Labordiagnostik bei Demenz: Ein umfassender Überblick

Die Diagnostik von Demenzerkrankungen, insbesondere der Alzheimer-Krankheit, hat in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. Demenz ist durch den Abbau und Verlust kognitiver Funktionen gekennzeichnet, einschließlich Einschränkungen des Gedächtnisses, der Sprache, der Orientierung und des Urteilsvermögens, sowie durch einen fortschreitenden Verlust der Alltagskompetenzen. Dieser Artikel beleuchtet die Bedeutung der Labordiagnostik im Rahmen der Demenzabklärung, einschließlich der verschiedenen verfügbaren Tests und ihrer Anwendung in der klinischen Praxis.

Bedeutung der Labordiagnostik in der Demenzabklärung

Die neurologische Diagnostik umfasst das Zusammenspiel von Anamnese, klinischen Untersuchungen und Labordiagnostik. Insbesondere wegen der Breite an möglichen Differenzialdiagnosen hat die Labordiagnostik eine herausragende Bedeutung erlangt und ist heute aus dem klinischen Alltag nicht mehr wegzudenken. Die Ursache für den Abbau und Verlust der kognitiven Funktionen muss zwingend abgeklärt werden, um reversible Formen der Demenz frühzeitig zu identifizieren. Eine frühzeitige syndromale und ätiologische Diagnostik ist die Grundlage der Behandlung und Versorgung von Patienten mit Demenzerkrankungen und sollte deshalb allen Betroffenen ermöglicht werden, entsprechend der S3-Leitlinie „Demenzen“.

Die Basisdiagnostik einer Demenzabklärung umfasst eine klinische und neuropsychologische Untersuchung, eine Laboruntersuchung, Liquordiagnostik mit Neurodegenerationsmarkern und zerebrale strukturelle Bildgebung. Diese umfassende Diagnostik ist wichtig, um insbesondere reversible Demenzen frühzeitig zu detektieren und die Ursache der jeweiligen Demenz zu identifizieren und dementsprechend zu behandeln.

Serologische und biochemische Diagnostik im Blut

Im Rahmen der Basisdiagnostik werden folgende Serum- beziehungsweise Plasmauntersuchungen empfohlen:

  • Blutbild
  • Elektrolyte (Na, K, Ca)
  • Nüchtern-Blutzucker
  • TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon)
  • Blutsenkung oder CRP (C-reaktives Protein)
  • GOT, Gamma-GT
  • Kreatinin, Harnstoff
  • Vitamin B12

Diese Untersuchungen dienen dem Ausschluss anderer Erkrankungen, die Demenz-ähnliche Symptome verursachen können. Im Falle klinisch unklarer Situationen oder bei spezifischen Verdachtsdiagnosen sollen gezielte weitergehende Laboruntersuchungen durchgeführt werden. Eine isolierte Bestimmung des Apolipoprotein-E-Genotyps als genetischer Risikofaktor wird aufgrund mangelnder diagnostischer Trennschärfe und prädiktiver Wertigkeit im Rahmen der Diagnostik nicht empfohlen.

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Spezifische Laborparameter

Ein Schwerpunkt liegt in der Serumdiagnostik, um beispielsweise Entzündungen, Vitaminmangel, endokrine bzw. metabolische Störungen oder ein paraneoplastisches Syndrom auszuschließen.

Laborparameter 1:

  • Nüchternglucose (Nüchternblutzucker), ggf. Nierenparameter - Harnstoff, Kreatinin, eGFR (geschätzte glomeruläre Filtrationsrate), Cystatin C bzw. TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon)* - Ausschluss einer Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion)
  • Phosphoryliertes Tau (pTau-217, pTau-181) - Differenzierung Alzheimer vs. Parathormon - Ausschluss Hypoparathyreoidismus (Nebenschilddrüsenunterfunktion) bzw. ca. Assoziation mit familiärer Dysbetalipoproteinämie; ca. ca. ca. ca. ca. Prädisposition für Alzheimer-Demenz; ca. ca. ca. ca. Klinisch und bildgebend führend (z. B. Kombination aus typischer klinischer Symptomatik und Bildgebung

Laborparameter 2:

  • Drogenscreening inkl. Cortisol - Ausschluss endokriner Ursachen (z. B.

Liquordiagnostik

Darüber hinaus bietet die Liquordiagnostik die Möglichkeit einer erweiterten Abklärung hinsichtlich bakterieller, autoimmuner oder neurodegenerativer Erkrankungen. Regelhaft sollten bestimmt werden: die Zellzahl, das Gesamtprotein, die Laktatkonzentration, die Glukose, der Albuminquotient, die intrathekale IgG-Produktion und oligoklonale Banden. Die Liquordiagnostik dient zum einen dem Ausschluss einer entzündlichen Gehirnerkrankung, zum anderen erlaubt sie eine Differenzierung zwischen primär neurodegenerativen Demenzerkrankungen und anderen Ursachen demenzieller Syndrome.

Bei der Abnahme von Liquor ist darauf zu achten, dass für die Bestimmung der Neurodegenerationsmarker ein Polypropylenröhrchen verwendet wird.

Neurodegenerationsmarker im Liquor

Die kombinierte Bestimmung der Neurodegenerationsmarker einschließlich beta-Amyloid-1-42, beta-Amyloid-1-40, beta-Amyloid-Ratio, Gesamt-Tau und Phospho-Tau ist der Bestimmung nur eines einzelnen Parameters überlegen und zu empfehlen. Störungen im Metabolismus von β-Amyloid (Verhältnis von Aβ1-42 zu Aβ1-40), Tau-Protein und Phospho-Tau-Protein sind die zentralen pathogenen Prozesse der AD. Im Liquor können diese Parameter untersucht werden und im Rahmen der Erstdiagnostik die Differenzierung zwischen primär neurodegenerativen Demenzerkrankungen und anderen Ursachen eines Demenzsyndroms erlauben.

  • Gesamt-Tau-Protein (hTau): Typischerweise werden bei AD erhöhte hTau-Proteinkonzentrationen gefunden. Eine Erhöhung der messbaren Gesamt-Tau-Konzentration im Liquor hat sich als brauchbarer Indikator eines Nervenzelluntergangs erwiesen. Am besten untersucht ist diese Erhöhung in der Diagnostik des M. Alzheimer, jedoch ist altersabhängig schon bei Gesunden mit höheren Werten zu rechnen. Auch andere Erkrankungen mit Schädigung der Neuronen (degenerativ, entzündlich, vaskulär, tumorös) können zu erhöhten Tau-Werten im Liquor führen. Die höchsten Tau-Konzentrationen werden bei der Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung und bei Hirninfarkten beobachtet. Zur Demenzdiagnostik empfiehlt sich deshalb immer die gleichzeitige Bestimmung auch des phospho-Tau, des ß-Amyloidproteins (1-42) und des Amyloid-Qutienten im Liquor.

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  • Phospho-Tau-Protein: Es ist wesentlich spezifischer für eine AD als das Gesamt-Tau-Protein und soll vor allem bei der Creutzfeld-Jakob-Erkrankung nicht erhöht sein. Eine Erhöhung von Phospho-Tau tritt hingegen nur bei AD und nicht bei anderen Demenzformen oder CJD auf.

  • Beta-Amyloid (1-42): Bei der AD finden sich in der Regel deutlich erniedrigte Aβ(1-42)-Konzentrationen. Bereits in frühen Krankheitsstadien, mehrere Jahre vor der Erhöhung von Tau- und Phospho-Tau-Protein und vor Beginn der kognitiven Veränderungen, beobachtet man eine Verminderung der Aβ1-42 /Aβ1-40-Ratio.

Typisch für die AD im Vergleich zu anderen Demenzformen sind erhöhte Tau- und Phospho-Tau-Protein-Konzentrationen im Liquor bei gleichzeitig erniedrigter beta-Amyloid 1-42 / beta-Amyloid 1-40-Ratio. Diese Veränderungen werden durch die Anhäufung extrazellulärer beta-Amyloid-Ablagerungen (Plaques) und intrazellulären Tau-Protein-Anreicherungen hervorgerufen.

Grenzwertige Befunde oder isolierte Veränderungen einzelner Parameter sind nicht eindeutig interpretierbar, eine zuverlässige Unterscheidung zwischen den anderen Demenzformen ist derzeit noch nicht möglich. Eine Ausnahme bildet ein isoliert stark erhöhtes Tau-Protein; dies kann ein Hinweis auf eine Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit sein.

Bluttests zur Alzheimer-Diagnostik

Verschiedene Forschungsteams haben Bluttests entwickelt, mit denen Alzheimer zuverlässig erkannt werden kann. Die beiden Bluttests „Precivity AD-Bloodtest“ sowie "Elecsy pTau181-Test" haben eine EU-Zulassung und werden nun für den Einsatz in der Praxis vorbereitet. Der größte Vorteil von Alzheimer-Bluttests ist ihre einfache und kostengünstige Durchführung.

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Je nach Bluttest können nun unterschiedliche Nachweise im Blut erfolgen:

  • Der US-amerikanische Precivity AD-Bloodtest beispielsweise misst das Verhältnis zweier unterschiedlicher Beta-Amyloid-Peptide namens Beta-Amyloid-40 und Beta-Amyloid-42 im Blut. Das Peptid Beta-Amyloid-42 kommt häufiger in den Plaques und Zusammenlagerungen vor, wodurch sich das lösliche Verhältnis der beiden Peptide bei Menschen mit Alzheimer-Demenz verändert. Dieser Test richtet sich laut Hersteller an Menschen über 55 Jahren mit Anzeichen für eine leichte kognitive Einschränkung.
  • Der Elecsys pTau181-Test der Firma Roche in Zusammenarbeit mit Eli Lilly misst ein chemisch verändertes Tau-Protein, das sogenannte pTau181. Es gilt als Indikator für die Alzheimer-Erkrankung. Mit Hilfe des Tests kann laut Hersteller früh und einfach der Grund für die kognitiven Defizite bestimmt werden. Erhärtet sich der Verdacht durch den Test, werden weitergehende Untersuchungen durch Spezialist*innen durchgeführt. Fällt der Test negativ aus, muss nach anderen Ursachen als Alzheimer für die kognitive Einbuße gesucht werden. Der Test könnte in der Zukunft flächendeckend zum Einsatz kommen.
  • Einen Nachweis weit vor dem Auftreten der ersten Symptome liefert der Bluttest, den Prof. Dr. Gerwert und sein Team der Ruhr-Universität Bochum gemeinsam mit dem Forscher Prof. Dr. Scheltens von der Universität Amsterdam entwickelt haben. Der Test misst mit Hilfe des Immuno-Infrarot-Sensor die für Alzheimer charakteristische Fehlfaltung des Peptids Beta-Amyloid, die der Bildung von Plaques vorausgeht und bereits vor dem Auftreten von Symptomen messbar ist.

AT(N)-Klassifikation

Die AT(N)-Klassifikation unterteilt Biomarker in Amyloid (A), Tau (T) und Neurodegeneration (N). Die Kombination von Liquor-Biomarkern (Aβ, Tau) und Bildgebung (z. B. Positronenemissionstomographie (PET)) ermöglicht eine genauere Diagnose.

Weitere Bluttests

  • Positiver Amyloid-Nachweis mit Positronenemissionstomographie (PET) (s. u. Beta-Amyloid-Vorläuferprotein (APP) im Serum; Quotient aus APP 669-711 zu Aβ42 und zudem der Quotient aus Aβ40 zu Aβ42; diagnostische Genauigkeit ca.
  • Amyloid-β-Faltung: Nachweis einer fehlerhaften Faltung des Proteins Amyloid-β im Blut; diese tritt bereits 15-20 Jahre vor dem Auftreten der ersten Symptome auf.
  • Phosphoryliertes Tau-Protein (pTau); hier pTau-Formen 217 wie 181 (pTau217; pTau181) - kann Alzheimer von anderen Demenzformen (Gedächtnisstörungen) mit einer Genauigkeit von über 90 % unterscheiden.

Zerebrale Bildgebung

Die zerebrale strukturelle Bildgebung dient der Aufdeckung behandelbarer Ursachen einer Demenz (zum Beispiel Tumor, subdurales Hämatom, Normaldruckhydrozephalus) und der ätiologischen Differenzierung primärer Demenzerkrankungen. Bei Verfügbarkeit - und wenn keine Kontraindikationen vorliegen - sollte eine kraniale Kernspintomographie durchgeführt werden.

Bei Unsicherheiten in der Differenzialdiagnostik stehen weitere funktionelle Bildgebungsverfahren, die Positronen-Emissions-Tomographie (PET), zur Verfügung (FDG-PET, Amyloid-PET und an manchen Zentren auch das Tau-PET).

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