Blauwal-Gehirn: Aufbau und Funktion

Einführung

Der Blauwal (Balaenoptera musculus) ist das größte und schwerste Tier der Erde. Diese Meeressäugetiere sind bekannt für ihre beeindruckende Größe und ihre Fähigkeit, über weite Strecken miteinander zu kommunizieren. Ein faszinierender Aspekt dieser Tiere ist ihr Gehirn, dessen Aufbau und Funktion Gegenstand aktueller Forschung sind. Dieser Artikel beleuchtet die Struktur des Blauwalgehirns und seine spezifischen Funktionen, die es diesen riesigen Tieren ermöglichen, in den Weltmeeren zu überleben und zu interagieren.

Allgemeine Anatomie des Blauwals

Der Blauwal hat einen langgestreckten und stromlinienförmigen Körper, der blassblau oder grau gefärbt ist und von helleren Flecken marmoriert wird. Der Bauch ist meist heller, manchmal sogar weiß. Der Kopf ist breit und lang und kann bis zu einem Viertel der Körperlänge ausmachen. Blauwale können bis zu 33 Meter lang werden und ein Gewicht von 100 bis 180 Tonnen erreichen. Weibliche Blauwale sind in der Regel etwas größer als ihre männlichen Artgenossen.

Das Gehirn der Wale im Allgemeinen

Wale sind hochentwickelte Meeressäugetiere, deren Gehirne bemerkenswerte Anpassungen an das Leben im Wasser aufweisen. Im Vergleich zu Landtieren haben Wale relativ große Gehirne, die komplexe soziale Interaktionen, Navigation und Echoortung ermöglichen. Die Gehirne der Wale bestehen aus großen Mengen kompliziert verschalteter Nervenzellen und Gliazellen. Eine Zunahme dieser Elemente in einem Gehirn lässt Funktionserweiterungen und Leistungssteigerungen erwarten.

Evolutionäre Aspekte

Die Wale entwickelten sich vor etwa 60 Millionen Jahren aus Vorfahren, die mit den heutigen Paarhufern, insbesondere dem Flusspferd, verwandt sind. Die Vergrößerung des Gehirns seit dem Verlassen des Festlandes ist schwieriger zu begründen. Ein wichtiger Impuls für die progressive Entwicklung des Gehirns insgesamt ist die Ausprägung eines leistungsfähigen Kommunikations- und Ortungssystems mit differenzierter Lauterzeugung und Schallwahrnehmung.

Gehirngröße und Cephalisationsgrad

Das Gehirn des Pottwals ist mit 9,8 kg das größte aller Tiere. Der Mensch liegt irgendwo zwischen Elefant und Pferd. Um Auskünfte über den Cephalisationsgrad vergleichbarer Tiergruppen zu erhalten, müssen die Hirngewicht-Körpergewicht-Beziehungen berücksichtigt werden. Wale, insbesondere Delphine, haben einen hohen Cephalisationsgrad innerhalb der Säugetiere.

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Aufbau des Blauwalgehirns

Das Gehirn der Wale ist in der Dorsalansicht breiter als lang. Endhirn und Kleinhirn sind lateral ausladend und die deutlich größten Teilsysteme. Die Cortexoberfläche des stark gefurchten Telencephalon von Tursiops truncatus wird mit 3745 cm2 angegeben (Mensch 2275 cm2). Die Dicke des Cortex beträgt beim Wal 1,3 mm und beim Menschen 1,8 mm. Daraus ergibt sich für das Cortexvolumen eines Delphins etwa 80 Prozent des menschlichen Cortex. Histologisch ähnelt der große Cetaceencortex dem basaler Insektivoren. Eine Lamina-IV-Region ist bei Cetaceen nicht abzugrenzen.

Entwicklung des Gehirns

Wie sich aus Untersuchungen an fossilen Walschädeln ergibt, zeichnet sich das große Cerebellum schon bei den Urwalen ab, während das Endhirn noch nicht annähernd das Volumen der rezenten Cetaceen zeigt. Bei Durodon (Archaeoceti) ist die Nasenöffnung noch rostral und ein Bulbus olfactorius noch vorhanden. Auch in der Ontogenese sind diese frühen Zustände vorübergehend zu sehen, allerdings mit dem Unterschied, dass sich hier das Kleinhirn deutlich später entfaltet als das Telencephalon.

Sensorische Systeme

Das bestimmende Sinnesorgan ist das Gehör mit großräumiger zentraler Repräsentanz. Die starke Entwicklung des akustischen Systems ist ein wichtiger Impuls sowohl für die Vergrößerung des Walgehirnes insgesamt als auch für die Ausbildung des Cortex. Im Vergleich zur Situation beim Menschen sind im Delphingehirn die Stationen der Hörbahn deutlich vergrößert: der mediale Kniehöcker ist siebenmal so stark, der Colliculus inferior zwölfmal und der laterale Lemniscus 250-mal so stark. Der VIII. Hirnnerv ist mehrfach so stark wie der des Menschen.

Gehör

Das Gehörorgan enthält die für Säugetiere typischen Bestandteile. Das Hören unter Wasser wird aber durch einige Spezialisierungen verbessert. Dazu gehört die Unterbringung der Rezeptoren in einer Kapsel, die andere Schwingungseigenschaften hat als die Schädelknochen. Dieses Ohrskelett (Petrosum und Tympanicum) ist aus schwerem porzellanartigem Knochenmaterial aufgebaut und vom Schädel durch Fett und Bindegewebshüllen abgesetzt. Die Schallleitung entsteht bei Zahnwalen über den Unterkiefer, insbesondere eine Zone dünneren Knochens (pan bone), der den Schall an den im Unterkiefer eingebetteten Fettkörper überträgt. Dieser leitet die Schallwellen bis ans Ohr. Die Gehörknöchelchen und Trommelfell sind ähnlich denen der Landsäuger ausgebildet.

Echoortung

Die Zahnwale haben ein Sonarsystem. Sie können Töne im Bereich von 20 bis 150 kHz hören und aussenden. Nach Ansicht einiger Beobachter werden die ausgesandten Ultraschalltöne durch die Melone gebündelt. Die Leistungen diese Echoortungssystems sind erstaunlich. Von Tursiops wird berichtet, dass er 10 cm große Metallkugeln auf 150 m Entfernung nicht nur orten, sondern auch unterscheiden kann, ob diese hohl oder gefüllt sind. Die Bartenwale, die kein Sonarsystem entwickelt haben, hören im niederen Frequenzbereich um 100 Hz und senden entsprechende Töne mit großer Lautstärke aus, die für Artgenossen über 100 km hörbar sind. Die Art der Lauterzeugung ist noch unklar, sehr wahrscheinlich werden die Töne in bestimmten Partien der Nasengänge gebildet. Gegen Lauterzeugung im Kehlkopf spricht das Fehlen von Stimmbändern. Die Blaslochmuskulatur wird vom Facialis-Nerv versorgt, dessen Kern neben der oberen Olive liegt.

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Geruch und Geschmack

Während die peripheren Teile des Riechapparates bei Zahnwalen ganz verschwinden, bleibt der Tractus olfactorius sichtbar. Interessant ist aber, dass zentraler gelegene Anteile des Riechhirns, wie Tuberculum olfactorium und Septumkerne bei allen Walgehirnen erhalten bleiben. Ein feiner Nervus terminalis bleibt ebenfalls nachweisbar. Über die Ausprägung des Geschmacksinnes gibt es unterschiedliche Einschätzungen. Geschmacksknospen an der Delphinzunge in fünf bis acht V-förmigen Vertiefungen sind zwar nachweisbar, aber ohne deutliche Nervenversorgung. Gehirnnerven VII und IX sind nicht reduziert und ein entsprechender Thalamuskern ist ebenfalls vorhanden.

Sehen

Bis auf weitgehende Reduktion bei Flussdelphinen (der Gangesdelphin ist so gut wie blind) sind die Augen der Cetaceen gut entwickelt. Besonders bei tieftauchenden Arten sind sie zum Schutz vor großem Druck von kräftigen Bindegewebskapseln umgeben. In der Retina sind sehr große Ganglienzellen mit starken Fortsätzen weit verbreitet. Die optische Projektion von der Retina verläuft offenbar ausschließlich kontralateral. Der Nervus occulomotorius ist eher schwach entwickelt. Der laterale Kniehöcker im Zwischenhirn hat keinen Schichtenbau. Im Mittelhirn ist der Nucleus superior (optisches Projektionsgebiet) kleiner als der Nucleus inferior (akustisches Projektionsgebiet).

Funktion des Blauwalgehirns

Das Blauwalgehirn steuert eine Vielzahl von Funktionen, die für das Überleben und die Interaktion in der marinen Umwelt notwendig sind. Dazu gehören:

  • Kommunikation: Blauwale können über Hunderte von Kilometern hinweg miteinander kommunizieren. Sie nutzen spezifische Frequenzen und Wiederholungsabläufe, um ihre Artgenossen anzusprechen. Die Gesänge der Blauwale sind die kraftvollsten Laute im Tierreich und können 188 Dezibel erreichen.
  • Navigation: Blauwale legen weite Strecken zurück, um saisonal verfügbare Nahrung zu finden. Sie nutzen möglicherweise das Erdmagnetfeld zur Navigation, da sie Magnetkristalle in ihrer Melone haben.
  • Nahrungsaufnahme: Blauwale ernähren sich hauptsächlich von Krill. Sie nehmen mit einem „Happs“ bis zu 80 Kubikmeter Wasser auf und filtern dann das Wasser durch ihre Barten, wobei etwa 10 Kilogramm Krill im Maul hängen bleiben. Ein neu entdecktes Sinnesorgan im Unterkiefer hilft ihnen, den komplexen Vorgang der Nahrungsaufnahme zu koordinieren.
  • Sozialverhalten: Blauwale sind meist Einzelgänger oder leben in kleinen Gruppen. In nahrungsreichen Gebieten können sich jedoch größere Gruppen bilden.
  • Fortpflanzung: Weibliche Blauwale bekommen ungefähr alle zwei bis drei Jahre Nachwuchs. Die Schwangerschaft dauert zwölf Monate. Das Baby bleibt nah bei der Mutter und trinkt bis zu 250 Liter Milch pro Tag.

Das Sinnesorgan im Unterkiefer

Ein besonderes Merkmal der Furchenwale ist ein Sinnesorgan im Unterkiefer. Dieses Organ hat die Größe einer Pampelmuse und ist mit den beiden Unterkieferhälften über einen y-förmigen Bindegewebsknorpel verbunden. Dieser verläuft in zwei Bahnen entlang der beiden Kieferhälften über den Kehlsack. Das Organ ist offenbar mit Nerven und Blutgefäßen durchzogen. Es wird vermutet, dass dieses Organ Informationen an das Gehirn schickt, um den komplexen Vorgang der Nahrungsaufnahme zu koordinieren. Die Wissenschaftler vermuten, dass bei der Nahrungsaufnahme zunächst Tasthaare am Kinn der Wale registrieren, ob im Wasser eine ausreichend große Nahrungsmenge vorhanden ist. Dann öffnen sich die Kiefer, wodurch es zu Scherbewegungen am Sinnesorgan kommt.

Herzfrequenz und Tauchverhalten

Forscher haben den Herzschlag eines Blauwals belauscht und herausgefunden, dass das Herz des Riesen beim Tauchgang weit langsamer schlägt als erwartet - nur zwei bis acht Mal pro Minute. Nach dem Auftauchen jedoch steigt der Puls des Wals extrem bis auf 35 Schläge pro Minute an. Diese Anpassung ermöglicht es den Blauwalen, lange und tiefe Tauchgänge zur Nahrungssuche durchzuführen.

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Bedrohungen und Schutzmaßnahmen

Blauwale wurden durch den Walfang stark dezimiert. Bevor der Walfang begann, gab es schätzungsweise 350.000 von ihnen. Heute sind es nur noch zwischen 10.000 und 25.000, die in unseren Weltmeeren leben. Die Internationale Walfang-Kommission (IWC) beschloss 1986 ein Verbot der kommerziellen Jagd auf Großwale. Trotzdem jagen Japan und Island weiterhin Wale zu „wissenschaftlichen Zwecken“.

Neben dem Walfang sind Blauwale auch durch andere Faktoren bedroht, wie z.B.:

  • Überfischung: Die Überfischung der Meere durch den Menschen entzieht den Walen ihre Nahrungsgrundlage.
  • Verfangung in Fischernetzen: Wale können sich in Fischernetzen verfangen und ertrinken.
  • Schiffskollisionen: Wale können mit Schiffen kollidieren und schwere Verletzungen erleiden oder sterben.
  • Umweltverschmutzung: Die Verschmutzung der Meere durch Chemikalien und Lärm kann die Gesundheit der Wale beeinträchtigen.
  • Klimawandel: Der Klimawandel kann die Verbreitung und Verfügbarkeit von Krill beeinflussen und somit die Nahrungsgrundlage der Wale gefährden.

Um die Blauwale zu schützen, sind verschiedene Maßnahmen erforderlich, wie z.B.:

  • Einhaltung des Walfangverbots: Das Verbot der kommerziellen Jagd auf Großwale muss konsequent eingehalten werden.
  • Reduzierung der Überfischung: Die Fischerei muss nachhaltiger gestaltet werden, um die Nahrungsgrundlage der Wale zu schützen.
  • Vermeidung von Verfangungen in Fischernetzen: Es müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die Verfangung von Walen in Fischernetzen zu verhindern.
  • Reduzierung von Schiffskollisionen: Es müssen Maßnahmen ergriffen werden, um das Risiko von Schiffskollisionen zu verringern.
  • Bekämpfung der Umweltverschmutzung: Die Verschmutzung der Meere muss reduziert werden, um die Gesundheit der Wale zu schützen.
  • Bekämpfung des Klimawandels: Der Klimawandel muss bekämpft werden, um die Lebensräume der Wale zu schützen.

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