Die Betreuung von Menschen mit Demenz stellt eine der größten Herausforderungen für pflegende Angehörige dar. Um diese zu unterstützen und den Erkrankten Abwechslung und soziale Kontakte zu ermöglichen, gibt es spezielle Betreuungsgruppen. Diese übernehmen stundenweise die Betreuung außerhalb der eigenen Wohnung. Im Folgenden werden wichtige Informationen zum Thema Betreuungsgruppen für Menschen mit Demenz zusammengestellt.
Ziel und Zielgruppe von Betreuungsgruppen
Betreuungsgruppen richten sich ausschließlich an Menschen mit Demenz und befürworten damit die sogenannte segregative Betreuung. Erfahrungen in Pflegeheimen zeigen, dass bei der gleichzeitigen Betreuung von demenzkranken und geistig gesunden alten Menschen letztere oft zu kurz kommen. Menschen mit Demenz fühlen sich unter „ihresgleichen“ meist wohler, da sie nicht ständig mit ihren Defiziten konfrontiert werden und auf ihre eigene Weise kommunizieren können.
Entlastung der Angehörigen und Unterstützung der häuslichen Pflege
Primäres Ziel der Betreuungsgruppen ist die Entlastung der pflegenden Angehörigen. Damit verbunden ist die Unterstützung bzw. Aufrechterhaltung der häuslichen Pflege, also dem möglichst langen Verbleib des Erkrankten in seiner gewohnten Umgebung. Dies entspricht dem Bedürfnis der Kranken nach einer möglichst vertrauten Umgebung. Andererseits soll der Verbleib in der gewohnten Umgebung natürlich nicht zum Dogma erhoben werden. Besonders im Rahmen der Angehörigengruppen wird auch in Richtung Ablösung gearbeitet, wenn der Bedarf an Pflege und Betreuung die Kräfte der Angehörigen übersteigt.
Einstieg in teilstationäre Betreuung und Steigerung der Lebensqualität
Betreuungsgruppen bieten einen Einstieg in die teilstationäre Betreuung. Angehörige machen hier oft erstmals die Erfahrung mit einer Fremdbetreuung und können ihre Angehörigen in der Regel guten Gewissens abgeben. Inhaltliches Ziel der Arbeit ist in erster Linie, dass die Gäste sich an diesem Nachmittag wohlfühlen und in ihrem Selbstwertgefühl unterstützt werden. An zweiter Stelle stehen Aspekte der Förderung im Sinne des Gebrauchs und Erhalts verbliebener Fähigkeiten.
Soziale Kontakte und neue Umgangsformen
Alleinlebenden Menschen mit Demenz kann die Betreuungsgruppe soziale Kontakte bieten, die diese selbständig meist nicht mehr suchen und unterhalten können. Pflegende Angehörige können durch den Kontakt zur Gruppe direkt neue Umgangsformen mit den Kranken kennen lernen und einüben. Die Gruppe kann darüber hinaus durch ihren überschaubaren vertrauten Rahmen zu einem wichtigen Ansprechpartner für die Angehörigen werden.
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Rahmenbedingungen von Betreuungsgruppen
Ort, Zeit und Gruppengröße
Betreuungsgruppen sind ein Betreuungsangebot für Menschen mit Demenz, das mindestens einmal wöchentlich für drei Stunden stattfindet. Die Treffen sind in der Regel in einem Mehrzweckraum einer Gemeinde, eines Vereins oder einer Pflegeeinrichtung. Optimal ist ein eigener, nur der Gruppe vorbehaltener Raum, der dauerhaft individuell gestaltet werden kann. Idealerweise wird das Betreuungsangebot durch einen weiteren Betreuungsvor- oder -nachmittag ausgebaut. Vereinzelt werden auch ganze Betreuungstage angeboten. Das Limit einer Betreuungsgruppe liegt bei einer Teilnehmerzahl von acht Gästen.
Mitarbeiter und fachliche Leitung
Die Betreuungsgruppe wird von einer Fachkraft geleitet, die für die Durchführung der Betreuungszeit verantwortlich ist, die ehrenamtlichen Mitarbeiter anleitet, organisatorische Aufgaben übernimmt und Ansprechpartnerin für die Angehörigen ist. Die Fachkraft sollte eine pflegerische, sozialpädagogische oder auch therapeutische Qualifikation haben. In einer Betreuungsgruppe arbeiten in aller Regel mehrere ehrenamtliche MitarbeiterInnen mit, die eine individuelle Betreuung der Gäste ermöglichen.
Finanzierung von Betreuungsgruppen
Die Finanzierung der einzelnen Betreuungsgruppen ist teilweise höchst unterschiedlich und im Wesentlichen abhängig von den Betreuungszeiten, dem Arbeitsverhältnis der Fachkraft und vor allem auch den kommunalen Zuschüssen. Auf der Einnahmen-Seite stehen zunächst die Teilnahmebeiträge. Dazu kommen Fördergelder des Landes und der Pflegekassen. Im Übrigen beteiligen sich oft Krankenpflegevereine an der Finanzierung bzw. decken Spenden und Eigenmittel ein eventuelles Defizit. Ausgaben entstehen hauptsächlich für die Gehaltskosten bzw. das Honorar der Fachkraft sowie für die Aufwandsentschädigungen der Ehrenamtlichen. Dazu kommen Kosten für Bewirtung, Beschäftigungsmaterialien und sonstige Anschaffungen.
Fahrdienst
Grundsätzlich ist die Einrichtung eines Fahrdienstes zu empfehlen, da er den Zugang zu einer Betreuungsgruppe maßgeblich erleichtert. Die Frage, ob ein Fahrdienst im Rahmen einer Betreuungsgruppe unter das Personenbeförderungsgesetz fällt, beschäftigt in der Regel jeden Träger, der einen Fahrdienst für eine Betreuungsgruppe einrichten möchte. Bei einem Fahrdienst für eine Betreuungsgruppe, für welchen ein Fahrtentgelt von 3 € pro einfache Fahrt verlangt wird, kann ohne weitere Überprüfung davon ausgegangen werden, dass das Entgelt die Betriebskosten der Fahrt nicht überschreitet. Somit unterliegt in diesen Fällen der Fahrdienst nicht dem Personenbeförderungsgesetz.
Gestaltung der Betreuungszeit
Betreuungsgruppen finden meist nachmittags, häufig in einem Mehrzweckraum einer (öffentlichen) Einrichtung, in jedem Fall aber außer Haus statt. Die Kosten für die Teilnahme betragen in der Regel 15 € pro Nachmittag. Viele Betreuungsgruppen haben einen Fahrdienst, der die Kranken meist gegen ein geringes Entgelt zu Hause abholt und wieder zurück bringt. Die demenzkranken Besucher werden von einer Fachkraft und mehreren ehrenamtlichen Mitarbeitenden freundlich in Empfang genommen.
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Rituale und Aktivitäten
Auftakt zum eigentlichen Betreuungsnachmittag ist in der Regel ein Begrüßungsritual. Es folgt eine gemütliche Kaffeerunde an einem oft jahreszeitlich schön dekorierten Tisch mit Gesprächen über Themen, die den Betroffenen möglichst zugänglich sind. Im Anschluss sitzt die Gruppe in einem Stuhlkreis und bewegt sich zu anregender Hintergrundmusik. Später werden verschiedene Beschäftigungen angeboten wie z.B. vertraute Spiele, Spiele mit Sprichwörtern, das gemeinsame Zubereiten eines Abendbrotes oder die Beschäftigung mit vertrauten alten Gegenständen, die oft Erinnerungen an frühere Zeiten auslösen und zum Gespräch anregen. Zum Abschluss singen alle Beteiligten altbekannte Lieder und beenden den Nachmittag mit einem immer gleichen Abschiedsritual.
Umgang mit der Erkrankung
"Alzheimer" oder "Vergessen" sind in den klassischen Betreuungsgruppen in der Regel keine Themen, die die Betreuenden anregen; selbstverständlich gehen sie aber darauf ein, wenn die Gäste diese Probleme zur Sprache bringen. Die Betreuenden versuchen, andere ansprechende Themen und Angebote zu finden, die Spaß machen, Erfolge vermitteln und das Selbstwertgefühl stärken. Bei der Suche nach entsprechenden Beschäftigungsangeboten sind die Kenntnis der Lebensgeschichte der Betroffenen und das Wissen über deren noch vorhandene Fähigkeiten wichtig. Die Betreuenden motivieren die Gäste, bei den Beschäftigungsangeboten mitzumachen, drängen sie aber niemals dazu. Grundsätzlich können sie auch einfach nur zusehen. Das Wichtigste an den Nachmittagen ist es, dass die Gäste sich wohl fühlen!
Qualitätskonzept und Hilfestellung
Eine qualitativ gute Betreuung war immer schon Kernstück des praktizierten Betreuungsgruppenkonzepts der Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg e.V.. In vielen Gesprächen und Kontakten wurde deutlich, dass es auch Anliegen der meisten Träger von Betreuungsgruppen ist, eine hohe Betreuungsqualität zu gewährleisten. Gemäß den Richtlinien des Sozialministeriums zur Förderung der ambulanten Hilfen vom 28.02.2011 müssen alle Betreuungsgruppen ein Konzept vorlegen, das Aussagen zu den unten stehenden Qualitätsmerkmalen trifft:
- Verhältnis der Anzahl der Betreuenden zur Anzahl der Betreuten
- Ausrichtung auf Dauer
- Regelmäßigkeit und Verlässlichkeit
- Beschreibung der wesentlichen Inhalte
- Beschreibung der Maßnahmen zur Qualitätssicherung
- angemessene Schulung und Fortbildung der bürgerschaftlich Engagierten
- kontinuierliche fachliche Begleitung und Unterstützung der bürgerschaftlich Engagierten
Um Anbietern von Betreuungsgruppen die Arbeit zu erleichtern, wurde eine sogenannte Basiskonzeption "Betreuungsgruppen für Menschen mit Demenz" entwickelt, in der die Aspekte zur Qualitätssicherung enthalten sind. Träger von Betreuungsgruppen, die nach diesem Konzept arbeiten, können sich in ihrem eigenen Konzept gerne darauf beziehen.
Weitere Betreuungsangebote und Unterstützungsmöglichkeiten
Neben Betreuungsgruppen gibt es eine Vielzahl weiterer Angebote, die pflegende Angehörige und Menschen mit Demenz unterstützen können:
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- Häusliche Betreuung: Mobile Hilfen bieten im gewohnten häuslichen Umfeld Unterstützung. Ein kostenfreies Beratungsgespräch inklusive einem Gutschein für eine Stunde Betreuung kann in Anspruch genommen werden.
- Ambulante Pflegedienste: Sie bieten wertvolle Unterstützung bei der Betreuung zu Hause und entlasten pflegende Angehörige im Alltag. Besonders hilfreich sind Pflegedienste, deren Mitarbeitenden eine Zusatzqualifikation für Demenz besitzen.
- Stundenweise Betreuung: Sie kann dabei helfen, eine Struktur aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die pflegenden Angehörigen zu entlasten. Seniorenbetreuer sorgen für Entlastung, sei es durch Hilfestellungen im Haushalt, als Seniorenbegleitung zum Einkaufen oder als Unterhaltung im Alltag.
- Teilstationäre Betreuung: Tagespflegeeinrichtungen bieten tagsüber Betreuung in einer spezialisierten Einrichtung, während die betroffene Person weiterhin überwiegend zu Hause lebt.
- 24-Stunden-Betreuung: Pflegehilfskräfte, oft aus dem Ausland, ziehen bei der zu betreuenden Person ein und übernehmen alltägliche Aufgaben. Diese Form der Betreuung ist jedoch nur sinnvoll, wenn sich die Demenz noch im Anfangsstadium befindet und Angehörige in der Nähe sind, die im Notfall einspringen und die Betreuung unterstützen können.
- Betreutes Wohnen in ambulant betreuten Wohngemeinschaften: In einer solchen Wohngemeinschaft leben etwa sechs bis zwölf Menschen mit Demenz zusammen. Die Betreuung erfolgt ambulant durch einen Pflegedienst.
- Stationäre Pflegeeinrichtungen: Wenn der Zustand eines demenzerkrankten Menschen sich verschlechtert oder herausfordernde Verhaltensweisen wie Aggressionen häufiger auftreten, kann eine speziell auf Demenz ausgerichtete stationäre Pflegeeinrichtung die beste Lösung sein.
- Angebote der Alzheimer Gesellschaften: Alzheimer-Gesellschaften in den verschiedenen Regionen sowie unterschiedliche Wohlfahrtsverbände bieten Betreuungsgruppen zur Entlastung pflegender Angehöriger an. Sie bieten auch Angehörigen- bzw. Selbsthilfegruppen an, die die Möglichkeit bieten, mit anderen Menschen ins Gespräch zu kommen, die sich in einer ähnlichen Pflegesituation befinden.
- Helferinnenkreise: Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer betreuen für einige Stunden in der Woche vor allem Demenzerkrankte, die mit ihren Angehörigen oder alleine zu Hause leben.
Finanzielle Hilfen
Um finanzielle Hilfen der Pflegeversicherung beanspruchen zu können, benötigt die demenzerkrankte Person einen Pflegegrad. Die Pflegeversicherung bietet verschiedene Leistungen, die je nach Pflegegrad in Anspruch genommen werden können. Dazu gehören Pflegesachleistungen, Pflegegeld, der Entlastungsbetrag und Leistungen für Kurzzeit- oder Verhinderungspflege.
Tipps für den Umgang mit Menschen mit Demenz
- Gefühle wahrnehmen und ernst nehmen: Akzeptieren Sie die Zustimmung oder Ablehnung des Menschen.
- Nicht korrigieren oder widersprechen: Vermeiden Sie Aussagen wie "Ihre Mutter ist schon lange tot!"
- Unfreundliche Bemerkungen nicht persönlich nehmen: Achten Sie darauf, nicht zu "erziehen", nicht zu "ermahnen" und nicht zu "bestrafen".
- Respekt und Wertschätzung zeigen: Ermutigen Sie durch anerkennende Worte und zeigen Sie Respekt und Wertschätzung.
- Blickkontakt aufnehmen und auf Augenhöhe begeben: Sprechen Sie den Menschen freundlich an - wenn möglich mit seinem Nachnamen.
- Deutlich und langsam sprechen: Sprechen Sie respektvoll auf der Erwachsenen-Ebene und bleiben Sie beim "Sie".
- Einfache und kurze Sätze formulieren: Stellen Sie Fragen, die mit ja oder nein beantwortet werden können.
- Diskussionen vermeiden: Stellen Sie keine Warum-Fragen, z.B. "Warum haben Sie nicht Bescheid gesagt?"
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