Die Unterscheidung zwischen Demenz und Depression, insbesondere bei älteren Menschen, kann eine Herausforderung darstellen. Beide Erkrankungen können ähnliche Symptome aufweisen, die das Denken, Fühlen und Handeln beeinträchtigen. Es ist wichtig, die Unterschiede zu kennen, um eine genaue Diagnose und eine angemessene Behandlung zu gewährleisten. Dieser Artikel bietet eine umfassende Übersicht über die Unterschiede zwischen Demenz, Depression und Pseudodemenz und beleuchtet die Bedeutung einer frühzeitigen Erkennung und Behandlung.
Pseudodemenz vs. Demenz: Eine vergleichende Tabelle
Die folgende Tabelle bietet eine übersichtliche Gegenüberstellung von Pseudodemenz (Depressionsbedingte kognitive Beeinträchtigung) und Demenz:
Merkmal | Pseudodemenz | Demenz |
---|---|---|
Beginn | Akut | Langsam über Monate/Jahre |
Verlauf | Fluktuierend | Progressiv |
Kortikale Defizite (z. B. Aphasie/Apraxie) | Keine | Manchmal |
Dissimulation | Nein | Ja |
Antwortverhalten | "Ich weiß es nicht" statt Antworten zu raten (sehr häufig) | Weniger häufig |
Diskrepanz zwischen Testergebnissen und Alltagskompetenz | Ja | Nein |
Anamnese bzgl. depressiver Symptomatik | Häufig | Gering |
Motivation | Klagsam, geringe Motivation | Unterschiedlich |
*† Dissimulation: bewusste Verheimlichung von Krankheiten oder Krankheitssymptomen. Der Patient versucht nicht zu beweisen, dass er nicht vergesslich ist.
Detaillierte Betrachtung der Unterschiede
Beginn und Verlauf
Ein wesentlicher Unterschied zwischen Demenz und Depression liegt im Beginn und Verlauf der Symptome. Während sich eine Demenz typischerweise langsam über Monate oder Jahre entwickelt, kann eine Depression akut beginnen. Der Verlauf einer Depression ist oft fluktuierend, während eine Demenz in der Regel einen fortschreitenden Verlauf nimmt.
Kognitive Fähigkeiten und Antwortverhalten
Bei einer Demenz können kortikale Defizite wie Aphasie (Sprachstörungen) oder Apraxie (motorische Störungen) auftreten, während diese bei einer Depression in der Regel fehlen. Patienten mit Depressionen neigen eher dazu, mit "Ich weiß es nicht" zu antworten, anstatt Antworten zu raten, was bei Demenz weniger häufig vorkommt.
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Alltagskompetenz und Motivation
Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die Diskrepanz zwischen schlechten Testergebnissen und gut erhaltener Alltagskompetenz bei Depressionen. Menschen mit Depressionen sind sich ihrer kognitiven Einschränkungen oft bewusst und klagen darüber, während dies bei Demenz weniger der Fall ist. Zudem zeigen Depressive oft eine geringe Motivation und klagen über ihre Situation.
Dissimulation
Dissimulation, die bewusste Verheimlichung von Krankheitssymptomen, tritt häufiger bei Demenz auf, da Betroffene versuchen, ihre Vergesslichkeit zu verbergen. Bei Depressionen ist dieses Verhalten weniger ausgeprägt.
Depression und Demenz: Ein komplexes Zusammenspiel
Es ist wichtig zu beachten, dass Depressionen und Demenz auch gleichzeitig auftreten können. Schätzungsweise leidet jeder fünfte Demenzkranke auch an einer depressiven Störung. In solchen Fällen ist es entscheidend, beide Erkrankungen zu behandeln, um die Lebensqualität des Patienten zu verbessern.
Eine Depression kann die kognitiven Fähigkeiten, Alltagsfunktionen und soziale Kompetenz von Menschen mit Demenz zusätzlich beeinträchtigen und sie noch "kränker" erscheinen lassen. Umgekehrt kann eine Depression bei nicht dementen Menschen so stark sein, dass sie wie eine Demenz wirkt (Pseudodemenz).
Altersdepression: Besonderheiten und Auslöser
Depressionen können in jedem Lebensalter auftreten, wobei in stationären Einrichtungen der Altenpflege eine Prävalenz von bis zu 50 Prozent geschätzt wird. Zu den häufigsten Auslösern einer Altersdepression gehören gesundheitliche Einschränkungen, der Verlust von Selbstständigkeit oder Mobilität sowie einschneidende Veränderungen wie Renteneintritt, Umzug oder der Tod von Angehörigen.
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Bei älteren Menschen äußern sich Depressionen oft anders als bei jüngeren. Traurigkeit oder Niedergeschlagenheit sind oft weniger deutlich oder werden überspielt. Stattdessen richten sie ihre Bedenken und Sorgen auf körperliche Beschwerden wie Schmerzen, Schwindel, Schlaf- oder Verdauungsstörungen.
Pseudodemenz: Kognitive Beeinträchtigung durch Depression
Eine Pseudodemenz ist eine kognitive Beeinträchtigung, die durch eine Depression entsteht. Betroffene wirken vergesslich oder unsicher und können sich schlecht konzentrieren. Da sie sich schnell überfordert fühlen, antworten sie auf Fragen mitunter: "Ich weiß nicht." Sie beschreiben ihr Denken als blockiert und Entscheidungen fallen ihnen schwer. Manchmal werden auch Sprache und Bewegungen langsamer.
Depression bei Demenz: Erhöhtes Risiko und spezifische Symptome
Nicht selten entwickeln Menschen mit Demenzerkrankung zusätzlich eine Depression. Fachleute schätzen, dass rund 40 Prozent aller Alzheimer-Erkrankten betroffen sind. Eine Studie mit mehr als vier Millionen Menschen aus Schweden zeigte, dass Frauen und Männer mit Alzheimer-Demenz ein mehr als doppelt so hohes Risiko hatten, eine Depression zu entwickeln, als Nicht-Demenzkranke. Das Risiko war im ersten Jahr nach der Diagnosestellung sogar dreifach höher und bis zu drei Jahre später noch deutlich erhöht.
Depressionen äußern sich bei Demenzkranken sehr unterschiedlich. Während manche Menschen unruhig werden oder ständig Nähe suchen, ziehen sich andere zurück, schlafen schlecht oder entwickeln ein ungewöhnliches Sammelverhalten. Oft kommen körperliche Beschwerden hinzu, etwa Kopf- oder Magenschmerzen.
Suizidrisiko bei Depression und Demenz
Depression und Demenz können das Risiko für einen Suizid erhöhen. Vor allem in den ersten drei Monaten nach Diagnosestellung ist das Suizidrisiko erhöht, denn die ärztliche Übermittlung der Diagnose kann Betroffene in eine existenzielle Krise stürzen. Bei Demenzkranken wirken hohes Alter und ein fortgeschrittenes Erkrankungsstadium jedoch protektiv, da kognitive Störungen, vor allem der Exekutivfunktionen, eine Suizidplanung und -ausführung verhindern. Stärkend wirken soziale Beziehungen, gute Begleitung durch Angehörige sowie Zugang zu professioneller Hilfe und externe Unterstützung.
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Behandlung von Depressionen bei Demenz
Depressionen sind behandelbar, auch bei bestehender Demenz. Ziel ist es, die Stimmung zu stabilisieren, Unruhe und Rückzug zu verringern und die Lebensqualität zu verbessern. Dazu eignen sich nicht medikamentöse Maßnahmen wie gut strukturierte Tagesabläufe, Bewegung, Musik, Gespräche, kreative Angebote oder soziale Kontakte. Bei leichten oder mittelschweren Depressionen ist eine Psychotherapie ebenso erfolgversprechend wie Antidepressiva, und das Nebenwirkungsrisiko ist geringer.
In der Arzneimitteltherapie sind trizyklische Antidepressiva wie Amitriptylin, Imipramin oder Clomipramin zu vermeiden, da sie anticholinerg wirken und die geistige Leistungsfähigkeit weiter verschlechtern können.
Antidepressiva bei Demenz: Nutzen und Risiken
Mehr als 20 % der Patienten mit Demenz leiden gleichzeitig an einer Depression, wodurch sich die Symptomatik der Demenz sowie die Lebensqualität von Betroffenen und Angehörigen weiter verschlechtern. Bislang liegen zur Wirksamkeit von Antidepressiva bei dementen Patienten nur wenige Studien mit sehr kleinen Patientengruppen sowie dabei widersprüchlichen Ergebnissen vor.
Eine multizentrische, doppelblinde, placebokontrollierte Studie untersuchte in Großbritannien bei Patienten mit Alzheimer-Demenz und mindestens 4 Wochen dauernder Depression Nutzen und unerwünschte Wirkungen der Antidepressiva Sertralin und Mirtazapin. Die Ergebnisse zeigten, dass sich die Depressions-Scores zwischen den Gruppen nicht unterschieden. Dagegen traten in den Antidepressiva-Gruppen häufiger unerwünschte Wirkungen auf.
Die Autoren der Studie plädieren dafür, primär nichtmedikamentöse Maßnahmen der Zuwendung anzuwenden, da der Zustand aller Patienten sich über den Untersuchungszeitraum deutlich besserte - dies betraf Patienten in der Placebogruppe und die in den Behandlungsgruppen in gleichem Ausmaß.
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