Eine Meningokokken-Erkrankung kann innerhalb weniger Stunden lebensbedrohlich werden. Die Bakterien Neisseria meningitidis, auch Meningokokken genannt, verursachen meist eine eitrige Hirnhautentzündung (Meningitis) oder eine Sepsis (Blutvergiftung).
Was sind Meningokokken und Meningokokken-Erkrankungen?
Meningokokken sind Bakterien, die den Nasen-Rachen-Raum besiedeln können. Es gibt verschiedene Untergruppen (Serogruppen), von denen einige schwere (invasive) Erkrankungen wie bakterielle Hirnhautentzündung (Meningitis) oder Blutvergiftung (Sepsis) verursachen können. Für den Menschen sind insbesondere die Serogruppen A, B, C, W, X und Y von Bedeutung.
Meningokokken-Erkrankungen können in jedem Alter auftreten, am häufigsten sind jedoch Säuglinge und Kleinkinder im ersten und zweiten Lebensjahr sowie Jugendliche zwischen 15 und 19 Jahren betroffen. In Deutschland sind Meningokokken-Erkrankungen sehr selten. Im Jahr erkranken weniger als 4 von 1 Million Menschen.
Wie werden Meningokokken übertragen und wie steckt man sich an?
Die Übertragung erfolgt von Mensch zu Mensch über die sogenannte Tröpfcheninfektion, z.B. durch Speichel oder Nasensekret bei engem Kontakt. Da Meningokokken außerhalb des Körpers schnell absterben, führt eine Begegnung von Menschen ohne engen Kontakt in der Regel nicht zu einer Übertragung. Etwa jeder 10. trägt die Erreger im Nasen-Rachen-Raum, ohne zu erkranken.
Krankheitszeichen und möglicher Verlauf
Die ersten Beschwerden zeigen sich 2 bis 10 Tage nach Ansteckung, in der Regel nach 3 bis 4 Tagen. Die Erkrankung beginnt häufig plötzlich mit allgemeinen Krankheitszeichen wie Kopfschmerzen, Fieber, Schüttelfrost und Schwindel mit schwerstem Krankheitsgefühl. Innerhalb weniger Stunden kann ein lebensbedrohlicher Zustand eintreten.
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Meningokokken verursachen vor allem zwei Krankheitsbilder, die einzeln oder zusammen auftreten können:
- Hirnhautentzündung (Meningitis): Fieber, Kopfschmerzen, Lichtempfindlichkeit und eine getrübte Bewusstseinslage, wie zum Beispiel eine starke Schläfrigkeit oder Benommenheit, sind gängige Beschwerden. Ein typisches Zeichen ist die schmerzhafte Nackensteifigkeit, oft kombiniert mit morgendlichem Erbrechen oder Zeichen eines Kreislaufversagens sowie mitunter Krampfanfällen.
- Sepsis (Blutvergiftung, Blutstrominfektion): Bei der Meningokokken-Sepsis werden die Bakterien mit dem Blut im gesamten Körper verbreitet. Dabei wird die Blutgerinnung gestört, was zu flächenhaften Einblutungen der Haut führt. In schweren Fällen kann es infolge von lebensbedrohlichen Einblutungen in die Nebennieren zu einem Kreislaufschock kommen. Eine Sepsis kann bis zum Versagen mehrerer Organe fortschreiten und erfordert sofortige medizinische Behandlung. Warnzeichen können neben Fieber und starkem Krankheitsgefühl auch ein beschleunigter Puls, Kurzatmigkeit und Verwirrtheit sein.
Bei Säuglingen und Kleinkindern sind die Symptome oft weniger typisch. Anzeichen können Fieber, Erbrechen, Krämpfe, Reizbarkeit oder Schläfrigkeit, Aufschreien sowie eine vorgewölbte oder harte Fontanelle (Spalte zwischen den Schädelplatten) sein. Die Nackensteifigkeit kann dagegen fehlen.
Die Betroffenen sind bis zu 7 Tage vor Beginn der Krankheitszeichen ansteckend. 24 Stunden nach Beginn einer wirksamen Antibiotika-Therapie sind Erkrankte nicht mehr ansteckend.
Mögliche Folgen und Spätfolgen
Bei 10 bis 20 % der Betroffenen treten Komplikationen und Langzeitfolgen auf. Nach einer Meningokokken-Meningitis kann es zu Hirnnervenlähmungen, Krampfanfällen, Einschränkungen des Intellekts oder Lernschwierigkeiten sowie zu Taubheit kommen. Eine Sepsis kann zu Gewebeschädigungen bis hin zum Absterben einzelner Gliedmaßen führen.
Bei einer Meningokokken-Meningitis liegt die Sterblichkeitsrate bei 1 %, bei einer Sepsis bei etwa 13 % und bei der schweren Form des septischen Schocks bei etwa 33 %.
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Behandlung
Schon bei einem Verdacht auf eine Meningokokken-Infektion müssen Erkrankte sofort ins Krankenhaus! Wenden Sie sich bei Beschwerden wie plötzlich auftretendem Fieber, Schüttelfrost oder Kopfschmerzen und weiteren Warnzeichen umgehend an eine Ärztin oder einen Arzt. Die Infektion wird in der Regel mit Antibiotika behandelt.
Schutz durch Impfung
Aufgrund der Schwere von Meningokokken-Erkrankungen, der häufigen Komplikationen und der hohen Sterblichkeit empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) verschiedene Impfungen gegen Meningokokken. Für den bestmöglichen Schutz vor Meningokokken-Erkrankungen gibt es unterschiedliche Impfungen. Es stehen verschiedene Impfstoffe zur Verfügung, die gegen unterschiedliche Meningokokken-Typen schützen.
Empfehlungen der STIKO
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt:
- Impfung gegen Meningokokken B: Für alle Säuglinge ab dem Alter von zwei Monaten. Die Impfserie soll möglichst frühzeitig begonnen werden und im Alter von 2, 4 und 12 Monaten verabreicht werden. Fehlende Impfstoffdosen sollen so bald wie möglich und spätestens bis zum 5. Geburtstag nachgeholt werden.
- Impfung gegen Meningokokken C: Für alle Kinder mit einer Impfstoffdosis im Alter von 12 Monaten. Wurde die Impfung versäumt, sollte sie baldmöglichst und spätestens bis zum 18. Geburtstag nachgeholt werden.
- Impfung mit Meningokokken-ACWY-Kombinationsimpfstoff sowie Meningokokken-B-Impfstoff: Für Risikogruppen, dazu zählen Personen mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung aufgrund einer angeborenen oder erworbenen Immunschwäche (zum Beispiel bei fehlender Milz) sowie gefährdetes Laborpersonal.
- Meningokokken-ACWY-Impfung: Für Reisende in Länder mit vielen Meningokokken-Erkrankungen, vor allem bei engem Kontakt zur Bevölkerung, sowie vor Pilgerreisen nach Mekka. Wichtig: Bei Reisen nach Saudi-Arabien und in einzelne Länder im „Meningitisgürtel“ besteht eine Nachweispflicht über die Impfung gegen Meningokokken. Wer bei Einreise einen Impfnachweis gegen Meningokokken ACWY benötigt, sollte darauf achten, dass diese Impfung im Impfpass in englischer Sprache vermerkt wird („conjugate vaccine“).
- Meningokokken-ACWY-Impfung und Impfung gegen Meningokokken B: Für Mitarbeitende im Katastrophendienst und je nach Gefährdung für Mitarbeitende in der Entwicklungshilfe und für medizinisches Personal.
- Impfung gegen Meningokokken ACWY und/oder Meningokokken B: Vor Langzeitaufenthalten insbesondere für Kinder und Jugendliche sowie für Personen in Studium oder Ausbildung entsprechend den Empfehlungen der Zielländer.
Impfschemata
- Meningokokken B:
- Säuglinge im Alter von 2 bis 5 Monaten: Grundimmunisierung mit zwei Impfungen im Abstand von mindestens zwei Monaten. Eine dritte Dosis wird im Alter von 12-15 Monaten empfohlen (frühestens 6 Monate nach der 2. Dosis). Alternativ kann auch mit dem Schema 3+1 geimpft werden.
- Säuglinge im Alter zwischen 6 und 11 Monaten: Grundimmunisierung mit zwei Impfungen im Abstand von mindestens zwei Monaten. Eine dritte Dosis wird im 2. Lebensjahr frühestens 2 Monate nach der 2. Dosis empfohlen.
- Kinder im Alter zwischen 12 und 23 Monaten: Grundimmunisierung mit zwei Impfstoffdosen in einem Mindestabstand von 2 Monaten und einer 3. Impfstoffdosis 12 bis 23 Monate nach der 2. Impfung.
- Kinder ab zwei Jahren, Jugendliche und Erwachsene: Zwei Impfstoffgaben im Abstand von mindestens einem Monat.
- Meningokokken C: Empfohlen ist die Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe C mit 1 Impfstoffdosis für alle Kinder im Alter von 12 Monaten. Eine fehlende Impfung sollte bis zum 18. Geburtstag nachgeholt werden.
- Meningokokken A,C,W,Y: Impfschemata je nach Fachinformation und Alter. Die ACWY-Impfstoffe sind in Deutschland, je nach Hersteller, ab dem Alter von ≥6 Wochen, bzw. ab dem Alter von ≥12 Monaten, bzw. ab dem Alter von ≥2 Jahren zugelassen.
Reiseimpfungen
Als Reiseimpfung wird in der Regel der Meningokokken-ACWY-Konjugat-Impfstoff verwendet. Auch die Impfung gegen Meningokokken B kann - nicht nur als Standardimpfung für Säuglinge und Kleinkinder - zusätzlich als Impfung speziell für Reisende erforderlich sein. Reiseimpfungen sollten idealerweise bis max. 4-6 Wochen vor Reiseantritt erfolgen.
Meningitisgürtel
Bei Reisen in den sogenannten „Meningitisgürtel“ ist besondere Vorsicht geboten. Zum Meningitisgürtel zählen insgesamt 26 Länder (bzw. Teile davon) der Sahelzone in Afrika. Es ist ratsam, sich vor Reisen in diese Regionen über die aktuelle Impfempfehlungen zu informieren und gegebenenfalls impfen zu lassen.
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Impfung bei besonderen Risiken
Für Personen mit besonderen Risiken gelten bzgl. Reiseimpfungen oft eigene Empfehlungen. Dies betrifft beispielsweise Personen mit engem Kontakt zur lokalen Bevölkerung (z. B. Besuch von Verwandten oder Freunden, Besuch von Kindergärten, Schulen; Teilnahme an Veranstaltungen mit vielen Teilnehmern) oder bei Besuchen von Freunden/ Verwandten in Ländern mit epidemischen Vorkommen.
Schwangerschaft und Stillzeit
Zur Einschätzung des Risikos einer Meningokokken-B-Impfung während der Schwangerschaft liegen keine ausreichenden klinischen Daten vor. Die Impfung sollte laut Experten jedoch nicht vorenthalten werden, wenn ein deutliches Risiko einer Meningokokken-Infektion besteht. Während der Stillzeit sollten die Impfstoffe nur nach einer sorgfältigen Nutzen-Risiko-Abwägung eingesetzt werden.
Wer trägt die Kosten?
Gegen Meningokokken werden Impfungen empfohlen, die Meningokokken-B-Impfung bis zum 5. Geburtstag, voll erstattet durch die Krankenkasse. Für welche Reiseimpfungen übernimmt deine Krankenkasse die Kosten? Kläre dies vorab mit deiner Krankenkasse.
Wichtig für enge Kontaktpersonen
Wenn Sie engen Kontakt zu einer an Meningokokken erkrankten Person hatten, sollten Sie bei ersten Krankheitszeichen einer Meningokokken-Infektion umgehend ärztlichen Rat einholen. Enge Kontaktpersonen von Erkrankten sollen vorbeugend Antibiotika erhalten. Damit sollte möglichst zeitnah begonnen werden, spätestens jedoch bis zum 10. Tag nach dem Kontakt zur erkrankten Person. Ungeimpften engen Kontaktpersonen wird eine Impfung empfohlen, wenn bei der erkrankten Person Meningokokken festgestellt wurden, gegen die man sich impfen lassen kann.
Impfreaktionen und Nebenwirkungen
Die Impfung ist in der Regel gut verträglich. Wie bei jeder Impfung können jedoch Nebenwirkungen auftreten, die je nach verwendetem Impfstoff etwas verschieden und unterschiedlich häufig sind. Durch die Anregung der körpereigenen Abwehr können für kurze Zeit vorübergehende Impfreaktionen auftreten, die in der Regel nach wenigen Tagen ohne Folgen wieder abklingen. Dazu zählen Rötungen, Schwellungen und Schmerzen an der Impfstelle, Fieber, Kopfschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen sowie allgemeines Unwohlsein. Schwere Nebenwirkungen sind sehr selten.
Zur Vermeidung von Fieber oder Schmerzen nach der Impfung gegen Meningokokken B wird eine vorbeugende Gabe von Paracetamol empfohlen, die zeitgleich mit der Impfung oder kurz danach begonnen werden sollte.
Fazit
Die Meningokokken-Impfung ist eine wichtige Maßnahme zum Schutz vor schweren und potenziell lebensbedrohlichen Erkrankungen. Die STIKO empfiehlt Impfungen gegen verschiedene Serogruppen für Säuglinge, Kinder, Jugendliche und Risikogruppen. Lassen Sie sich von Ihrem Arzt beraten, welche Impfungen für Sie und Ihre Familie sinnvoll sind.
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