Demenz und Alkoholkonsum: Ein komplexer Zusammenhang

Es besteht ein starker Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und der Entwicklung von Demenz. Langfristiger und übermäßiger Alkoholkonsum kann das Risiko, an Demenz zu erkranken, erhöhen. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, und die Forschungsergebnisse sind nicht immer eindeutig. Dieser Artikel beleuchtet die komplexen Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Demenz, geht auf verschiedene Arten von Demenz ein und diskutiert die Auswirkungen von Alkoholkonsum bei bereits bestehender Demenz.

Arten von Demenz und ihre Ursachen

Es gibt verschiedene Arten von Demenz, wobei die Alzheimer-Krankheit die häufigste Form darstellt. Weitere Demenzformen sind vaskuläre Demenz, frontotemporale Demenz und Lewy-Körperchen-Demenz.

Eine der Hauptursachen für die Schädigung des Gehirns durch Alkohol ist seine toxische Wirkung auf die Gehirnzellen. Langfristiger Alkoholkonsum kann zu Schäden an den Nervenzellen führen, die für Gedächtnis, Denken und andere kognitive Fähigkeiten verantwortlich sind.

Alkoholkonsum als Risikofaktor für Demenz

Studien deuten darauf hin, dass ein lebenslanger, anhaltend hoher Alkoholkonsum die Entstehung von Demenz fördern kann, insbesondere von Alzheimer und vaskulärer Demenz.

Eine für Frankreich repräsentative Studie der Sorbonne Universität Paris aus dem Jahr 2018 legt nahe, dass regelmäßiger, starker Alkoholkonsum ein Risikofaktor für eine früh beginnende Demenz vor dem 65. Lebensjahr ist. Die Gesundheitsökonomen um Dr. Michaël Schwarzinger werteten Klinikentlassungsdaten von fast allen Franzosen aus, die zwischen 2008 und 2013 in einem französischen Krankenhaus stationär aufgenommen worden waren. Sie kamen zu dem Schluss, dass Alkohol der Hauptrisikofaktor für eine früh einsetzende Demenz ist. Zu den alkoholbedingten Erkrankungen zählten sie beispielsweise alkoholbedingte Leberzirrhose, Epilepsie, hepatische Enzephalopathie, Kopfverletzungen durch Stürze im Suff oder ein Wernicke-Korsakoff-Syndrom.

Lesen Sie auch: Fortgeschrittene Demenz: Ein umfassender Überblick

Umgekehrt ist eine Alkoholererkrankung unabhängig vom Alter nach diesen Daten der stärkste modifizierbare Risikofaktor für eine Demenz: Die Demenzinzidenz ist bei Alkoholkranken rund viereinhalbfach höher als in der übrigen Bevölkerung. Für andere Risikofaktoren ergebe sich hingegen ein maximal zweifach erhöhtes Demenzrisiko, berichten Schwarzinger und Mitarbeiter.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass nicht jeder, der Alkohol konsumiert, automatisch ein höheres Risiko für Demenz hat. Die Risiken hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie der Menge und Dauer des Alkoholkonsums sowie von individuellen genetischen Faktoren.

Die Auswirkungen von Alkoholkonsum auf das Gehirn

Schon eine Flasche Bier am Tag kann die graue und weiße Substanz im Gehirn schrumpfen lassen, wenn sie über einen langen Zeitraum regelmäßig konsumiert wird. Die graue Substanz ist die Großhirnrinde (oder Cortex), in der sich etwa 20 Milliarden Nervenzellkörper befinden. Im Inneren des Großhirns befinden sich ihre Zellfortsätze (Axone), die aufgrund ihrer helleren Farbe als weiße Substanz bezeichnet werden. Beide Substanzen sind wesentliche Bestandteile des zentralen Nervensystems und steuern fast alle Hirnfunktionen. Ohne sie kann das Gehirn nicht normal arbeiten. Die Veränderungen, die Alkohol in den Gehirnsubstanzen verursacht, sind jedoch nicht linear: Je mehr man trinkt, desto schneller schrumpft das Gehirn.

Regelmäßiger Alkoholkonsum in hohen Mengen verursacht Veränderungen im Gehirn, die das Risiko einer Demenzerkrankung stark erhöhen. Dabei handelt es sich um eine Krankheit, die eine fortschreitende Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit hervorruft. Studien zeigen, dass sich das Demenzrisiko deutlich erhöht, wenn man regelmäßig viel Alkohol trinkt. Personen ab 45 Jahren, die mehr als 24 Gramm reinen Alkohol (ca. 250 ml Wein) am Tag trinken, sind besonders gefährdet.

Moderate Mengen Alkohol: Schutz oder Risiko?

Einige ältere Forschungsarbeiten deuteten darauf hin, dass leichter Alkoholkonsum mit einem geringeren Demenzrisiko verbunden sein könnte. Aktuelle Erkenntnisse auf Basis bildgebender Verfahren stellen diese Annahme aber infrage. Eine Forschungsgruppe aus dem Vereinigten Königreich und den USA unter der Leitung von Anya Topiwala hat diesen scheinbaren Widerspruch in einer aktuellen Analyse näher beleuchtet.

Lesen Sie auch: Wechselwirkungen zwischen Schmerzmitteln und Demenz

Das Forschungsteam kombinierte Beobachtungsdaten von zwei großen Kohortenstudien aus den USA und dem Vereinigten Königreich mit den Ergebnissen einer umfassenden genetischen Analyse. Die Analyse der Kohortenstudien bestätigte zunächst, dass Menschen, die wenig Alkohol trinken, ein niedrigeres Demenzrisiko aufweisen als Abstinenzler. Allerdings lieferte die genetische Analyse ein anderes Ergebnis. Demnach steigt das Demenzrisiko mit jedem Glas Alkohol. Die Forschenden fanden keinen Hinweis darauf, dass geringer bis moderater Alkoholkonsum mit einem niedrigerem Demenzrisiko verbunden wäre als die Abstinenz.

Die Autorinnen und Autoren fanden auch eine Erklärung für den scheinbaren Widerspruch zwischen den Beobachtungsdaten der Kohortenstudien und der genetischen Analyse. Sie konnten anhand der Kohortenstudien nachvollziehen, dass viele Personen, die an Demenz erkrankten, schon Jahre vor der Diagnose ihren Alkoholkonsum in der Regel reduzierten. Die Forschenden sprechen daher auch von einer „reversen“, also umgekehrten Kausalität.

Die Schlussfolgerung von Topiwala und ihrem Team lautet: Es gibt keinen Alkoholkonsum, der das Demenzrisiko senkt. Vielmehr sei die Prävention des Alkoholkonsums ein Hebel, um das Demenzrisiko in der Bevölkerung zu reduzieren. Demnach könnte das Auftreten von Demenzerkrankungen um bis zu 16 Prozent verringert werden, wenn es gelänge, den problematischen Alkoholkonsum in der Bevölkerung deutlich zu reduzieren.

Alkoholkonsum bei Demenz

Demente Menschen sollten normalerweise keinen Alkohol trinken, da dies zu einer Verschlechterung ihrer kognitiven Fähigkeiten führen kann. Der Konsum von Alkohol hat eine negative Wirkung auf die Hirnzellen, verschlechtert die Gedächtnisleistung und kann dazu führen, dass Situationen und Risiken nicht richtig eingeschätzt werden. Darum sollte bei einer vorhandenen Demenz grundsätzlich auf übermäßigen Alkoholkonsum verzichtet werden.

Demente Menschen haben oft Schwierigkeiten, die Konsequenzen ihres Handelns zu verstehen, was dazu führen kann, dass sie übermäßig viel Alkohol trinken. Wenn demente Menschen Alkohol trinken, kann dies zu erhöhter Reizbarkeit, Unruhe, Aggressivität und Verwirrung führen. Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle dementen Menschen, die Alkohol trinken, aggressiv werden, aber das Risiko dafür kann höher sein als bei nicht-dementen Menschen.

Lesen Sie auch: Ursachen und Behandlung von Zittern bei Demenz

Es ist wichtig, dass Betreuer und Familienmitglieder von dementen Menschen sich bewusst sind, dass Alkohol die Symptome der Demenz verschlimmern kann. Es ist daher empfehlenswert, dass demente Menschen keinen Alkohol trinken sollten und dass ihre Betreuer dafür sorgen, dass alkoholische Getränke nicht zugänglich sind.

Manche Erkrankte mit einer beginnenden Demenz möchten gerade bei einer Feier oder einem geselligen Beisammensein nicht auf ein Glas Bier oder Wein verzichten. Ein erhöhter Alkoholkonsum oder gar ein Vollrausch sollten aber unbedingt vermieden werden. Greifen Sie im Zweifelsfall am besten auf eine alkoholfreie Alternative zurück.

Umgang mit Alkohol in Pflegeeinrichtungen

Pflegeheime stehen vor der Herausforderung, wie sie mit dem Thema Alkohol in der Einrichtung umgehen sollen. Die Aussage "Es ist ihr Zuhause, wir können den Bewohnern keine Vorschriften machen" greift zu kurz. Es gilt, Entscheidungen zu fällen. Die meisten Bewohner nehmen Medikamente ein, die zusammen mit Alkohol reagieren - das betrifft z.B. auch den Diabetiker, der seinen Blutzucker durch Alkoholkonsum erhöht.

Führungskräfte können beispielsweise entscheiden, dass in der Einrichtung offiziell nur alkoholfreies Bier angeboten wird. Wenn ein dementer Mensch bereits aggressiv ist, sollte man versuchen, die Auslöser für das Verhalten zu identifizieren und Strategien zur Beruhigung zu entwickeln. Hierbei kann auch professionelle Hilfe von einem Arzt oder Therapeuten erforderlich sein.

Prävention und Empfehlungen

Um sich vor einer früheinsetzenden Demenz zu schützen, sollte Alkohol nur in Maßen genossen werden. Es ist ratsam, den Alkoholkonsum zu reduzieren oder ganz darauf zu verzichten, um das Demenzrisiko zu minimieren.

Weitere Risikofaktoren für Demenz, wie Rauchen, Diabetes mellitus und starkes Übergewicht, sollten ebenfalls vermieden bzw. behandelt werden.

tags: #Demenz #und #Alkoholkonsum #zusammenhang