Chorea Huntington ist eine erbliche Erkrankung, bei der Nervenzellen im Gehirn nach und nach absterben. Dies führt zu einem fortschreitenden Verlust der motorischen und geistigen Fähigkeiten. Die Huntington-Krankheit, auch Huntington-Krankheit, Morbus Huntington, Huntington-Krankheit oder veraltet erblicher Veitstanz genannt, ist eine erbliche, neurodegenerative Erkrankung. Wer die Genveränderung in sich trägt, erkrankt zwangsläufig.
Was ist Chorea Huntington?
Chorea Huntington ist eine seltene, vererbbare Erkrankung des Gehirns, bei der es zu einem schrittweisen Untergang von Nervenzellen im Gehirn kommt. Die Krankheit wurde erstmals von dem Arzt George Huntington 1872 beschrieben und nach ihm benannt. Die Bewegungsstörung kann ungewollte und unregelmäßige, teils überschwängliche, ausladende Bewegungen, sogenannte Überbewegungen (Hyperkinesien) umfassen. Des Weiteren kann es zu Störungen der Aussprache (Dysarthrie) und Schluckbeschwerden (Dysphagie) kommen. Früher wurde die Erkrankung auch Chorea Huntington genannt.
Häufigkeit
In Europa sind etwa vier bis neun von 100.000 Menschen betroffen. Frauen und Männer erkranken gleichermaßen. In Deutschland rechnet man mit rund 10.000 Menschen, die von Morbus Huntington betroffen sind und weiteren 50.000, die das Risiko tragen, die Krankheitsanlage geerbt zu haben, weil ein Elternteil von der Huntington Krankheit betroffen ist (oder war) (in Nordamerika sind es rund 30.000 Kranke und weitere 150.000 sog. Risikopersonen).
Ursachen von Chorea Huntington
Die Ursache ist eine Genmutation, bei der das Gen am 4. Chromosom verändert ist. Als Risikofaktor zählt einzig und allein eine erbliche Vorbelastung.
Vererbung von Genmutation
Chorea Huntington ist eine Erbkrankheit, bei der ein bestimmtes Gen auf dem Chromosom 4 verändert ist, was in der Regel angeboren ist - nur selten kommt es zu einer Spontanmutation. Das Gen ist für die Bildung eines bestimmten Proteins (Eiweiß) mit Namen Huntington verantwortlich. Durch die Genmutation kommt es zu einer Veränderung der Struktur des Eiweißes. Bei betroffenen Menschen liegen ungewöhnlich viele Wiederholungen von bestimmten Basenkombinationen (Cytosin, Adenin und Guanin, kurz CAG) auf einem Gen vor. Gesunde Menschen haben nur drei CAG-Wiederholungen im entsprechenden Gen. Dieses fehlerhafte Eiweiß wirkt toxisch auf bestimmte Nervenzellen im Gehirn und lässt diese absterben. Vor allem die sogenannten Basalganglien sind betroffen, die für einen flüssigen und koordinierten Bewegungsablauf zuständig sind.
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Autosomal-dominante Vererbung
Chorea Huntington wird autosomal-dominant vererbt. Das bedeutet: Wenn ein Elternteil die genetische Veränderung in sich trägt, erkranken Kinder mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent ebenso. Dabei reicht es aus, wenn nur ein Elternteil die Genmutation aufweist und weitergibt. Wer das verantwortliche Erbmerkmal hat, erkrankt früher oder später zwangsläufig.
Symptome von Chorea Huntington
Das Hauptmerkmal der Huntington-Krankheit ist die sogenannte Chorea. Darunter verstehen Fachleute schnelle, unwillkürliche, unregelmäßige und plötzliche Bewegungen (Hyperkinesien) verschiedener Muskelgruppen.
Anfangsstadium
Chorea Huntington beginnt oft mit eher unspezifischen Symptomen. Dazu zählen psychischen Auffälligkeiten, die weiter fortschreiten. Viele Patienten sind vermehrt reizbar, aggressiv, depressiv oder enthemmt. Andere spüren einen Verlust an Spontaneität oder eine zunehmende Ängstlichkeit. Die Bewegungsstörungen bei Chorea Huntington bestehen in plötzlich auftretenden, unwillkürlichen Bewegungen des Kopfs, der Hände, Arme, Beine oder des Rumpfs. In extremen Fällen führt dies zu einem krankheitstypischen tänzelnden Gang.
Wesensveränderung als Anfangssymptom
Das erste Symptom von Chorea Huntington ist in aller Regel eine Wesensveränderung. Noch ehe es zu den typischen Bewegungsstörungen kommt, sind die Betroffenen reizbarer als sonst und reagieren schneller aggressiv. Rund zwei Drittel der Erkrankten leiden unter Depression oder haben Ängste. Oft meiden die Betroffenen plötzlich ihre sozialen Kontakte, fühlen sich vielen alltäglichen Aufgaben nicht mehr gewachsen und vernachlässigen ihr Äußeres. Auch zwanghaftes Verhalten kann auftreten, ist aber seltener. Bis zu 10 % der Erkrankten haben zudem eine Psychose. Betroffene haben ein erhöhtes Risiko, einen Selbstmord zu begehen.
Erste Bewegungsstörungen
Charakteristisch für die Huntington-Krankheit ist die „Chorea“. Das Wort kommt aus dem griechischen und bedeutet „Tanz“, die Huntington-Krankheit wurde früher auch als Veitstanz bezeichnet. Gemeint sind damit die typischen ruckartigen, kurzen Bewegungen von Gesicht, Rumpf und Gliedmaßen. Anfangs sind die Bewegungen oft so gering ausgeprägt, dass Betroffene lediglich unruhig wirken. Mit der Zeit werden die Bewegungen und das Grimassieren immer stärker. Viele Patienten nehmen die Bewegungen zunächst selbst gar nicht wahr, obwohl sie für Außenstehende deutlich sichtbar sind.
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Fortschreitende Symptome
Mit Fortschreiten der Krankheit werden die Bewegungsstörungen immer stärker. Erkrankte nehmen bizarre Fehlhaltungen ein, die Körperteile verdrehen sich krampfartig. Durch Verziehen des Mundes entstehen Grimassen, das Zwinkern wird häufiger. Die Hände vollführen oft klavierspielerartige Bewegungen, die Zunge schnellt nach dem Strecken wie bei einem Chamäleon schnell wieder zurück. Es wird zunehmend schwieriger, Gegenstände zu greifen, weil die Feinabstimmung der Bewegungen nicht mehr gelingt. Bei der jugendlichen Form der Chorea Huntington sind die Symptome etwas anders, hier erstarren die Patienten eher.
Gangbild
Mit dem Fortschreiten der Erkrankung wird das Gehen immer schwieriger. Das Gangbild wirkt oft tänzelnd - das liegt daran, dass es immer wieder zu kurzen, abrupten, nicht kontrollierbaren Bewegungen der Gliedmaßen kommt. Später leidet auch die Balance, die Erkrankten haben dann einen schwankenden Gang. Weil es zunehmend schwieriger wird, die Beine richtig anzuheben, steigt die Stolpergefahr.
Spätere Stadien
Schreitet Chorea Huntington weiter fort, ist auch die Zungen- und Schlundmuskulatur beeinträchtigt. Die Sprache wirkt abgehackt, Laute werden explosionsartig ausgestoßen. Ebenso sind Schluckstörungen möglich. Dann besteht die Gefahr, dass sich Betroffene verschlucken, Nahrung in die Atemwege gelangt und sich als Folge eine Lungenentzündung entwickelt. Im weiteren Verlauf der Chorea Huntington verlieren die Patienten nach und nach ihre geistigen Fähigkeiten. Nach etwa 15 Jahren lässt sich bei fast allen Betroffenen eine Demenz nachweisen.
Symptome im Endstadium
Weil bei der Chorea Huntington immer mehr Nervenzellen absterben, verschlimmern sich die Symptome mit dem zunehmenden Alter. Irgendwann verliert der Erkrankte auch die Kontrolle über die Zungen- und Schlundmuskeln. Das Sprechen wird schwierig, der Erkrankte stößt unkontrollierte, abgehackte Laute aus. Weil das Schlucken nicht mehr gut funktioniert, ist das Essen schwierig. Betroffene nehmen oft massiv ab. Auch das Atmen wird schwieriger und die Kontrolle über Urin- und Stuhlabgang geht verloren. Zu den Persönlichkeitsveränderungen kommen noch die Symptome einer Demenz. Obwohl die Symptome drastisch sind, versterben die Erkrankten in der Regel nicht an der Chorea Huntington selbst, sondern an sich daraus entstehenden Komplikationen - zum Beispiel Lungenentzündungen auf Grund der Schluckstörungen oder einem Infekt wegen der allgemeinen Schwäche.
Diagnose von Chorea Huntington
Die Diagnose im Frühstadium der Huntington-Krankheit ist in der Regel schwierig, da die Symptome meist nur schwach ausgeprägt sind. Zudem ist die Krankheit sehr selten, weshalb viel Zeit bis zur finalen Diagnose vergehen kann. Jeder Verdacht sollte von Fachleuten für Neurologie in spezialisierten Kliniken untersucht werden. In der Regel wird die Erkrankung vererbt, weshalb für Fachleute insbesondere die Familiengeschichte von Interesse ist. Nach der Familienanamnese schließt sich eine klinische Untersuchung an, bei der neurologische oder psychische Auffälligkeiten im Fokus stehen.
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Unter Umständen folgen bildgebende Verfahren, wie:
- Positronen-Emissions-Tomographie (PET)
- Magnetresonanztomographie (MRT)
- Computertomographie (CT)
Gentest sichert Diagnose
Mithilfe eines Gentests lässt sich die Diagnose sichern. Für den Test ist eine Blutprobe nötig, die anschließend hinsichtlich des Gens untersucht wird. Auch gesunde Erwachsene, deren Eltern betroffen sind, können sich testen lassen. Eine solche DNA-Testung darf nur nach sorgfältiger Aufklärung und Einwilligung durchgeführt werden. Die zu untersuchende Person muss volljährig, psychisch entsprechend stabil und vorab ausführlich beraten worden sein. Denn das Wissen, möglicherweise eine tödliche Krankheit zu haben, kann äußerst belastend sein und sollte ärztlich begleitet werden. In Deutschland ist die sogenannte pränatale Diagnostik bei Krankheiten, die sich erst im Erwachsenenalter zeigen, gesetzlich verboten.
Genetische Beratung
Laut Gendiagnostikgesetz (GenDG) soll bei jeder diagnostischen genetischen Untersuchung eine genetische Beratung angeboten werden. Bei prädiktiver genetischer Diagnostik muss laut GenDG vor der Untersuchung und nach Vorliegen des Resultates genetisch beraten werden, außer es liegt eine schriftliche Verzichtserklärung der Risikoperson nach schriftlicher Aufklärung über die Beratungsinhalte vor.
Reaktionen auf ein Testergebnis
Die Reaktionen auf ein Testergebnis können vielfältig sein: Schock bei Kenntnisnahme eines positiven Ergebnisses, Verdrängen der Gefährdung, Angst davor, tatsächlich zu erkranken, Angst vor dem Zeitpunkt des Ausbruchs oder Angst vor dem Verlauf der Krankheit. Des Weiteren geht es um Aggression darüber, das Leid der Familie mit allen Auswirkungen auf das Familienleben fortzuführen, Furcht vor Konsequenzen im Beruf und in der Partnerschaft oder Schuldgefühle gegenüber betroffenen Familienangehörigen, sogar wenn man selbst nicht betroffen ist. Und schließlich geht es um Suizidgedanken, vor allem um das Testdatum herum.
Gründe für einen Gentest
Man sollte sich also darüber im Klaren sein, warum man den Test machen möchte. Ist er nur für sich selbst, um statt einer möglicherweise quälenden Ungewissheit Gewissheit zu erhalten, ist er aus gleichen Gründen für den Partner, ist er wegen eines Kinderwunsches, der Berufsaussichten oder aus anderen Gründen. Was auch immer die Motivation sein mag: für diesen Test sollte man sich nur entscheiden, wenn man sich über die Folgen der Untersuchung klar geworden ist, nämlich das unauslöschliche Wissen um die eigene Zukunft. Für diese Entscheidung gibt es kein allgemeines Richtig oder Falsch. In jedem Fall ist es daher ratsam, sich bei einer Beratungsstelle und / oder mit einer Person seines Vertrauens eingehend darüber zu beraten. Für den Arzt, der die genetische Untersuchung durchführt, ist die genetische Beratung sogar verpflichtend vorgeschrieben. Bei einem solchen Gespräch geht es u.a. um die Familiengeschichte, die Krankheit selbst, ihre Erblichkeit, Auswirkungen und Behandlungsmöglichkeiten. Auch die Erwartungen des Ratsuchenden an die Untersuchung, sein möglicher Umgang mit dem zu erwartenden Ergebnis sowie rechtliche und soziale Fragen, einschließlich des „Rechts auf Nichtwissen“ sowie des Rechts auf Widerruf der Einwilligung sollten thematisiert werden. Darüber hinaus sollte darauf hingewiesen werden, dass eine positive Diagnose sich negativ auf Versicherungsabschlüsse auswirken kann, insbesondere auf Lebens- oder Krankenversicherung. Insgesamt ist das Ziel der Beratung, dass die Risikoperson sich über die Folgen der Austestung vollständig im Klaren ist.
Ablauf der Ergebnismitteilung
Das Untersuchungsergebnis wird nur durch den untersuchenden bzw. beratenden Arzt und ausschließlich der untersuchten Person eröffnet, gegebenenfalls einer begleitenden Vertrauensperson. Das Ergebnis oder diesbezügliche Auskünfte werden keinesfalls an Dritte weitergegeben, allenfalls mit schriftlicher Einwilligung des Patienten. Arbeitgebern, Versicherungen usw. ist der Zugang zu genetischen Befunden grundsätzlich verwehrt. Der Befund wird Eigentum des Patienten und unterliegt der ärztlichen Schweigepflicht.
Behandlung von Chorea Huntington
Chorea Huntington ist bisher nicht heilbar. Ziel der Behandlung ist es deshalb, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.
Medikamentöse Therapie
Bei bestimmten Beschwerden können Medikamente zum Einsatz kommen. Gegen Bewegungsstörungen und psychische Symptome wie Depressionen oder Angstzustände erhalten Betroffene etwa Neuroleptika (Antipsychotika, etwa Sulpirid oder Wirkstoffe wie Tiaprid oder Tetrabenazin), Antiparkinsonmittel oder Antidepressiva.
Begleitende Behandlung
Neben der medikamentösen, symptomatischen Therapie sind begleitende Maßnahmen wichtig. Hierzu zählen etwa:
- Physiotherapie (zum körperlichen Training)
- Ergotherapie (um Fähigkeiten möglichst lange zu erhalten, z. B. Kleidung anzuziehen)
- Logopädie (Training bei Sprech- und Schluckstörungen)
Auch eine begleitende Psychotherapie ist mitunter für Betroffene und Angehörige wichtig, um mit der Erkrankung besser umgehen zu können.
Weitere Therapieansätze
Da derzeit keine neuroprotektiven Wirkstoffe zur Behandlung der Huntington-Erkrankung zur Verfügung stehen, kommt es im Verlauf der Erkrankung unweigerlich zu einem zunehmenden Verlust der Nervenzellen im Striatum, aber auch im Cortex und im Hirnstamm. Man versucht, diesen Zellverlust über Transplantation von Stammzellen in das Gehirn hinein auszugleichen. Ein weiterer Ansatz ist die Tiefe Hirnstimulation mit experimenteller Implantation eines Hirnschrittmachers.
Verlauf und Lebenserwartung
Chorea Huntington ist nicht heilbar. Erste Beschwerden zeigen sich meist zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr. Im weiteren Krankheitsverlauf verschlechtern sich die Symptome zunehmend. Der genaue Verlauf der Huntington-Krankheit hängt allerdings vom Zeitpunkt des Ausbruchs ab: Je später sich erste Beschwerden zeigen, desto langsamer schreitet die Krankheit fort. Die Lebenserwartung nach der Diagnose beträgt etwa zehn bis 20 Jahre.
Ähnliche Erkrankungen
Eine ähnliche Symptomatik wie bei Chorea Huntington besteht manchmal bei anderen, nicht erblichen Ursachen. Beispiele sind die Folgen von Infektionserkrankungen oder eine Hormonumstellung in der Schwangerschaft (Chorea gravidarum). Medikamente und hormonelle Verhütungsmittel wie die Pille sind seltenere Auslöser. Zudem verursachen in seltenen Fällen Schlaganfälle in bestimmten Regionen des Gehirns ähnliche Symptome. Aufgrund von Durchblutungsstörungen im Gehirn tritt im Alter manchmal eine Form von Chorea auf. Ärzte vermuten, dass Krankheiten wie eine Schilddrüsenüberfunktion ebenfalls mit einer Chorea-ähnlichen Krankheit in Verbindung stehen. Im Unterschied zu Chorea Huntington ist der Verlauf bei diesen Formen aber nicht fortschreitend. Die Bewegungsstörungen bilden sich meist wieder zurück. Schwere psychische Symptome sind in solchen Fällen untypisch.
Selbsthilfegruppen und Unterstützung
Deutschlandweit gibt es gut organisierte Selbsthilfegruppen für Betroffene und Angehörige. Patienten und Angehörige können sich in das Europäische Huntington-Netzwerk einschließen lassen. Dies kann über unsere Ambulanz für Bewegungsstörungen gemacht werden.
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