Demenz ist ein fortschreitendes Syndrom, das Gedächtnis, Denken und Alltagsfähigkeiten beeinträchtigt. Obwohl der Verlauf individuell variiert, lassen sich bestimmte Muster und Stadien erkennen. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über den Verlauf, die Stadien und die Symptome von Demenz, um Betroffenen, Angehörigen und Interessierten ein besseres Verständnis der Erkrankung zu ermöglichen.
Was ist Demenz?
Demenz ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein Syndrom, das durch den Verlust von kognitiven Funktionen gekennzeichnet ist. Es ist wichtig zu betonen, dass Demenz keine normale Alterserscheinung ist, obwohl sie im höheren Alter häufiger auftritt. Die Symptome einer Demenz können durch verschiedene Krankheiten verursacht werden, die als "Demenzformen" bezeichnet werden.
Primäre und sekundäre Demenzen
Innerhalb der primären Demenzen unterscheidet man verschiedene Formen und Arten je nach Auslöser. Neurodegenerative Demenzen werden durch das Absterben von Nervenzellen im Gehirn verursacht, wobei die Alzheimer-Krankheit die häufigste Form darstellt. Vaskuläre Demenzen entstehen durch Durchblutungsstörungen im Gehirn, die zu Schädigungen des Hirngewebes führen. Sekundäre Demenzen werden indirekt durch äußere Einflussfaktoren wie Medikamente, Alkoholmissbrauch oder schädliche Umwelteinflüsse ausgelöst.
Mischformen der Demenz
In der Realität treten bei den meisten Patienten Mischformen von Demenz auf, beispielsweise eine Kombination aus neurodegenerativer und vaskulärer Demenz.
Ursachen und Risikofaktoren
Obwohl die genauen Ursachen für Demenz noch nicht vollständig geklärt sind, sind einige Risikofaktoren bekannt, die das persönliche Risiko einer Erkrankung erhöhen können. Dazu gehören Alter, wobei das Risiko ab dem 65. Lebensjahr deutlich ansteigt, und Geschlecht, da Frauen häufiger betroffen sind als Männer. Studien deuten darauf hin, dass bis zu 45 Prozent aller Demenzerkrankungen durch die gezielte Beeinflussung von 14 Risikofaktoren verhindert oder zumindest hinausgezögert werden könnten. Zu den wichtigsten Schutzfaktoren zählen Bewegung, gesunde Ernährung, soziale Kontakte und geistige Aktivität.
Lesen Sie auch: Fortgeschrittene Demenz: Ein umfassender Überblick
Demenz Verlauf in Stadien
Der Verlauf einer Demenz ist schleichend und progressiv, wobei die Erkrankung bei jedem Menschen individuell verläuft. Es können Phasen der Stabilität auftreten, aber insgesamt verschlimmern sich die Symptome im Laufe der Zeit.
Die Einteilung in Demenzstadien
Die Einteilung in Demenzstadien dient lediglich der Übersicht über Phasen, die im Verlauf der Krankheit zu erwarten sind. Es ist unmöglich, vorherzusagen, wann diese Phasen eintreten. Ein häufig genutztes Modell zur Einteilung der Demenz-Stadien ist die Reisberg-Skala, auch bekannt als Global Deterioration Scale (GDS).
Stadium 1: Keine kognitiven Beeinträchtigungen
In diesem Stadium sind noch keine Einbußen im Bereich der kognitiven Fähigkeiten erkennbar.
Stadium 2: Sehr leichte kognitive Beeinträchtigungen
In diesem Stadium liegt eine geringfügige Minderung der individuellen Gehirnleistung vor. Betroffene vergessen Namen oder verlegen häufig Gegenstände. Eine Diagnose ist zu diesem frühen Zeitpunkt schwierig, da die Symptome denen einer leichten Vergesslichkeit ähneln.
Stadium 3: Leichte kognitive Beeinträchtigungen
Die kognitiven Einschränkungen nehmen allmählich zu. Betroffene leiden unter Wortfindungsstörungen, haben Schwierigkeiten beim Beschreiben von Gegenständen oder vergessen regelmäßig Namen und Termine. Oftmals ist auch die allgemeine Leistungsfähigkeit vermindert und es besteht eine Neigung zu depressiven Verstimmungen.
Lesen Sie auch: Wechselwirkungen zwischen Schmerzmitteln und Demenz
Stadium 4: Mäßige kognitive Beeinträchtigungen
Die Demenz wird für Angehörige immer augenfälliger, da der Erkrankte unter kognitiven Einschränkungen leidet, die über eine normale Vergesslichkeit weit hinausgehen. Insbesondere das Kurzzeitgedächtnis ist betroffen, aber auch wichtige Ereignisse aus der persönlichen Vergangenheit geraten zunehmend in Vergessenheit. Es kommt zum allmählichen Rückzug aus dem sozialen Leben und das Risiko für Depressionen nimmt zu.
Stadium 5: Mäßig schwere kognitive Beeinträchtigungen
Es kommt häufig zu Denk- und Gedächtnislücken, die den Alltag erschweren und Hilfestellung durch Dritte erforderlich machen. Beispielsweise wissen Betroffene häufig nicht mehr, welcher Wochentag gerade ist und wo sie sich befinden. Auch Verwandte und Freunde werden nicht immer erkannt.
Stadium 6: Schwere kognitive Beeinträchtigungen
Es handelt sich um eine schwere bzw. fortgeschrittene Demenz. Das Denk- und Wahrnehmungsvermögen ist stark vermindert und die Persönlichkeit verändert sich drastisch. Hilfe bei alltäglichen Handlungen ist spätestens jetzt unverzichtbar. Selbst engste Verwandte werden nicht mehr erkannt, es kommt zu Misstrauen, Wahnvorstellungen und starken Stimmungsschwankungen. Oftmals verlieren Betroffene auch die Kontrolle über Blase und Darm.
Stadium 7: Sehr schwere kognitive Beeinträchtigungen
Dies ist das Endstadium der Demenz. Erkrankte können sich nicht mehr oder kaum noch verständlich machen und verlieren zunehmend die Kontrolle über ihren Körper. Sie leiden unter Schluckbeschwerden, verkümmerten Reflexen und können letztlich den Kopf nicht mehr hochhalten. Eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung ist in dieser Phase unverzichtbar.
Die Alzheimer-Demenz in drei Stadien
Die Alzheimer-Demenz, die häufigste Form der Demenz, kann in drei Stadien unterteilt werden: Frühstadium, mittleres Stadium und fortgeschrittenes Stadium.
Lesen Sie auch: Ursachen und Behandlung von Zittern bei Demenz
Frühstadium
Im Frühstadium sind die Gedächtnis- und die Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt. Der Übergang von den normalen Alterseinschränkungen zur Demenz verläuft eher schleichend. Fachleute unterscheiden eine leichte kognitive Beeinträchtigung (MCI) und eine leichte Alzheimer-Demenz.
Mittleres Stadium
Im mittleren Stadium müssen die Betroffenen in der Regel ihr selbstständiges Leben aufgeben. Sie können zwar noch ohne Unterstützung essen, trinken, sich waschen und vielleicht auch einfache Arbeiten im Garten und im Haushalt erledigen, müssen aber erinnert und aufgefordert werden. Kochen, Einkaufen, die Wohnung sauber halten und Spazierengehen sind nur noch mit Hilfe möglich.
Fortgeschrittenes Stadium
Im fortgeschrittenen Stadium sind die Menschen rund um die Uhr auf die Unterstützung anderer angewiesen. Die Probleme mit der Sprache können so groß werden, dass ein Gespräch kaum noch möglich ist. Auch bei einfachen Alltagstätigkeiten und beim Essen und Trinken ist jetzt Hilfe notwendig.
Typische Symptome in den verschiedenen Stadien
Die Symptome einer Demenz variieren je nach Stadium und Form der Erkrankung.
Frühe Phase
In dieser frühen Phase treten leichte Beeinträchtigungen des Denkens und Erinnerns auf, die im Alltag zunächst kaum einschränken. Menschen mit MCI nehmen Veränderungen manchmal selbst wahr, doch oft fallen sie zuerst Angehörigen auf.
Mittlere Phase
In diesem Stadium zeigt sich zunehmend Vergesslichkeit im Alltag, insbesondere was das Kurzzeitgedächtnis betrifft. Es wird schwieriger, neue Informationen zu behalten. Gespräche sind anstrengender - oft fehlen Worte oder der Gedanke geht verloren. Gegenstände wie Schlüssel oder Brille werden häufiger verlegt. Hinzu kommen erste Probleme mit der Orientierung in Raum und Zeit. Viele alltägliche Aufgaben gelingen noch gut. Viele Menschen mit Demenz merken nun deutlich, dass etwas nicht stimmt. Aus Scham oder Unsicherheit versuchen sie, ihre Schwierigkeiten zu verstecken. Sie ziehen sich zurück und meiden ungewohnte Situationen. Auch die Stimmung kann sich verändern: Manche Menschen sind leichter reizbar, andere traurig oder verunsichert.
Späte Phase
Jetzt wird die Krankheit deutlich sichtbar. Neben dem Kurzzeitgedächtnis ist nun auch das Langzeitgedächtnis beeinträchtigt. Viele Erinnerungen an das eigene Leben treten in den Hintergrund. Orientierungsprobleme treten auch in vertrauter Umgebung auf. Bekannte Gesichter werden nicht mehr erkannt. Es kommt zu tiefgreifenden Veränderungen im Verhalten und im Wesen. Viele Erkrankte spüren einen ausgeprägten Bewegungsdrang und starke Unruhe. Die Orientierungslosigkeit und Hilflosigkeit der Betroffenen schlägt oft in Misstrauen, Reizbarkeit, Nervosität und aggressive Ausbrüche um. Der Tag-Nacht-Rhythmus gerät aus dem Gleichgewicht, was zu Schlafstörungen führen kann. In diesem Stadium ist eine selbstständige Lebensführung nicht mehr möglich.
Endstadium
Im Endstadium sind die Erkrankten vollständig auf Pflege angewiesen. Typische Veränderungen sind der Verlust der Sprache, das Nicht-Erkennen von Familienmitgliedern, völlige Orientierungslosigkeit, Inkontinenz und Schluckstörungen. Im Endstadium haben Menschen mit Demenz ein zunehmend geschwächtes Immunsystem und werden anfälliger für Infektionen.
Körperliche Symptome im Verlauf
Neben den kognitiven Beeinträchtigungen treten im Verlauf einer Demenz auch körperliche Symptome auf.
Motorische Einschränkungen
Patienten mit fortgeschrittener Demenz entwickeln häufig Schwierigkeiten beim Gehen. Der Gang ist unsicher und mitunter schwankend. Die Gangart ist eher kleinschrittig und instabil, was ein erhöhtes Sturzrisiko zur Folge hat. Dazu kommen grobmotorische Einschränkungen und Schwierigkeiten bei der Koordination. Die Körperhaltung ist eingesunken, weil Betroffene nicht mehr in der Lage sind, den Kopf aufrecht zu halten. Allmählich kommt es auch zum Verlust der Feinmotorik.
Inkontinenz
Harn- und/oder Stuhlinkontinenz schränken die Selbstständigkeit bei fortgeschrittener Demenz weiter ein. Zum einen verlieren die Betroffenen aufgrund der Veränderungen in ihrem Gehirn die Kontrolle über Blase und Darm, zum anderen sind sie oftmals nicht fähig, den Weg zur Toilette zu finden und urinieren dort, wo sie sich gerade befinden.
Schluckstörungen
Bei Demenzkranken im fortgeschrittenen Stadium ist oftmals die neurologische Steuerung jener Muskeln einschränkt, die am Schluckvorgang beteiligt sind. Schluckstörungen treten daher im Zuge einer Demenz sehr oft auf. Die Folge: Betroffene verschlucken sich häufig, was das Risiko für eine Lungenentzündung erhöht. Außerdem kann eine Dysphagie auch zur Nahrungsverweigerung und schlimmstenfalls zu Dehydrierung, Mangelernährung und damit einhergehend zu einer allgemeinen Verschlechterung des Gesundheitszustands führen.
Schlafstörungen
Demenzkranke leiden häufig unter einem gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus. Infolgedessen wandern sie nachts umher und sind allgemein unruhig und verwirrt. Oder aber die Schlafphasen werden immer länger und die Patienten haben nur noch sehr kurze aktive Wachphasen.
Diagnose und Behandlung
Eine Demenzerkrankung kann nur durch eine Ärztin oder einen Arzt diagnostiziert werden. Am Anfang der Diagnostik steht das ärztliche Gespräch über die persönliche Krankengeschichte. Besonders wichtig sind dabei frühere oder aktuelle Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Erkrankungen der Hirngefäße, Bluthochdruck und Diabetes. Nach dem Gespräch folgt eine körperliche Untersuchung, um festzustellen, ob Durchblutungsstörungen vorliegen. Mit bildgebenden Verfahren wie CT oder MRT können Veränderungen im Gehirn festgestellt werden. Medizinische Demenztests dienen der Beurteilung der geistigen Leistungsfähigkeit.
Behandlungsmöglichkeiten
Alzheimer-Demenz, Frontotemporale Demenz, Lewy-Körper-Demenz, Parkinson-Demenz und Vaskuläre Demenz sind bis heute leider nicht heilbar. Dennoch ist die Behandlung von Demenz wichtig, weil sie die Lebensqualität der Betroffenen im weiteren Verlauf erheblich steigert. Je nach Demenzform, Stadium und individuellem Gesundheitszustand kommen unterschiedliche Medikamente und nicht-medikamentöse Therapien in Frage.
Medikamentöse Behandlung
Bei der Alzheimer-Erkrankung werden Medikamente eingesetzt, die das Fortschreiten der Erkrankung bremsen sollen. Diese Medikamente, sogenannte Cholinesterasehemmer, erhöhen die Menge des Botenstoffs Acetylcholin im Gehirn. Bei der vaskulären Demenz werden Medikamente eingesetzt, die einem erneuten Schlaganfall vorbeugen sollen.
Nicht-medikamentöse Therapien
Nicht-medikamentöse Maßnahmen können in allen Stadien der Demenz eingesetzt werden. Behandlungsmethoden aus den Bereichen Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie können bei Demenz hilfreich sein. Auch Musiktherapie, Erinnerungsarbeit und Krankengymnastik können Betroffenen helfen.
Umgang mit Demenz
Der Umgang mit Menschen mit Demenz erfordert Geduld, Empathie und Verständnis. Es ist wichtig, auf einen würdevollen und wertschätzenden Umgang zu achten, auch in schwierigen Situationen. Eine demenzgerechte Raumgestaltung kann helfen, Barrieren abzubauen und hilfreiche Anhaltspunkte zur zeitlichen und räumlichen Orientierung zu schaffen.
Kommunikation
Bei der Kommunikation mit Menschen mit Demenz sollte man sich auf die Lebenserfahrung der Person beziehen und diese wertschätzen. Man kann zum Beispiel nach einem Ratschlag fragen und/oder sich auch mal helfen oder trösten lassen.
Entlastung für Angehörige
Ganz besonders wichtig ist, dass Angehörige sich selbst mit der Betreuung und Pflege nicht überfordern. Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Entlastung, wie zum Beispiel die Unterstützung durch ambulante Pflegedienste oder den Besuch einer Tagespflegeeinrichtung.
Leben mit Demenz bis zum Lebensende
Demenz führt an sich nicht unbedingt zum Tod. Dennoch haben Menschen, die an Demenz erkranken, eine verkürzte Lebenserwartung. Das liegt zum einen daran, dass es den Betroffenen im späteren Verlauf der Krankheit immer schwerer fällt, auf ihre eigene Gesundheit zu achten. Die häufigste Todesursache bei Menschen mit Demenz ist die Lungenentzündung.
Palliativversorgung
Um die Trauer und alle damit verbundenen Gefühle besser bewältigen können, helfen Gespräche mit Personen aus dem engsten Familien- und Freundeskreis. Binden Sie frühzeitig einen ambulanten Palliativdienst aus Ihrer Umgebung ein. Ausgebildete Fachkräfte helfen Ihnen und beraten Sie in der schwierigen Situation, um ein würdevolles Sterben zuhause ohne Schmerzen zu ermöglichen.