Bakterielle Meningitis: Eine umfassende Übersicht

Die bakterielle Meningitis bzw. Meningoenzephalitis ist eine akute, eitrige Entzündung der Hirnhäute (Meningen) sowie ggf. des Hirngewebes (Enzephalitis). Sie stellt einen medizinischen Notfall dar, der eine schnelle Diagnostik und Therapieeinleitung erfordert. Unbehandelt kann sie in vielen Fällen tödlich enden.

Epidemiologie

Die Inzidenz der bakteriellen Meningitis hat in Europa dank Impfungen und Hygienemaßnahmen in den letzten 30 Jahren abgenommen. In Ländern mit hohem Einkommen liegt die Inzidenz bei etwa 0,9 pro 100.000 Einwohner pro Jahr. Weltweit sind die Inzidenzen höher und liegen zwischen 10 und 80 pro 100.000 Einwohner pro Jahr.

In Deutschland wurden im Jahr 2020 138 Fälle invasiver Meningokokken-Infektionen gemeldet, was einer Inzidenz von unter 0,4/100.000 entspricht. Im gleichen Zeitraum wurden 48 Fälle von Meningitis/Enzephalitis durch Listerien verzeichnet.

Ätiologie und Pathogenese

Infektionswege

Bakterien können auf verschiedenen Wegen ins zentrale Nervensystem (ZNS) gelangen:

  • Hämatogen: Dies ist vermutlich die Haupteintrittspforte, insbesondere bei Pneumokokken-Pneumonien. Der Prozess umfasst Kolonisation (v. a. des Respirationstrakts), Invasion und Replikation in der Blutbahn sowie das Übertreten der Blut-Hirn-Schranke. Auch eine septische Embolisation von Mikroben von einem anderen Infektfokus (z. B. Endokarditis) ins ZNS ist möglich.
  • Direkt (per continuitatem): Bei HNO-Infektionen wie Sinusitis, Otitis oder Mastoiditis (ca. 20 % der Fälle). Seltener bei Liquorfisteln, z. B. nach Schädel-Hirn-Trauma oder nach einem neurochirurgischen Eingriff.

Erregerspektrum

Das Erregerspektrum variiert je nach Altersgruppe und Begleitumständen:

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  • Streptococcus pneumoniae (Pneumokokken): Grampositive Diplokokken, weltweit häufigster Erreger. Kapselbildung mit > 90 verschiedenen Serotypen.
  • Neisseria meningitidis (Meningokokken): Gramnegative Diplokokken, 12 Serotypen (hauptsächlich pathogen sind A, B, C, W, X, Y).
  • Haemophilus influenzae Typ B (Hib): Gramnegative, bekapselte Stäbchen. Drastischer Rückgang seit Einführung der Impfung. Zuvor schwere Infektionen wie Epiglottitis, Meningitis, Pneumonie und Sepsis.
  • Listeria monocytogenes: Grampositive Stäbchen, fakultativ intrazellulär. Besonders relevant für Risikogruppen (Immunsupprimierte, Schwangere, Neugeborene, Personen > 50 Jahre). Klassische Meningitis oder atypische Manifestation als schwere Hirnstammenzephalitis (Rhombenzephalitis).
  • Staphylokokken: Grampositive Haufenkokken. Infektion oft sekundär nach Neurochirurgie, Trauma, Fremdkörpern oder Endokarditis.
  • Streptococcus agalactiae: Grampositive beta-hämolysierende Streptokokken der Gruppe B. Haupterreger der Neugeborenmeningitis (in den ersten 3 Lebensmonaten). Mütterliche Besiedlung als Risikofaktor (intrapartale Prophylaxe).
  • Enterobacteriaceae (Enterobakterien): Gramnegative Stäbchenbakterien, z. B. E. coli, Klebsiella spp. Vor allem bei Neugeborenen relevant. Infektionen auch nosokomial nach Eingriffen oder bei Immunsuppression.

Häufigste Erreger nach Altersgruppe

  • Neugeborene und Säuglinge < 6 Wochen: Beta-hämolysierende Streptokokken der Gruppe B (50-60 %), Enterobacteriaceae (z. B. E. coli, Klebsiella, Enterobacter, Proteus), Listeria monocytogenes (0-3,5 %).
  • Säuglinge > 6 Wochen und Kinder: Neisseria meningitidis (Meningokokken) (38-56 %), Streptococcus pneumoniae (Pneumokokken) (34-46 %), Haemophilus influenzae (bei nicht geimpften Kindern) (2-12 %).
  • Erwachsene: Streptococcus pneumoniae (Pneumokokken) (10-59 %), Neisseria meningitidis (Meningokokken) (10-43 %), Listeria monocytogenes (0,8-10 %), gram-negative Enterobakterien und Pseudomonas aeruginosa (< 10 %), Staphylokokken (1-9 %), Haemophilus influenzae (1-3 %).

Prädisponierende Faktoren

Verschiedene Faktoren können das Risiko für eine bakterielle Meningitis erhöhen:

  • Vorerkrankungen: Alkoholabhängigkeit, Diabetes mellitus, Endokarditis, Sinusitis, Otitis media, Parotitis.
  • Operationen: Im Schädel-/HNO-/Kieferbereich.
  • Immunsuppression: bzw. Immundefekt (z. B. Neutropenie, AIDS).
  • Offenes Schädel-Hirn-Trauma.
  • Dentale Infektionen und Läsionen der Mundhöhle.
  • Erhöhte Trägerfrequenz von pathogenen Keimen im Pharynx.
  • Aufenthalt: In Institutionen (Schule, Pflegeeinrichtungen usw.), in Regionen mit endemischem Meningokokken-Vorkommen („Meningokokkengürtel“).
  • Kontakt: Mit einem Indexfall mit bakterieller Meningitis.
  • Rauchen.
  • Veränderung der Schleimhaut im Respirationstrakt.
  • Infektion: Der Schleimhaut im Nasopharynx, in den unteren Atemwegen oder im Mittelohr.
  • Erkrankungen: Mit laufender Nase (Rhinorrhö) und Sekretion der Ohren (Otorrhö).
  • Erhöhtes Risiko für eine Bakteriämie.
  • i. v. Drogenkonsum.

ICD-10-GM

  • G00: Bakterielle Meningitis, anderenorts nicht klassifiziert
    • G00.0 Meningitis durch Haemophilus influenzae
    • G00.1 Pneumokokkenmeningitis
    • G00.2 Streptokokkenmeningitis
    • G00.3 Staphylokokkenmeningitis
    • G00.8 Sonstige bakterielle Meningitis
    • G00.9 Bakterielle Meningitis, nicht näher bezeichnet
  • G01: Meningitis bei andernorts klassifizierten bakteriellen Krankheiten.
  • G03.9 Meningitis, nicht näher bezeichnet

Diagnostik

Die Diagnosestellung basiert auf klinischer Symptomatik, Liquordiagnostik, zerebraler Bildgebung und Erregernachweis aus Liquor oder Blut.

Anamnese

  • Akuter Beginn und rasch progrediente Symptomatik meist < 24 Stunden zwischen Symptombeginn und Krankenhauseinweisung.
  • Hauptsymptome:
    • Deutlich beeinträchtigter Allgemeinzustand
    • Kopfschmerzen
    • (Hohes) Fieber
    • Nackensteife (Meningismus)
    • Übelkeit und Erbrechen
    • Lichtscheu (Photophobie)
    • Verwirrtheit
    • Bewusstseinsstörung (Vigilanzminderung)
  • Weitere Symptome:
    • Hautveränderungen (insbesondere bei Meningokokken petechiales Exanthem)
    • Hirnnervenbeteiligung, z. B. Fazialisparese
    • Hörminderung/-verlust, a. e. durch eitrige Labyrinthitis (10-20 %)
    • Sepsis (v. a. bei Meningokokken)
    • Fokal-neurologische Defizite, z. B. Sprach- und Sprechstörungen
    • Epileptische Anfälle
  • Atypische Präsentation ohne oder mit nur geringen Leitsymptomen insbesondere bei älteren Patient*innen möglich.
  • Bei Neugeborenen und Säuglingen ebenfalls unspezifische Beschwerden wie Fieber, Hypothermie, Müdigkeit, Trinkschwäche, Erbrechen, Diarrhö, Krampfanfälle.

Klinische Untersuchung

Die klinischen Befunde sollten schnell und ohne Zeitverlust erhoben werden.

  • Vitalparameter (Herzfrequenz, Blutdruck, Temperatur, Atemfrequenz): Zeichen von Fieber, Schock
  • Allgemeine körperliche Untersuchung: Auskultation von Herz und Lunge
  • Hautveränderungen: Makulopapulöses Exanthem, Petechien, Ekchymosen, Purpura, Hautnekrosen (v. a. bei Meningokokken, auch bei Streptokokken, Pneumokokken, Listerien, Hib)
  • Otoskopie: (Eitriger Ausfluss? Otitis media?)
  • Druckschmerz/Schwellung retroaurikulär (Mastoiditis)
  • Neurologische Untersuchung:
    • Vigilanz (Glasgow Coma Scale)
    • Orientierung (Zeit, Ort, Person, Situation)
    • Meningismus: schmerzhafte Nackensteifigkeit bei passiver Anteflexion des Kopfes
    • Weitere meningeale Reizzeichen (niedrige Sensitivität, hohe Spezifität):
      • Brudzinski-Zeichen: reflektorische Beugung der Beine bei Anheben des Kopfes
      • Kernig-Zeichen: reflektorische Beugung der Kniegelenke bei Anheben der gestreckten Beine
    • Hirnnervenausfälle (v. a. III., VI., VII. und VIII. Hirnnerv, ca. 10 % der Fälle)
      • III, VI: Schielen und Doppelbilder
      • VII: Fazialisparese
      • VIII: Hörminderung/-verlust oder Schwindel
    • Sprach- oder Sprechstörungen
    • Motorische oder sensible Ausfälle

Laborchemische Diagnostik

  • Procalcitonin im Serum sollte bei Verdacht auf akute bakterielle Meningitis bestimmt werden (hilfreich zur Differenzierung zwischen akuter bakterieller Meningitis und viraler Meningitis, bei akuter bakterieller Meningitis fast immer erhöht).
  • Liquordiagnostik soll bei Verdacht auf akute bakterielle Meningitis durchgeführt werden.
    • Typische Parameter im Liquor bei bakterieller Meningitis:
      • Aussehen: eitrig-trüb
      • Zellzahl: > 1.000 /μl
      • Zytologie: granulozytär
      • Liquor-Serum-Glukose-Index: stark erniedrigt
      • Laktat: > 3,5 mmol/l
      • Gesamteiweiß: > 100 mg/dL
      • Blut-Liquor-Schranke: schwer gestört
      • Intrathekale Ig-Synthese: im Verlauf IgA, IgG

Mikrobiologische Diagnostik

Ziel: Diagnosesicherung durch Erregernachweis im Liquor und/oder in der Blutkultur. Entnahme des Liquors unbedingt vor Beginn der Antibiotikatherapie. Für die Untersuchung auf Erreger und Resistenz 1-5 ml nativen Liquor einsenden. Ggf. zusätzlich 1-5 ml Liquor in Blutkulturflaschen impfen. Für die Mykobakterien-Diagnostik möglichst viel Material (mind. 10 ml) einsenden. Es sollten immer auch Blutkulturen entnommen werden. Umgehender Transport ins Labor. Ist ein Transport der Probe nicht innerhalb von < 2 Std. möglich, Liquor bei Raumtemperatur lagern. Es ist sinnvoll einen Teil des Liquors in Blutkulturflaschen zu injizieren und die Flaschen bei Raumtemperatur zu lagern. Eine geringe Menge des nativen Liquors (etwa 0,5 ml) sollte für die mikroskopische Untersuchung bei Raumtemperatur zurückgestellt werden, insbesondere bei V.a. Meningokokkenmeningitis.

  • Empfehlungen:
    • Min. 2 Blutkultur-Sets sollen vor Antibiotikatherapie abgenommen werden.
    • Gramfärbung und Versuch des kulturellen Erregernachweises sollen erfolgen.
    • Multiplex-PCR (Meningitis-Panel) sollte ergänzend zum Einsatz kommen.
  • Eingesetzte Verfahren:
    • Mikroskopisch mittels Gramfärbung (oder Methylenblau-Färbung)
    • Molekulargenetisch mittels PCR: Einzel-PCR, Multiplex-PCR-Meningitis-Panels für die häufigsten viralen und bakteriellen Erreger
    • Bakteriologisch mittels Kultur (Goldstandard): erlaubt zusätzlich Resistenzprüfung (Antibiogramm)
  • Spezialdiagnostik: Beratung und Durchführung von Spezialdiagnostik sind im Nationalen Referenzzentrum für Meningokokken und Haemophilus influenzae möglich.

Bildgebende Untersuchungen

  • Kraniale Computertomographie (CCT) soll in der Akutphase bei klinischem Verdacht auf einen erhöhten intrakraniellen Druck vor der LP erfolgen.
  • Kraniale Magnetresonanztomographie (cMRT) sollte bei nicht erklärbaren klinischen Zeichen, unklaren CT-Befunden bzgl. des Infektionsfokus oder bei klinischer Verschlechterung unter Antibiotikatherapie durchgeführt werden.
    • Typische MRT-Veränderungen bei einer bakteriellen Meningitis:
      • Leptomeningeale und/oder durale Kontrastmittelaufnahme
      • Entzündliches Exsudat (Eiter) in den kortikalen Sulci und/oder basalen Zisternen
      • Ggf. Nachweis von intrakraniellen Komplikationen (z. B. Ischämien, Hydrozephalus)

Ergänzende Untersuchungen

  • HNO-ärztliche Untersuchung soll möglichst frühzeitig erfolgen (Suche nach parameningealem Infektfokus, z. B. Mastoiditis, Sinusitis oder Otitis media, Voraussetzung für rasche operative HNO-Infektsanierung (innerhalb 24-48 Std.)). Im Verlauf Überprüfung des Hörvermögens (Audiometrie).
  • Weitere Infektfokussuche z. B. Röntgenaufnahmen des Thorax, Abdomen-Sonographie/CT, Echokardiographie.
  • Transkranielle Dopplersonographie (TCD) bei zerebrovaskulärer Komplikationen (zerebrale arterielle Vaskulopathie).

Differenzialdiagnosen

  • Bei Kopfschmerzen und Fieber: grippaler Infekt, Influenza, Sinusitis, Sepsis und septischer Schock.
  • Bei Kopfschmerzen und Meningismus: andere erregerbedingte Meningitis/Enzephalitis, Meningeosis neoplastica, Subarachnoidalblutung (SAB), Zerebrale Sinus- und Venenthrombose.

Liquorparameter im Vergleich

Liquorparameterbakteriellviraltuberkulös
Zellzahl/µl>1000<1000<1000
Zellbildgranulozytärlymphozytärgemischtzellig
Liquor-Serum-Glukose-Indexerniedrigtnormalerniedrigt
Laktat (mmol/l)>3,5<3,5>3,5
Gesamteiweiß (mg/dl)>100<100>100
Schrankenfunktionstark gestörtnormal bis leicht gestörtstark gestört
Intrathekale Ig-Syntheseim Verlauf IgA,IgGim Verlauf IgGim Verlauf IgA

Wichtige Hinweise zur Liquordiagnostik

Die Beurteilung der Zellzahl wird durch eine längere Lagerung des Liquors beeinträchtigt und kann daher gegenüber Ergebnissen, die direkt nach Abnahme des Liquors ermittelt wurden, stark differieren. Die Zahl der Neutrophilen kann sich bereits bei einer Lagerung von 2 Stunden um 50 % reduzieren. Die Zellzählung sollte daher möglichst bald nach der Liquorentnahme erfolgen. Ein mikroskopisch positiver Nachweis von Bakterien wird immer telefonisch mitgeteilt. Erste Ergebnisse der Kultur liegen frühestens nach 18 Std. vor. Eine Resistenztestung erfolgt bei allen aus dem Liquor isolierten Bakterien und liegt in der Regel nach 2-3 Tagen vor. Weiterführende Untersuchungen: Mikroskopischer Nachweis von Cryptococcus spp. (Tuschepräparat). Kultureller Nachweis von Pilzen, Nokardien, Mykobakterien, Anaerobiern, Brucellen. Nachweis der DNA von Streptococcus pneumoniae, Neisseria meningitidis und Listeria monocytogenes mittels PCR DNA. Meldepflicht für Meningokokken nach dem Infektionsschutzgesetz beachten! Der behandelnde Arzt ist verpflichtet den Erkrankungsverdacht, die Erkrankung und den Tod an einer Meningokokken-Meningitis oder -Sepsis zu melden. Auch der mikroskopische Nachweis gramnegativer Kokken im Liquor ist meldepflichtig. Das Labor ist verpflichtet den Nachweis von Haemophilus influenzae, Neisseria meningitidis, Listeria monocytogenes und Brucella spp. zu melden.

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Therapie

Therapieziele

  • Letalen Verlauf verhindern
  • Infektion sanieren
  • Komplikationen vermeiden

Allgemeines zur Therapie

  • Ein frühzeitiger, schneller Behandlungsbeginn ist entscheidend für die Prognose (möglichst innerhalb 1 Stunde nach Eintreffen im Krankenhaus).
  • Ggf. präklinische Stabilisierung der Vitalparameter, z. B. Flüssigkeitssubstitution bei Hypotonie oder Sauerstoffgabe bei Hypoxie.
  • Behandlung auf einer Intensivstation in der Initialphase einer bakteriellen Meningitis.
  • Engmaschige klinische Überwachung (erste Woche der Erkrankung als kritische Phase).
  • Komplikationen in etwa 50 % der Fälle.
  • Zur supportiven Therapie siehe auch Sepsis-Behandlung.

Medikamentöse Therapie

  • Antibiotikatherapie:
    • Frühzeitiger Therapiebeginn (unmittelbar nach Lumbalpunktion bzw. Blutkulturen).
    • Initiale, empirische Antibiotikatherapie bei Erwachsenen mit ambulant erworbener bakterieller Meningitis:
      • Cephalosporin Gruppe 3a (z. B. Ceftriaxon oder Cefotaxim) Dosierung Ceftriaxon 2 x 2 g
      • Ampicillin Dosierung Ampicillin 6 x 2 g
    • Bei bekanntem Erreger und ggf. vorliegender Resistenzprüfung (Antibiogramm) Anpassung auf eine gezielte antibiotische Therapie
    • Dauer der Antibiotikatherapie abhängig von Erregerart und Therapieansprechen
      • Pneumokokkenmeningitis: 10-14 Tage
      • Meningokokkenmeningitis: 7-10 Tage
      • Haemophilus-influenzae-Meningitis: 7-10 Tagen
      • Listerienmeningitis oder Enterobakterien: oft > 3 Wochen
  • Dexamethason:
    • Wirkung adjuvanter Therapie mit Kortikosteroiden: signifikante Reduktion von Letalität und Komplikationen bei Pneumokokkenmeningitis, Reduktion von Hörschäden bei Meningokokkenmeningitis, widersprüchliche Ergebnisse zum Einfluss auf die Letalität bei Listerieninfektionen.
    • Empfehlung: soll bei Erwachsenen zusätzlich zu Antibiotika in der Initialtherapie gegeben werden.
    • Beginn unmittelbar vor Gabe des Antibiotikums (oder zeitgleich).
    • Dexamethason 4 x 10 mg i. v.
      • Bei Pneumokokkenmeningitis Fortführung über 4 Tage
      • Bei Meningokokkenmeningitis Einsatz ggf. bei Hörstörung

Weitere Therapien

  • Operative Fokussanierung: Operative Sanierung eines lokalen HNO-Infektfokus als Ursache der Meningitis möglichst innerhalb von 24 Stunden (z. B. Sinusitis, Mastoiditis, Otitis media).

Umgebungsschutz

  • Maßnahmen bei Meningokokkenerkrankung:
    • Meningokokken-Erkrankung führt im Umfeld zu einem erhöhten Erkrankungsrisiko. Übertragung über oropharyngeale Sekrete. Inkubationszeit von meist 3-4 Tagen (Spanne 2-10 Tage).
    • Isolation bei Verdacht auf Meningokokken-Meningitis: Isolation bis 24 Stunden nach Beginn einer wirksamen Antibiotikatherapie.
    • Prophylaxe bei Kontaktpersonen: Identifikation von Kontaktpersonen und Aufklärung über Risiken und Symptome durch das Gesundheitsamt. Chemoprophylaxe muss schnellstmöglich begonnen werden (sinnvoll bis max. 10 Tage nach letztem Kontakt). Substanzen: Rifampicin, Ciprofloxacin, Ceftriaxon und Azithromycin. Ggf. zusätzlich postexpositionelle Meningokokkenimpfung mit einem Impfstoff gegen entsprechende Serogruppe (A, C, W, Y und B).

Indikationen zur Klinikeinweisung

Bei Verdacht auf eine Meningitis oder Enzephalitis unverzügliche Krankenhauseinweisung.

Meldepflicht

  • Meldepflicht entsprechend Infektionsschutzgesetz (IfSG § 6 Meldepflichtige Krankheiten): Krankheitsverdacht, Erkrankung sowie Tod an Meningokokken-Meningitis oder -Sepsis sind meldepflichtig. Unverzügliche, namentliche Meldung durch die feststellenden Ärzt*innen, d. h. ohne zeitliche Verzögerung, jedoch innerhalb von 24 Stunden an das Gesundheitsamt, das für den Aufenthalt der betroffenen Person zuständig ist.
  • Meldepflicht entsprechend Infektionsschutzgesetz (IfSG § 7 Meldepflichtige Nachweise von Krankheitserregern): Meldung durch die Leiter*innen des untersuchenden Labors. Namentliche Meldung bei Krankheitserregern, die auf eine akute Infektion hinweisen. Haemophilus influenzae (Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Liquor oder Blut), Listeria monocytogenes (Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Blut, Liquor oder anderen normalerweise sterilen Substraten sowie aus Abstrichen von Neugeborenen), Neisseria meningitidis (Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Liquor, Blut, hämorrhagischem Punktat oder Konjunktivalabstrich).

Prävention

  • Impfungen: Gegen Haemophilus influenzae Typ b (Hib), Pneumokokken und Meningokokken (Serogruppen B und C) sind Impfungen verfügbar und werden von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlen.
  • Chemoprophylaxe: Für enge Kontaktpersonen von Patienten mit Meningokokken-Meningitis.
  • Hygienemaßnahmen: Allgemeine Hygienemaßnahmen zur Reduktion der Übertragung von Atemwegserregern.

Mortalität und neurologische Residuen

  • Mortalität:
    • Pneumokokken: 15-25%
    • Listerien: 20-30%
    • Meningokokken: 3-10%
    • Haemophilus influenzae ca. 5%
  • Neurologische Residueen: 10-40%
    • Z.B. Hörstörungen, kognitive Beeinträchtigungen, Lähmungen, Epilepsie.

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