bei fokalen Anfällen ohne Bewusstseinsstörung beginnen die ungewöhnlichen elektrischen Entladungen in einem kleinen Bereich des Gehirns und bleiben auf diesen Bereich beschränkt. Da nur ein kleiner Bereich des Gehirns betroffen ist, stehen die Symptome mit der Funktion im Zusammenhang, für die dieser Bereich zuständig ist. Ist beispielsweise der kleine Gehirnbereich betroffen, der die Bewegungen des rechten Arms steuert (im Frontallappen), könnte der rechte Arm unwillkürlich gehoben werden und zucken, während der Kopf in Richtung des angehobenen Arms gedreht wird. Die Betroffenen sind bei Bewusstsein und sich ihrer Umgebung vollkommen bewusst. Ein fokaler Anfall ohne Bewusstseinsstörung kann jedoch zu einem Anfall mit Bewusstseinsstörung fortschreiten.
Bei einem fokalen Anfall mit Bewusstseinsstörung beginnen die ungewöhnlichen elektrischen Entladungen in einem kleinen Bereich des Temporallappens oder des Frontallappens und breiten sich schnell auf umliegende Bereiche aus. Die Anfälle beginnen gewöhnlich mit einer Aura, die ein bis zwei Minuten dauert. Während der Aura beginnt der Betroffene, den Bezug zu seiner Umwelt verlieren. Während des fokalen Anfalls mit Bewusstseinsstörung ist das Bewusstsein zwar beeinträchtigt, die Betroffenen werden jedoch nicht bewusstlos. Die Betroffenen können Folgendes tun:
- Starren
- Kauen oder unwillkürlich schmatzen
- Die Hände, Arme und Beine auf merkwürdig ziellose Weise bewegen
- Unverständliche Laute von sich geben
- Nicht verstehen, was andere sagen
- Hilfe abwehren
Manche Betroffenen können sich unterhalten, doch dem Gespräch mangelt es an Spontaneität und Inhalt. Sie können verwirrt und desorientiert sein. Dieser Zustand kann mehrere Minuten dauern. Gelegentlich schlagen die Betroffenen um sich, wenn sie festgehalten werden.
Anfälle mit generalisiertem Beginn
Bei Anfällen mit generalisiertem Beginn sind von Anfang an beide Seiten des Gehirns betroffen. Bei den meisten Anfällen mit generalisiertem Beginn ist das Bewusstsein beeinträchtigt. Der Betroffene wird häufig ohnmächtig und es kommt meist sofort zu ungewöhnlichen Bewegungen. Der Verlust des Bewusstseins kann von kurzer Dauer sein oder lange anhalten.
Zu den Anfällen mit generalisiertem Beginn gehören die folgenden Arten:
- Tonisch-klonische Anfälle (früher Grand-mal-Anfälle genannt)
- Klonische Anfälle (mit anhaltenden rhythmischen Muskelzuckungen nach Versteifung der Muskeln)
- Tonische Anfälle (mit Versteifung der Muskeln in allen Gliedmaßen)
- Atonische Anfälle (mit Verlust des Muskeltonus)
- Myoklonische Anfälle (mit rhythmischen Muskelzuckungen, denen keine Versteifung der Muskeln vorausgeht)
- Myoklonisch-tonisch-klonische Anfälle (mit Muskelzuckungen, anschließender Versteifung der Muskeln und erneuten Muskelzuckungen), einschließlich juveniler myoklonischer Epilepsie
- Myoklonisch-atonische Anfälle (mit Muskelzuckungen und anschließendem Verlust des Muskeltonus)
- Epileptische (infantile) Spasmen
- Absence-Epilepsie
Bei Krampfanfällen mit generalisiertem Beginn, insbesondere bei generalisierten tonisch-klonischen Anfällen, kann Folgendes unternommen werden:
- Starke Muskelkrämpfe und Zuckungen im ganzen Körper, da sich die Muskeln schnell und wiederholt an- und entspannen
- Stürze
- Zusammenbeißen der Zähne
- Sich auf die Zunge beißen (kommt häufig vor)
- Speichelfluss oder Schaum vor dem Mund
- Verlust der Kontrolle über Blase und/oder Darm
Die Anfälle dauern gewöhnlich ein bis zwei Minuten. Nach dem Anfall haben manche Betroffenen Kopfschmerzen, sind kurzzeitig verwirrt und überaus müde. Diese Symptome können sich über Minuten oder Stunden erstrecken. Die meisten Betroffenen können sich nicht daran erinnern, was während des Anfalls passiert ist.
Erste Hilfe bei einem Krampfanfall
Epileptische Anfälle äußern sich oft unterschiedlich und Betroffene fühlen sich danach verunsichert oder ängstlich. Es ist enorm hilfreich ihnen in diesem Zeitpunkt beizustehen und Sicherheit zu geben. Auch während dem Anfall gibt es viele verschiedene Erste Hilfe Maßnahmen, die beachtet werden müssen. Neben dem Entfernen von gefährlichen Gegenständen im Umfeld, ist es auch wichtig auf den Kopf des Betroffenen zu achten. Es kann helfen unter den Kopf einen weichen Gegenstand, wie eine Jacke oder ein Kissen, zu legen und dann den Betroffenen nicht mehr zu berühren und abzuwarten, bis der Anfall vorüber ist. Dem Betroffenen sollten auf keinen Fall Gegenstände als Beißkeil in den Mund gesteckt werden, um zu verhindern, dass man sich auf die Zunge oder Backen beißt. Auch nach dem Anfall sollte man bei der Person bleiben. Es dauert einige Zeit, bis die Person wieder ganz zu sich kommt und sie braucht zunächst Orientierung. Handelt es sich um einen Anfall in der Öffentlichkeit, ist es wichtig Schamgefühle zu beachten und zu vermeiden. Es kann durchaus sein, dass sich mehrere Menschen aufgrund des Anfalls ansammeln und der Betroffene sich beispielsweise vor der Masse ungewollt eingenässt hat. Es ist wichtig während einem Anfall auf die Uhr zu schauen, um zu beobachten, wie lange der Anfall dauert. In der Regel beginnt der Anfall plötzlich und endet nach wenigen Minuten. Sitzt die Kleidung durch die Krampfposition des Betroffenen zu eng am Hals, hilft es diese zu lockern. Nach einem solchen Anfall muss man unbedingt kontrollieren, ob die Atemwege frei sind. Um die Atemwege zu sichern, sollte der Patient in die Bauch- oder stabile Seitenlage gedreht werden. Manche Betroffene haben ein extra Notfallmedikament bei sich, welches Begleitpersonen während einem Anfall einsetzen können. Sobald der Anfall länger dauert, kann man das Medikament in Tablettenform in die Wangentasche legen oder als Creme mit einer kleinen Tube in den After spritzen. Das Medikament beendet den Anfall dann. In vielen Fällen dauert ein Anfall nur wenige Minuten und die Betroffenen sind danach wieder voll funktionsfähig. Handelt es sich um einen großen Anfall, muss immer ein Notarzt gerufen werden. Ist der Arzt zur Stelle hilft eine genaue Schilderung des Krampfanfalles.
Diagnose von Krampfanfällen
Ein Arzt klärt zunächst ab, ob es sich tatsächlich um einen Krampfanfall gehandelt hat. Hier müssen andere mögliche Ursachen mit ähnlichen Symptomen ausgeschlossen werden. Dabei hilft es eine genaue Schilderung der Symptome parat zu haben, die der Patient entweder selbst oder durch einen Angehörigen, der den Anfall mitbekommen hat, dem Arzt mitteilt. Hilfreich sind dann Angaben von Aussenstehenden, die den Anfall beobachtet haben. In solchen Situationen sind Videoaufnahmen des Anfalls (z.B. mit dem Smartphone) äusserst nützlich um zur richtigen Diagnose zu gelangen. Wenn nötig, kann die Anfallsbeschreibung auch durch eine Videobeobachtung in einer spezialisierten Klinik - z.B. einem Epilepsiezentrum - im Rahmen eines stationären Aufenthalts ergänzt werden.
Für weitere Untersuchungen wird ein EEG, also ein Elektroenzephalogramm, durchgeführt. Damit werden die Hirnströme untersucht, welche Auskunft über den Krampfanfall geben können. Diese werden in Form von Wellen auf einem Monitor sichtbar gemacht. Anhand von charakteristischen Mustern können wir erkennen, ob betroffene Personen zu epileptischen Anfällen neigen. Zunächst wird die Untersuchung über 20 Minuten durchgeführt. Zusätzlich führt man auch oft ein MRT, Magnetresonanztomographie, durch. Mit Hilfe der MRT-Untersuchung (auch Kernspintomogramm genannt) können hirnorganische Veränderungen sichtbar gemacht werden. Diese können Hinweise auf die Ursache der Epilepsie bzw. der epileptischen Anfälle geben. Auch die Blutuntersuchung kann dabei helfen, mögliche Ursachen für einen Krampfanfall oder eine Epilepsieerkrankung aufzuspüren. Manchmal wird eine genetische Testung veranlasst. Nach einem Anfall sind bestimmte Blutwerte über mehrere Stunden erhöht. Ein Blutbild kann zudem Hinweise auf die Ursache der Epilepsie geben.
Behandlung von Krampfanfällen
Treten Krampfanfälle häufiger auf oder es wird eine Epilepsie festgestellt, behandelt man diese mit speziellen Medikamenten, wie Antiepileptika. Ein einzelner epileptischer Anfall muss nicht zwingend behandelt werden, wenn kein erhöhtes Risiko für weitere Anfälle nachgewiesen werden kann. Die meisten Patientinnen und Patienten mit Epilepsie nehmen zur Vorbeugung von Anfällen langfristig Medikamente ein - sogenannte Antiepileptika. Diese heilen die Krankheit zwar nicht, reduzieren aber die Anfallhäufigkeit. Mit solchen Medikamenten kann bei mehr als zwei Dritteln der Epilepsie-Patientinnen und Epilepsie-Patienten eine Anfallsfreiheit erreicht werden. Die Medikamente haben häufig zahlreiche Nebenwirkungen und Wechselwirkungen. Selbst wenn der letzte Krampfanfall schon einige Zeit zurückliegt, sollte man die Erkrankung auf keinen Fall vergessen oder unterschätzen. Mit Medikamenten kann man die Häufigkeit zwar reduzieren, jedoch nicht komplett ausschließen. Aktuell sind mehr als 20 Antiepileptika, auch genannt anfallssuppressive Medikamente, auf dem Markt. Ärztinnen und Ärzte wählen aus dieser breiten Palette das geeignete Medikament basierend auf der Anfallsart, der Epilepsieform und den individuellen Merkmalen der betroffenen Person aus.
Parallel zur medikamentösen Epilepsietherapie kann auch der verhaltenstherapeutische Ansatz der Anfallsselbstkontrolle in die Behandlung integriert werden. Allerdings werden nicht alle Patienten durch eine medikamentöse Behandlung anfallsfrei. Bei ca. 30 Prozent der Betroffenen ist eine weitere Abklärung erforderlich und alternative Behandlungsmöglichkeiten.
Alternative Behandlungsmöglichkeiten
- Epilepsiechirurgie: Unter Epilepsiechirurgie versteht man die Behandlung der Epilepsie mittels neurochirurgischer Verfahren. Sie ist eine erprobte und anerkannte Behandlungsform und wird in spezialisierten Zentren durchgeführt. Im Rahmen einer stationären prächirurgischen Abklärung sollte die Möglichkeit einer epilepsiechirurgischen Behandlung überprüft werden. Dabei untersucht man, ob die epileptischen Anfälle von einer bestimmten Stelle des Gehirns ausgehen und ob es möglich ist, diese operativ zu entfernen, ohne dass der Patienten Störungen im Bereich von Gedächtnis, Kraft oder Sprache erleidet. Nach der Operation und dem anschließenden stationären Aufenthalt wird in der Regel ein weiterer stationärer Aufenthalt in einer Rehabilitationsklinik mit Epilepsie-Schwerpunkt (Medizinische Rehabilitation) empfohlen. Innerhalb der ersten Jahre nach der Operation finden in unterschiedlichen Abständen Nachsorgeuntersuchungen statt, in die alle an der prächirurgischen Diagnostik und operativen Epilepsietherapie beteiligten Berufsgruppen (Ärzte, Neuropsychologie, Psychologie, Sozialdienst) mit eingebunden sind. Ebenso müssen die Medikamente zur Epilepsiebehandlung nach der Operation noch mehrere Jahre eingenommen werden. Sind dann keine weiteren Anfälle aufgetreten, kann nach Absprache mit dem behandelnden Arzt versucht werden, die Medikamente abzusetzen.
- Neurostimulation: Im Gegensatz zur Epilepsiechirurgie kann mit der Neurostimulation keine Anfallsfreiheit erreicht werden. Allerdings bewirkt sie, je nach Art der Epilepsie und des eingesetzten Verfahrens, eine deutliche Minderung der Anfallsfrequenz. Unter Neurostimulation versteht man zusammengefasst, dass Strukturen im Gehirn oder solche, die dort hinführen (wie der Vagus-Nerv), mit niedriger Stromstärke stimuliert werden. Die VNS steht bereits seit Mitte der 90er Jahre als erfolgversprechende Behandlungsalternative zur Verfügung. Hierbei wird der 10. Dafür muss ein Pulsgenerator in eine Hauttasche unter dem linken Schlüsselbein eingesetzt und mittels eines Elektrodenkabels eine Verbindung zum 10. Hirnnerv im linken Halsbereich hergestellt werden. Dies erfolgt im Rahmen einer (minimalinvasiven) 1,5-stündigen OP unter Vollnarkose. In der Regel können die Patienten bereits am Folgetag nach Aktivierung des Systems entlassen werden. Dies ist die Weiterentwicklung der VNS, bei der keine Operation und kein Klinikaufenthalt erforderlich sind. Allerdings liegt die Effektivität deutlich unter der der konventionellen Methode. Spezielle Nervenfasern werden hier über eine Ohrelektrode am Ohr durch sanfte elektrische Impulse aktiviert (Neurostimulation). Bei der Transkraniellen Magnetstimulation erfolgt die Stimulation durch die Schädeldecke und erreicht so die übererregten Hirnstrukturen.
- Tiefe Hirnstimulation: Bei diesem Verfahren werden Elektroden in bestimmte Strukturen meist auf beiden Seiten des Gehirns implantiert. Die Tiefe Hirnstimulation ist bei Menschen mit Bewegungsstörungen etabliert und zur Therapie des M. In einer Studie konnte gezeigt werden, dass die Tiefe Hirnstimulation zu einer Reduzierung der Anfallshäufigkeit führt, wenn eine bestimmte Hirnregion - der anteriore Thalamus - stimuliert wird; besonders profitiert haben Menschen mit komplex-fokalen (bzw. automotorischen) Anfällen und Menschen mit Temporallappenepilepsien.
Komplikationen und Folgeschäden
Bei einem Krampfanfall kann es durchaus zu Komplikationen und Folgeschäden kommen. Zu diesen gehören das Beißen auf Zunge und Wange und starke Muskelkontraktionen, die zu Knochenbrüchen führen können. Dauert ein Anfall mehr als zwanzig Minuten, handelt es sich um einen lebensbedrohlichen Notfall, auch Status epilepticus genannt. Ein Krampfanfall kann auf Außenstehende sehr dramatisch und gefährlich wirken, jedoch ist das bei den meisten nicht der Fall. In sehr seltenen Fällen kommt es zu einem Herz-Kreislauf-Versagen und einem plötzlich unerwarteten Tod durch Epilepsie. Der Status epilepticus ist ebenfalls lebensgefährlich, jedoch gehört dies ebenfalls zu den sehr seltenen Fällen.
Leben mit Epilepsie
Wer einmal einen epileptischen Anfall hatte, bekommt nicht zwangsläufig einen zweiten. Erst wenn sich die Anfälle wiederholen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass weitere auftreten. Es ist zudem ratsam, bei einer diagnostizierten Epilepsie den Lebensstil anzupassen. Dazu zählen beispielsweise ein regelmässiger Schlafrhythmus, ausreichend Erholung und Reduktion des Alkoholkonsums. Wie stark eine Epilepsie ausgeprägt ist und wie häufig die Anfälle auftreten, variiert von Person zu Person. In vielen Fällen ist eine langfristige Behandlung notwendig. Wie die Erkrankung weiter verläuft, hängt unter anderem davon ab, was der Auslöser der Epilepsie war und wie gut die Behandlung anschlägt. In gewissen Fällen kann die Epilepsie auch wieder vorübergehen. Dies ist häufiger bei bestimmten Epilepsieformen in der Kindheit. In Bezug auf die Lebenserwartung ist zu beachten, dass sie bei Menschen mit gut kontrollierter Epilepsie nahezu normal ist. Jedoch können schwer kontrollierbare Anfälle das Risiko für plötzlichen unerwarteten Tod bei Epilepsie (SUDEP), Unfälle und Verletzungen erhöhen. Eine sorgfältige medizinische Überwachung und die Einhaltung der verschriebenen Behandlung sind entscheidend, um die Risiken zu minimieren und die Lebensqualität zu verbessern. Der Austausch mit Gleichbetroffenen kann bei der Bewältigung einer Krankheit eine grosse Unterstützung sein.
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