Das Konzept des "Brain-Pulls" beschreibt, wie das Gehirn aktiv seine Versorgung mit Zucker (Glukose) sicherstellt, insbesondere in Stresssituationen. Dieses System, das eng mit dem Stresssystem des Körpers verbunden ist, kann jedoch aus dem Gleichgewicht geraten und zu einer Reihe von Problemen führen, darunter Gewichtszunahme und Erschöpfung. Im Folgenden werden die Definition, die Funktionsweise und die Auswirkungen des Brain-Pulls detailliert erläutert.
Die Definition von Brain-Pull
Der Brain-Pull ist ein Mechanismus, durch den das Gehirn in Stresssituationen seine Glukoseversorgung priorisiert. Es handelt sich um eine Art "egoistisches" Verhalten des Gehirns, da es sicherstellt, dass es ausreichend Energie erhält, auch wenn dies zu Lasten anderer Körperteile geht.
Die Funktionsweise des Brain-Pulls
Das Stresssystem spielt eine zentrale Rolle beim Brain-Pull. In Stresssituationen schüttet der Körper Adrenalin und Cortisol aus, um die Insulinproduktion zu hemmen. Insulin ist ein Hormon, das es den Körperzellen ermöglicht, Glukose aus dem Blut aufzunehmen. Indem die Insulinproduktion gestoppt wird, können die Körperzellen keine Glukose mehr aufnehmen, während das Gehirn weiterhin Glukose ohne Insulin verwerten kann. Dies ermöglicht es dem Gehirn, den Großteil der verfügbaren Glukose zu nutzen.
Funktioniert das Stresssystem einwandfrei, funktioniert auch der Brain-Pull. Wenn das Glukosebestellsystem jedoch gestört oder ausgeschaltet ist, erhält das Gehirn nicht mehr genügend Zucker. Dies löst eine Kaskade von Reaktionen aus:
- Sinkender Glukosespiegel im Gehirn: Ein niedriger Glukosespiegel im Gehirn führt zu einer erhöhten Nahrungsaufnahme, um den benötigten Zucker zu erhalten.
- Erhöhte Insulinproduktion: Das erhöhte Nahrungsangebot führt zu einer erhöhten Insulinproduktion, wodurch dem Körper vermehrt Glukose entzogen und als Fett eingelagert wird.
- Anhaltend niedriger Glukosespiegel im Gehirn: Trotz der erhöhten Nahrungsaufnahme und Insulinproduktion gelangt immer noch zu wenig Glukose ins Gehirn.
- Vegetatives Nervensystem und Hunger: Um den Blutzuckerspiegel anzuheben, signalisiert das vegetative Nervensystem erneut "Hunger" und kurbelt die Nahrungsaufnahme weiter an.
Dieser Kreislauf führt zu einer Endlosschleife, in der der erhöhte Insulinspiegel Fettreserven aufbaut, der Blutzuckerspiegel sinkt und der Hunger größer wird.
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Stressbewältigung und Brain-Pull
Ob der Brain-Pull ordnungsgemäß funktioniert und ob wir an Gewicht zunehmen oder schlank bleiben, hängt davon ab, wie wir mit Stresssituationen umgehen.
- A-Typen: Nehmen bei Dauerstress ab, weil das Gehirn die Stresshormone Adrenalin und Cortisol ausschüttet und große Zuckermengen aus den Speichern in den Muskeln und der Leber anfordert. Der Brain-Pull sorgt dafür, dass nur wenig Zucker für die Energiespeicher des Körpers übrig bleibt. Daher bleiben A-Typen auch bei Dauerstress schlank. Da ihr Stresssystem auf Hochtouren arbeitet, steigt jedoch der Cortisolwert im Blut. Ein überhöhter Cortisolwert macht krank, drückt die Stimmung und fördert die Entstehung von Herzinfarkten.
- B-Typen: Haben eine andere Stressstrategie entwickelt. Ihr Gehirn hat sich an den Dauerstress angepasst und dämpft die Reaktion des Stresssystems. Es schüttet weniger Stresshormone aus und hält so den Cortisolwert im Blut auf einem niedrigen Niveau. Damit sinkt das Risiko für Schäden durch eine hohe Cortisolbelastung. Andererseits aber steigt das Risiko, dick zu werden: Wenn der Brain-Pull nicht mehr richtig funktioniert, wird dem Gehirn auf Dauer zu wenig Zucker angeliefert. Um den Engpass auszugleichen, steigert es die Nahrungsaufnahme.
Die Selfish-Brain-Theorie
Die Selfish-Brain-Theorie, entwickelt von Achim Peters, besagt, dass das Gehirn bei der körperinternen Verteilung von Glukose die Weichen stellt und sich selbst den Löwenanteil sichert. Diese Theorie basiert auf der Beobachtung, dass die Hirnmasse von Hungertoten nahezu gleich geblieben war, selbst wenn sie einen erheblichen Teil ihres Körpergewichts verloren hatten.
Auswirkungen eines gestörten Brain-Pulls
Ein gestörter Brain-Pull kann zu einer Reihe von Problemen führen, darunter:
- Gewichtszunahme: Wenn das Gehirn nicht ausreichend mit Glukose versorgt wird, kann dies zu einer erhöhten Nahrungsaufnahme und Gewichtszunahme führen.
- Heißhungerattacken: Ein Mangel an Glukose im Gehirn kann Heißhungerattacken auslösen, insbesondere auf zuckerhaltige und fettreiche Lebensmittel.
- Erschöpfung: Ein gestörter Brain-Pull kann zu einem Energiemangel im Gehirn führen, was zu Erschöpfung und Müdigkeit führen kann.
- Stressdepression: Biochemische Veränderungen im Tryptophanstoffwechsel können zu einer Stressdepression, weiterer Steigerung der Übererregung des ZNS, vermehrter Sauerstoff- und Stickstoffradikalbildung und Blockade von wichtigen Ernährungsfaktoren für das Gehirn führen.
- Erschöpfungssyndrome: Eine chronische Aktivierung der Stressachse kann zu einer Schutzreaktion des Gehirns führen, das fortan nur noch die lebenswichtigen Hirnareale mit Energie versorgt und die Aktivierung der Stressachse blockiert. Dies kann zu einer massiven Minderung der Cortisol-Ausschüttung führen, wie man sie bei vielen Patienten mit schweren Erschöpfungssyndromen nachweisen kann.
Diagnostik und Therapie bei schweren Erschöpfungs-Syndromen
Bei Verdacht auf ein schweres Erschöpfungssyndrom ist eine gründliche internistisch-neurologische Untersuchung erforderlich, um andere organische Erkrankungen auszuschließen. Darüber hinaus können verschiedene Tests durchgeführt werden, um die Funktion des Nervensystems und des Stoffwechsels zu beurteilen:
- Untersuchung des autonomen Nervensystems mittels Herzratenvariabilität (HRV): Diese Untersuchung kann Erschöpfungen des Parasympathischen Nervensystems und Störungen der Schlaf-Rhythmik aufdecken.
- Body Impedanzanalyse (BIA): Diese Analyse kann Störungen des Wasserhaushalts, vermehrte Fetteinlagerung, Muskelatrophie und Störungen der Zellfunktion nachweisen.
- Stoffwechseluntersuchung mittels Atemgasanalytik: Diese Untersuchung kann einen erhöhten Ruheumsatz, Sauerstoffauswertungsstörungen und eine latente Azidose aufdecken.
- Laktat-Stufentest kombiniert mit Spiroergometrie: Hiermit bestimmen wir die körperliche Leistungsfähigkeit und klären die Frage, ob eine mitochondriale Dysfunktion der Arbeitsmuskulatur vorliegt.
- Quantitative EEG (qEEG): Hierbei handelt es sich um ein übliches 19 Kanal EEG, das allerdings von einer spezifischen Sofware bezüglich Frequenz und Amplitudenhöhe und sog. „Power“ exakt ausgemessen und mit einer Normwertdatenbank von psychisch und physisch gesunden Personen verglichen wird. Auf diese Weise erhält man so genannte Brainmaps, in denen die Areale, in denen das Gehirn eine zu hohe oder auch zu niedrige Aktivität aufweist, sehr deutlich abgrenzbar sind.
Die Therapie bei schweren Erschöpfungs-Syndromen zielt in erster Linie auf die Beruhigung und Entspannung des Zentralnervensystems ab. Dies kann durch verschiedene Maßnahmen erreicht werden:
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- Achtsamkeitstraining: Online-Achtsamkeitstraining kann helfen, Stress abzubauen und die Entspannungsfähigkeit zu verbessern.
- Kognitive Umstrukturierung: Durch Kontrolle und Umformung der eigenen Gedanken, Fokussierung, Imagination und Konditionierung kann die Neuroplastische Funktion des Gehirns genutzt werden, um positive Gedankennetzwerke aufzubauen.
- Innere Werte: Sich seiner inneren Werte und Antiwerte bewusst zu sein und diese im praktischen Leben zu leben, kann zu mehr innerer Ruhe und Ausgeglichenheit führen.
- Akzeptanz: Die Akzeptanz des aktuellen bestehenden Energieniveaus ist von besonderer Bedeutung.
- Medikamentöse Therapie: Medikamentöse Maßnahmen können zur Beruhigung des Zentralnervensystems und zur Beseitigung von Folgeschäden an Organen oder Zellen eingesetzt werden.
Stressessen und Emotionsregulation
Stressessen, auch als emotionales Essen bekannt, ist ein Phänomen, bei dem Menschen als Reaktion auf Stress oder negative Emotionen vermehrt essen. Dies kann zu einer Gewichtszunahme und anderen gesundheitlichen Problemen führen.
Ursachen von Stressessen
- Das egoistische Gehirn: Bei Stress verbraucht das Gehirn mehr Glukose, was zu einem Verlangen nach energiereichen Lebensmitteln führen kann.
- Coping-Strategie: Essen kann als eine Art Coping-Strategie eingesetzt werden, um mit unangenehmen Emotionen umzugehen.
- Emotionale Reaktion auf Lebensmittel: Süße und fettreiche Lebensmittel können angenehme emotionale Reaktionen hervorrufen, die die Nahrungszunahme steigern.
Strategien zur Vermeidung von Stressessen
- Resilienztraining: Stress flexibel regulieren zu können und sich an Veränderungen funktional anzupassen, ist der beste Weg, um Stressessen zu unterbinden.
- Bewusstsein: Sich des Stresses und der eigenen Reaktion auf Stress bewusst zu werden, ist der erste Schritt zur Veränderung des Essverhaltens.
- Nichts verbieten: Sich Dinge zu verbieten, die man sehr gerne mag, wird nicht funktionieren. Besser ist es, sich eine kleine Portion des Wohlfühl-Essens bewusst zu gönnen.
- In den Körper horchen: Vor dem Snack die Frage stellen: „Brauche ich genau DAS und brauche ich es JETZT?“
- Effektive Emotionsregulation: Wenn wir effektive Coping-Mechanismen haben, um Stress herunter zu regulieren, reduziert das auch das Stressessen.
Die Mind-Muscle-Connection
Die Mind-Muscle-Connection (Muskel-Geist-Verbindung) ist eine unsichtbare Verbindung zwischen dem eigenen Körper und dem Geist, die sich bewusst trainieren lässt, um stärker und muskulöser zu werden. Es handelt sich um die Fähigkeit, die Koordination der Muskelfasern untereinander, den Spannungsaufbau in der Muskulatur und die Bewegung selbst mental zu steuern.
Vorteile der Mind-Muscle-Connection
- Verbesserte Muskelaktivierung: Studien haben gezeigt, dass die Muskelaktivierung bei bewusster Konzentration auf den Muskel höher ist als bei Übungen mit maximalem Gewicht.
- Gesteigertes Muskelwachstum: Die bewusste Ausführung von Übungen kann zu einem gesteigerten Muskelwachstum führen.
- Saubere Ausführung: Ein gutes Muskelgefühl führt dazu, dass Muskeln richtig koordiniert werden können, was eine saubere Ausführung der Übungen ermöglicht.
- Weniger Verletzungsrisiko: Eine schlampige Technik verschenkt massig Potential und riskiert Verletzungen.
Wie man die Mind-Muscle-Connection trainiert
- Komplette Konzentration: Im Workout komplett bei der Sache bleiben, um Anspannung und Bewegungen bewusst zu fühlen.
- Bewusste Anspannung: Die Bewegung am obersten Punkt zu stoppen und alle beteiligten Muskeln kurz und bewusst anzuspannen.
- Statische Übungen: Statische Übungen mit so viel Körperspannung wie nur möglich ausführen, um das Zusammenspiel der einzelnen Muskelgruppen zu trainieren.
- Isolationsübungen: Individuelle Schwachstellen fokussieren, um neben dem betroffenen Muskel selbst auch dessen Muscle-Mind-Connection zu verbessern.
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