Eine Depression ist mehr als nur eine vorübergehende depressive Verstimmung. Es handelt sich um eine ernstzunehmende Erkrankung, die das Leben der Betroffenen erheblich beeinträchtigen kann. Die Erkrankung kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein.
Symptome einer Depression
Die Symptome einer Depression sind vielfältig und können sich von Person zu Person unterscheiden. Häufige Symptome sind:
- Anhaltende gedrückte Stimmung
- Schwunglosigkeit und Energielosigkeit
- Sozialer Rückzug
- Nachlassen von Interesse und Freudlosigkeit (Anhedonie)
- Konzentrationsminderung
- Schnelle Erschöpfbarkeit
- Schlafstörungen (vermehrter oder verminderter Schlaf, Alpträume)
- Appetitstörungen (vermehrter oder verminderter Appetit)
- Libidostörung (reduziertes sexuelles Interesse)
- Reduziertes Selbstwertgefühl bis hin zu Selbstmordgedanken
- Gefühl der Wertlosigkeit
- Schuldgefühle und Selbstvorwürfe
- Pessimismus und Hoffnungslosigkeit
- Entschlussunfähigkeit
- Innere Unruhe oder Agitiertheit
- Vermehrte Reizbarkeit oder Aggressivität
- Angstzustände (Zukunftsangst, Todesangst, Angst vor Kontrollverlust)
- Körperliche Symptome (Taubheitsgefühle, Kribbeln, Hitzewallungen, Schwindel, Atembeschwerden, Magen-Darm-Beschwerden)
Die Symptome sind häufig in den frühen Morgenstunden und vormittags am schlimmsten und bessern sich im Laufe des Tages - das sogenannte Morgentief.
Ursachen einer Depression
Die Ursachen einer Depression sind komplex und vielfältig. Meist wirken mehrere Faktoren zusammen, die zu neurobiologischen Veränderungen im Gehirnstoffwechsel führen. Es gibt oft kein einzelnes "Depressionsgen", das hauptverantwortlich für die Erkrankung ist.
Neurobiologische Faktoren:
- Neurotransmitter-Ungleichgewicht: Eine Depression kann durch ein Ungleichgewicht von Botenstoffen im Gehirn entstehen, insbesondere von Serotonin, Noradrenalin und Dopamin. Ein Mangel an diesen Neurotransmittern kann die Signalübertragung zwischen den Nervenzellen beeinträchtigen.
- Veränderungen im Gehirn: Bildgebende Verfahren haben gezeigt, dass bei depressiven Patienten bestimmte Hirnareale verändert sein können, z.B. das limbische System (zuständig für die Verarbeitung von Emotionen), die Amygdala (zuständig für die Entstehung von Emotionen) und der Hypothalamus (wichtig für Appetit, Schlaf, Hormone).
- Hormonelle Veränderungen: Die hormonelle Stress-Achse (HPA-Achse) kann bei einer Depression überaktiviert sein, was zu einer erhöhten Ausschüttung von Cortisol führt. Auch Geschlechtshormone können eine Rolle spielen, da Frauen während Hormonumschwüngen (z.B. Menstruation, Schwangerschaft, Menopause) ein erhöhtes Risiko für Depressionen haben.
- Genetische Faktoren: Depressionen treten familiär gehäuft auf. Sind Verwandte ersten Grades betroffen, liegt die Gefahr, selbst eine Depression zu entwickeln, bei etwa 15%. Bei eineiigen Zwillingen steigert sich das Risiko, dass beide an einer Depression erkranken auf mindestens 50%. Dies belegt, dass ein genetischer Faktor vorhanden sein muss. Die Betroffenen besitzen eine - durch verschiedene Faktoren bedingte - geringere Toleranz gegenüber seelischen, körperlichen und biografischen Belastungsfaktoren als gesunde Menschen. Diese besondere Verletzlichkeit (Vulnerabilität) spielt bei dem Ausbruch und der Aufrechterhaltung einer Depression eine große Rolle.
- Veränderte neuronale Plastizität: Eine relativ häufige Veränderung im Gen für die Synthese des Proteins BDNF (brain-derived neurotrophic factor), welches neuronales Wachstum fördert, führt laut aktueller Studien zu einem höheren Risiko für Depression und Angsterkrankungen. Eine veränderte neuronale Plastizität bedeutet, dass weniger Neuronen gebildet werden, weniger Synapsen als neue Verknüpfung entstehen und Neuronen über dendritische Verästelungen weniger stark verbunden sind.
Psychosoziale Faktoren:
- Belastungsreaktionen: Trauer, Enttäuschung, Krankheit, chronische Belastung, Lebensveränderungen oder schwere Erlebnisse können depressive Symptome auslösen.
- Persönlichkeitsfaktoren: Ein ängstlich-fürsorglicher Erziehungsstil, eine daraus resultierende „erlernte Hilflosigkeit“ sowie geringe Fähigkeiten der Betroffenen, Stress zu bewältigen, können Risikofaktoren für die Entwicklung einer Depression sein. Auch der frühe Verlust eines Elternteils, eine Störung der Mutter-Kind-Beziehung oder mangelndes Selbstwertgefühl seit frühester Kindheit können zu einer besonderen Verletzlichkeit gegenüber Enttäuschungen führen.
- Traumata: Unzureichend verarbeitete Verlusterlebnisse bzw. Traumata (z.B. sexueller Missbrauch, Erlebnis von Katastrophen) können bei erneuten Krisensituationen eine Depression auslösen.
- Kritische Lebensereignisse: Bei vielen Depressionen tritt die Erkrankung nach kritischen, belastenden oder negativen Ereignissen auf, z.B. dem Verlust eines Partners bzw. Angehörigen oder Probleme mit nahen Bezugspersonen, Scheidung/Trennung etc. oder einfach nur Veränderungen der gewohnten Lebensweise wie z.B. durch Pensionierung.
- Soziale Faktoren: Weibliches Geschlecht, Single-Dasein, Leben in Großstädten, wenig gesellschaftliche Kontakte, niedriger Ausbildungsgrad, Arbeitslosigkeit, Cannabis-Konsum und Alkohol-Missbrauch können das Risiko für eine Depression erhöhen.
Organische Faktoren:
- Organische Veränderungen: Schlaganfall, Parkinsonerkrankung, Virusinfektionen, Hormonveränderungen, Schilddrüsenfehlfunktion oder Medikamente können depressive Symptome verursachen.
Es ist wichtig zu beachten, dass diese Faktoren nicht isoliert voneinander wirken, sondern sich gegenseitig beeinflussen können.
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Diagnose einer Depression
Um körperliche Ursachen auszuschließen, ist eine internistische Untersuchung unerlässlich. Diese wird häufig bereits vor einem neurologisch-psychiatrischen Termin durchgeführt. Eine Erhebung der Krankheitsgeschichte sowie die psychiatrische und neurologische Untersuchung sind notwendig. Gegebenenfalls werden eine EEG-Untersuchung durchgeführt und eine Computertomografie oder Kernspintomografie veranlasst. Darüber hinaus gibt es formelle Testbögen, die eine Einschätzung des Ausmaßes der Depression erleichtern. Eine Depression aufgrund einer anderen Erkrankung, wie z.B. Schilddrüsenfehlfunktion, Vitaminmangel, Hirntumoren muss schon initial durch geeignete neurologische Diagnostik inkl. einer laborchemischen Abklärung (Blutuntersuchungen), neuro-psychometrischer Diagnostik (Testungen der Hirnleistungen durch einen Psychologen) und bildgebenden Verfahren (Computertomographie oder Kernspintomographie des Kopfes) ausgeschlossen oder nachgewiesen werden.
Behandlung einer Depression
Die Behandlung einer Depression erfolgt in der Regel multimodal, d.h. unter Ausschöpfung verschiedener Behandlungsmöglichkeiten. Ziel der Behandlung ist es, die Symptome zu lindern, die Lebensqualität zu verbessern und Rückfällen vorzubeugen.
Psychotherapie:
Die Psychotherapie ist eine effektive Methode zur Behandlung der Depression. Es werden verschiedene psychotherapeutische Verfahren eingesetzt, z.B. Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch orientierte Psychotherapie und analytische Psychotherapie. In der Verhaltenstherapie werden die verschiedenen Lebensbereiche im Hinblick auf Krankheit-auslösende oder Krankheit-unterstützende Faktoren analysiert, erörtert und Möglichkeiten der Konfliktlösung aufgezeigt. Im optimalen Fall führt dies zu einer Verhaltensänderung des Patienten, die für ihn vorteilhaft ist und zur Ausheilung der Depression beiträgt.
Medikamentöse Therapie:
Bei einer mittel- bis schwergradigen Depression spielen Psychopharmaka eine wichtige Rolle. Es stehen zahlreiche moderne Medikamente mit verschiedenen Wirkungs- und Nebenwirkungsprofilen zur Verfügung. Ziel der medikamentösen Therapie der Depression ist es Störungen im Stoffwechsel der Überträgerstoffe zwischen den Nervenzellen im Gehirn zu verbessern. Wichtige Überträgerstoffe hierfür sind Serotonin, Dopamin, Noradrenalin und Melatonin. Die Frage, welches Medikament, in welcher Dosierung, über welchen Zeitraum eingesetzt werden soll, wird durch den Facharzt (Psychiater oder Neurologen) in enger Abstimmung mit dem Patienten festgelegt. Viele antidepressive Medikamente entfalten ihre Wirksamkeit erst nach Ablauf von 2 Wochen und können sich danach, auch bei gleichbleibender Dosierung, noch steigern. Die Medikamente machen nicht abhängig und können jederzeit (ausschleichend) wieder abgesetzt werden. Gegebenenfalls können zusätzlich weitere Medikamente zur Beruhigung oder Verbesserung des Nachtschlafes angewendet werden.
Weitere Behandlungsmöglichkeiten:
- Körperliches Training und Entspannungstraining: Regelmäßiges Ausdauertraining (30-60 Minuten mehrfach wöchentlich) kann die Stimmung verbessern, den Antrieb steigern und Schlafstörungen beheben. Entspannungstraining kann helfen, Stress abzubauen.
- Neural-Akupunktur: Durch Stimulation an den Nervenaustrittspunkten soll die Freisetzung der körpereigenen Endorphine herbeigeführt werden.
- Magneto-elektrische Stimulation: Mit einer direkt über den Kopf gehaltenen Magnetspule wird im Bereich des Gehirns schwacher elektrischer Strom ausgelöst, der das Gehirn aktiviert.
- Lichttherapie: Bei saisonal abhängigen Depressionen (Winterdepression) kann eine Lichttherapie helfen.
Zusätzlich können ergänzend eine Neural-Akupunktur und eine magneto-elektrische Stimulation angewendet werden. Insgesamt empfiehlt sich die Behandlung integriert und multimodal, das heißt unter Ausschöpfung aller Behandlungsmöglichkeiten zu gestalten.
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Verlauf einer Depression
Der Verlauf einer Depression kann sehr verschieden sein. Neben depressiven Phasen von wenigen Tagen kann die Depression bei manchen Patienten über viele Monate und zum Teil Jahre anhalten. Dann spricht man von einer chronischen Depression. Mit entsprechender Behandlung ist es meistens möglich eine Depression nach 3-9 Monaten zu überwinden. Bei etwa einem Drittel der Patienten bleibt es bei einer depressiven Episode im Leben. Bei einem weiteren Drittel kommt es immer wieder zu Phasen der Verschlechterung mit erneut auftretender Depression. Bei jedem dritten Patienten ist die Depression therapieresistent und chronisch.
Eine Sonderform ist die bipolare Störung. Hier treten neben depressiven Phasen auch manische Phasen auf, bei denen der Pat. krankhaft und unkontrolliert euphorisch (himmelhoch jauchzend) und überaktiv ist.
Während der Depression neigen einige Patienten zu verstärktem Nikotin- und Alkoholkonsum, was die Problematik weiter verschlechtert.
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