Ein Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule (HWS) ist eine Erkrankung, die durch das Austreten von Bandscheibenmaterial im Halsbereich entsteht. Dieses Material kann auf das Rückenmark oder die Spinalnerven drücken und verschiedene Symptome verursachen. In diesem Artikel werden die Symptome eines HWS-Bandscheibenvorfalls, insbesondere das Taubheitsgefühl im Gesicht, sowie die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten erläutert.
Was ist ein Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule (HWS)?
Die Halswirbelsäule besteht aus sieben Wirbeln, die von C1 bis C7 bezeichnet werden. Zwischen den Wirbeln liegen Bandscheiben, die als Stoßdämpfer dienen und die Beweglichkeit der Wirbelsäule ermöglichen. Eine Bandscheibe besteht aus einem weichen, gallertartigen Kern (Nucleus pulposus), der von einem festen Faserring (Anulus fibrosus) umgeben ist.
Bei einem Bandscheibenvorfall reißt der Faserring ein, und der Gallertkern tritt aus. Das ausgetretene Material kann auf die Nervenwurzeln oder das Rückenmark drücken, was zu Schmerzen, Taubheitsgefühlen und anderen neurologischen Symptomen führen kann.
Bandscheibenvorfälle an der Halswirbelsäule sind seltener als Bandscheibenvorfälle an der Lendenwirbelsäule, da die HWS weniger Gewicht tragen muss. Etwa 8 von 100 Bandscheibenvorfällen betreffen die Halswirbelsäule.
Ursachen und Risikofaktoren
In den meisten Fällen sind degenerative Veränderungen die Ursache für einen Bandscheibenvorfall der HWS. Mit zunehmendem Alter verliert der Faserring an Elastizität und kann dem Druck des Gallertkerns nicht mehr standhalten. Risikofaktoren für einen Bandscheibenvorfall der HWS sind:
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- Alter: Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko eines Bandscheibenvorfalls.
- Genetische Veranlagung: Eine familiäre Veranlagung kann das Risiko erhöhen.
- Fehlbelastungen: Berufliche oder sportliche Fehlbelastungen der Halswirbelsäule über einen längeren Zeitraum können zu Abnutzungsprozessen führen.
- Unfälle: In seltenen Fällen kann ein Unfall mit abrupten Drehbewegungen des Kopfes zu einem akuten HWS-Bandscheibenvorfall führen.
- Vorschädigungen: Bei Menschen ohne Vorschädigungen ist es unwahrscheinlich, dass sich durch einen Unfall ein Bandscheibenvorfall der HWS ausbildet.
Symptome eines HWS-Bandscheibenvorfalls
Die Symptome eines HWS-Bandscheibenvorfalls können je nach Lage und Größe des Vorfalls variieren. Typische Symptome sind:
- Nackenschmerzen: Starke Schmerzen in der HWS, die bis in den Kopf ausstrahlen können.
- Schmerzen im Arm: Ausstrahlung der Schmerzen in den Arm bis in die Finger.
- Gefühlsstörungen: Taubheit, Kribbeln oder "Ameisenlaufen" im Arm, in den Händen oder Fingern.
- Muskelschwäche: Schwäche im Arm oder der Hand.
- Kopfschmerzen: Häufig Nacken- und Kopfschmerzen, oft auch Schmerzen am Schulterblatt.
- Eingeschränkte Beweglichkeit: Schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule.
- Zusätzliche Symptome: In seltenen Fällen können auch Gefühlsstörungen im Gesicht oder Ohrgeräusche auftreten.
Taubheitsgefühl im Gesicht
Ein Taubheitsgefühl im Gesicht ist kein typisches Symptom eines Bandscheibenvorfalls der Halswirbelsäule. Es kann jedoch in seltenen Fällen vorkommen, wenn der Bandscheibenvorfall auf Nerven drückt, die das Gesicht versorgen. Es handelt sich dann um ein Ausstrahlen der Beschwerden aus dem Halsbereich ins Gesicht. Der Nerv, der das Gesicht sensibel versorgt (Nervus trigeminus), kann bei einem Bandscheibenvorfall jedoch nicht direkt eingeengt werden, da dieser Nerv nicht aus dem Rückenmark, sondern direkt aus dem Gehirn austritt.
Es ist wichtig zu beachten, dass ein Taubheitsgefühl im Gesicht auch andere Ursachen haben kann, wie z.B. eine Störung des Nervus facialis oder eine zentrale Störung im Gehirn. Daher ist es wichtig, einen Arzt aufzusuchen, um die Ursache des Taubheitsgefühls abzuklären.
Kribbeln
Ein Kribbeln kann sehr vielfältige Ursachen haben, kann aber auch auf einen Bandscheibenvorfall hinweisen. Bei einem Bandscheibenvorfall reißt der Faserring einer oder mehrerer Bandscheiben ein und der innere Gallertkern tritt heraus. Dadurch kann das Rückenmark oder die Spinalnerven, die aus dem Rückenmark austreten, eingeengt werden. Jeder Spinalnerv versorgt bestimmte Hautareale sensibel und bestimmte Muskelgruppen motorisch. Bei einer Einklemmung der Spinalnerven durch einen Bandscheibenvorfall kann es also zu Sensibilitätsstörungen und zu Muskelschwächen kommen. Die Sensibilitätsstörungen äußern sich häufig durch ein Kribbeln, welches in den jeweiligen Bereich, der von dem Spinalnerven versorgt wird, ausstrahlt. So kann das Kribbeln in die Arme oder Beine, aber auch gürtelförmig entlang das Rumpfes ausstrahlen. Durch den Druck der Bandscheibe auf die Spinalnerven bestehen meist begleitend auch starke Schmerzen im Rücken.
Diagnose
Die Diagnose eines HWS-Bandscheibenvorfalls umfasst in der Regel folgende Schritte:
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- Anamnese: Der Arzt erfragt die Krankengeschichte des Patienten und die genauen Symptome.
- Körperliche Untersuchung: Der Arzt untersucht die Halswirbelsäule, die Arme und Hände, um neurologische Ausfälle festzustellen. Dabei achtet er besonders auf:
- Anzeichen für eine Engstelle im Spinalkanal
- Knöcherne Verdickungen der Facettengelenke
- Knochensporne (Spondylophyten)
- Gegeneinander verschobene Gleitwirbel (Spondylolisthesis)
- Bildgebende Verfahren:
- Röntgenaufnahme: Eine Röntgenübersichtsaufnahme der Halswirbelsäule kann degenerative Veränderungen und Instabilitäten aufzeigen.
- Magnetresonanztomographie (MRT): Die MRT ist die Untersuchungsmethode der ersten Wahl, um einen Bandscheibenvorfall der HWS zu diagnostizieren. Sie kann das Ausmaß und die Ausrichtung des Vorfalls sowie die Kompression von Nervenwurzeln oder Rückenmark darstellen.
- Computertomographie (CT): Die CT kann in einigen Fällen zusätzliche Informationen liefern, insbesondere bei knöchernen Veränderungen.
- Myelographie: In seltenen Fällen kann eine Myelographie zum Einsatz kommen, bei der ein Kontrastmittel in den Spinalkanal gespritzt wird, um die Nervenstrukturen besser darzustellen.
Behandlung
Die Behandlung eines HWS-Bandscheibenvorfalls hängt von der Schwere der Symptome und dem Ausmaß der Nervenkompression ab. In den meisten Fällen kann ein Bandscheibenvorfall der HWS konservativ behandelt werden.
Konservative Behandlung
Die konservative Behandlung zielt darauf ab, die Schmerzen zu lindern, die Entzündung zu reduzieren und die Funktion der Halswirbelsäule wiederherzustellen. Mögliche Maßnahmen sind:
- Schmerzmittel: Nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAIDs) wie Ibuprofen oder Diclofenac können zur Schmerzlinderung und Entzündungshemmung eingesetzt werden.
- Muskelrelaxantien: Muskelentspannende Medikamente können bei Muskelverspannungen helfen.
- Kortikosteroide: Kortisonhaltige Präparate können die Entzündung reduzieren und die Schmerzen lindern.
- Lokale Wärmebehandlung: Wärmeanwendungen wie Wärmepflaster oder Infrarotlicht können die Durchblutung fördern und die Muskulatur entspannen. ThermaCare Wärmeauflagen für Nacken & Schulter können 12 Stunden lang für eine therapeutische Tiefenwärme im betroffenen Gewebe sorgen.
- Kälteanwendungen: Klassische Kälteanwendungen wie Kühlpads oder Eiskompressen können bei akuten Schmerzen die Durchblutung reduzieren, einen abschwellenden und schmerzlindernden Effekt haben und entzündlichen Prozessen entgegenwirken.
- Physiotherapie: Krankengymnastische Übungen können die Muskulatur lockern, die Beweglichkeit verbessern und einer Schonhaltung entgegenwirken. Auch eine Akupunkturbehandlung kann hilfreich sein.
- Manuelle Therapie: Manuelle Therapie kann eingesetzt werden, um Blockaden zu lösen und die Beweglichkeit der Halswirbelsäule zu verbessern.
- Halskrause: Das Tragen einer Halskrause oder Zervikalstütze kann die Muskulatur der Halswirbelsäule entlasten und die Heilung fördern.
- Injektionen: Injektionen von schmerz- und entzündungshemmenden Medikamenten direkt an die komprimierten Nervenwurzeln (Infiltration der Wirbelsäule) können bei akuten Schmerzbeschwerden helfen. Auch die Anlage eines "cervicalen Periduralkatheters" (vgl. PDA) kann hilfreich sein.
Operative Behandlung
Eine Operation ist in der Regel nur erforderlich, wenn die konservative Behandlung nicht ausreichend hilft oder wenn neurologische Ausfälle wie Lähmungen auftreten. Eine OP-Notwendigkeit besteht dann, wenn neurologische Ausfälle bestehen wie z.B. Lähmungen in Arm oder Hand, oder gar eine Schädigung des Rückenmarks (Myelopathie) vorliegt. Weiterhin besteht eine sinnvolle OP-Indikation bei unerträglichen Schmerzen bzw. Schmerzen, die auf anderweitige konservative Maßnahmen nicht entsprechend reagieren.
Es gibt verschiedene operative Verfahren zur Behandlung eines HWS-Bandscheibenvorfalls:
- Ventrale Diskektomie und Fusion (Versteifung): Bei diesem Verfahren wird die geschädigte Bandscheibe von vorne über einen Hautschnitt nahe dem Kehlkopf entfernt und durch einen Platzhalter (Cage) ersetzt, um eine Fusionierung (Spondylodese, Versteifung) zu erreichen. Anstelle der Bandscheibe setzt der Orthopäde entweder eigenes Knochenmaterial (z. B.
- Ventrale Diskektomie und Implantation einer Bandscheibenprothese: Bei diesem Verfahren wird die geschädigte Bandscheibe entfernt und durch eine künstliche Bandscheibe ersetzt, um die Beweglichkeit der Halswirbelsäule zu erhalten und eine übermäßige Belastung der benachbarten Segmente zu verhindern. Dieser Eingriff ist bei einer umfangreichen Bandscheibendegeneration auch in mehreren Wirbelsegmenten möglich.
- Dorsale Foraminotomie (Operation nach Frykholm): Bei diesem Verfahren wird der knöcherne Kanal, durch den die Nervenwurzel verläuft, erweitert, um den Druck auf die Nervenwurzel zu verringern.
Die Wahl des geeigneten Operationsverfahrens hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. der Lage und Größe des Bandscheibenvorfalls, dem Ausmaß der Nervenkompression und dem Zustand der Halswirbelsäule.
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Rehabilitation
Nach einer Operation ist eine Rehabilitation wichtig, um die Funktion der Halswirbelsäule wiederherzustellen und die Muskulatur zu kräftigen. Die Spezialisten der Gelenk-Klinik empfehlen ihren Patienten unbedingt, an einer postoperativen Reha-Maßnahme teilzunehmen. Hier erhalten sie ein abgestimmtes Übungsprogramm, das sie auch später in den eigenen vier Wänden einsetzten können.
Prognose
Die Prognose eines HWS-Bandscheibenvorfalls ist in den meisten Fällen gut. Durch konservative Behandlung oder Operation können die Beschwerden in der Regel deutlich gelindert oder beseitigt werden.
Vorbeugung
Es gibt verschiedene Maßnahmen, um einem Bandscheibenvorfall der HWS vorzubeugen:
- Ergonomischer Arbeitsplatz: Achten Sie auf eine gute Körperhaltung und einen ergonomischen Arbeitsplatz, um Fehlbelastungen der Halswirbelsäule zu vermeiden.
- Regelmäßige Bewegung: Regelmäßige Bewegung fördert die Durchblutung der Bandscheiben und stärkt die Muskulatur.
- Kräftigungsübungen: Gezieltes Krafttraining der Nacken- und Rückenmuskulatur kann die Halswirbelsäule stabilisieren.
- Stressabbau: Stress kann zu Muskelverspannungen führen, die das Risiko eines Bandscheibenvorfalls erhöhen können. Entspannungsübungen oder andere Stressbewältigungsstrategien können helfen.
- Vermeidung von Fehlbelastungen: Vermeiden Sie ruckartige Bewegungen und abrupte Drehungen des Kopfes.
Wann zum Arzt?
Es ist ratsam, einen Arzt aufzusuchen, wenn folgende Symptome auftreten:
- Starke Nackenschmerzen, die nicht auf übliche Schmerzmittel ansprechen.
- Ausstrahlung der Schmerzen in Arme, Hände oder Finger.
- Taubheitsgefühle, Kribbeln oder Muskelschwäche in Armen oder Händen.
- Kopfschmerzen oder Schwindel in Verbindung mit Nackenschmerzen.
- Neurologische Ausfälle wie Lähmungen oder Blasenentleerungsstörungen.
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