Ein Bandscheibenvorfall ist ein weit verbreitetes Problem, das oft mit Rückenschmerzen in Verbindung gebracht wird. Allerdings können die Auswirkungen eines Bandscheibenvorfalls vielfältig sein und sich auch in Form von Zehenkrämpfen äußern. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen von Bandscheibenvorfällen, den Zusammenhang mit Zehenkrämpfen und die verschiedenen Behandlungsoptionen.
Was ist ein Bandscheibenvorfall?
Ein Bandscheibenvorfall, auch Diskushernie oder Diskusprolaps genannt, tritt auf, wenn der weiche Kern einer Bandscheibe durch die äußere, faserige Hülle hervortritt. Die Bandscheiben fungieren als Stoßdämpfer zwischen den Wirbelkörpern und ermöglichen die Beweglichkeit der Wirbelsäule. Die menschliche Wirbelsäule besteht aus 24 freien Wirbeln, die durch das vordere und hintere Längsband stabilisiert werden. Insgesamt besitzt die menschliche Wirbelsäule 23 Bandscheiben, die wie Stoßdämpfer zwischen den einzelnen Wirbelkörpern wirken.
Professor Uwe Kehler, Chefarzt der Neurochirurgie an der Asklepios-Klinik Altona, erklärt: "Das ist ein Vorfall des gallertartigen Kerns einer Bandscheibe". Interessanterweise verursacht ein Bandscheibenvorfall in vielen Fällen keinerlei Symptome.
Wie entstehen Bandscheibenvorfälle?
Allgemein spielt das Lebensalter eine entscheidende Rolle bei der Entstehung eines Bandscheibenvorfalls. Mit zunehmendem Alter verliert die Bandscheibe ihre Elastizität und kann Wasser schlechter speichern. Starke Beanspruchungen in Kindheit und Jugend, wie Fehlstellungen, können ebenfalls eine Rolle spielen.
Nach Auffassung von Experten ist oft die Qualität der Bewegung entscheidend. Bei häufigem Sitzen können die Muskeln im vorderen Körperbereich unnachgiebig werden, was dazu führt, dass die Wirbelkörper durch die Spannung immer fester aufeinander gezogen werden. Zudem kann sich das Bandscheibengewebe bei einseitigen Belastungen bzw. Bewegungsmustern nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen versorgen.
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In unserem modernen Alltag nehmen wir bestimmte Positionen, wie das Sitzen, sehr häufig ein. Dadurch neigen wir unsere Wirbelkörper nur in bestimmten Winkeln, während wir andere vernachlässigen. Dies kann dazu führen, dass die Bandscheiben an einer bestimmten Stelle häufig gepresst werden und ihre Flüssigkeit austritt, sie dort aber selten entlastet werden, um wieder Nährstoffe aufzunehmen.
Während der Schwangerschaft verändert sich die Statik des Körpers der werdenden Mutter, wodurch die Wirbelsäule stärker belastet wird. Besonders das zusätzliche Gewicht und hormonelle Veränderungen können das Risiko für einen Bandscheibenvorfall während der Schwangerschaft erhöhen.
Symptome eines Bandscheibenvorfalls
Ein Bandscheibenvorfall kann eine Vielzahl von Symptomen hervorrufen, die je nach betroffenem Bereich der Wirbelsäule variieren können. Häufig treten Rückenschmerzen auf, die in Arme oder Beine ausstrahlen und oft mit Taubheitsgefühlen oder Kribbeln einhergehen. Diese Beschwerden können sowohl im Ruhezustand als auch bei Bewegung auftreten. Rückenschmerzen, die plötzlich auftreten und bei Belastung/Bewegung zunehmen, sind ebenfalls typisch.
Etwa zwei Drittel aller Bandscheibenvorfälle kommen im Bereich der Lendenwirbelsäule vor, wobei 90 % davon Areale betreffen, die in räumlichem Kontakt zum Becken stehen. Vor allem die Bandscheiben zwischen dem 4. und 5. Lendenwirbel (L4/L5) und zwischen dem 5. Lendenwirbel und 1. Sakralwirbel (L5/S1) sind betroffen. Schwere Ausprägungen eines Bandscheibenvorfalls sind eher selten.
Klaus Schnake, Chefarzt des Wirbelsäulenzentrums des Malteser Waldkrankenhauses in Erlangen, erklärt, dass bei einem Bandscheibenvorfall die Bandscheibe häufig auf die empfindlichen Nerven im Wirbelkanal drückt und so einen starken Schmerz auslöst, der ins Bein oder in Schulter und Arm ausstrahlt.
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Bandscheibenvorfall und Zehenkrämpfe
Ein Schmerz im großen Zeh wird häufig durch sogenannte Ballenzehen ausgelöst. Wenn es zu stechenden Schmerzen im Fußrücken kommt, die bis in die Zehen ausstrahlen, dann weist dies auf eine Verbindung zum Nervensystem hin und lässt einen Zusammenhang mit Rückenschmerzen nicht ausschließen.
Die Füße bilden das Fundament für die gesamte Körperstatik. Über die Sprunggelenke sind sie mit den Schienbeinen verbunden und beeinflussen damit die Stellung der Kniegelenke, Hüftgelenke und auch die Wirbelsäule. Schon die kleinste Blase am Fuß kann dazu führen, dass sich unsere Körperhaltung verändert, da der Körper versucht, Unebenheiten auszugleichen. Über einen längeren Zeitraum hinweg kann das maßgebliche Auswirkungen haben und sich bis in die Wirbelsäule bemerkbar machen.
Füße und Rücken sind durch den Ischiasnerv verbunden. Der Ischiasnerv ist der längste und dickste Nerv im menschlichen Körper. Er entspringt dem Lenden-Kreuzbein-Geflecht und verläuft von dort über das Gesäß in die Oberschenkel und die Kniekehlen. Hier teilt er sich in den Schienbein- und Wadennerv auf, die sich durch die Waden bis in die Füße ziehen. Der Ischiasnerv kann durch Verspannungen, Entzündungen, blockierte Wirbel oder Bandscheibenprobleme gereizt oder gar eingeklemmt sein. Das führt zu stechenden oder ziehenden Schmerzen, Kribbeln oder Taubheits- und Lähmungserscheinungen, die sich in der Lendenwirbelsäule bemerkbar machen, doch auch bis ins Gesäß, die Beine und die Füße reichen können.
Diagnose
Wenn ein Patient mit Schmerzen und Missempfindungen zum Arzt kommt, wird er zunächst neurologisch untersucht und erhält eine konservative Therapie mit Schmerzmitteln und eventuell zusätzlich Krankengymnastik.
Wenn ein Orthopäde aufgesucht wird, wird dieser zunächst nach den Beschwerden und möglichen Risikofaktoren fragen. Nach dem Gespräch wird der Arzt vermutlich einige neurologische Untersuchungen durchführen. Da viele Ärzte die Schmerzen mit Nervenreizungen oder Nervenschädigungen in Verbindung bringen, zielen diese Tests darauf ab, den genauen Ort einer möglichen Verletzung zu bestimmen.
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Vermutet der Arzt einen Bandscheibenvorfall, wird er zur genauen Diagnose eine Röntgenuntersuchung anordnen. Diese gibt Aufschlüsse über eventuelle Veränderungen an den Wirbeln, den Bandscheiben und dem Wirbelkanal.
Zur Abklärung von akuten Rückenschmerzen reichen eine Befragung und eine körperliche (neurologische) Untersuchung durch den Hausarzt normalerweise aus. Die Ärzte können anhand der genauen Lokalisation von Taubheitsgefühl, Muskelschwäche und Schmerzen sowie spezieller Untersuchungen oft bereits feststellen, welcher Nerv betroffen ist. Röntgenaufnahmen sind zur Diagnose eines Bandscheibenvorfalls nur wenig geeignet. Weitere Untersuchungen mit anderen bildgebenden Verfahren wie einer Kernspintomografie oder Computertomografie sind nur in seltenen Fällen nötig, nämlich wenn an einem oder beiden Beinen fortschreitende Lähmungserscheinungen auftreten, die Blasen- oder Darmfunktion gestört ist, starke Beschwerden trotz Behandlung über Wochen anhalten oder der Verdacht besteht, dass eine andere Erkrankung die Schmerzen verursacht, etwa ein Tumor oder bei bereits operierten Patienten.
Behandlungsmöglichkeiten
Bei einem Bandscheibenvorfall mit Rückenschmerzen oder anderen Beschwerden gibt es unterschiedliche Therapien und Behandlungsmöglichkeiten. Zusätzlich zu den Empfehlungen der Ärzte kann man sich und seinen Bandscheiben in vielen Fällen auch selbst etwas Gutes tun. Die Ursache der Rückenschmerzen können demnach häufig als muskulär-fasziale Spannungen auftreten. Diese kann man mit gezielten Bewegungen und Übungen beeinflussen.
Meistens ist es keine gute Idee, sich bei einem Bandscheibenvorfall übermäßig zu schonen oder gar nicht mehr zu bewegen. Wenn man beispielsweise Liebscher & Bracht Übungen in seinen Alltag integriert, bringt man mit gezielten Dehnungen seine Gelenke in alle möglichen Positionen und Winkel. Dadurch kann man langfristig die Struktur der Muskeln und Faszien positiv beeinflussen und möglicherweise Spannungen reduzieren, die Schmerzen und Beschwerden begünstigen können.
Für Betroffene bedeutet das: Man kann versuchen, seine Schmerzen aktiv anzugehen. In den meisten Fällen sind eine Bandscheiben-Operation oder langfristige Medikamentengabe nicht zwingend nötig. Faszien-Rollmassagen können die Dehnübungen effektiv ergänzen. Sie helfen dabei, überspannte Muskeln und Faszien zu lockern, sodass die in den Übungen gesetzten Reize optimal verarbeitet werden können.
Wenn man sich von einem Arzt untersuchen lässt und dieser eine Vorwölbung oder einen Bandscheibenvorfall diagnostiziert, rät er einem in der Regel zu einer konservativen Therapie. Schmerz- und entzündungshemmende Medikamente sowie Muskel-Relaxanzien sollen die Schmerzen lindern und die Muskeln entspannen. Bei starken Beschwerden wird auch Kortison über gezielte Injektionen gespritzt. Eine Kräftigung der Muskulatur kann in vielen Fällen helfen, allerdings sind für ein ausgewogenes Training auch gezielte Dehnübungen notwendig.
Eine Stufenlagerung kann ebenfalls hilfreich sein. Dazu legt man sich auf den Boden und lagert seine Beine auf einem Stuhl oder Hocker. Dabei platziert man seine Unterschenkel im rechten Winkel zu seinen Oberschenkeln. Das kann die zwischen den Wirbeln eingeklemmte Nervenwurzel entlasten.
Es gibt spezielle Übungen, die dabei unterstützen, dies mit nur wenigen Minuten Training täglich zu fördern. Grundsätzlich gibt es aus Sicht von Experten keinen rückenfreundlichen oder rückenschädlichen Sport. Entscheidend ist immer, dass man beim Sport keine Schmerzen hat und dass man die typischen Bewegungsmuster einer Sportart mit Hilfe von Übungen gezielt ausgleicht.
Essentiell für gesunde Bandscheiben ist eine ausgeglichene und ausreichende Bewegung, damit sie sich mit genügend Nährstoffen versorgen können. Wenn der Alltag aber durch sitzende Tätigkeiten geprägt ist, sollte man verhindern, dass die Muskulatur und die Faszien im vorderen Körperbereich immer unnachgiebiger werden.
Konservative Behandlung
Die meisten Menschen mit einem Bandscheibenvorfall werden „konservativ“ behandelt, das heißt ohne Operation. Dazu gehören vor allem Bewegung, Entspannung und Entlastung, schmerzstillende oder lokal betäubende Medikamente sowie manuelle und physikalische Therapien.
Früher war es üblich, Menschen mit einem Bandscheibenvorfall ein bis zwei Wochen Bettruhe zu verordnen. Heute wird im Gegenteil oft nachdrücklich dazu geraten, aktiv zu bleiben. Denn durch längeres Liegen werden Muskeln und Knochen schwächer, was zu weiteren Problemen führen kann. Auch für die allgemeine Beweglichkeit des Körpers ist es von Vorteil, aktiv zu bleiben, statt Bettruhe einzuhalten. Soweit die Schmerzen es erlauben, ist es also sinnvoll, weiter den normalen Tätigkeiten nachzugehen. Zudem ist nachgewiesen, dass ein Bewegungstraining erneuten Beschwerden wirksam vorbeugen kann.
Auch Entspannungsübungen können bei Rückenschmerzen einen Versuch wert sein. Denn wie jemand Schmerzen empfindet und wie gut es einem Menschen gelingt, mit Schmerzen zurechtzukommen, kann von der Psyche bzw. einer angespannten Grundhaltung beeinflusst werden. Bei manchen Patienten sorgt Kälte (z. B. Kühlkompressen), bei anderen Wärme (z. B. Fangopackung) für Linderung.
Um Ischiasbeschwerden (Ischialgie) nach einem Bandscheibenvorfall zu lindern, können verschiedene Medikamente eingesetzt werden. Dazu gehören vor allem Schmerzmittel, aber auch entkrampfende und entzündungshemmende Wirkstoffe. Am häufigsten werden die folgenden Medikamente verwendet:
- Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR), zum Beispiel Diclofenac, Ibuprofen und Naproxen.
- Paracetamol: Auch Paracetamol ist ein Schmerzmittel, gehört aber nicht zur Gruppe der NSAR.
- Opioide: Starke Schmerzmittel, die nur kurzfristig und nur unter ärztlicher Kontrolle eingesetzt werden dürfen.
- Antikonvulsiva: Diese Mittel werden normalerweise bei Epilepsie eingesetzt, einige sind aber auch zur Behandlung von Nervenschmerzen (Neuralgien) zugelassen.
- Antidepressiva: Sie werden normalerweise gegen Depressionen eingesetzt. Einige dieser Mittel sind auch zur Behandlung von Schmerzen zugelassen.
- Kortikosteroide: Entzündungshemmer. Sollten nur erwogen werden, wenn andere medikamentöse und nichtmedikamentöse Behandlungen nicht ausreichen.
Krankengymnastik ist hilfreich bei schmerzbedingt eingeschränkter Mobilität zur Korrektur von Fehlhaltung und Muskeltonus. Bei der Injektionsbehandlung werden entzündungshemmende Medikamente wie Kortikosteroide (Kortison) in die unmittelbare Umgebung der gereizten Nervenwurzel gespritzt.
Operation
Bevor eine Operation in Erwägung gezogen wird, kann man in Einzelfällen auch versuchen, durch eine sogenannte periradikuläre Therapie die Beschwerden zu lindern. Reicht auch diese Therapie nicht aus, um die Beschwerden zu beheben, steht eine Operation an. Immer erforderlich ist eine Operation dann, wenn Lähmungserscheinungen auftreten. "Der Eingriff sollte umso rascher erfolgen, je ausgeprägter diese Lähmungserscheinungen sind", erklärt der Neurochirurg.
Bei der Operation wird durch einen kleinen Hautschnitt von 1,5 bis zwei Zentimeter Länge der Vorfall mit feinen Instrumenten entfernt. Die Operation dauert eine halbe bis eine Stunde. Anschließend müssen die Patienten noch drei bis fünf Tage im Krankenhaus bleiben. Zwar sind schwere Komplikationen nach einem solchen Eingriff selten, aber die Operation hat nicht immer den gewünschten Erfolg. "Bei 80 bis 90 Prozent der Patienten kommt es zu einer langfristigen Besserung.
Bleiben die ausstrahlenden Schmerzen über mehr als sechs bis acht Wochen trotz konservativer Therapie bestehen, kann das an dem gelartigen Kern liegen, der ausgetreten ist und auf den Nerv drückt. Enthält dieser mehr Knorpel als Wasser, schrumpft er kaum. Hält die Ärztin oder der Arzt eine Schrumpfung für unwahrscheinlich oder kann der Patient beziehungsweise die Patientin die Schmerzen kaum mehr ertragen, sollte eine OP in Erwägung gezogen werden. Denn nach dieser Zeit sind die Chancen sehr gering, dass sich die Beschwerden auch ohne eine OP wieder bessern. Dann ist es sinnvoll, das problematische Gewebe zu entfernen.
Verringern sich die Schmerzen innerhalb einiger Wochen/Monate nicht, kann je nach Ausmaß der Beschwerden ein chirurgischer Eingriff erwogen werden, um den betroffenen Nerv zu entlasten. Rasch zunehmende Lähmungserscheinungen und länger anhaltende starke Schmerzen, die eine Schmerzmittelbehandlung mit Narkotika (Opiaten) erfordern, bedürfen jedoch ebenso wie das Kaudasyndrom einer schnellen Operation.
Präventive Maßnahmen
Einem Bandscheibenvorfall können Sie mit verschiedenen Maßnahmen effektiv vorbeugen:
- Übergewicht abbauen: Übergewicht ist ein nicht zu unterschätzender Risikofaktor, wenn es um das Vorbeugen eines Diskusprolaps geht. Das überschüssige Gewicht strapaziert Rücken und Wirbelkörper zusätzlich.
- Aktivitätslevel erhöhen: Ein aktiver Lebensstil ist für gesunde Bandscheiben essenziell. Durch das aktive Stimulieren der Rückenmuskulatur wird die Wirbelsäule besser mit Wasser und Nährstoffen versorgt.
- Muskulatur aufbauen: Eine gut ausgebaute Rückenmuskulatur ist erwiesenermaßen eine der besten Maßnahmen, um einer Diskushernie vorzubeugen.
- Körperhaltung verbessern: Egal, ob beim Erdbeeren pflücken, Fahrrad oder Auto fahren: Achten Sie auf Ihre Körperhaltung und stellen Sie, wenn nötig, den Sitz im Vergleich zum Lenker oder Lenkrad etwas niedriger ein.
- Ergonomischer Arbeitsplatz: Verbringen Sie täglich viele Stunden am Schreibtisch? Dann achten Sie auf eine ergonomische Einrichtung Ihres Arbeitsplatzes.
- Gesunder Schlaf: Häufig unterschätzt ist ebenfalls eine gute Matratze. Vermeiden Sie bei einem Diskusprolaps im Bereich der Halswirbelsäule vor allem langes Arbeiten am Laptop, Autofahren sowie Fernsehen.
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