Das Canyon Neuron ist ein Klassiker in der Modellpalette von Canyon, der sich als Touren-Allrounder etabliert hat. In diesem Testbericht nehmen wir das Canyon Neuron 6 genauer unter die Lupe und beleuchten seine Stärken und Schwächen. Das Neuron 6 kostet nur 2.299 € und bietet einen Alu-Rahmen mit 140 mm Federweg an der Front und 130 mm am Heck.
Design und Ausstattung
Man muss schon etwas genauer hinsehen, um zu erkennen, dass es sich bei unserem Testbike um eine relativ neue Version des Neurons handelt. Es setzt genau wie der 2016 vorgestellte Vorgänger auf einen Viergelenker-Hinterbau mit waagrecht unter dem Oberrohr angebrachtem Dämpfer. Das sorgt für einen schlanken und sportlichen Look und lässt viel Platz im Rahmendreieck. Unser Testbike in Größe L rollt auf 29″-Laufrädern - nur in Größe XS und S kommen 27,5″-Laufräder zum Einsatz. Mit einem durchaus fairen Preis von 2.299 € liegt das Canyon Neuron 6 im Mittelfeld unseres Vergleichstests und bietet eine Versender-typisch solide Ausstattung. Tatsächlich gibt es sogar ein noch günstigeres Modell für 1.899 €. Mit 130 mm Federweg am Heck ist das Neuron auf der etwas strafferen Seite für ein Trail-Bike. Das Canyon Neuron kommt ziemlich schlank daher und wirkt im Vergleich zum restlichen Testfeld fast schon filigran. Das liegt auch am eher offenen Rahmendesign mit dem knapp unter dem Oberrohr platziertem Dämpfer. Dieser wird Canyon-typisch von einem klassischen Viergelenker-Hinterbau angelenkt. Canyon bezeichnet die dabei gewählte Kinematik als „Triple Phase Suspension“ und verspricht ein sensibles Ansprechverhalten, viel Gegenhalt in der Federwegsmitte und ausreichend Progression am Ende, um Durchschläge zu vermeiden. Im Hauptrahmen ist genug Platz für eine Trinkflasche und eine Werkzeugtasche. Gegenüber dem Vorgänger möchte Canyon die Kabelführung verbessert haben. Der Versender verzichtet auf eine Führung durch den Steuersatz - stattdessen werden die Leitungen hinter dem Steuerrohr ins Rahmeninnere geführt und treten nur kurz oberhalb des Tretlagers ans Tageslicht. Natürlich ist der Rahmen mit allerlei Schonern ausgestattet - Kettenstrebe und Unterrohr wirken gut geschützt. Dazu gibt’s von außen abgedichtete Lagerpunkte, ein geschraubtes Tretlager und ein SRAM UDH-Schaltauge. Die Leitungen gehen am Unterrohr ins Rahmeninnere.
Bei einem Preis von 2.300 € darf man natürlich keine High-End-Parts erwarten. Canyon hat es am Neuron 6 allerdings geschafft, ein solides Paket zu schnüren, das nur wenige Abstriche in Sachen Performance macht. Das Fahrwerk kommt aus dem Hause Fox und besteht aus der 34 Rythm-Federgabel und dem Float DPS Performance-Dämpfer. Gangwechsel erfolgen mittels Shimano SLX-Antrieb mit 12 Gängen, für die nötige Verzögerung sorgen bissige SRAM DB8-Bremsen. Die AM LN 370-Laufräder stammen von DT Swiss und sind mit schicken Schwalbe-Reifen in Skinwall-Optik bestückt. Die 140 mm Federweg an der Front stellt eine Fox 34 Rythm-Federgabel zur Verfügung. Das Heck mit 130 mm kontrolliert der Fox Float DPS Performance-Dämpfer. Die Canyon-eigene Sattelstütze hat ganze 170 mm Hub.
Geometrie
Im Vergleich zum Vorgänger hat sich vor allem die Geometrie des Canyon Neurons geändert. Die Koblenzer sind dabei keine allzu großen Experimente eingegangen, haben allerdings die Reach-Werte ordentlich in die Länge gezogen. Diese reichen nun von 410 bis 510 mm, wobei unser Testrad in Größe L bei durchaus wuchtigen 480 mm landet. Auch der Stack ist leicht angewachsen, dazu gibt’s einen abgeflachten Lenkwinkel, der allerdings immer noch bei eher moderaten 66° liegt. Der Sitzwinkel ist mit 76° ausgewogen, die Kettenstreben messen eher lange 440 mm. Die Geometrie ist größtenteils ausgewogen, allerdings ist die Front deutlich länger geworden.
Canyon verpasst dem 2025er Neuron:ON AL eine progressive, ausgewogene, moderne und komfortable Geometrie, um maximale Performance, sowohl on- als auch offroad zu garantieren. Angeboten wird dieses Bike in fünf Rahmengrößen (XS-XL) - bei denen die beiden kleinsten mit 27,5-Zoll-Laufrädern ausgestattet sind - und es verspricht mit einem langen Radstand und zentraler Sitzposition viel Traktion beim Klettern, hohe Laufruhe bei hoher Geschwindigkeit und volle Kontrolle auf Abfahrten. In der neuesten Evolutionsstufe verfügt das Neuron:ON AL über einen entspannten 64,5°-Lenkwinkel, einen effizienten 76,7°-Sitzwinkel sowie 455 mm lange Kettenstreben, die für mehr Kletterstabilität und Traktion sorgen.
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Fahreindruck
In den letzten Jahren hat sich viel getan bei Canyon und mittlerweile sind die Koblenzer auf einem Niveau angelangt, bei dem wir eigentlich jeden Test damit beginnen können, dass man sich auf das Rad setzt und sich direkt wohlfühlt. Und so verhält es sich wenig verwunderlich auch beim Canyon Neuron 6. Aufgrund des langen Reachs fällt die Sitzposition vergleichsweise gestreckt aus, was in Verbindung mit dem straffen und antriebsneutralen Heck einen sehr sportlichen und Touren-orientierten ersten Eindruck hinterlässt. So motiviert das Rad, vom ersten Meter an Gas zu geben und auch mal den ein oder anderen Zwischensprint einzulegen. Den Griff zum gut erreichbaren Lockout kann man sich in den meisten Situationen getrost sparen - außer man ist ein wahrer Effizienz-Fetischist. Der effiziente Eindruck wird gut von der mehr als solide arbeitenden Shimano SLX-Schaltung unterstrichen.
So positiv von den Uphill-Eigenschaften des Canyon Neurons überrascht, waren wir natürlich mehr als gespannt auf die Trail-Performance. Diese lässt sich wie bei vielen Canyon-Modellen auf zwei Adjektive herunterbrechen: straff und schnell! Das liegt vor allem am Viergelenker-Hinterbau, der wie von Canyon beworben viel Gegenhalt in der Federwegsmitte bietet. Dadurch kann man ziemlich aktiv fahren, Geschwindigkeit aufbauen und bewusst schnelle Linien wählen, muss sich allerdings damit abfinden, nicht auf einem Sofa zu sitzen. Obwohl das Neuron wohl vor allem im Trail-Touren-Bereich zuhause ist, kann man damit auch bergab richtig viel Geschwindigkeit aufbauen. Beim ersten Aufsitzen vermittelt das lange Canyon mit seinem 66°-Lenkwinkel weniger Abfahrts-Vibes als einige Konkurrenten im Test. Durch den hohen Stack steht man allerdings ziemlich zentral im Rad und kann so viel aus dem sportlichen Hinterbau rausholen. Auch die Fox 34 Rythm kann für diese Preisklasse absolut überzeugen - High-End-Gabeln bieten allerdings noch etwas mehr Gegenhalt und würden sicherlich gut zum Hinterbau passen. Die restliche Ausstattung offenbart im Test kaum Schwächen - vom reinen Fahrverhalten her könnte man das Neuron 6 für ein wesentlich hochwertigeres Bike halten. Die Schwalbe-Reifen boten bei den Traum-Bedingungen während unseres Tests soliden Grip, fühlten sich in harten Kompressionen allerdings schwammiger an als das Fahrwerk. Von den laut vibrierenden Leitungen mal abgesehen vermittelt das Canyon Neuron 6 ein ziemlich hochwertiges Fahrgefühl.
Auch wenn wir insgesamt sehr angetan von der Hinterbau-Performance des Canyon Neurons sind, ist das Alu-Trail-Bike auch dank seiner bis auf die Länge eher konservativen Geometrie kein straffer Abfahrts-Spezialist. Dieser Titel geht im Hause Canyon klar an das Spectral 125. Die Geometrie sagt Tour, das Fahrwerk sagt Ballern! Für den Preis hat Canyon an der Ausstattung viel richtig gemacht. Allerdings ist keiner unserer Tester mit dem verbauten Selle Italia-Sattel klargekommen und auch die extrem klappernden Kabel haben den positiven Gesamteindruck etwas getrübt. Schaumstoffhülsen im Inneren oder Kabelbinder an den Leitungs-Eingängen, würden hier viel bringen.
Grundsätzlich haben wir alle Modelle in ihrer Serienausstattung getestet. Das Canyon Neuron ist ein Klassiker in der Modellpalette von Canyon.
Vergleich zu anderen Modellen
Das ROSE Root Miller 1 kostet exakt so viel wie das Canyon Neuron 6, muss allerdings einige Abstriche in der Ausstattung machen. So schwächelt vor allem die verbaute RockShox Gold-Federgabel spürbar im Vergleich zur Fox 34 im Canyon und auch die sehr günstigen Continental-Reifen kommen nicht an die für uns überraschend soliden Schwalbe-Reifen heran. Zudem fühlt sich das Root Miller nach mehr Rad an und lässt sich auch nicht ganz so behände auf den Berg bewegen wie das Canyon.
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Das Vitus Mythique ist das teuerste Rad im Test und verfolgt mit seiner potenten Geometrie, mit aufrechter Körperposition und hoher Front eine etwas Abfahrts-fokussiertere Ausrichtung als das Canyon. Bergauf ist es also etwas im Nachteil gegenüber dem sehr flinken Neuron. In technischen Abfahrten hingegen vermittelt das britische Bike viel Vertrauen und überzeugt mit einem überraschend satten Fahrwerk.
Details
Geräuschkulisse
Der hochwertige Gesamteindruck wird ziemlich von den von Beginn an extrem laut und hochfrequent klappernden Kabeln gestört.
Lockout-Hebel
Während unseres Tests war zweimal versehentlich und ohne unser Zutun der Lockout am Dämpfer eingeschaltet. Wir vermuten, dass man beim Fahren mit dem Bein daran stoßen kann - eventuell passiert es auch, wenn die Räder in den Shuttle geladen werden.
SRAM DB8
Die Mineralöl-Bremse der Amerikaner wurde ohne großes Tamtam vor einem Jahr vorgestellt. Die Bremsleistung und Dosierung kann sich absolut sehen lassen und war für unsere Hometrails mehr als ausreichend. Im Testfeld stach die DB8 so sehr positiv hervor. Allerdings scheint SRAM die Ergonomie absichtlich schlechter gemacht zu haben, als es sein müsste. Wer seinen Bremspunkt relativ nah am Lenker fährt, muss damit leben, dass der Hebel dann schon nicht mehr orthogonal zum Bremsfinger steht.
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