Demenz: Ursachen für ständige Anrufe und Umgang mit der Situation

Demenz ist eine Erkrankung, die nicht nur den Betroffenen selbst, sondern auch deren Angehörige vor große Herausforderungen stellt. Ein häufiges Problem, das in diesem Zusammenhang auftritt, sind ständige Anrufe des dementen Familienmitglieds. Dieser Artikel beleuchtet die möglichen Ursachen für dieses Verhalten und gibt Ratschläge, wie man als Angehöriger damit umgehen kann.

Einführung

Die Pflege eines demenzkranken Menschen ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die oft mit einer hohen emotionalen und zeitlichen Belastung einhergeht. Ständige Anrufe des Betroffenen können diese Belastung noch verstärken und zu Gefühlen der Überforderung, Frustration und sogar Erschöpfung führen. Es ist daher wichtig, die Ursachen für dieses Verhalten zu verstehen und Strategien zu entwickeln, um die Situation für alle Beteiligten zu verbessern.

Mögliche Ursachen für ständige Anrufe bei Demenz

Es gibt verschiedene Gründe, warum ein Mensch mit Demenz ständig anrufen könnte:

  • Verunsicherung und Orientierungslosigkeit: Demenz führt oft zu Gedächtnisverlust und Verwirrung. Betroffene können sich in ihrer Umgebung nicht mehr zurechtfinden, vergessen, wo sie sich befinden oder welche Tageszeit gerade ist. In dieser Verunsicherung suchen sie Halt und Sicherheit bei vertrauten Personen und rufen diese an, um sich zu vergewissern oder einfach nur, um eine bekannte Stimme zu hören.
  • Angst vor dem Verlassenwerden: Menschen mit Demenz haben oft Angst, verlassen und allein zu sein. Sie können nicht mehr verstehen, warum jemand den Raum verlässt und befürchten, dass diese Person für immer verschwunden ist. Um diese Angst zu lindern, rufen sie möglicherweise ständig an, um den Kontakt aufrechtzuerhalten.
  • Innere Unruhe und Anspannung: Demenz kann zu innerer Unruhe und Anspannung führen, die sich in Umherwandern, Nesteln oder eben auch in ständigen Anrufen äußern kann. Die Betroffenen versuchen, diese Anspannung abzubauen, indem sie sich beschäftigen oder eben den Kontakt zu anderen suchen.
  • Suche nach Nähe und Vertrautheit: Mit fortschreitender Demenz verlieren Betroffene oft den Bezug zu sich selbst und ihrer Umwelt. Sie suchen daher nach festen Bezugspunkten, die ihnen Sicherheit und Halt geben. Dies kann der Partner, ein Kind oder ein anderes nahestehendes Familienmitglied sein. Die ständigen Anrufe sind ein Versuch, diese Nähe und Vertrautheit aufrechtzuerhalten.
  • Langeweile und Unterforderung: Auch Langeweile und Unterforderung können dazu führen, dass Menschen mit Demenz ständig anrufen. Sie suchen nach Beschäftigung und Abwechslung und versuchen, ihre Zeit mit Gesprächen zu füllen.
  • Körperliche Beschwerden: Manchmal können auch körperliche Beschwerden wie Schmerzen oder Harndrang der Grund für ständige Anrufe sein. Da Menschen mit Demenz oft Schwierigkeiten haben, ihre Beschwerden verbal auszudrücken, rufen sie möglicherweise an, um auf sich aufmerksam zu machen.
  • Wiederholungen: Demente Menschen wiederholen oft Fragen oder Aussagen, ohne sich bewusst zu sein, dass sie dies bereits getan haben. Dies kann auch für Anrufe gelten.

Strategien für den Umgang mit ständigen Anrufen

Der Umgang mit ständigen Anrufen eines demenzkranken Menschen erfordert Geduld, Verständnis und eine gute Strategie. Hier sind einige Tipps, die helfen können:

  • Verständnis zeigen: Versuchen Sie, die Situation aus der Perspektive des Betroffenen zu sehen. Machen Sie sich bewusst, dass die ständigen Anrufe nicht böswillig gemeint sind, sondern Ausdruck von Verunsicherung, Angst oder Hilflosigkeit.
  • Ruhig und freundlich bleiben: Auch wenn es schwerfällt, sollten Sie immer ruhig und freundlich bleiben, wenn Sie den Anruf entgegennehmen. Schimpfen oder Genervtsein verstärken die Verunsicherung des Betroffenen nur noch mehr.
  • Kurze, beruhigende Antworten geben: Geben Sie kurze, beruhigende Antworten, die dem Betroffenen Sicherheit vermitteln. Wiederholen Sie bei Bedarf die gleichen Informationen immer wieder.
  • Nach dem Grund des Anrufs fragen: Versuchen Sie herauszufinden, warum der Betroffene anruft. Gibt es ein konkretes Problem, das Sie lösen können? Oder sucht er einfach nur nach Gesellschaft und Bestätigung?
  • Ablenkung anbieten: Wenn der Betroffene aus Langeweile oder Unruhe anruft, versuchen Sie, ihn abzulenken. Bieten Sie ihm eine Beschäftigung an, wie z.B. das Sortieren von Fotos, das Ansehen eines alten Films oder das Hören von Musik.
  • Regelmäßige Besuche einplanen: Planen Sie regelmäßige Besuche bei dem Betroffenen ein, um ihm das Gefühl zu geben, dass er nicht allein ist. Verbringen Sie Zeit mit ihm, unterhalten Sie sich, spielen Sie Spiele oder unternehmen Sie kleine Ausflüge.
  • Unterstützung suchen: Scheuen Sie sich nicht, Unterstützung von anderen Familienmitgliedern, Freunden oder professionellen Pflegekräften anzunehmen. Die Pflege eines demenzkranken Menschen ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die man nicht allein bewältigen muss.
  • Technische Hilfsmittel nutzen: Es gibt verschiedene technische Hilfsmittel, die den Umgang mit ständigen Anrufen erleichtern können. So können Sie z.B. einen Anrufbeantworter einrichten, der die wichtigsten Informationen aufzeichnet, oder eine spezielle Telefonanlage installieren, die nur Anrufe von bestimmten Nummern durchlässt.
  • Gespräche mit der Seniorenresidenz suchen: Wenn Ihre Mutter in einer Seniorenresidenz wohnt, suchen Sie das Gespräch mit den Betreuern. Klären Sie ab, ob sie Ihre Mutter bei Bedarf unterstützen und beruhigen können.
  • Eigene Grenzen erkennen: Es ist wichtig, die eigenen Grenzen zu erkennen und sich nicht zu überlasten. Nehmen Sie sich Auszeiten, um sich zu erholen und neue Kraft zu tanken.
  • Masterantworten entwickeln: Überlegen Sie sich für häufig wiederkehrende Fragen oder Anliegen des Betroffenen "Masterantworten", die Sie immer wieder verwenden können. Diese Antworten sollten beruhigend und verständlich sein, auch wenn sie nicht immer der Wahrheit entsprechen.

Umgang mit spezifischen Verhaltensweisen

Neben den allgemeinen Strategien gibt es auch spezifische Verhaltensweisen, die im Zusammenhang mit ständigen Anrufen auftreten können und einen besonderen Umgang erfordern:

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  • Erfinden von Vorwänden: Manche Menschen mit Demenz erfinden Vorwände, um Aufmerksamkeit zu bekommen oder einen Besuch zu erzwingen. Sie behaupten z.B., dass ein Gerät nicht funktioniert oder dass sie sich unwohl fühlen. In solchen Fällen ist es wichtig, ruhig zu bleiben und die Situation nicht zu dramatisieren. Bieten Sie an, vorbeizukommen und nach dem Rechten zu sehen, aber machen Sie deutlich, dass Sie nicht ständig zur Verfügung stehen können.
  • Beschuldigungen und Vorwürfe: Menschen mit Demenz können manchmal ungerechtfertigte Beschuldigungen und Vorwürfe erheben. Sie behaupten z.B., dass Sie sich nicht um sie kümmern oder dass Sie sie vernachlässigen. Auch in solchen Situationen ist es wichtig, ruhig zu bleiben und die Vorwürfe nicht persönlich zu nehmen. Versichern Sie dem Betroffenen, dass Sie ihn lieben und sich um ihn sorgen, aber machen Sie deutlich, dass Sie sich nicht ungerecht behandeln lassen.
  • Stimmungsschwankungen: Stimmungsschwankungen sind ein häufiges Symptom von Demenz. Menschen mit Demenz können von einem Moment auf den anderen traurig, wütend oder ängstlich werden. Versuchen Sie, auf die Stimmung des Betroffenen einzugehen und ihm Trost und Unterstützung zu spenden. Wenn die Stimmungsschwankungen sehr stark sind, sollten Sie einen Arzt aufsuchen.
  • Aggressives Verhalten: In einigen Fällen können Menschen mit Demenz aggressives Verhalten zeigen. Sie schreien, schlagen oder beißen um sich. In solchen Situationen ist es wichtig, sich selbst zu schützen und die Situation nicht zu eskalieren. Ziehen Sie sich zurück und suchen Sie professionelle Hilfe.

Die Bedeutung von Selbstfürsorge

Die Pflege eines demenzkranken Menschen ist eine große Herausforderung, die oft mit einer hohen Belastung einhergeht. Es ist daher wichtig, auf die eigene Gesundheit und das eigene Wohlbefinden zu achten. Nehmen Sie sich regelmäßig Auszeiten, um sich zu erholen und neue Kraft zu tanken. Treffen Sie sich mit Freunden, treiben Sie Sport, lesen Sie ein Buch oder tun Sie etwas anderes, das Ihnen Freude bereitet. Scheuen Sie sich nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn Sie sich überfordert fühlen. Es gibt zahlreiche Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen, die Ihnen Unterstützung und Rat bieten können.

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