Dendritische Zelltherapie: Kosten, Wirksamkeit und Erstattung

Die dendritische Zelltherapie ist eine Form der Immuntherapie, die bei Krebserkrankungen eingesetzt wird. Dabei werden dem Patienten körpereigene dendritische Zellen entnommen, im Labor auf die Krebszellen "trainiert" und anschließend wieder in den Körper injiziert, um eine Immunantwort gegen den Tumor auszulösen. Die Kosten für diese Therapie können jedoch erheblich variieren.

Kosten der dendritischen Zelltherapie

Die Kosten für eine dendritische Zelltherapie sind von verschiedenen Faktoren abhängig:

  • Individueller Aufwand der Impfstoffherstellung: Die Herstellung des Impfstoffs ist ein komplexer Prozess, der individuell auf den Patienten zugeschnitten wird.
  • Behandlungsumfang: Die Anzahl der Behandlungseinheiten und die Art der Begleitmaßnahmen beeinflussen die Gesamtkosten.
  • Krankheitsverlauf: Je nach Verlauf der Erkrankung und der Reaktion des Patienten auf die Therapie können zusätzliche Kosten entstehen.

Da die Therapie bei jedem Patienten individuell ist, variieren die Kosten z. T. erheblich. So können die Kosten für eine fünftägige Behandlungseinheit zur Einleitung des immunogenen Zelltods bereits einen beträchtlichen Betrag erreichen. Es ist wichtig zu beachten, dass in diesen Beträgen etwaige Zusatzkosten für individuelle Medikamente (Infusionen) nicht enthalten sind.

Kostenerstattung durch Krankenversicherungen

Die Frage der Kostenerstattung durch Krankenversicherungen ist ein wichtiger Aspekt bei der dendritischen Zelltherapie.

Private Krankenversicherungen

Die Kosten für Diagnostik und Therapie können eventuell von den Privaten Krankenversicherungen (in Abhängigkeit vom abgeschlossenen Vertrag), Beihilfestellen und Berufsgenossenschaften erstattet werden. Es ist ratsam, sich vor Beginn der Behandlung mit der Versicherung in Verbindung zu setzen, um die individuellen Erstattungsmöglichkeiten zu klären.

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Gesetzliche Krankenversicherungen

Im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen ist die Immuntherapie nicht enthalten. Das bedeutet, dass die Kosten für eine dendritische Zelltherapie in der Regel nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden.

Gerichtsurteile zur Kostenübernahme

Es gibt jedoch Ausnahmen. Das Sozialgericht Magdeburg hat in einem Beschluss (SG Magdeburg, Beschluss vom 16.02.2007, S 13 KR 17/07 ER) entschieden, dass unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf Kostenübernahme für eine dendritische Zelltherapie bestehen kann. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn:

  • eine allgemein anerkannte, medizinischen Standards entsprechende Behandlung nicht mehr zur Verfügung steht und
  • von den behandelnden Ärzten im Rahmen der Beweiserhebung des Gerichts Indizien und Hinweise für eine Wirksamkeit der Therapie vorgebracht werden.

Die Anforderungen an das Vorliegen derartiger Indizien und Hinweise dürfen dabei nicht so hoch angesetzt werden wie beim Off-Label-Use, sodass im Einzelfall auch Expertenmeinungen ausreichend sein können.

In dem konkreten Fall ging es um die Behandlung eines neuroendokrinen Karzinoms mit Dendritischen Zellen. Die Antragstellerin hatte sich zuvor einer Chemotherapie unterzogen, die jedoch nicht den gewünschten Erfolg brachte. Das Gericht argumentierte, dass die Antragstellerin aufgrund der lediglich mit äußerst fraglichem Erfolg durchgeführten ersten Chemotherapie ein weiterer Versuch nicht zuzumuten sei. Zudem bestünden jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass Nebenwirkungen einer anderen als der bereits versuchten Chemotherapie nicht auftreten würden oder zumindest geringer ausfallen würden.

Das Gericht betonte, dass es sich um eine lebensbedrohliche Erkrankung handele, für die eine allgemein anerkannte, medizinischen Standards entsprechende Behandlung nicht mehr zur Verfügung stehe. Den Einwand der Krankenkasse, sie sei nicht verpflichtet, für experimentelle Studien aufzukommen, ließ das Gericht nicht gelten. Für die Behandlung der konkret vorliegenden Tumorentität lägen keine Daten vor, weshalb sich die Frage stelle, ob diese Behandlung dann nicht ebenso experimentell sei.

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Das Sozialgericht Magdeburg hat seine Rechtsansicht zur dendritischen Zelltherapie mit einem weiteren Beschluss (v, 10. Juli 2008 - S 13 KR 100/08 ER) noch einmal bestätigt.

Urteil des OLG Frankfurt zur Kostenerstattung durch private Krankenversicherung

Das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. hat mit Urteil vom 29.06.2022 (7 U 140/21) entschieden, dass eine private Krankenversicherung die Kosten für eine dendritische Zelltherapie übernehmen muss, wenn die Schulmedizin bei der Behandlung eines lebensbedrohlichen Schilddrüsenkrebs nur noch schmerzlindernde (palliative) Möglichkeiten bietet und die Behandlung mit dendritischen Zellen dagegen die größte Heilungswahrscheinlichkeit bezüglich eines teilweisen Rückgangs der Krebserkrankung bietet. Dies gilt auch dann, wenn die Behandlung mit dendritischen Zellen von der Schulmedizin nicht anerkannt ist.

In dem Fall ging es um einen Patienten, bei dem im Jahr 1999 ein medulläres Schilddrüsenkarzinom diagnostiziert worden war. Nach einer anfänglich kurativ angelegten chirurgischen Therapie kam es zu einem Fortschreiten der Erkrankung. Der Kläger beantragte bei seiner privaten Krankenversicherung die Kostenübernahme für eine Behandlung mit dendritischen Zellen. Die Versicherung lehnte dies ab.

Das Landgericht Hannover gab der Klage statt (Urteil vom 21. (31.5.2018)). Das OLG Frankfurt bestätigte diese Entscheidung. Das Gericht argumentierte, dass die dendritische Zelltherapie eine Heilbehandlung im Sinne der Krankheitskostenbedingungen der privaten Krankenversicherungen darstelle. Die Behandlung habe die Symptome der Krebserkrankung lindern und den Gesundheitszustand stabilisieren sowie einer Verschlimmerung entgegenwirken sollen. Diese Heilbehandlung sei auch medizinisch notwendig gewesen.

Das Gericht betonte, dass bei einer lebenszerstörenden, unheilbaren Krankheit nicht mehr darauf abgestellt werden könne, ob sich die gewünschte Behandlung zur Erreichung des vorgegebenen Behandlungszieles tatsächlich eignet. Die objektive Vertretbarkeit der Behandlung sei vielmehr bereits dann zu bejahen, wenn sie nach medizinischen Erkenntnissen im Zeitpunkt ihrer Vornahme wahrscheinlich auf eine Verhinderung der Verschlimmerung der Erkrankung oder zumindest auf ihre Verlangsamung hinwirke. Ausreichend sei ein nach medizinischen Erkenntnissen nachvollziehbarer Ansatz, der die prognostizierte Wirkweise auf das angestrebte Behandlungsziel erklären könne. Eine hinreichende wissenschaftliche Evidenz für die Effektivität sei nicht erforderlich.

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Da hier eine schulmedizinische Erstlinientherapie versucht worden sei, die keinen Behandlungserfolg erbracht habe, habe unmittelbar auf den "neuartige(n) wissenschaftlich fundierte(n) Ansatz der Alternativtherapie zurückgegriffen" werden dürfen. Es sei nicht zunächst noch der prognostisch zweifelhafte Erfolg einer Zweitlinientherapie abzuwarten, betont das OLG.

Kritik und Kontroversen

Die dendritische Zelltherapie ist jedoch nicht unumstritten. Experten kritisieren, dass es für die Wirksamkeit der Therapie keine ausreichenden Belege gebe. Die Europäische Arzneimittelagentur EMA warnt vor derartigen nicht regulierten Therapien, die für Patienten ein "ernstes Risiko für wenig oder gar keinen Nutzen darstellen" können.

Tatsächlich ist die Dendritische Zelltherapie in Deutschland nicht zugelassen. Es gibt aber eine rechtliche Grauzone: Im Rahmen eines "individuellen Heilversuchs" dürfen Ärzte Patienten damit behandeln.

Einige Firmen und Ärzte nutzen die Verzweiflung von Krebspatienten aus und bieten fragwürdige Behandlungen an. So wirbt beispielsweise die Firma Immucura mit einer "schmerzfreien" Therapie mit "geringen bis keinen Nebenwirkungen" für etwa 40.000 Euro. Die Behandlung verspricht, dass der Körper sich selbst heilen könne. Sogenannte Dendritische Zellen werden dafür aus dem Blut gewonnen und mit Tumor-Antigenen beladen. Diese werden Patienten als eine Art Impfung gegen den Krebs verabreicht.

Die Recherchen von ZDF frontal, dem "Standard", der belgischen Zeitung "De Tijd" und "El País" aus Spanien zeigen jedoch, dass Immucura bereits mehrfach von Behörden sanktioniert wurde. Die Firma sei ohne die erforderlichen Genehmigungen im Gesundheitssektor tätig gewesen.

Es gibt bisher meines Wissens nach keine Studie, die wirklich zeigt, dass - angewandt beim Patienten - dendritische Zellen gegen Krebs wirksam sind.

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