Die Angst vor Demenz ist weit verbreitet. Viele Menschen fürchten den Verlust ihrer geistigen Fähigkeiten mehr als andere schwerwiegende Erkrankungen. Eine frühzeitige Diagnose kann jedoch den Verlauf der Krankheit verzögern und Betroffenen sowie ihren Angehörigen helfen, sich rechtzeitig auf die Veränderungen einzustellen. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über Demenz-Tests in der Praxis, von einfachen Selbsttests bis hin zu komplexen Diagnoseverfahren.
Einführung in die Demenz-Diagnostik
Die meisten Demenzerkrankungen beginnen schleichend und bleiben oft lange unbemerkt. Wenn sich das Gedächtnis oder andere kognitive Fähigkeiten dauerhaft und auffällig verschlechtern, ist der Hausarzt meist die erste Anlaufstelle. Im Rahmen eines ersten Anamnese-Gesprächs werden aktuelle Beschwerden, Vorerkrankungen, Medikamente und Risikofaktoren erfasst. Im Anschluss folgt eine allgemeine körperliche Untersuchung.
Kognitive Tests spielen eine wichtige Rolle bei der Erkennung einer Demenzerkrankung. Sie liefern Hinweise auf das Vorliegen einer Demenz und können helfen, verschiedene Demenzformen zu unterscheiden.
Demenz-Tests: Ein Überblick
Es gibt eine Vielzahl von Demenz-Tests, die sich in Schwierigkeitsgrad, Zeitaufwand und Anforderungen an den Testleiter unterscheiden. Einige Tests können von Laien zu Hause durchgeführt werden, während andere eine professionelle Durchführung durch Ärzte oder Psychologen erfordern.
Selbsttests für zu Hause
Selbsttests können eine erste Einschätzung ermöglichen, ob eine weitere Abklärung erforderlich ist. Sie ersetzen jedoch keine umfassende medizinische Untersuchung. Zu den bekanntesten Selbsttests gehören:
Lesen Sie auch: Fortgeschrittene Demenz: Ein umfassender Überblick
Der Uhrentest: Hierbei wird der Testperson ein Blatt Papier mit einem vorgezeichneten Kreis vorgelegt. Die Aufgabe besteht darin, die Ziffern einer Uhr einzuzeichnen und eine bestimmte Uhrzeit (z.B. zehn nach elf) darzustellen.
Der DemTect: Dieser Test besteht aus fünf Aufgaben, die verschiedene kognitive Bereiche abdecken. Die Testperson soll sich Wörter merken, Ziffern ausschreiben, Gegenstände in einem Supermarkt aufzählen, Zahlenreihen rückwärts wiederholen und sich erneut an die gemerkten Wörter erinnern.
Mini-Mental-Status-Test (MMST): Ein Kurztest, der verschiedene geistige Fähigkeiten wie Orientierung, Merkfähigkeit, Aufmerksamkeit und Rechnen, Benennen, Nachsprechen, Schreiben, Befolgen von Instruktionen sowie Nachmalen einer geometrischen Zeichnung überprüft.
Der Montreal-Cognitive-Assessment-Test (MoCa-Test): Dieser Test sollte von geschultem Personal durchgeführt werden und ist etwas anspruchsvoller als der MMST, bietet aber eine detailliertere Beurteilung der kognitiven Fähigkeiten.
Der Test zur Früherkennung von Demenzen mit Depressionsabgrenzung (TFDD): Dieser Test dient vor allem dazu, eine Depression als mögliche Ursache für die Symptome auszuschließen, da Depressionen ähnliche Symptome wie Demenz verursachen können.
Lesen Sie auch: Wechselwirkungen zwischen Schmerzmitteln und Demenz
Es ist wichtig zu beachten, dass diese Tests lediglich Hinweise auf eine mögliche Demenz geben können. Bei Auffälligkeiten sollte unbedingt ein Arzt oder Spezialist aufgesucht werden.
Professionelle Demenz-Tests
Für eine umfassende Diagnose sind professionelle Demenz-Tests erforderlich, die von Ärzten, Psychologen oder entsprechend ausgebildetem Personal durchgeführt werden. Zu diesen Tests gehören:
- Der DemTect-Test: Der DemTect-Test (auch „Demenz-Detektions-Test“ oder „Demenz-Detection“ genannt) gibt es seit dem Jahr 2000. Der DemTect-Test ist ein systematisches Testverfahren, mit dem eine Reihe kognitiver Funktionen (z. B. Wahrnehmung, Lernen, Erinnerungsvermögen, Denkvermögen) untersucht wird. Um das Ergebnis nicht zu verfälschen, sollten Sie als Tester möglichst ruhig und sachlich, aber freundlich auftreten. Für jeden Teil des Tests wird eine Punktzahl ermittelt, die dann anhand der Umrechnungstabelle in einen Testwert umgewandelt wird. Die Testwerte werden abschließend addiert und anhand einer Skala gewichtet. Die Entwickler des DemTect-Tests sagen klar und eindeutig, dass der Test keine ausführliche Diagnose ersetzt. Wenn aber die Punktwerte im kritischen Bereich liegen, sollten Sie anschließend eine ärztliche Diagnose einholen.
- Aufgabe 1: „Ich lese Ihnen jetzt eine Liste von 10 Wörtern langsam vor. Bitte wiederholen Sie danach die Wörter, die Sie sich gemerkt haben. Nun lese ich Ihnen die Liste noch ein zweites Mal vor. Bitte wiederholen Sie die Wörter, die Sie sich gemerkt haben." Für jeden richtig genannten Begriff aus beiden Durchgängen gibt es jeweils einen Punkt. Es können maximal 20 Punkte erreicht werden.
- Aufgabe 2: „Bei der nächsten Aufgabe schreiben Sie bitte jeweils die Zahl als Wort aus." Die Testperson soll zwei Zahlen in Zahlwörter umwandeln und zwei Zahlwörter in Zahlen umwandeln. Für jede richtige Umwandlung gibt es einen Punkt. Es können bei dieser Aufgabe maximal vier Punkte erreicht werden.
- Aufgabe 3: „Welche Dinge gibt es in einem Supermarkt? Zählen Sie bitte so viele wie möglich auf." Für jeden richtig genannten Begriff gibt es einen Punkt. Es können maximal 30 Punkte erreicht werden.
- Aufgabe 4: „Ich werde Ihnen jetzt jeweils eine Zahlenreihe nennen. Sie wiederholen diese bitte in umgekehrter Reihenfolge. " Es zählt nur die Länge der längsten richtig rückwärts wiederholten Zahlenfolge. Es können also maximal sechs Punkte erreicht werden.
- Aufgabe 5: „Am Anfang unseres kleinen Tests habe ich Ihnen eine Liste von 10 Wörtern genannt." Für jeden richtig erinnerten Begriff gibt es einen Punkt. Bei dieser Aufgabe gibt es maximal zehn Punkte.
- Die Punkte aus den einzelnen Aufgaben werden in Testwerte umgewandelt. Die Anzahl der gewichteten Testwerte beim DemTect-Test zeigt, ob eine kognitive Beeinträchtigung oder eine Demenz wahrscheinlich sind. Wenn die Punkte einen Verdacht auf eine Demenz ergeben, sollten Sie einen Arzt aufsuchen und um eine professionelle Diagnose bitten.
- Der Mini-Mental-Status-Test (MMST): Dieser Test erfasst verschiedene kognitive Bereiche wie Orientierung, Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Sprache und visuell-konstruktive Fähigkeiten.
- Der Montreal Cognitive Assessment (MoCA): Der MoCA-Test ist umfassender als der MMST und erfasst zusätzlich exekutive Funktionen, Abstraktionsvermögen und visuell-räumliche Fähigkeiten.
- Der Syndrom-Kurztest (SKT): Dieser Test erfasst vor allem Beeinträchtigungen des Gedächtnisses, der Aufmerksamkeit und der Informationsverarbeitung.
- Neuropsychologische Tests: Diese Tests umfassen eine detaillierte Untersuchung verschiedener kognitiver Funktionen wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Sprache und exekutive Funktionen. Sie werden in der Regel von Neuropsychologen durchgeführt.
- Bildgebende Verfahren: In einigen Fällen können bildgebende Verfahren wie MRT (Magnetresonanztomographie) oder CT (Computertomographie) eingesetzt werden, um Veränderungen im Gehirn zu erkennen, die auf eine Demenz hindeuten können. Bei der Alzheimer-Diagnostik steht der Nachweis bestimmter Biomarker im Vordergrund - etwa im Nervenwasser (Liquor) oder Blut. Bei anderen Demenzformen kommen teilweise andere Verfahren zum Einsatz.
- Alzheimer-Krankheit: Der Nachweis bestimmter Proteine (Amyloid-beta, Tau) im Nervenwasser oder Blut kann die Diagnose absichern. Für eine Behandlung mit Leqembi ist dieser Nachweis eine zentrale Voraussetzung.
- Frontotemporale Demenz: Bildgebende Verfahren (MRT) sind besonders wichtig, um den für diese Form typischen Abbau im Stirn- oder Schläfenlappen zu erkennen. Bei unklarem Befund können PET- oder SPECT-Untersuchungen sinnvoll sein. Bei familiärer Vorbelastung wird eine genetische Beratung empfohlen.
- Lewy-Körperchen-Demenz: Hier helfen zusätzliche Untersuchungen, etwa zur Beweglichkeit oder zum Schlafverhalten. Auch spezielle bildgebende Verfahren wie DAT-SPECT oder MIBG-Szintigrafie können zum Einsatz kommen. Typische Symptome wie Halluzinationen oder Schwankungen in der Aufmerksamkeit werden gezielt abgefragt oder getestet.
- Vaskuläre Demenz: Die Diagnose basiert auf MRT-Aufnahmen, die Durchblutungsstörungen, Gefäßveränderungen oder Schlaganfälle zeigen. Wichtig ist dabei, ob sich die Veränderungen im Gehirn mit den beobachten kognitiven Einschränkungen erklären lassen. Auch medizinische Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder Diabetes werden bei der Abklärung einbezogen.
Die Bedeutung einer frühzeitigen Diagnose
Eine frühzeitige Diagnose von Demenz ist aus mehreren Gründen wichtig:
- Behandlungsmöglichkeiten: Obwohl Demenz nicht heilbar ist, gibt es Medikamente und nicht-medikamentöse Therapien, die den Verlauf der Krankheit verlangsamen und die Symptome lindern können.
- Planungssicherheit: Eine frühe Diagnose ermöglicht es Betroffenen und ihren Angehörigen, sich rechtzeitig auf die Veränderungen einzustellen und wichtige Entscheidungen zu treffen, z.B. bezüglich der Betreuung, Pflege und finanziellen Angelegenheiten.
- Teilnahme an Forschungsprojekten: Eine frühe Diagnose ermöglicht die Teilnahme an klinischen Studien, die zur Entwicklung neuer Therapien beitragen können.
- Erklärung für unerklärliches Verhalten: Die Diagnose Demenz bietet eine Erklärung für bislang unerklärliches Verhalten und andere Auffälligkeiten.
Was tun bei Verdacht auf Demenz?
Wenn Sie bei sich selbst oder einer nahestehenden Person Anzeichen einer Demenz bemerken, sollten Sie folgende Schritte unternehmen:
- Hausarzt aufsuchen: Der Hausarzt ist die erste Anlaufstelle und kann eine erste Einschätzung vornehmen.
- Überweisung zum Spezialisten: Bei Verdacht auf Demenz wird der Hausarzt Sie an einen Spezialisten überweisen, z.B. einen Neurologen, Psychiater oder Geriater.
- Umfassende Diagnostik: Der Spezialist wird eine umfassende Diagnostik durchführen, um die Ursache der Beschwerden zu ermitteln und die Diagnose zu sichern.
- Behandlungsplan erstellen: Nach der Diagnose wird ein individueller Behandlungsplan erstellt, der Medikamente, Therapien und unterstützende Maßnahmen umfasst.
Leben mit Demenz: Unterstützung und Ressourcen
Eine Demenzdiagnose ist eine Herausforderung für Betroffene und ihre Angehörigen. Es gibt jedoch zahlreiche Unterstützungsmöglichkeiten und Ressourcen, die helfen können, den Alltag zu bewältigen:
Lesen Sie auch: Ursachen und Behandlung von Zittern bei Demenz
- Beratungsstellen: Beratungsstellen bieten Informationen, Unterstützung und Beratung für Betroffene und Angehörige.
- Selbsthilfegruppen: Selbsthilfegruppen bieten die Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen und Angehörigen auszutauschen und Erfahrungen zu teilen. Eine gute Auflistung von Beratungsstellen, Gedächtnissprechstunden und Memory-Kliniken finden Sie bei der Selbsthilfe Übersicht der Deutschen Alzheimer Gesellschaft.
- Pflegedienste: Pflegedienste bieten Unterstützung bei der häuslichen Pflege und Betreuung von Demenzkranken.
- Tagespflege: Tagespflegeeinrichtungen bieten Demenzkranken tagsüber Betreuung und Aktivitäten.
- Pflegeheime: Pflegeheime bieten eine umfassende Betreuung und Pflege für Menschen mit Demenz, die nicht mehr zu Hause leben können.
Demenz vorbeugen: Ist das möglich?
Studien zeigen, dass bis zu 45 Prozent aller Demenzerkrankungen durch einen gesunden Lebensstil und die gezielte Beeinflussung von Risikofaktoren verhindert oder hinausgezögert werden können. Bewegung, gesunde Ernährung, soziale Kontakte und geistige Aktivität spielen dabei eine zentrale Rolle.