Chorea Huntington, auch bekannt als Huntington-Krankheit oder Morbus Huntington, ist eine seltene, vererbbare neurodegenerative Erkrankung des Gehirns. Sie ist durch einen fortschreitenden Verlust von Nervenzellen gekennzeichnet, was zu unwillkürlichen Bewegungen, kognitiven Beeinträchtigungen und psychiatrischen Symptomen führt. Die Krankheit wurde erstmals 1872 von dem Arzt George Huntington beschrieben und nach ihm benannt.
Was ist Chorea Huntington?
Chorea Huntington ist eine genetisch bedingte Erkrankung, bei der bestimmte Hirnbereiche allmählich zerstört werden. Dies führt zu einer fortschreitenden Verschlechterung der motorischen, kognitiven und psychischen Funktionen. Die Huntington-Krankheit ist nicht heilbar, und die Behandlung konzentriert sich auf die Linderung der Symptome und die Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen.
Ursachen und Vererbung
Die Ursache von Chorea Huntington ist eine Mutation im Huntingtin-Gen (HTT) auf Chromosom 4. Dieses Gen enthält die Anweisung zur Herstellung des Huntingtin-Proteins. Bei Menschen mit Chorea Huntington enthält das Huntingtin-Gen eine verlängerte CAG-Repeat-Sequenz (Cytosin-Adenin-Guanin). Diese übermäßige Wiederholung führt zur Produktion einer toxischen Form des Huntingtin-Proteins, die die Nervenzellen im Gehirn schädigt.
Die Huntington-Krankheit wird autosomal-dominant vererbt. Das bedeutet, dass eine Person, die eine Kopie des mutierten Gens von einem Elternteil erbt, die Krankheit entwickeln wird. Jedes Kind eines Elternteils mit Chorea Huntington hat eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit, das mutierte Gen zu erben.
Die Anzahl der CAG-Wiederholungen im Huntingtin-Gen korreliert mit dem Alter des Krankheitsbeginns. Je höher die Anzahl der Wiederholungen, desto früher treten die Symptome auf. Menschen mit 40 oder mehr CAG-Repeats entwickeln im Laufe ihres Lebens mit Sicherheit Chorea Huntington.
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Symptome
Die Symptome von Chorea Huntington variieren von Person zu Person und können sich im Laufe der Zeit verändern. Typische Symptome sind:
- Bewegungsstörungen (Chorea): Unwillkürliche, ruckartige, unkoordinierte Bewegungen von Gesicht, Rumpf und Gliedmaßen. Diese Bewegungen können anfangs leicht sein und als Unruhe erscheinen, werden aber im Laufe der Zeit stärker und beeinträchtigen die Fähigkeit, willkürliche Bewegungen auszuführen.
- Kognitive Beeinträchtigungen: Schwierigkeiten mit der Konzentration, Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Planung, Organisation und Entscheidungsfindung.
- Psychiatrische Symptome: Depressionen, Angstzustände, Reizbarkeit, Aggressivität, Zwangsstörungen, Psychosen und Persönlichkeitsveränderungen.
Weitere Symptome können sein:
- Schwierigkeiten beim Sprechen und Schlucken
- Gleichgewichtsstörungen und Koordinationsprobleme
- Muskelsteifheit und -krämpfe
- Gewichtsverlust
- Schlafstörungen
- Verlust der Kontrolle über Blase und Darm
Die ersten Symptome treten meist im Alter zwischen 30 und 50 Jahren auf, können aber auch früher (juvenile Form) oder später im Leben auftreten. Die Huntington-Krankheit ist eine fortschreitende Erkrankung, und die Symptome verschlimmern sich im Laufe der Zeit.
Wesensveränderung als Anfangssymptom
Oftmals ist das erste Anzeichen einer Chorea Huntington eine Wesensveränderung. Betroffene können reizbarer und schneller aggressiv reagieren als zuvor. Depressionen und Angstzustände treten häufig auf. Manche ziehen sich von sozialen Kontakten zurück, vernachlässigen ihr Äußeres und fühlen sich überfordert. Zwanghaftes Verhalten und in seltenen Fällen Psychosen können ebenfalls auftreten. Das Suizidrisiko ist erhöht.
Erste Bewegungsstörungen
Die namensgebende "Chorea", abgeleitet vom griechischen Wort für Tanz, beschreibt die typischen ruckartigen, unwillkürlichen Bewegungen von Gesicht, Rumpf und Gliedmaßen. Anfangs sind diese Bewegungen oft kaum wahrnehmbar und wirken lediglich wie Unruhe. Mit der Zeit verstärken sie sich jedoch und werden für Außenstehende deutlich sichtbar.
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Verschlimmerung der Bewegungsstörungen
Im weiteren Verlauf der Erkrankung nehmen die Bewegungsstörungen zu. Es kommt zu bizarren Fehlhaltungen und krampfartigen Verdrehungen der Körperteile. Grimassieren und häufiges Zwinkern treten auf. Die Hände können klavierspielartige Bewegungen ausführen, und die Zunge schnellt unkontrolliert hervor. Das Greifen von Gegenständen wird zunehmend schwieriger. Bei der juvenilen Form der Chorea Huntington kommt es eher zu einem Erstarren der Patienten.
Gangbild
Das Gangbild wird durch die unkontrollierbaren Bewegungen der Gliedmaßen beeinträchtigt und wirkt oft tänzelnd. Später kommt es zu Gleichgewichtsstörungen und einem schwankenden Gang. Die Stolpergefahr steigt, da das Anheben der Beine erschwert ist.
Symptome im Endstadium
Im Endstadium der Chorea Huntington kommt es zu einem Verlust der Kontrolle über die Zungen- und Schlundmuskulatur, was zu Sprach- und Schluckstörungen führt. Unkontrollierte Laute können ausgestoßen werden. Die Nahrungsaufnahme wird schwierig, was zu Gewichtsverlust führt. Auch die Atmung kann beeinträchtigt sein, und die Kontrolle über Urin- und Stuhlabgang geht verloren. Zusätzlich zu den Persönlichkeitsveränderungen treten Symptome einer Demenz auf.
Obwohl die Symptome drastisch sind, sterben die Betroffenen in der Regel nicht direkt an der Chorea Huntington, sondern an Komplikationen wie Lungenentzündungen aufgrund von Schluckstörungen oder Infektionen aufgrund allgemeiner Schwäche.
Diagnose
Die Diagnose von Chorea Huntington basiert auf einer Kombination aus:
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- Familienanamnese: Erhebung der Familiengeschichte, um festzustellen, ob andere Familienmitglieder an Chorea Huntington erkrankt sind.
- Neurologische Untersuchung: Beurteilung der motorischen, kognitiven und psychischen Funktionen.
- Gentest: Eine Blutuntersuchung, um die Anzahl der CAG-Wiederholungen im Huntingtin-Gen zu bestimmen. Ein Gentest kann die Diagnose bestätigen und auch bei Personen ohne Symptome durchgeführt werden, die ein Risiko haben, die Krankheit zu entwickeln (prädiktive Testung).
Die prädiktive Testung ist eine schwierige Entscheidung, da sie erhebliche Auswirkungen auf die Psyche der Betroffenen haben kann. Daher gibt es Richtlinien zur Durchführung eines Gentests auf die Huntington-Krankheit. Die betreffenden Personen müssen unter anderem vorher genau über die Risiken aufgeklärt werden und psychologische Unterstützung erhalten.
Behandlung
Es gibt derzeit keine Heilung für Chorea Huntington. Die Behandlung konzentriert sich auf die Linderung der Symptome und die Verbesserung der Lebensqualität.
- Medikamente: Verschiedene Medikamente können zur Behandlung der Symptome eingesetzt werden, z. B. Antipsychotika zur Kontrolle von Bewegungsstörungen und psychiatrischen Symptomen, Antidepressiva zur Behandlung von Depressionen und andere Medikamente zur Behandlung von Schlafstörungen, Reizbarkeit und anderen Symptomen.
- Physiotherapie: Hilft bei der Verbesserung der motorischen Fähigkeiten, des Gleichgewichts und der Koordination.
- Ergotherapie: Hilft bei der Anpassung an die sich verändernden Fähigkeiten und der Erhaltung der Selbstständigkeit im Alltag.
- Logopädie: Hilft bei der Verbesserung der Sprech- und Schluckfähigkeit.
- Psychotherapie: Hilft bei der Bewältigung der emotionalen und psychischen Auswirkungen der Krankheit.
- Unterstützende Maßnahmen: Eine kalorienreiche Ernährung ist wichtig, um den Gewichtsverlust zu bekämpfen. Selbsthilfegruppen bieten emotionale Unterstützung und Informationen für Betroffene und ihre Familien.
Medikamentöse Behandlung
- Tiaprid und Tetrabenazin: Diese Wirkstoffe werden gegen die übermäßigen und unkontrollierten Bewegungsabläufe eingesetzt, indem sie dem körpereigenen Botenstoff Dopamin entgegenwirken.
- Antidepressiva: Bei depressiven Verstimmungen kommen meist Antidepressiva aus der Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) oder Sulpirid zum Einsatz.
- Memantin: In einigen Studien verlangsamte der Wirkstoff Memantin den geistigen Abbau.
Unterstützende Maßnahmen
- Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie: Diese Therapien sind hilfreich, um die Beschwerden zu lindern. Spezielle Übungen können helfen, Sprech- oder Schluckstörungen zu verbessern. Ergotherapie kann die Aktivitäten des alltäglichen Lebens trainieren und Menschen mit Chorea Huntington ermöglichen, länger selbstständig zu bleiben.
- Psychotherapie: Eine Psychotherapie hilft vielen Betroffenen, besser mit der Erkrankung umzugehen.
- Selbsthilfegruppen: Selbsthilfegruppen stellen für viele eine große Unterstützung dar.
- Kalorienreiche Ernährung: Da viele Menschen mit Chorea Huntington im Laufe ihrer Krankheit stark abnehmen, ist eine kalorienreiche Ernährung sinnvoll. In einigen Fällen verbessert leichtes Übergewicht die Symptome der Chorea Huntington.
Forschung
Es werden vielfältige neue Ansätze in der medikamentösen Chorea-Huntington-Therapie verfolgt, die sich aber bisher noch im Versuchsstadium befinden. Kleinere Studien zeigten für CoEnzym Q10 und Kreatin zwar leicht positive Effekte, jedoch mussten größer angelegte Studien abgebrochen werden, da sich keine Aussicht auf eine Wirksamkeit abzeichnete. Auch ein weiterer untersuchter Wirkstoff zur Behandlung von Chorea Huntington, Ethyl-Icosapent, bewirkte laut Untersuchungen keine Besserung der Bewegungsstörungen.
Verlauf und Prognose
Chorea Huntington ist eine fortschreitende Erkrankung, die unweigerlich zum Tod führt. Die Lebenserwartung nach dem Auftreten der ersten Symptome beträgt in der Regel 10 bis 30 Jahre. Die meisten Betroffenen sterben an Komplikationen wie Lungenentzündungen, Herzversagen oder anderen Infektionen.
Der Verlauf der Krankheit ist von Person zu Person unterschiedlich. Einige Menschen erleben einen langsamen und allmählichen Abbau, während andere einen schnelleren Verlauf haben. Die Anzahl der CAG-Wiederholungen im Huntingtin-Gen kann einen Einfluss auf den Verlauf der Krankheit haben, aber auch andere genetische und Umweltfaktoren spielen eine Rolle.
Leben mit Chorea Huntington
Das Leben mit Chorea Huntington ist sowohl für die Betroffenen als auch für ihre Familien eine große Herausforderung. Die Krankheit beeinträchtigt die körperlichen, kognitiven und psychischen Funktionen und kann zu erheblichen Einschränkungen im Alltag führen.
Es ist wichtig, dass Betroffene und ihre Familien frühzeitig Unterstützung suchen. Dies kann in Form von medizinischer Behandlung, Therapie, Selbsthilfegruppen und anderen unterstützenden Maßnahmen erfolgen. Eine gute Versorgung und Unterstützung können dazu beitragen, die Lebensqualität zu verbessern und den Verlauf der Krankheit zu verlangsamen.
Anlaufstellen und Unterstützung
In Deutschland gibt es verschiedene Anlaufstellen und Organisationen, die Menschen mit Chorea Huntington und ihre Familien unterstützen:
- Deutsche Huntington-Hilfe e.V.: Bietet Informationen, Beratung und Unterstützung für Betroffene und ihre Familien.
- Huntington Zentrum NRW (HZ-NZW): Ein spezialisiertes Zentrum für die Diagnose und Behandlung von Chorea Huntington.
- Europäisches Huntington-Netzwerk (EHDN): Ein Netzwerk von Forschern, Ärzten und Patientenorganisationen, die sich für die Verbesserung der Versorgung von Menschen mit Chorea Huntington einsetzen.
- Selbsthilfegruppen: Bieten eine Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen und ihren Familien auszutauschen und Unterstützung zu erhalten.
Fazit
Chorea Huntington ist eine verheerende Krankheit, die das Leben der Betroffenen und ihrer Familien stark beeinträchtigt. Obwohl es derzeit keine Heilung gibt, können die Symptome durch eine Kombination aus Medikamenten, Therapie und unterstützenden Maßnahmen gelindert werden. Es ist wichtig, dass Betroffene und ihre Familien frühzeitig Unterstützung suchen, um die Lebensqualität zu verbessern und den Verlauf der Krankheit zu verlangsamen. Die Forschung arbeitet intensiv daran, neue Therapien zu entwickeln, die das Fortschreiten der Krankheit aufhalten oder sogar umkehren können.