Capsaicin, der Wirkstoff, der Chili ihre Schärfe verleiht, ist nicht nur ein beliebtes Gewürz, sondern auch ein vielversprechendes Mittel zur Behandlung von Nervenschmerzen. Studien haben gezeigt, dass Capsaicin bei der Linderung von Nervenschmerzen, die durch Verletzungen oder Erkrankungen der schmerzleitenden Nervenfasern verursacht werden, sehr wirksam sein kann. Dieser Artikel beleuchtet die Wirkungsweise von Chili-Salben und -Pflastern, ihre Anwendungsgebiete und die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu ihrer Wirksamkeit.
Was sind Nervenschmerzen?
Neuropathische Schmerzen, auch Nervenschmerzen genannt, können sich auf unterschiedliche Weise äußern. Betroffene beschreiben sie oft als brennend, elektrisierend oder einschießend. Manchmal äußern sie sich auch als Taubheitsgefühle. Diese Schmerzen können chronisch und fortschreitend verlaufen, wie beispielsweise bei der Polyneuropathie. Herkömmliche Schmerzmittel, einschließlich starker Opiate, sind oft nicht ausreichend wirksam, was den Leidensdruck der Betroffenen erhöht.
Wie wirkt Capsaicin?
Capsaicin wirkt auf die Nervenzellen, die für die Schmerzwahrnehmung zuständig sind. Es bindet an sogenannte TRPV1-Rezeptoren, die sich auf diesen Nervenzellen befinden. Diese Bindung führt zunächst zu einer Aktivierung der Rezeptoren, was ein vorübergehendes Brennen verursachen kann.
Der Wirkstoff Capsaicin reizt mit seiner Schärfe Rezeptoren der Nerven, die Hitze und Schmerz erkennen und diese Information an das Gehirn weitergeben. Daraufhin werden Neurotransmitter freigesetzt, die lokale Blutgefäße erweitern, wodurch ein brennendes Gefühl entsteht. Der Körper reagiert auf diese schmerzhafte Reizung mit Stress und schüttet Endorphine aus, die Schmerzempfindlichkeit herabsetzen.
Daniel Wertheimer erklärt, dass es durch Capsaicin zu einem "Sturm der Erregung" über die Nervenzellen kommt. Dies führt dazu, dass die Zellen unempfindlicher werden, sich erschöpfen und keine Schmerzinformationen mehr senden. Mit der Zeit regenerieren sich die Nerven nach einer Behandlung.
Lesen Sie auch: Erfahrungen mit Schüssler-Salzen bei Ganglien
Anwendungsgebiete von Capsaicin-Salben und -Pflastern
Capsaicin wird als pharmazeutischer Wirkstoff in Form von Pflastern oder Salben gegen verschiedene Schmerzformen und Durchblutungsstörungen eingesetzt. Typische Anwendungsgebiete sind:
- Nervenschmerzen (neuropathische Schmerzen)
- Schmerzen durch Verspannungen
- Sportverletzungen
- Periphere rheumatische Schmerzen
- Muskelschmerzen im Bereich der Schulter, Hals- und Lendenwirbelsäule
- Weichteilrheumatismus
Capsaicin-Pflaster bieten sich vor allem für Patienten an, die unter neuropathischen Schmerzen leiden, beispielsweise durch eine Schädigung peripherer Nerven nach einem Unfall oder einer Infektion. Auch Menschen, die einfache Berührungen als heftige, brennende Schmerzen wahrnehmen, können von der Behandlung profitieren.
Studienergebnisse zur Wirksamkeit von Capsaicin
Mehrere Studien haben die Wirksamkeit von Capsaicin bei der Behandlung von Nervenschmerzen belegt.
Eine internationale retrospektive Studie (Tenreiro Pinto et al) analysierte die Behandlung von 43 Patienten mit Neuralgien infolge einer Gürtelrose (Herpes Zoster), Verletzung oder eines chirurgischen Eingriffs. Nach sieben bis 14 Behandlungstagen ging die Schmerzintensität um durchschnittlich 40 Prozent zurück. Der Schmerz an der behandelten Stelle verringerte sich um mehr als ein Drittel (35 Prozent).
Eine spanische Studie (Galvez et al) mit 60 Teilnehmern zeigte ebenfalls positive Ergebnisse. Die Probanden litten unter verschiedenen Arten von Nervenschmerzen, zum Beispiel aufgrund von Operationsnarben oder infolge von Herpeserkrankungen. Das Schmerzempfinden sank von durchschnittlich 6,8 Punkten zu Beginn der Behandlung auf 4,1 Punkte bis Behandlungsende. 39 Patienten (65 Prozent) gaben an, bereits mit der ersten Applikation des Pflasters eine Schmerzlinderung erlebt zu haben.
Lesen Sie auch: Ursachen von Nervenschmerzen im Fuß
Eine skandinavische Studie (Hansson et al) untersuchte die Wirksamkeit, Sicherheit und Akzeptanz von Capsaicin 8 % Pflaster in der klinischen Praxis. Bei 28 Prozent bzw. 31 Prozent der behandelten bzw. wiederbehandelten Patienten ließen die Schmerzen in den Wochen 2 bis 8 der Studiendauer um mindestens 30 Prozent nach. Die Lebensqualität und der allgemeine Gesundheitszustand verbesserten sich von der ersten Woche an.
Eine italienische Studie (Cruccu et al) belegte, dass Capsaicin-Pflaster sogar oral verabreichtem Pregabalin überlegen sind - und zwar bei Patienten, die unter dynamischer mechanischer Allodynie aufgrund von peripheren neuropathischem Schmerz leiden. Nach acht Wochen hatte sich die Schmerzintensität bei den Patienten mit den Capsaicin-Pflastern im Vergleich zur Kontrollgruppe fast um das Dreifache verringert. Vor allem aber konnten 24 Prozent der Patienten, denen das Pflaster appliziert worden war, ihre Allodynie zur Gänze loswerden.
Die Wirksamkeit von Capsaicin-Pflastern wurde auch in kontrollierten klinischen Studien an Patienten mit schmerzhafter humaner Immundefizienzvirus-assoziierter Neuropathie (HIV-AN), schmerzhafter diabetischer Neuropathie und posttherapeutischer Neuralgie (PHN) nachgewiesen. Eine Schmerzlinderung wurde in der 1. Woche bei PHN, in der 2. Woche bei HIV-AN und in der 3. Woche bei schmerzhafter diabetischer Neuropathie beobachtet. Bei allen drei Ätiologien hielt die Wirkung während des 12-wöchigen Studienzeitraums an.
Anwendung von Capsaicin-Salben und -Pflastern
Capsaicin-Creme wird in der Regel dreimal täglich auf den schmerzenden Bereich sparsam aufgetragen (1-2 g Creme pro Anwendung; 1 g entspricht einem Strang von ca. 4,2 cm) und gut eingerieben.
Capsaicin-Pflaster müssen von einem Arzt oder unter der Aufsicht eines Arztes angewendet werden. Schmerzhafte Hautreale sollten von einem Arzt ermittelt und auf der Haut markiert werden. Es soll an den Füßen (z. B. bei HIV-assoziierter Neuropathie oder schmerzhafter diabetischer Neuropathie) 30 Minuten und an anderen Stellen (z. B. bei postherpetischer Neuralgie) 60 Minuten appliziert bleiben.
Lesen Sie auch: Nervenschmerzen natürlich behandeln
Das Behandlungsareal kann vor der Applikation mit einem topischen Anästhetikum behandelt oder dem Patienten kann ein orales Analgetikum verabreicht werden, um eventuelle applikationsbedingte Beschwerden zu reduzieren.
Mögliche Nebenwirkungen
Die am häufigsten berichteten Nebenwirkungen an der Applikationsstelle waren Brennen, Schmerzen, Erythem und Pruritus, die vorübergehend und lokal auftraten.
Als Nebenwirkungen sind Irritationen wie Rötungen, Pusteln, Juckreiz oder sogar Verbrennungen möglich. Bei einer ersten Anwendung sollte man also etwas vorsichtig sein und sich langsam an die richtige Menge herantasten.
Um Hautreizungen zu vermeiden, sollten Capsaicin-Salben nicht auf verletzter Haut, im Gesicht oder auf Schleimhäuten angewendet werden. Auch außerhalb des schmerzenden Bereiches sollte das Produkt nicht aufgetragen werden. Es empfiehlt sich, zum Cremen Handschuhe zu tragen oder mindestens die Hände direkt danach gründlich mit fettlösender Seife zu waschen.
Zusätzliche Wärmezufuhr (z.B. durch Sonnen-/Infrarot-Bestrahlung oder Heizkissen oder warmes Wasser) während der Behandlung sollte vermieden werden. Die Wärmewirkung kann durch körperliche Aktivität (Schwitzen) verstärkt werden. Die Anwendung ist abzubrechen falls die Wärmewirkung als zu stark empfunden wird.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen
Bei Patienten mit einer schmerzhaften diabetischen Neuropathie sollte vor jeder Applikation und bei den folgenden Arztbesuchen eine sorgfältige Untersuchung der Füße vorgenommen werden, um Hautläsionen in Zusammenhang mit der zugrundeliegenden Neuropathie oder vaskulären Insuffizienz zu diagnostizieren.
Bei Patienten mit beeinträchtigter Wahrnehmung in den Füßen und Patienten mit erhöhtem Risiko für derartige Einschränkungen der sensorischen Funktion ist Vorsicht geboten. Alle Patienten mit vorher bestehender Beeinträchtigung der sensorischen Funktion sollten vor jeder Applikation auf Anzeichen eines Verlustes der sensorischen Wahrnehmung hin klinisch untersucht werden.
Infolge einer behandlungsbedingten Zunahme der Schmerzen kann es während und kurz nach der Behandlung mit Capsaicin-Pflastern zu einem vorübergehenden Blutdruckanstieg kommen. Der Blutdruck sollte während der Behandlung überwacht werden. Bei Patienten mit instabiler oder schlecht eingestellter Hypertonie oder mit einer Vorgeschichte einer kardiovaskulären Erkrankung sollte das Risiko unerwünschter kardiovaskulärer Ereignisse durch den potenziellen Stress des Behandlungsverfahrens bedacht werden, bevor die Behandlung eingeleitet wird.
tags: #chili #salbe #wirkung #nervenschmerzen