Die Demenz stellt eine wachsende globale Herausforderung dar, die Millionen von Menschen und ihre Familien betrifft. Angesichts der Tatsache, dass die Weltbevölkerung immer älter wird, ist es von entscheidender Bedeutung, die Risikofaktoren für Demenz zu verstehen und wirksame Präventionsstrategien zu entwickeln. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die bekannten und potenziellen Risikofaktoren für Demenz, basierend auf aktuellen Forschungsergebnissen und Expertenmeinungen.
Einführung in die Demenz
Demenz ist ein Syndrom, das durch einen fortschreitenden Verlust der kognitiven Funktionen gekennzeichnet ist. Es ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein Begriff, der eine Reihe von Erkrankungen beschreibt, die das Gedächtnis, das Denkvermögen, die Sprache, das Urteilsvermögen und andere kognitive Fähigkeiten beeinträchtigen. Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste Form der Demenz und macht etwa 60 bis 70 Prozent aller Fälle aus. Andere Formen umfassen vaskuläre Demenz, frontotemporale Demenz, Lewy-Körper-Demenz und Parkinson-Demenz.
Obwohl Demenz häufig mit dem Alter in Verbindung gebracht wird, ist sie keine normale Alterserscheinung. Das Risiko, an Demenz zu erkranken, steigt zwar mit dem Alter, aber es gibt auch andere Faktoren, die eine Rolle spielen können.
Aktualisierte Erkenntnisse der Lancet-Kommission
Die Lancet-Kommission, bestehend aus 27 weltweiten Demenz-Experten, veröffentlicht regelmäßig Updates zu Demenzprävention, -intervention und -pflege. Das Update vom 31. Juli 2024 liefert neue, hoffnungsvolle Erkenntnisse über Demenzprävention, -intervention und -pflege. Die Kommission hat Forschungsergebnisse ab dem Jahr 2020 zusammengefasst und dabei Studien bevorzugt, die zeigen, wie sich kognitive und körperliche Reserven im Laufe des Lebens entwickeln und wie die Verringerung von Gefäßschäden wahrscheinlich zu einem Rückgang der altersbedingten Demenzinzidenz beiträgt.
Bekannte Risikofaktoren für Demenz
Im Jahr 2020 identifizierte die Lancet-Kommission zwölf Risikofaktoren, die mit 40 % aller Demenzfälle in Zusammenhang stehen:
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- Geringere Bildung
- Traumatische Kopfverletzungen
- Körperliche Inaktivität
- Rauchen
- Übermäßiger Alkoholkonsum
- Bluthochdruck
- Fettleibigkeit
- Diabetes
- Hörverlust
- Depressionen
- Wenig soziale Kontakte
- Luftverschmutzung
Neue Risikofaktoren: Sehverlust und hohe LDL-Cholesterinwerte
Das Update der Lancet-Kommission hat diese Liste um zwei weitere potenziell veränderbare Risikofaktoren erweitert:
- Sehkraftverlust: Unbehandelter Sehverlust im späteren Leben ist mit einem erhöhten Demenzrisiko verbunden.
- Hohe LDL-Cholesterinwerte: Erhöhte LDL-Cholesterinwerte ab einem Alter von etwa 40 Jahren können ebenfalls das Demenzrisiko erhöhen.
Diese beiden neuen Risikofaktoren sind mit schätzungsweise 9 % aller Demenzfälle assoziiert, wobei 7 % auf erhöhtes LDL-Cholesterin und 2 % auf unbehandelten Sehverlust entfallen. Eine Metaanalyse mit über 1,1 Millionen Teilnehmern ergab, dass jeder Anstieg des LDL-Cholesterins um 1 mmol/l mit einem Anstieg der Demenzhäufigkeit um 8 % verbunden war. Im Bereich der Augenerkrankungen wurde ein erhöhtes Demenzrisiko mit Katarakten und diabetischer Retinopathie in Verbindung gebracht, nicht aber mit Glaukom oder altersbedingter Makuladegeneration.
Die Bedeutung der Prävention
Laut der Lancet-Kommission könnten durch die Änderung der 14 Risikofaktoren fast die Hälfte der Demenzfälle verhindert oder verzögert werden. Die Prävention sollte sowohl politische Veränderungen als auch individuell zugeschnittene Maßnahmen umfassen. Es ist wichtig, diese Risikofaktoren bereits in der Kindheit anzugehen, beispielsweise durch eine Verbesserung der frühkindlichen Bildung. Maßnahmen zur Verringerung des Demenzrisikos sollten während des gesamten Lebens fortgesetzt werden.
Weitere potenzielle Risikofaktoren
Neben den 14 etablierten Risikofaktoren gibt es noch weitere potenzielle Risikofaktoren, die derzeit jedoch noch als unzureichend belegt gelten, um offiziell in das Modell aufgenommen zu werden. Trotzdem sollten auch sie beobachtet und beachtet werden. Zu diesen Risikofaktoren gehören:
- Schlafstörungen
- Ernährung
- Infektionen
- Systemische Entzündungen
- Psychosen
- Bipolare Störungen
- Posttraumatische Belastungsstörungen
- Menopause und Hormonersatztherapie
- Angststörungen
Detaillierte Betrachtung einzelner Risikofaktoren
Geringere Bildung
Eine geringere Bildung in jungen Jahren kann die Entwicklung kognitiver Reserven beeinträchtigen, die das Gehirn widerstandsfähiger gegen Schäden machen.
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Traumatische Kopfverletzungen
Schwere oder wiederholte Kopfverletzungen können Entzündungen im Gehirn auslösen und die Ablagerung von Amyloid-beta und Tau fördern, was das Demenzrisiko erhöht.
Körperliche Inaktivität
Bewegungsmangel beeinträchtigt die Durchblutung des Gehirns, schwächt Nervenzellen und begünstigt den geistigen Abbau.
Rauchen
Rauchen erhöht das Risiko für Alzheimer und vaskuläre Demenz durch negative Auswirkungen auf Herz, Gefäße und Gehirn.
Übermäßiger Alkoholkonsum
Übermäßiger Alkoholkonsum kann zum Verlust von grauer Masse im Gehirn führen und das Risiko für alle Formen der Demenz erhöhen.
Bluthochdruck
Bluthochdruck im mittleren Lebensalter erhöht das Risiko für alle Demenzformen, insbesondere für die vaskuläre Demenz.
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Fettleibigkeit
Übergewicht, insbesondere im mittleren Lebensalter, erhöht das Risiko, später an einer Demenz zu erkranken. Besonders problematisch ist Bauchfett, das Entzündungen und Gefäßschäden fördert.
Diabetes
Typ-2-Diabetes zählt zu den am besten belegten Risikofaktoren für Demenz.
Hörverlust
Unbehandelter Hörverlust kann zu Veränderungen im Gehirn führen, die das Demenzrisiko erhöhen.
Depressionen
Anhaltende Niedergeschlagenheit, sozialer Rückzug und mangelnde Selbstfürsorge belasten nicht nur die Seele, sondern auch das Gehirn.
Wenig soziale Kontakte
Soziale Isolation kann das Risiko erhöhen, an Demenz zu erkranken, da das Gehirn Anregung durch Gespräche, Begegnungen und gemeinsame Aktivitäten benötigt.
Luftverschmutzung
Feine Partikel aus Abgasen, Industrie, Holz- und Kohleöfen können Entzündungen auslösen, die Gefäße schädigen und langfristig die geistige Gesundheit beeinträchtigen.
Sehkraftverlust
Unbehandelter Sehverlust kann dem Gehirn wichtige Reize entziehen und zu Einsamkeit und depressiven Verstimmungen führen, was das Demenzrisiko erhöht.
Hohe LDL-Cholesterinwerte
Erhöhtes Cholesterin, vor allem bei Menschen unter 65 Jahren, kann die Ablagerung von schädlichen Proteinen im Gehirn fördern und die Blutgefäße belasten, was das Risiko für Alzheimer und vaskuläre Demenz erhöht.
Präventionsstrategien im Detail
Geistige Anregung
Geistige Anregung in jungen Jahren schützt das Gehirn und baut kognitive Reserven auf. Aktivitäten wie Lesen, Lernen, Spielen von Musikinstrumenten und das Lösen von Rätseln können dazu beitragen, das Gehirn fit zu halten.
Körperliche Aktivität
Regelmäßige körperliche Aktivität verbessert die Durchblutung des Gehirns, stärkt Nervenzellen und fördert die Freisetzung von Wachstumsfaktoren. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt mindestens 150 Minuten moderate oder 75 Minuten intensive Bewegung pro Woche.
Gesunde Ernährung
Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und gesunden Fetten kann dazu beitragen, das Gehirn gesund zu halten. Studien haben gezeigt, dass Omega-3-Fettsäuren das Erkrankungsrisiko für Morbus Alzheimer senken können.
Soziale Kontakte
Pflegen Sie soziale Kontakte und bleiben Sie aktiv am gesellschaftlichen Leben beteiligt. Gespräche, Begegnungen und gemeinsame Aktivitäten halten das Gehirn wach und leistungsfähig.
Vermeidung von Risikofaktoren
Vermeiden Sie Risikofaktoren wie Rauchen, übermäßigen Alkoholkonsum, Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes und unbehandelten Hör- und Sehverlust.
Frühzeitige Behandlung von Erkrankungen
Lassen Sie Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, Hörverlust und Sehverlust frühzeitig behandeln, um das Demenzrisiko zu senken.
Schutz vor Kopfverletzungen
Schützen Sie Ihren Kopf vor Stößen und Stürzen, beispielsweise durch das Tragen eines Helms beim Fahrradfahren oder Skaten.
Die Rolle der Früherkennung
Eine frühe Diagnose von Demenz erleichtert den Umgang mit der Krankheit und bietet größere Chancen, das Fortschreiten der Krankheit aufzuhalten oder zu verlangsamen. Wenn Sie als Angehöriger den Verdacht haben, dass eine Person an einer Demenzform erkrankt sein könnte, sollten Sie diesen Verdacht abklären lassen.
Umgang mit Demenz
Die Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz ist eine echte Herausforderung. Es gibt jedoch viele Möglichkeiten, die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern und die Angehörigen zu entlasten. Dazu gehören:
- Medikamentöse Therapien
- Nicht-medikamentöse Therapien
- Beschäftigung und Spiele für Demenzerkrankte
- Demenzgerechte Raumgestaltung
- Entlastungsangebote für Angehörige
- Demenzdörfer
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