Das Nervensystem ist ein komplexes Netzwerk, das den Körper steuert und koordiniert. Es ermöglicht uns, die Umwelt wahrzunehmen, zu denken, zu fühlen und uns zu bewegen. Das zentrale Nervensystem (ZNS) bildet zusammen mit dem peripheren Nervensystem das Nervensystem. Das ZNS ist das Kontroll- und Steuerungszentrum des Körpers und besteht aus dem Gehirn und dem Rückenmark.
Aufbau des zentralen Nervensystems
Das zentrale Nervensystem liegt anatomisch betrachtet zentral im Körper. Die Bestandteile des zentralen Nervensystems sind Gehirn und Rückenmark. Alle Nervenstrukturen außerhalb von Rückenmark und Gehirn sind Bestandteil des peripheren Nervensystems. Allerdings handelt es sich bei dem zentralen und dem peripheren Nervensystem nur um räumlich und nicht um funktionell getrennte Nervensysteme: Sie können nur zusammen funktionieren.
Gehirn
Das Gehirn liegt in der Schädelhöhle, einem Hohlraum, der von den Schädelknochen gebildet wird. Es ist der Ort des Denkens, Fühlens und Erinnerns. Allein im Gehirn gibt es rund 100 Milliarden Nervenzellen, sogenannte Neuronen. Das Gehirn verarbeitet Informationen aus dem Körper und der Umwelt. Wenn man beispielsweise einen Freund auf der anderen Straßenseite sieht, verarbeitet das Gehirn diese Information.
Rückenmark
Das Rückenmark liegt, umschlossen von der Wirbelsäule, im Wirbelkanal (auch Rückenmarkskanal oder Spinalkanal genannt). Es ist eine lange, dünne Struktur, die sich vom Gehirn bis zum unteren Rücken erstreckt. Das Rückenmark leitet Informationen zwischen dem Gehirn und dem peripheren Nervensystem weiter.
Hirnhäute und Nervenwasser
Gehirn und Rückenmark sind von drei schützenden Schichten umgeben, den Hirnhäuten (Meningen):
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- Dura mater (harte Hirnhaut): Äußerste Schicht, die an den umgebenden Schädel- bzw. Wirbelknochen angrenzt.
- Arachnoidea (Spinngewebshaut): Mittlere Schicht, in der zahlreiche Blutgefäße verlaufen.
- Pia mater (weiche Hirn-/Rückenmarkshaut): Innerste Schicht, die sich direkt an die Oberfläche von Gehirn bzw. Rückenmark anlegt und diese versorgt.
Der Raum zwischen der Spinngewebshaut und der weichen Hirn-/Rückenmarkshaut ist mit Nervenwasser (auch Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit, Liquor cerebrospinalis) gefüllt. Das Nervenwasser schützt das Gehirn und Rückenmark vor Stößen und versorgt es mit Nährstoffen.
Graue und weiße Substanz
Sowohl das Gehirn als auch das Rückenmark bestehen aus grauer und weißer Substanz. Die graue Substanz besteht hauptsächlich aus Nervenzellkörpern (Somata), während die weiße Substanz hauptsächlich aus Nervenfasern (Axonen) besteht. Im Rückenmark ist die weiße Substanz außen und die graue Substanz innen. Im Gehirn ist es umgekehrt. In der grauen Substanz findet die Reizaufnahme und Reizverarbeitung statt. Die weiße Substanz ist für die Reizweiterleitung verantwortlich.
Funktion des zentralen Nervensystems
Das zentrale Nervensystem hat vielfältige Aufgaben:
- Integration von Reizen: Das ZNS bringt alle Reize zusammen, die der Organismus vom Körperinneren und von der Umwelt aufnimmt (Beispiel: Essen sehen und gleichzeitig Hungergefühl verspüren).
- Koordination von Bewegungen: Das ZNS stimmt die motorischen Bewegungen des Organismus ab (Beispiel: Winken und gleichzeitig grüßen).
- Regulation von Prozessen: Das ZNS passt die lebensnotwendigen Prozesse an, die im Körper ablaufen (Beispiel: Hormone regulieren, Atmung beruhigen).
- Kognitive Funktionen: Das ZNS ist zuständig für Sprache, Bewusstsein, Denken und Lernen, Erinnerungen, Aufmerksamkeit und Vorstellungsvermögen.
Das periphere Nervensystem hat die Aufgabe, Signale von den Sinneszellen aufzunehmen und an das zentrale Nervensystem weiterzuleiten. Dieses wiederum hat die Funktion der Signalverarbeitung. Während man schläft, bleibt das Gehirn - ein Teil des zentralen Nervensystems - aktiv und verarbeitet riesige Mengen an Informationen. Es sortiert Erinnerungen und verbessert die Fähigkeiten.
Zusammenspiel mit dem peripheren Nervensystem
Das periphere Nervensystem (PNS) umfasst alle Nerven, die außerhalb des Gehirns und des Rückenmarks liegen. Das PNS leitet Informationen von den Sinnesorganen zum ZNS und vom ZNS zu den Muskeln und Organen.
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Das ZNS und das PNS arbeiten eng zusammen, um den Körper zu steuern. Wenn man beispielsweise eine heiße Herdplatte berührt, senden die Nerven im Arm ein Signal an das Rückenmark. Das Rückenmark leitet das Signal an das Gehirn weiter, das den Befehl gibt, die Hand wegzuziehen. Gleichzeitig sendet das Rückenmark auch direkt ein Signal an die Muskeln im Arm, um die Hand reflexartig wegzuziehen.
Funktionelle Einteilung des Nervensystems: Somatisch und Vegetativ
Neben der anatomischen Einteilung in zentrales und peripheres Nervensystem gibt es auch eine funktionelle Einteilung in somatisches und vegetatives Nervensystem.
Somatisches Nervensystem
Das somatische Nervensystem, auch willkürliches Nervensystem genannt, steuert alle bewussten Aktivitäten wie Sprechen oder Laufen. Es kontrolliert die Motorik der Skelettmuskulatur und damit alle willentlichen Körperreaktionen und Reflexe, die als Reaktion auf die Umwelt erfolgen. Wenn man beispielsweise im Sommer nach draußen geht und realisiert, dass es zu hell ist, leiten die Sinneszellen der Augen die Information über sensorische Nervenfasern an das Gehirn weiter. Dort wird die Information dann zur Entscheidung umgewandelt, eine Sonnenbrille zu tragen - und der Befehl „Sonnenbrille aufsetzen“ wird über motorische Nervenfasern an die Hand weitergeleitet.
Vegetatives Nervensystem
Das vegetative Nervensystem, auch autonomes oder unwillkürliches Nervensystem genannt, steuert alle unbewussten Abläufe im Körper. Es innerviert Herz, Gefäße, Drüsen und die glatte Muskulatur der Eingeweide und steuert so sämtliche Vitalfunktionen wie Atmung, Herzschlag, Verdauung und Stoffwechsel. Das vegetative Nervensystem kann sehr rasch die Funktion des Körpers an andere Bedingungen anpassen. Ist einem Menschen beispielsweise warm, erhöht das System die Durchblutung der Haut und die Schweißbildung, um den Körper abzukühlen.
Das vegetative Nervensystem besteht aus drei Teilen:
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- Sympathikus
- Parasympathikus
- Enterisches Nervensystem
Sympathikus und Parasympathikus
Sympathikus und Parasympathikus wirken im Körper meist als Gegenspieler. Der Sympathikus bereitet den Organismus auf körperliche und geistige Leistungen vor. Er sorgt dafür, dass das Herz schneller und kräftiger schlägt, erweitert die Atemwege, damit man besser atmen kann, und hemmt die Darmtätigkeit. Der Parasympathikus kümmert sich um die Körperfunktionen in Ruhe: Er aktiviert die Verdauung, kurbelt verschiedene Stoffwechselvorgänge an und sorgt für Entspannung.
Die Nerven des Sympathikus werden aktiv, wenn der Körper leistungsfähig sein muss. Das trifft zum Beispiel in Gefahren- und Stresssituationen zu, aber auch beim Sport. Es werden Herzschlag und Atmung erhöht, die Durchblutung der Muskulatur nimmt zu. Der Gegenspieler des Sympathikus ist der Parasympathikus. Die Nerven des Parasympathikus aktivieren in Ruhesituationen die Organe, die der Speicherung von Reservestoffen und der Erholung dienen. Die Durchblutung des Darms wird erhöht und damit wird die Verdauung gefördert. Der Herzschlag wird hingegen ebenso wie die Durchblutung der Muskulatur verringert.
Der Sympathikus stimuliert, der Parasympathikus beruhigt. Wenn das autonome Nervensystem bestimmte Informationen über den Körperstatus und äußere Bedingungen erhalten hat, reagiert der sympathische Teil mit der Anregung von entsprechenden Körperprozessen - oder der parasympathische mit deren Hemmung: Der Sympathikus erhöht bei Gefahr Herzschlag und Atemtätigkeit und verbessert die Durchblutung - das steigert die körperliche Leistungsfähigkeit, die zur Flucht oder Verteidigung notwendig ist. Gleichzeitig hemmt der Sympathikus Vorgänge wie die Verdauung, die bei Gefahr nicht hilfreich sind. Wenn man entspannt ist, verlangsamt der Parasympathikus den Herzschlag und beruhigt die Atmung.
Beim Zusammenspiel von Sympathikus und Parasympathikus geht es darum, dass immer diejenigen Körperfunktionen Vorrang erhalten, deren Aktivität in einer jeweiligen Situation am sinnvollsten ist. Die beiden Systeme wirken also nicht unbedingt entgegengesetzt, sondern können sich in manchen Funktionen ergänzen. Sie arbeiten zusammen, um den Körper im Gleichgewicht zu halten. Der Sympathikus übernimmt so lange die Führung, wie es nötig ist, um eine Stresssituation zu meistern. Dann schaltet sich das parasympathische Nervensystem ein und führt den Organismus in den „Normalbetrieb“ zurück.
Enterisches Nervensystem
Das enterische Nervensystem ist der dritte Bereich des vegetativen Nervensystems, der als Geflecht von Nervenzellen den Verdauungstrakt durchzieht. Interessanterweise steuert das enterische Nervensystem nicht nur Verdauungsprozesse, sondern hat auch einen Einfluss auf unsere Gefühlswelt und unser Wohlbefinden. Umgekehrt scheinen aber auch Veränderungen im Magen-Darm-Trakt Auswirkungen auf Emotionen zu haben. Forschungsarbeiten der letzten Jahre deuten darauf hin, dass die Zusammensetzung der Darmflora hier eine Rolle spielt.
Erkrankungen des zentralen Nervensystems
Es gibt viele verschiedene Erkrankungen des zentralen Nervensystems. Einige Beispiele sind:
- Schlaganfall
- Multiple Sklerose
- Parkinson-Krankheit
- Alzheimer-Krankheit
- Hirntumoren
- Rückenmarksverletzungen
- Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)
Neurologische Erkrankungen sind Erkrankungen des Nervensystems. Im zentralen Nervensystem können dabei einige Erkrankungen auftreten.
Störungen des vegetativen Nervensystems
Eine Störung des vegetativen Nervensystems gefährdet den ordnungsgemäßen Ablauf lebenswichtiger körperlicher Prozesse. Bei Schädigung der Nerven oder des Gehirns kann es daher zu Störungen des vegetativen Nervensystems kommen.
In vielen Fällen lässt sich bei einer Störung des vegetativen Nervensystems keine konkrete Ursache ausmachen. Mögliche auslösende Krankheiten sind:
- Diabetes mellitus: Ein unbehandelter oder schlecht eingestellter Diabetes mellitus kann das Nervensystem schädigen. Ein Beispiel ist der Blutdruckabfall beim Aufstehen (orthostatische Hypotonie), wenn infolge eines Diabetes Nerven geschädigt sind, die normalerweise beim Stehen einen blutdrucksteigernden Reflex auslösen.
- Verletzungen vor allem in der Nähe des Rückenmarks, bei denen Verbindungen im Nervensystem beschädigt werden können
- Horner-Syndrom, eine Störung des Sympathikusanteils, der unter anderem die Augen nervlich anbindet
- Tumor des Nebennierenmarks (Phäochromozytom), wodurch zu viele Neurotransmitter freigesetzt werden, die zu einer kaum zu senkende Erhöhung des Blutdrucks führen
- virale oder bakterielle Infektionen
- Multisystematrophie, eine Erkrankung, die viele Systeme betrifft, darunter auch das autonome Nervensystem
- genetisch bedingte oder erworbene Erkrankungen wie Amyloidose
Eindeutige Krankheitszeichen bei Problemen mit dem vegetativen Nervensystem gibt es nicht. Liegt eine andere Erkrankung zugrunde, wird diese behandelt. Wenn keine Grunderkrankung ausgemacht werden kann oder diese nicht heilbar ist, konzentriert sich die Behandlung auf die Symptomlinderung, zum Beispiel die Blutdruckstabilisierung bei orthostatischer Hypotonie. Das vegetative Nervensystem kann willentlich nicht beeinflusst werden.
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