Demenz: Umgang mit Angehörigen – Eine umfassende Perspektive

Die Diagnose Demenz stellt nicht nur für die Betroffenen selbst eine einschneidende Veränderung dar, sondern auch für ihre Angehörigen. Das Leben verändert sich, neue Herausforderungen entstehen und die Beziehung zueinander wandelt sich. Dieser Artikel beleuchtet die vielfältigen Aspekte des Umgangs mit Demenz aus Angehörigensicht, gibt praktische Ratschläge und zeigt auf, welche Unterstützungsmöglichkeiten es gibt.

Leben mit Demenz: Eine neue Realität

„Wenn man es verkraftet hat, kommt da ganz viel schönes Leben raus.“ Diese Worte von Frau Singer, die selbst an Alzheimer erkrankt ist, machen Mut. Auch Christian Zimmermann, der mit 57 Jahren die Diagnose erhielt, betont: „Es gibt ein Leben nach der Diagnose.“ Er begann sogar mit dem Theaterspielen. Immer mehr Betroffene sprechen offen über ihre Erkrankung, um für mehr Verständnis zu werben und anderen Mut zu machen.

Für Angehörige bedeutet die Diagnose Demenz, dass sie zunehmend unterstützende Aufgaben übernehmen und ihr Leben neu organisieren müssen. Die Beziehung verändert sich, wenn ein Ehepartner oder ein Kind für den Betroffenen Entscheidungen treffen und Verantwortung übernehmen muss.

Was ist zu tun nach der Diagnose?

Nach der Diagnose Demenz gibt es eine Reihe von wichtigen Dingen, die zu erledigen sind. Es ist ratsam, sich frühzeitig zu informieren und die richtigen Ansprechpartner zu suchen.

Rechtliche und finanzielle Aspekte

  • Rechtliche Betreuung: Wenn der Betroffene krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage ist, seine rechtlichen Angelegenheiten selbstständig zu erledigen, kann das Gericht eine rechtliche Betreuung einrichten. Vorrangig sollen nahe Angehörige diese Aufgabe übernehmen.
  • Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung: Um die eigenen Wünsche für die Zukunft festzuhalten, können Betroffene eine Vorsorgevollmacht oder eine Betreuungsverfügung verfassen.
  • Haftpflichtversicherung: Bei Bekanntwerden der Diagnose sollte die Haftpflichtversicherung des Betroffenen informiert werden, um im Schadensfall einen Haftungsausschluss zu vermeiden.
  • Elternunterhalt: Wenn die Rente und die Leistungen der Pflegeversicherung nicht ausreichen, um die Kosten für die Pflege zu decken, können Angehörige zum Elternunterhalt herangezogen werden. Ab einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 Euro sind Kinder zum Unterhalt verpflichtet.

Herausforderungen im Alltag und mögliche Lösungen

Das Zusammenleben mit einem Menschen mit Demenz kann sehr herausfordernd sein. Es ist wichtig, den Alltag und die Umgebung den Bedürfnissen des Betroffenen anzupassen.

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Kommunikation

Die Kommunikationsfähigkeit von Menschen mit Demenz verändert sich stark. Es ist wichtig, auf ihre Besonderheiten einzugehen und einen Perspektivenwechsel vorzunehmen. Gesten, Körpersprache und Mimik gewinnen an Bedeutung, während Worte an Bedeutung verlieren. Kurze, einfache Sätze sind besser verständlich.

Umgang mit "herausforderndem Verhalten"

"Herausforderndes Verhalten" umfasst Verhaltensänderungen, die im Verlauf der Demenzerkrankung auftreten können, wie Unruhe, ständiges Rufen oder Nahrungsverweigerung. Es ist wichtig, dieses Verhalten als eine Form der Kommunikation zu verstehen und die möglichen Ursachen zu ergründen. Mögliche Auslöser können körperliche Ursachen wie Schmerzen oder Hunger sein, aber auch Langeweile oder unerfüllte Bedürfnisse.

Lösungsansätze:

  • Das Verhalten präzise beschreiben und die Situationen analysieren, in denen es auftritt.
  • Bei Überforderung die Situation verlassen und sich Hilfe holen.
  • Nicht-medikamentöse Maßnahmen wie die Verbesserung der Wohnraumgestaltung oder vermehrte soziale Integration können die Situation verbessern.

Anpassung des Wohnraums

Durch Wohnraumanpassungen kann die Sicherheit und Selbstständigkeit des Betroffenen erhöht werden. Dazu gehören die Beseitigung von Stolperfallen, die Installation von Haltegriffen im Badezimmer und der Einsatz technischer Hilfsmittel wie Herdabschaltautomatiken. Pflegeberatungsstellen können hierzu wertvolle Informationen und Unterstützung bieten.

Mobilität und Teilnahme am sozialen Leben

Solange es sicher ist, sollten Menschen mit Demenz ihre Mobilität und Unabhängigkeit so lange wie möglich erhalten. Dies kann bedeuten, dass sie weiterhin Auto fahren oder an Wahlen teilnehmen. Wenn die Erkrankung fortschreitet, ist es jedoch wichtig, die Sicherheit zu gewährleisten und gegebenenfalls das Autofahren einzuschränken. Auch Menschen mit Demenz dürfen an Wahlen teilnehmen und ihre Stimme abgeben. Es ist erlaubt, jemanden beim Ausfüllen des Wahlscheins nach seinen Wünschen zu unterstützen. Nicht erlaubt und strafbar ist jede Form der Beeinflussung und Manipulation der Wahlentscheidung.

Aktivitäten und Beschäftigung

Es ist wichtig, den Betroffenen in den Alltag einzubeziehen und ihm Aufgaben zu geben, die er noch bewältigen kann. Auch gemeinsame Aktivitäten wie Singen, Tanzen, Musizieren oder das Anschauen alter Fotos können Freude bereiten und die Lebensqualität verbessern. Lieblingsmusik kann eine wertvolle Möglichkeit sein, mit dem Betroffenen in Kontakt zu treten und Erinnerungen wachzurufen.

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Selbstfürsorge für Angehörige

Die Pflege eines Menschen mit Demenz ist eine enorme Belastung, die oft über Jahre hinweg andauert. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass Angehörige auch auf ihre eigene Gesundheit und ihr Wohlbefinden achten.

Warnzeichen erkennen

Überforderung ist keine Seltenheit. Typische Indikatoren sind Schlafstörungen, anhaltende Erschöpfung und der Rückzug aus sozialen Kontakten.

Unterstützung suchen

Es ist wichtig, sich Hilfe zu holen und sich nicht zu scheuen, Unterstützung von anderen Familienmitgliedern, Freunden oder professionellen Diensten anzunehmen. Pflegeberatungsstellen, Selbsthilfegruppen und psychologische Beratung können wertvolle Unterstützung bieten. Auch der "Familiencoach Pflege" der AOK ist ein hilfreiches Online-Selbsthilfeprogramm für Angehörige von Demenzkranken.

Entlastungsangebote nutzen

Es gibt verschiedene Hilfsangebote, die den Alltag für Erkrankte und ihre Angehörigen erleichtern können, wie mobile soziale Dienste, Nachbarschaftshilfe, Kurzzeitpflege oder Tagespflege.

Emotionale Entlastung

Es ist wichtig, über die eigenen Gefühle und Belastungen zu sprechen und sich emotionale Unterstützung zu suchen. Psychologische Hilfe kann dabei helfen, mit Schuldgefühlen, Überforderung und dem fortschreitenden Verlust des geliebten Menschen umzugehen.

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Die Bedeutung von Wissen und Verständnis

Ein grundlegendes Verständnis der Demenzerkrankung ist entscheidend für einen gelingenden Umgang mit den Betroffenen. Wissen über die Krankheit verleiht Sicherheit und hilft, die Verhaltensweisen des Erkrankten besser zu verstehen und einzuordnen.

Empathie und Wertschätzung

Trotz der oft schwierigen Situationen ist es wichtig, dem Menschen mit Demenz mit Empathie und Wertschätzung zu begegnen. Auch wenn die kognitiven Fähigkeiten nachlassen, bleibt die Gefühlswelt erhalten. Gemeinsame schöne Momente und das Eingehen auf die Bedürfnisse des Betroffenen können eine Bereicherung für beide Seiten sein.

Loslassen von Kontrolle und Akzeptanz

Es fällt schwer, den Kontrollverlust des Gegenübers zu erleben. Es ist wichtig, sich in die Denk- und Verhaltensweisen des Erkrankten hineinzuversetzen und zu akzeptieren, dass er sich nicht mehr ändern kann.

Palliative Versorgung und Pflege

In der letzten Phase des Lebens ist eine gute palliative Versorgung auch für Menschen mit Demenz wichtig. Ihr Ziel ist nicht die Verlängerung des Lebens, sondern eine möglichst gute Lebensqualität der Betroffenen.

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