Der Begriff "Brain Fog", zu Deutsch Gehirnnebel, beschreibt einen Zustand mentaler Trübung, der sich durch verschiedene Symptome wie Konzentrationsschwierigkeiten, Gedächtnisprobleme, verlangsamte Denkprozesse und mentale Erschöpfung äußert. Betroffene beschreiben das Gefühl oft als "neben der Spur" zu sein oder "mit angezogener Handbremse" zu leben. Auch wenn es sich nicht um eine eigenständige medizinische Diagnose handelt, kann Brain Fog den Alltag erheblich beeinträchtigen und die Lebensqualität mindern.
Was ist Brain Fog?
Brain Fog ist keine exakte medizinische Diagnose, sondern ein Sammelbegriff für eine Reihe von Symptomen, die gleichzeitig im Rahmen bestimmter Erkrankungen auftreten. Es ist ein Zustand, in dem vor allem die mentale Klarheit und Konzentration beeinträchtigt sind. Der Gehirnnebel umhüllt dauerhaft wie eine undurchdringliche Wolke deine Gedanken.
Typische Symptome von Brain Fog
Die Symptome von Brain Fog können vielfältig sein und individuell unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Zu den häufigsten Beschwerden zählen:
- Schwierigkeiten bei der Konzentration
- Gedächtnisprobleme und Vergesslichkeit
- Verlangsamte Denkprozesse
- Mentale Erschöpfung und Müdigkeit
- Antriebslosigkeit
- Verwirrung und Reizbarkeit
- Orientierungsschwierigkeiten
- Wortfindungsstörungen
- Stimmungsschwankungen
- Kopfschmerzen
Ursachenforschung: Was steckt hinter dem Gehirnnebel?
Die Ursachen für Brain Fog sind vielschichtig und oft nicht leicht zu identifizieren. In vielen Fällen spielen mehrere Faktoren zusammen. Expert*innen sind sich laut dem Psychiater Peter Denno, klinischer Stipendiat am Imperial College London, inzwischen einig, dass die Ursachen unterschiedlich sind, obwohl Brain Fog sich bei vielen Erkrankungen auf dieselbe Weise äußert. Einige der häufigsten Ursachen und Auslöser sind:
- Krankheiten: Fibromyalgie, Chronisches Erschöpfungssyndrom (ME/CFS) und Lupus sind drei solche chronischen Erkrankungen, bei denen Brain Fog auftreten kann.
- Infektionen: Insbesondere im Zusammenhang mit Long COVID-Forschung wurden bei der Suche nach Ursachen jedoch große Fortschritte gemacht. Die Hinweise häufen sich, dass COVID-19 eine überaktive oder fehlgeleitete Immunantwort auslöst, die Patient*innen auch dann noch beeinträchtigt, wenn sie die akuten Symptome der Infektion überstanden haben. Studien konnten belegen, dass eine COVID-Infektion zu einer langfristigen Aktivierung der Immunzellen im Gehirn führt und durch Brain Fog das Wachstum der Gehirnzellen hemmt.
- Lebensstilfaktoren: Schlafmangel, unzureichende Flüssigkeitszufuhr, Bewegungsmangel, Stress und eine unausgewogene Ernährung können die kognitiven Funktionen beeinträchtigen und zu Brain Fog führen.
- Hormonelle Veränderungen: Schwangerschaft, Wechseljahre oder Schilddrüsenunterfunktion können hormonelle Veränderungen hervorrufen, die sich auf die Gehirnfunktion auswirken und Brain Fog verursachen können. Es wird zum Beispiel vermutet, dass bei Frauen in der Menopause aufgrund des sinkenden Östrogenspiegels manche Hirnareale schrumpfen.
- Medikamente: Eine Chemotherapie oder die Einnahme bestimmter Medikamente, zum Beispiel mancher Schmerzmittel, kann Brain Fog auslösen.
- Ernährung: Eine unausgewogene Ernährung, insbesondere der Mangel an wichtigen Nährstoffen wie Vitamin B12, Eisen und Omega-3-Fettsäuren, kann zu Gehirnnebel führen.
- Darmgesundheit: In manchen Fällen könnte der Gehirnnebel aber auch auf eine Beeinträchtigung der Darmflora rückführbar sein. Im Rahmen einer kleinen Studie aus dem Oktober 2024 stellten Forschende Brain Fog bei mehr als der Hälfte aller Teilnehmenden mit Magen-Darm-Erkrankungen wie Reizdarmsyndrom fest.
Aktuelle Forschungsergebnisse
Die Forschung zu Brain Fog, insbesondere im Zusammenhang mit Long COVID, hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Eine Studie aus dem Februar 2024 in der Zeitschrift Nature scannte die Gehirne von Long COVID-Patient*innen und fand Hinweise darauf, dass die selektive Membran-Barriere zwischen Blut und zentralem Nervensystem, die Blut-Hirn-Schranke, bei Betroffenen gestört sein könnte. Die Forschenden vermuten, dass durch die undichte Schranke Substanzen in das Gehirn eindringen, die Neuroinflammationen verursachen und Stoffwechselprozesse stören. Kritiker weisen darauf hin, dass Dohertys Studie aufgrund ihrer geringen Größe nicht dafür geeignet sei, konkrete Rückschlüsse zu ziehen. Laut Denno erschien im März 2024 eine Arbeit, die keinen Zusammenhang zwischen Brain Fog und Störungen der Blut-Hirn-Schranke feststellen konnte.
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Forschende haben die Hypothese aufgestellt, dass verbliebene Reservoirs des Virus im Gehirn von Long COVID-Patientinnen das Immunsystem im Abwehrmodus halten, wodurch permanent Entzündungen entstehen. Einen tieferen Einblick in das Phänomen Brain Fog lieferte eine Studie, die im Februar 2024 in der Zeitschrift Nature erschien. Für diese scannten Hauptautor Colin Doherty, Neurologe am irischen Trinity College in Dublin, und sein Team die Gehirne von Long COVID-Patientinnen. Die selektive Membran-Barriere zwischen Blut und zentralem Nervensystem funktioniert wie ein Schutzwall und hält Giftstoffe, Viren und andere schädliche Moleküle vom Gehirn fern. Die Forschenden vermuten, dass durch die undichte Schranke Substanzen in das Gehirn eindringen, die Neuroinflammationen verursachen und Stoffwechselprozesse stören. Kritiker weisen darauf hin, dass Dohertys Studie aufgrund ihrer geringen Größe nicht dafür geeignet sei, konkrete Rückschlüsse zu ziehen. Laut Denno erschien im März 2024 eine Arbeit, die keinen Zusammenhang zwischen Brain Fog und Störungen der Blut-Hirn-Schranke feststellen konnte.
Diagnose: Wie wird Brain Fog festgestellt?
Eine Diagnose von Brain Fog ist nicht immer einfach, da viele Symptome auch bei anderen Erkrankungen auftreten können. Zudem ist die exakte Ursache von Brain Fog derzeit noch Gegenstand wissenschaftlicher Forschungen und Diskussion. Eine sorgfältige Anamnese, körperliche Untersuchungen und gegebenenfalls spezielle Tests können jedoch helfen, die Ursache einzugrenzen und andere Erkrankungen auszuschließen.
Mögliche Diagnoseverfahren
- Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte und der aktuellen Beschwerden
- Körperliche Untersuchung: Überprüfung der allgemeinen Gesundheit und neurologischer Funktionen
- Kognitive Tests: Überprüfung von Gedächtnis, Aufmerksamkeit und anderen kognitiven Fähigkeiten
- Blutuntersuchungen: Überprüfung von Entzündungsmarkern, Hormonspiegeln, Vitamin- und Mineralstoffmangel
- Bildgebende Verfahren: In einigen Fällen können bildgebende Verfahren wie MRT oder CT eingesetzt werden, um strukturelle Veränderungen im Gehirn auszuschließen.
- Gefäßcheck: Mit verschiedenen Bildgebungsverfahren, um eine eventuelle Minderdurchblutung des Gehirns oder einen reduzierten Hirnstoffwechsel festzustellen.
- Neurologische Untersuchungen: Mit kognitiven Funktionsprüfungen und Labordiagnostik die Diagnose unterstützen.
Behandlungsmöglichkeiten: Was hilft gegen den Gehirnnebel?
Auch wenn bisher kein eindeutiger Auslöser für Brain Fog identifiziert werden konnte, haben Betroffene Expert*innen zufolge trotzdem die Möglichkeit, etwas dagegen zu unternehmen. Die Behandlung von Brain Fog richtet sich in erster Linie nach der zugrunde liegenden Ursache. Es gibt jedoch auch allgemeine Maßnahmen, die helfen können, die Symptome zu lindern und die kognitive Funktion zu verbessern.
Allgemeine Maßnahmen
- Lebensstiländerungen: Ausreichend Schlaf, regelmäßige Bewegung, eine ausgewogene Ernährung und Stressmanagement können die kognitiven Funktionen verbessern und Brain Fog reduzieren.
- Ernährung: Eine ausgewogene und nährstoffreiche Ernährung, eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr und moderate körperliche Bewegung, die an den aktuellen Leistungszustand des Körpers angepasst ist.
- Nährstoffversorgung: Die Omega-3-Fettsäure DHA trägt zur Aufrechterhaltung der normalen Gehirnfunktion bei. Die positive Wirkung tritt bei einer täglichen Aufnahme von 250 mg ein.
- Schlafhygiene: Sorge dafür, dass Du jede Nacht sieben bis acht Stunden Schlaf bekommst und achte auf eine gute Schlafhygiene. Denn Schlafmangel geht häufig mit Brain Fog einher. Tipp: Gehe immer zur selben Zeit schlafen - auch am Wochenende. Denn ein regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus kann neben einem guten Schlaf dabei helfen, die lästigen Symptome von Brain Fog in den Griff zu bekommen.
- Stressmanagement: Entspannungsmethoden wie die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Meditation, Atemübungen, Yoga oder Qigong sind wunderbare Wege, um den Cortisolspiegel nach einem stressigen Tag zu senken und chronischem Stress entgegenzuwirken. Das verbessert die Chancen auf einen guten Schlaf, der wiederum wichtig ist, um Brain Fog vorzubeugen.
- Koffein: Versuche, den Kaffeekonsum bei Brain Fog zu reduzieren, da Koffein gerade am späten Nachmittag laut Untersuchungen zu innerer Unruhe beim Einschlafen und zu Schlafstörungen führen kann. Nach 14 Uhr sollte Kaffee bei Gehirnnebel tabu sein.
- Bildschirme: Begrenze die Zeit, die Du in der Freizeit vor Bildschirmen verbringst. Denn eine zu intensive Nutzung von sozialen Medien, Fernsehen oder Videospielen birgt die Gefahr, das Gehirn mit zu vielen Reizen zu fluten. Das schwächt die Gehirnleistung, weil es bei einer Reizüberflutung viel Energie verbraucht und eine rasche geistige Erschöpfung so praktisch vorprogrammiert ist.
- Kognitive Rehabilitation: Personen mit signifikanten, messbaren kognitiven Einschränkungen könnten laut Becker Therapiemaßnahmen zur kognitiven Rehabilitation helfen. „Das ist eine sanfte Behandlung mit vielen positiven Effekten“, sagt sie. Nath vergleicht die kognitive Rehabilitation mit Sport für das Gehirn.
Medikamentöse Behandlung
In einigen Fällen kann eine medikamentöse Behandlung sinnvoll sein, um die Symptome von Brain Fog zu lindern. Laut Becker hätte einigen Patientinnen - insbesondere denen, die in Verbindung mit einer Chemotherapie Brain Fog erleben - ADHS-Medikamente geholfen. Kleine Studien haben außerdem positive Effekte bei der Gabe von Antihistaminika festgestellt. Nath und sein Team untersuchen derzeit die Wirkung von intravenös verabreichten Immunoglobulinen. Die Antikörper werden bereits genutzt, um immunologische Erkrankungen wie Lupus und Long COVID zu behandeln. Theoretisch unterdrücken sie eine übermäßige entzündliche Antwort des Immunsystems und verhindern so, dass gesunde Zellstrukturen geschädigt werden. Auf diese Weise könnte der Nebel im Gehirn gelichtet werden. Ähnlich wirken Checkpoint-Inhibitoren (ICIs), die bei Krebspatientinnen, teilweise aber auch bei Personen mit Long COVID eingesetzt werden, um die Immunantwort zu stärken.
Alternative Therapieansätze
- Mikroimmuntherapie: Die Mikroimmuntherapie ist eine Behandlungsform, die speziell darauf ausgerichtet ist, mögliche Störmechanismen innerhalb Deiner Immunabwehr zu reduzieren. Dies geschieht mithilfe von Zytokinen - Botenstoffen, die Dein Körper bereits selbst einsetzt. Mit anderen Worten: Die Mikroimmuntherapie kann dazu beitragen, das Immunsystem nachhaltig zu trainieren, sodass es sich wieder selbst in geordneten Bahnen verteidigen kann und keinen ungewollten Schaden anrichtet. Die Mikroimmuntherapie ist dabei eine sehr schonende Therapieform, bei der die spezifischen immunologischen Substanzen in sehr geringen Dosen (low dose und ultra-low dose) eingesetzt werden. Speziell bei Brainfog zielt die Mikroimmuntherapie darauf ab, Entzündungsprozesse zu reduzieren, die zur Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen beitragen.
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