Cholesterin und seine Bedeutung für das Gehirn: Zusammensetzung, Funktionen und Auswirkungen auf die Gesundheit

Erhöhte Cholesterinwerte im Blut, bekannt als Hypercholesterinämie, bleiben oft unbemerkt, können aber langfristig schwerwiegende Folgen haben. Cholesterin, ein lebenswichtiger Stoff, spielt eine entscheidende Rolle im Körper, insbesondere im Gehirn. Dieser Artikel beleuchtet die Zusammensetzung von Cholesterin, seine Funktionen im Gehirn, die Auswirkungen erhöhter Cholesterinwerte und die möglichen Zusammenhänge mit neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer.

Was ist Cholesterin?

Cholesterin, auch Cholesterol genannt, ist ein im menschlichen Körper vorkommender Naturstoff. Der Name leitet sich von den griechischen Wörtern "chole" (Galle) und "stereos" (fest) ab, da es bereits im 18. Jahrhundert in Gallensteinen gefunden wurde. Cholesterin ist ein polyzyklischer Alkohol, der zu den Lipiden gehört. Es ist ein lebensnotwendiges Lipid und Hauptbestandteil der Plasmamembran, wo es deren Stabilität erhöht und an der Ein- und Ausschleusung von Signalstoffen beteiligt ist. Der Cholesteringehalt des menschlichen Körpers beträgt etwa 140 g, wobei über 95 % intrazellulär lokalisiert sind, da Cholesterin nicht wasserlöslich ist.

Cholesterinbiosynthese und -aufnahme

Cholesterin wird zum größten Teil (90 %) im Körper selbst hergestellt, hauptsächlich in der Leber und der Darmschleimhaut. Beim Erwachsenen werden täglich 1 bis 2 g Cholesterin synthetisiert. Nur ein kleiner Teil wird mit der Nahrung aufgenommen. Die Cholesterinresorption liegt im Durchschnitt bei 0,1 bis 0,3 g pro Tag und kann höchstens auf 0,5 g pro Tag gesteigert werden, was 30 bis 60 % des in der Nahrung enthaltenen Cholesterins entspricht.

Die Biosynthese des Cholesterins erfolgt über viele Zwischenstufen aus der aktivierten Essigsäure, dem Acetyl-Koenzym A. Außer in Leber und Darm kann die Cholesterinbiosynthese mit wenigen Ausnahmen in fast allen Zellen des Körpers ablaufen. Organe mit hohem Cholesterinbedarf sind das Gehirn sowie die Steroidhormone produzierenden Organe (Nebennieren, Eierstöcke und Hoden).

Das Gleichgewicht zwischen benötigtem, selbst produziertem und über die Nahrung aufgenommenem Cholesterin wird über vielfältige Mechanismen aufrecht erhalten. Ein wichtiger Mechanismus ist die Hemmung der HMG-CoA-Reduktase, des wichtigsten Enzyms der Cholesterinbiosynthese, durch Cholesterin.

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Transport von Cholesterin im Körper

Cholesterin ist aufgrund seiner fettähnlichen Struktur nicht wasserlöslich und benötigt Eiweiße als Transportmittel, um im Blut gelöst an den jeweiligen Zielort zu gelangen. Diese Transportmittel werden Lipoproteine genannt. Man unterscheidet verschiedene Lipoproteine nach Größe, Dichte und Zusammensetzung:

  • LDL-Cholesterin (Low Density Lipoprotein): Transportiert Cholesterin aus der Leber zu den Körperzellen. Ein erhöhter LDL-Cholesterin-Wert ist mit einem erhöhten Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden, da überschüssiges LDL-Cholesterin sich in den Wänden der Blutgefäße ablagern und Arteriosklerose verursachen kann.
  • HDL-Cholesterin (High Density Lipoprotein): Nimmt Cholesterin aus den Wänden der Blutgefäße auf und transportiert es zurück in die Leber, wo es abgebaut und ausgeschieden wird. Normale bis hohe HDL-Werte bieten daher eine Schutzwirkung gegen Arteriosklerose und senken das Risiko von Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems.
  • VLDL (Very Low Density Lipoprotein) und IDL (Intermediate Density Lipoprotein): Transportieren hauptsächlich Triglyceride von der Leber zu den Muskeln und Fettdepots.

Cholesterin im Gehirn: Funktionen und Bedeutung

Das Gehirn benötigt Cholesterin für verschiedene Funktionen:

  • Bestandteil der Zellmembran: Cholesterin ist ein wichtiger Bestandteil der Zellmembranen von Nervenzellen und trägt zur Stabilität und Flexibilität dieser Membranen bei. Etwa 10 % des Trockengewichts des Gehirns bestehen aus Cholesterin.
  • Myelinisierung: Cholesterin ist Bestandteil der Myelinscheide, einer fettreichen Schutzschicht, die die Nervenfasern (Axone) umgibt und eine schnelle und effizienteSignalübertragung ermöglicht.
  • Signalübertragung: Cholesterin reguliert die Durchlässigkeit der Zellmembranen und den Stoffaustausch und schützt den Zellkern vor dem Eindringen von Toxinen, Bakterien und Viren.
  • Neuroprotektive Funktion: Neuere Forschungen deuten darauf hin, dass Cholesterin eine neuroprotektive Funktion im Gehirn haben könnte, indem es beispielsweise die Bildung von neurotoxischen A-beta-Peptiden reduziert, die mit der Alzheimer-Krankheit in Verbindung gebracht werden.

Hypercholesterinämie: Ursachen, Diagnose und Folgen

Erhöhte Cholesterinwerte im Blut (Hypercholesterinämie) werden oft lange nicht bemerkt, können aber langfristig zu schweren gesundheitlichen Problemen führen.

Ursachen

Die Ursachen für erhöhte Cholesterinwerte sind vielfältig:

  • Erbliche Veranlagung: Eine genetische Prädisposition kann die Anfälligkeit für Hypercholesterinämie erhöhen. In seltenen Fällen löst ein spezifischer Defekt im Erbgut erhöhte Blutfettwerte aus, oft schon im Kindesalter (familiäre Hypercholesterinämie).
  • Ungesunder Lebensstil: Schlechte Ernährung (hoher Gehalt an gesättigten Fetten und Cholesterin), mangelnde Bewegung, Übergewicht oder Adipositas sind häufige Auslöser für Hypercholesterinämie.
  • Erkrankungen: Leber- oder Nierenerkrankungen, ein Gallengangsverschluss oder eine Schilddrüsenunterfunktion können in manchen Fällen erhöhte Cholesterinwerte verursachen.
  • Medikamente und hormonelle Veränderungen: Die Einnahme bestimmter Medikamente sowie hormonelle Veränderungen in den Wechseljahren oder während einer Schwangerschaft können zur Hypercholesterinämie führen.

Diagnose

Um Hypercholesterinämie sicher festzustellen, ist eine Blutabnahme mit der Bestimmung der Cholesterinwerte notwendig. Dabei werden in der Regel folgende Werte bestimmt:

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  • Gesamtcholesterin: Als erhöhte Gesamtcholesterinwerte gelten Werte von 190 Milligramm pro Deziliter (mg/dl) bzw. 5,0 Millimol pro Liter (mmol/l) und darüber. Als stark erhöht gelten Werte von 240 mg/dl (bzw. 6,2 mmol/l) und höher.
  • LDL-Cholesterin: Laut der aktuellen Leitlinie für Fettstoffwechselstörungen der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) gilt für Personen ohne weitere Herz-Kreislauf-Risikofaktoren ein LDL-Cholesterin unter 116 mg/dl als Grenzwert für ein niedriges Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
  • HDL-Cholesterin: Hohe HDL-Werte sind erwünscht, da sie eine Schutzwirkung gegen Arteriosklerose bieten.
  • Triglyceride: Erhöhte Triglyceridwerte können ebenfalls auf eine Fettstoffwechselstörung hinweisen.

Folgen

Wenn der Cholesterinwert im Blut über längere Zeit erhöht ist, kann es zu Cholesterinablagerungen in den Wänden der Blutgefäße kommen (Arteriosklerose). Dadurch nimmt die Elastizität der Blutgefäße ab und es können Gefäßverengungen entstehen, was zu Durchblutungsstörungen und schwerwiegenden Komplikationen führen kann:

  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Arteriosklerose kann zu Angina Pectoris (Engegefühl in der Brust), Herzinfarkt und Schlaganfall führen.
  • Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK): Durchblutungsstörungen in den Beinen können zu Schmerzen beim Gehen und im schlimmsten Fall zu Amputationen führen.
  • Demenzerkrankungen: Es gibt Hinweise darauf, dass erhöhte Cholesterinwerte im Gehirn das Risiko für Alzheimer-Krankheit erhöhen können.

Cholesterin und Demenz: Ein komplexer Zusammenhang

Neue Forschungen deuten auf einen Zusammenhang zwischen Cholesterin und Demenzerkrankungen hin, insbesondere der Alzheimer-Krankheit. Wissenschaftler haben entdeckt, dass ein hoher Cholesterinspiegel im Gehirn die Bildung des Proteins beta-Amyloid fördern kann, das eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Alzheimer-Plaques spielt.

Der Regelkreis zwischen Cholesterin und Amyloid-Beta

Die Forscher fanden heraus, dass beta-Amyloid eine wichtige Rolle im Fettstoffwechsel spielt:

  • Beta-Amyloid 40: Verhindert, dass Cholesterin in den Zellen entsteht.
  • Beta-Amyloid 42: Sorgt dafür, dass Sphingomyelin, ein weiteres häufig im Gehirn vorkommendes Fett, abgebaut wird.

Die Zusammensetzung dieser Fette in den Nervenzellen beeinflusst wiederum die Herstellung von beta-Amyloid. Liegt viel Cholesterin in den Zellen vor, so entsteht vermehrt beta-Amyloid. Dadurch wird in einem nächsten Schritt die Konzentration dieser beiden Fette reduziert - und so auch die Produktion an beta-Amyloid wieder heruntergefahren.

Gerät dieser Regelkreis aus dem Gleichgewicht, kann zu viel beta-Amyloid gebildet werden, was das Risiko einer Alzheimer-Erkrankung erhöhen könnte.

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Apolipoprotein E (apoE) und Sortilin

Ein weiteres wichtiges Beispiel für den Zusammenhang zwischen Cholesterin und Demenz ist das Apolipoprotein E (apoE). ApoE ist der bedeutendste genetische Risikofaktor für eine Alzheimer-Erkrankung und kommt in den drei verschiedenen Varianten E2, E3 und E4 vor. Menschen mit der E4-Variante haben ein höheres Alzheimer-Risiko, während Personen mit der häufigeren E3-Variante nicht gefährdet sind.

Die Schutzfunktionen von apoE hängen von dem Rezeptormolekül "Sortilin" ab. Dieser Rezeptor reguliert den Cholesterinspiegel im Blut und hilft den Neuronen bei der Aufnahme von apoE in das Gehirn. Studien deuten darauf hin, dass apoE4 nicht mit Sortilin interagieren kann und deshalb nicht über die schützenden Eigenschaften von apoE3 verfügt.

Prävention und Behandlung von Hypercholesterinämie

Die Vorbeugung erhöhter Cholesterinwerte setzt am Lebensstil an:

  • Ernährung: Eine cholesterin- und fettreduzierte Ernährung mit einem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren kann die LDL-Cholesterinwerte günstig beeinflussen. Tierische Lebensmittel sollten nur in begrenzten Mengen konsumiert und besser durch pflanzliche Lebensmittel ersetzt werden.
  • Bewegung: Körperliche Bewegung kann den HDL-Cholesterinwert positiv beeinflussen. Geeignet sind Aktivitäten mittlerer Intensität wie Nordic Walking, Wandern oder Turnen.
  • Früherkennung: Ab dem 35. Lebensjahr haben gesetzlich Krankenversicherte alle drei Jahre Anspruch auf Früherkennungsuntersuchungen, um Krankheitsanzeichen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenerkrankungen und Diabetes festzustellen.

In einigen Fällen ist eine medikamentöse Behandlung der Hypercholesterinämie notwendig, insbesondere beiPatienten mit einem hohen Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder bei familiärer Hypercholesterinämie. Die am häufigsten eingesetzten Medikamente sind Statine, die die Cholesterinproduktion in der Leber hemmen.

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