Rückenschmerzen sind in Deutschland weit verbreitet, oft verursacht durch Bewegungsmangel, einseitige Belastung am Arbeitsplatz und Übergewicht. Ein Bandscheibenvorfall, bei dem der weiche Kern der Bandscheibe austritt und auf Nerven drückt, kann heftige Schmerzen verursachen. Glücklicherweise können konservative Behandlungsmethoden, einschließlich gezielter Übungen, oft helfen, die Beschwerden zu lindern und die Beweglichkeit wiederherzustellen.
Was ist ein Bandscheibenvorfall?
Die Bandscheiben sind Polster zwischen den Wirbeln mit einem weichen Kern. Bei einem Bandscheibenvorfall tritt dieser Kern aus und drückt auf den äußeren Faserring, was zu einer Bandscheibenverwölbung (Protrusion) führen kann. Reißt der Faserring, dringt der Gallertkern nach außen und drückt auf die Nerven in der Wirbelsäule, was starke Schmerzen verursacht.
Was tun bei Verdacht auf Bandscheibenvorfall?
Bei Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall ist es wichtig, einen Arzt aufzusuchen. Nach einer Diagnose kann ein individueller Behandlungsplan erstellt werden.
Bewegung als Therapie
Obwohl ein Bandscheibenvorfall schmerzhaft ist, ist Bewegung eine der besten Methoden gegen Rückenschmerzen. Bewegung lockert die Muskulatur und setzt Glückshormone frei. Gezieltes Training hilft, den Rücken beweglich und belastbar zu halten.
Dr. Michael Schubert, Spezialist vom Wirbelsäulenzentrum Apex Spine in München, betont: "Bei einem so akuten Ereignis muss man dem Körper erst einmal Ruhe gönnen." Danach ist Bewegung wichtig, um die Muskulatur zu lockern und Verspannungen zu lösen.
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Geeignete Übungen nach einem Bandscheibenvorfall
Viele Übungen eignen sich, um den Rücken nach einem Bandscheibenvorfall zu trainieren. Trainingsformen wie Pilates oder Yoga sind empfehlenswert, da sie die gesamte Rumpf- und Rückenmuskulatur ansprechen. Pilates konzentriert sich auf das "Powerhouse", das Zusammenspiel der tiefen Muskulatur in Bauch, Rücken, Zwerchfell und Beckenboden.
Beispiele für Übungen
- Beckenheben: Legen Sie sich auf den Rücken, stellen Sie die Füße auf und winkeln Sie die Beine an. Heben Sie das Becken an, sodass Knie, Becken und Schultern eine Linie bilden. Halten Sie die Position für etwa 5 Sekunden und senken Sie das Becken langsam wieder ab.
- Kobra: Legen Sie sich auf den Bauch. Heben Sie Kopf und Brust vom Boden ab und versuchen Sie, die Arme durchzustrecken. Wer es nicht schafft, kann sich zunächst an die "kleine Kobra" herantasten, bei der die Arme angewinkelt bleiben. Halten Sie die Position für etwa 30 Sekunden.
- Dehnung der Hüftbeugemuskulatur: Stellen Sie sich aufrecht hin, die Beine stehen hüftbreit auseinander. Legen Sie die Handflächen aufs Gesäß und lehnen Sie sich mit dem Oberkörper langsam nach hinten, um die Vorderseite zu dehnen.
- Vorbeuge im Sitzen: Setzen Sie sich auf eine Matte oder den Boden und nehmen Sie die Beine nach vorne. Lassen Sie die Knie nach außen fallen und bringen Sie die Fußsohlen zusammen. Umfassen Sie die Füße mit den Händen und ziehen Sie den Rumpf nach vorne.
- Dehnung im Stehen mit Wand: Stellen Sie sich vor eine Wand. Gehen Sie mit dem rechten Bein ein Stück zurück und stellen Sie den linken Fuß direkt vor die Wand. Fassen Sie mit der rechten Hand auf die rechte Gesäßhälfte, drücken Sie das Gesäß und die Leisten nach vorne, während der Oberkörper nach hinten geht. Achten Sie darauf, kein starkes Hohlkreuz zu bilden.
Wichtige Hinweise zur Durchführung von Übungen
- Sprechen Sie mit einem Arzt oder Physiotherapeuten, um abzuklären, welche Übungen für Sie geeignet sind.
- Beginnen Sie langsam und steigern Sie die Intensität nach und nach.
- Hören Sie auf die Signale Ihres Körpers und übertreiben Sie es nicht.
- Bei Verletzungen oder Entzündungen im Rücken-, Hüft- oder anderen Körperregionen ist es wichtig, vorab medizinischen Rat einzuholen.
- Bei Rückenschmerzen, die sich nach einigen Tagen des Trainings nicht bessern, oder bei starken Schmerzen während der Übungen, suchen Sie ärztlichen Rat ein.
Weitere Übungen und Techniken
- Vierfüßlerstand: Diese Übung stärkt die Rücken- und Gesäßmuskulatur. Gehen Sie auf die Knie und stützen Sie die Hände vor dem Körper ab.
- Stufenlagerung: Legen Sie sich auf den Rücken und lagern Sie die Unterschenkel im rechten Winkel auf einem Stuhl oder Kissenstapel. Dies entlastet die Wirbelsäule.
- Atemübungen: Tiefe Bauchatmung kann helfen, die Muskulatur zu entspannen und die Stabilität des Körpers zu verbessern.
- Mobilisationsübungen für verschiedene Wirbelsäulenabschnitte:
- Halswirbelsäule (HWS): Kopf nach rechts und links drehen, nicken, Kopf zur Seite neigen und Schulter auf der Gegenseite bewegen.
- Brustwirbelsäule (BWS): Im Vierfüßlerstand den Rücken wölben und wieder in die Ursprungshaltung zurückkehren.
- Lendenwirbelsäule (LWS): Im Sitzen das Becken vor- und zurückkippen.
Was Sie vermeiden sollten
- Überlastung der Wirbelsäule: Achten Sie auf ruhige und kontrollierte Bewegungen.
- Langes Verharren in einer Haltung: Bewegen und dehnen Sie sich regelmäßig.
- Überstreckung der Halswirbelsäule: Positionieren Sie den Monitor Ihres Computers so, dass die Oberkante auf Augenhöhe liegt.
Vorbeugung und langfristige Maßnahmen
Um einen erneuten Bandscheibenvorfall zu vermeiden und den Rücken dauerhaft gesund zu halten, sollte das funktionelle Training fortgesetzt werden. Regelmäßiger Sport und ausreichend Bewegung sind ebenfalls wichtig. Achten Sie auf richtiges Heben: Gehen Sie in die Hocke und heben Sie die Last über die Beine auf. Vermeiden Sie langes Sitzen und stehen Sie regelmäßig auf, um sich zu bewegen.
Konservative Behandlung und Operation
In den meisten Fällen können Bandscheibenvorfälle konservativ behandelt werden. Medikamente, die die Schmerzen lindern, und mobilisierende sowie stärkende Übungen für den Rücken stehen im Vordergrund. Eine Operation wird nur in Betracht gezogen, wenn diese Therapieverfahren keine Besserung zeigen.
Dr. Michael Schubert betont, dass in 80 bis 90 Prozent der Fälle Bandscheibenvorfälle konservativ behandelt werden können.
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