Krebspatienten suchen oft nach neuen Therapien, die Hoffnung auf Heilung versprechen. Die dendritische Zelltherapie (DZT) ist ein solcher Ansatz, der das körpereigene Immunsystem zur Bekämpfung von Krebszellen nutzen soll. Dieser Artikel beleuchtet die Erfahrungen mit der dendritischen Zelltherapie, den aktuellen Forschungsstand und die damit verbundenen Kontroversen.
Was ist die dendritische Zelltherapie?
Die dendritische Zelltherapie ist eine Form der Immuntherapie, bei der dendritische Zellen, spezialisierte Zellen des Immunsystems, genutzt werden, um eine Immunantwort gegen Krebszellen auszulösen. Dendritische Zellen spielen eine Schlüsselrolle bei der Erkennung und Präsentation von Antigenen an andere Immunzellen, insbesondere T-Zellen.
Wie funktioniert die dendritische Zelltherapie?
- Gewinnung von dendritischen Zellen: Zunächst werden dem Patienten Blut entnommen. Im Labor werden aus diesem Blut Monozyten isoliert, die Vorläufer der dendritischen Zellen sind.
- Reifung und Beladung der dendritischen Zellen: Die Monozyten werden im Labor mit Zytokinen und Wachstumsfaktoren kultiviert, um sie zu dendritischen Zellen reifen zu lassen. Anschließend werden die dendritischen Zellen mit Tumorantigenen beladen. Diese Antigene können spezifische Proteine von Tumorzellen sein, die von T-Zellen erkannt werden können.
- Verabreichung der dendritischen Zellen: Die beladenen dendritischen Zellen werden dem Patienten in Form einer Injektion verabreicht.
- Aktivierung der Immunantwort: Die dendritischen Zellen wandern durch das Lymphsystem und präsentieren die Tumorantigene den T-Zellen. Dies führt zur Aktivierung von T-Zellen, insbesondere zytotoxischen T-Lymphozyten (Killerzellen), die Krebszellen erkennen und zerstören können. Zusätzlich aktivieren die dendritischen Zellen T-Helferzellen, die die Immunantwort weiter verstärken.
Der aktuelle Forschungsstand
Die dendritische Zelltherapie ist seit längerem in der Humanmedizin zur Behandlung von Tumorerkrankungen bekannt. In den letzten Jahren wird sie vermehrt in der Tiermedizin bei Hunden, Katzen und Pferden eingesetzt. Die Zahl der Studien zum therapeutischen Nutzen von dendritischen Zellen in der Tumorbehandlung wächst laufend.
Klinische Studien und Ergebnisse
In klinischen Studien wurde die prinzipielle Wirksamkeit einer Vakzinierung mit dendritischen Zellen bezüglich immunologischer und - in Einzelfällen - klinischer Endpunkte belegt. Allerdings waren die Therapieerfolge in der Regel nur von kurzer Dauer. Schwerwiegende Nebenwirkungen wurden nicht beschrieben. Eine Studie mit 143 Patienten ergab eine 3-Jahres-Überlebensrate von 20%. Eine andere Studie zeigte eine Überlebensrate von nur 1%.
Herausforderungen und zukünftige Entwicklungen
Für die Entwicklung einer effizienten Tumorvakzine ist die Identifizierung geeigneter Tumorantigene sowie die Generierung von dendritischen Zellen mit optimaler T-Zell-stimulatorischer Aktivität entscheidend. Um den Stellenwert der bisher experimentellen Tumortherapie mit dendritischen Zellen zu definieren, bedarf es weiterer Grundlagenforschung und kontrollierter klinischer Studien. Aktuelle Forschung konzentriert sich auf die Verbesserung der Wirksamkeit von Tumorvakzinen mit dendritischen Zellen. Dabei spielen folgende Aspekte eine entscheidende Rolle:
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- Generierung dendritischer Zellen: Es werden verschiedene Methoden zur Gewinnung und Reifung dendritischer Zellen untersucht, um Zellen mit optimaler Funktionalität zu erhalten.
- Wahl der Tumorantigene: Die Identifizierung von spezifischen und effektiven Tumorantigenen ist entscheidend für die Aktivierung einer gezielten Immunantwort.
- Aktivierung dendritischer Zellen: Die Aktivierung dendritischer Zellen mit geeigneten Stimuli, wie Zytokinen oder CpG-DNA, kann ihre Fähigkeit zur T-Zell-Stimulation verbessern.
- Verabreichung der Vakzine: Die optimale Anzahl dendritischer Zellen, die Applikationsroute und das Impfschema werden weiter untersucht.
- Monitoring der Immunantwort: Die Entwicklung sensitiver und spezifischer Methoden zur Charakterisierung der induzierten Immunantwort ist wichtig, um den Therapieerfolg zu beurteilen.
Kontroversen und Kritik
Trotz vielversprechender Ansätze ist die dendritische Zelltherapie umstritten. Experten kritisieren, dass es für die Wirksamkeit keine ausreichenden Belege gibt. Die Europäische Arzneimittelagentur EMA warnt vor derartigen nicht regulierten Therapien, die für Patienten ein "ernstes Risiko für wenig oder gar keinen Nutzen darstellen" können.
Rechtliche Grauzone
In Deutschland ist die Dendritische Zelltherapie nicht zugelassen. Es gibt aber eine rechtliche Grauzone: Im Rahmen eines "individuellen Heilversuchs" dürfen Ärzte Patienten damit behandeln.
Fragwürdige Angebote und Geschäftspraktiken
Einige Firmen und Ärzte nutzen die Hoffnung von Krebspatienten aus und bieten fragwürdige Behandlungen an. Die Firma Immucura, gegründet von einem deutschen Unternehmer, vermittelt Krebspatienten in Deutschland und anderen europäischen Ländern eine Therapie, die "schmerzfrei" und mit "geringen bis keinen Nebenwirkungen" sein soll. Patienten müssen für die Behandlungen etwa 40.000 Euro bezahlen. Recherchen zeigen, dass Immucura in Spanien bereits mehrfach von Behörden sanktioniert wurde.
Fehlende Evidenz und unklare Herstellung
Es gibt bisher keine Studie, die wirklich zeigt, dass - angewandt beim Patienten - dendritische Zellen gegen Krebs wirksam sind. Fraglich bleibt auch, in welchen Laboren Immucura die Dendritischen Zellen für die angepriesene Therapie herstellen lässt. Das Paul-Ehrlich-Institut weiß nur von vier Einrichtungen hierzulande, die Dendritische Zelltherapien herstellen dürfen. Alle vier versichern auf Anfrage schriftlich, nicht mit Immucura zusammenzuarbeiten.
Erfahrungen von Patienten
Die Erfahrungen von Patienten mit der dendritischen Zelltherapie sind unterschiedlich. Einige berichten von positiven Effekten, wie einer Verbesserung der Lebensqualität und einer Verlängerung der Lebenserwartung. Andere berichten von keinen oder nur geringen Verbesserungen.
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Fallbeispiele
- Eine Patientin mit Darmkrebs erhielt die Diagnose "ausgedehntes Rezidiv" und suchte nach alternativen Therapien. Sie kontaktierte ein Institut in Köln, das jedoch nur noch Privatpatienten annahm, da Selbstzahler oft absprangen.
- Ein Patient mit Kolonkarzinom und Metastasen in der Lunge erhielt Folfox und Capox Chemotherapie, die jedoch nicht anschlugen. Er entschied sich für die dendritische Zelltherapie.
- Die Lebenspartnerin eines Patienten erhielt dendritische Zellen, die nicht auf den Tumor programmiert werden konnten, da dieser nicht operabel war. Die Therapie half ihr leider nicht.
Warnungen vor Abzocke
Einige Patienten warnen vor Anbietern, die astronomische Preise für die Therapie verlangen und die Hoffnung der Patienten ausnutzen. Es ist wichtig, sich vor der Entscheidung für eine dendritische Zelltherapie umfassend zu informieren und verschiedene Meinungen einzuholen.
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